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Russland vs. Ukraine - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97) +--- Forum: Krisen, Konflikte und Kriege (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=99) +--- Thema: Russland vs. Ukraine (/showthread.php?tid=5210) Seiten:
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RE: Russland vs. Ukraine - Broensen - 18.06.2022 (18.06.2022, 16:02)lime schrieb: Danach sieht es aber nicht aus, denn die Ukrainer versuchen ihre Positionen im Donbass zu halten. Das tun sie. Aber das widerspricht nicht meiner These. Sie binden dort große russische Truppenteile und Ressourcen, die dadurch nicht für die Kämpfe in anderen Gebieten zur Verfügung stehen. Auch wenn die Ukrainer im Osten erbittert kämpfen, können sie sich trotzdem darüber bewusst sein, dass diese Kämpfe nur verzögern und Truppen binden, sie die Gebiete aber letztendlich -zumindest vorübergehend- aufgeben werden müssen. RE: Russland vs. Ukraine - lime - 18.06.2022 (18.06.2022, 19:32)Broensen schrieb: Das tun sie. Aber das widerspricht nicht meiner These. Sie binden dort große russische Truppenteile und Ressourcen, die dadurch nicht für die Kämpfe in anderen Gebieten zur Verfügung stehen. Auch wenn die Ukrainer im Osten erbittert kämpfen, können sie sich trotzdem darüber bewusst sein, dass diese Kämpfe nur verzögern und Truppen binden, sie die Gebiete aber letztendlich -zumindest vorübergehend- aufgeben werden müssen. Wie es aussieht setzen sie aber gerade dort ihre kampfstärksten bzw. erfahrensten Soldaten ein und genau das ist bei dieser Strategie der Fehler, denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch dass sie diese verlieren werden. RE: Russland vs. Ukraine - Pogu - 18.06.2022 (18.06.2022, 16:26)Nightwatch schrieb: Es wird einfach gerne so manches lanciert um die (ver)öffentliche Meinung zu beeinflussen. Je mehr Druck die westliche Medien hinsichtlich Waffenlieferungen machen, desto besser für die Ukraine, völlig gleich was tatsächlich an der Front passiert. Das ist ein ausgezeichnetes Resümee. RE: Russland vs. Ukraine - lime - 18.06.2022 (18.06.2022, 22:03)Pogu schrieb: Das ist ein ausgezeichnetes Resümee. Das von Dir verlinkte Video zeigt letztendlich aber auch dass die Lieferungen wohl wesentlich weniger bewirken als man sich davon erhofft. Hinzu kommt das die Entlastungsoffensive bei Cherson dem Video nach zu urteilen ja leider im Sande verlaufen ist. RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 18.06.2022 (18.06.2022, 22:18)lime schrieb: Das von Dir verlinkte Video zeigt letztendlich aber auch dass die Lieferungen wohl wesentlich weniger bewirken als man sich davon erhofft. Hinzu kommt das die Entlastungsoffensive bei Cherson dem Video nach zu urteilen ja leider im Sande verlaufen ist.Das ist allerdings eine sehr eigentümliche Behauptung in dem Video. Die Offensive bei Kherson läuft sein drei Wochen langsam aber stetig in eine Richtung. Die Ukrainer haben dort mehr Territorium zurückerobert als der Russe im gleichen Zeitraum im Osten gewonnen hat. Informationen das dort irgendwelche ukrainischen Verbände eingekesselt und zerschlagen worden sein sollen sind mir nicht bekannt. Was es mal gab waren Meldungen über größere Verluste mancher ukrainischer Verbände in den ersten Tagen der Offensive dort. Seit dem haben die Ukrainischen Streitkräfte ihre Angriffe auf mehreren Achsen über die ganze Front for Kherson ausgeweitet und die Russen weiter zurückgeworfen. Bzw. scheinen die gerade sehr liberal Gelände aufzugeben und relativ geordnet auf Kherson zurückzufallen, so zumindest mein Eindruck. Ganz aktuell gibt es aus der ukrainischen Ecke Meldungen das die entlang der M14 angreifenden ukrainischen Verbände Kyselivka erreicht haben. Das ist ein Tausend Seelen Dorf ganze 11 Kilometer vom Flughafen Kherson entfernt. Die Russen sind da jetzt angeblich auf die letzten Kleindörfer an der M14 vor Kherson, Znamyanka und Klapaya südwestlich von Kyselivka zurückgewichen. Wenn die Ukrainer da durchbrechen sind es keine zehn Äcker mehr zur Stadtgrenze von Kherson. Ob das alles so stimmt sei dahingestellt aber im Sande verlaufen tut da gerade garnichts. RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 19.06.2022 Eine Perspektive auf Kaliningrad: Litauen hat den Gütertransport nach der russischen Exklave unterbunden, was auch im Kontext der EU-Sanktionen geschieht. Fraglich, ob das Gebiet alleine nur per Schiff versorgt werden kann, zumal auch dort recht starke russische Kräfte quasi zusammengepfercht sind, die auch versorgt werden müssen. Zitat:Kaliningrad sanctions to take effect, Lithuania sayshttps://www.reuters.com/world/europe/lithuania-says-sanctions-goods-kaliningrad-take-effect-saturday-2022-06-18/ Und eine Einschätzung, wie die Sanktionen sich eben dennoch auswirken, trotz einer vollen Kriegskasse und immer noch fließender Gelder aus Rohstofflieferungen: Zitat:Von Süßkartoffeln bis Dividendenhttps://www.n-tv.de/wirtschaft/Dinge-die-in-Russland-ploetzlich-selten-sind-article23405618.html Zur Lage im Donbass: Zitat:DIE NACHT IN DER UKRAINEhttps://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-krieg-kampf-um-sewerodonezk-dauert-an-18111102.html Schneemann RE: Russland vs. Ukraine - Pogu - 19.06.2022 (18.06.2022, 22:18)lime schrieb: Das von Dir verlinkte Video zeigt letztendlich aber auch dass die Lieferungen wohl wesentlich weniger bewirken als man sich davon erhofft. Hinzu kommt das die Entlastungsoffensive bei Cherson dem Video nach zu urteilen ja leider im Sande verlaufen ist. Ja, vielleicht beginnt jetzt die Propagandadecke zu verrutschen und die nüchterne Realität kommt langsam hervor ... RE: Russland vs. Ukraine - lime - 19.06.2022 @Schneemann, in Darchan und Ulan Bator brummen aktuell die Geschäfte deswegen. Noch nie waren so viele Russen dort vor Ort mit dem einzigen Ziel bestimmte Produkte einzukaufen. Für die mongolische Wirtschaft, die stark unter Corona gelitten hat, dürfte es ein unerwarteter Zugewinn sein. Mongolische Händler liefern inzwischen aber auch schon direkt nach Rußland zum großen Teil auf den Schwarzmarkt. RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 19.06.2022 @lime Zitat:in Darchan und Ulan Bator brummen aktuell die Geschäfte deswegen. Noch nie waren so viele Russen dort vor Ort mit dem einzigen Ziel bestimmte Produkte einzukaufen.Dass der grenznahe (und ggf. auch darüber hinausgehend) Handel mit den Anrainern in Zentralasien zunehmend würde, war abzusehen. Man versucht irgendwie auszuweichen, das ist völlig normal. Allerdings warne ich vor Euphorie, dass dies nun die Lösung der russischen Probleme wäre. Russlands Exporte gingen grob zu 45% nach der EU und etwa 40% kamen von dort zurück, insgesamt wohl an die 500 Mrd. Euro. Die Mongolei, mit einem Handelsvolumen mit Russland von irgendwo zwischen 1,5 und 3 Mrd. Euro und mit einem BIP von 15 (?) Mrd. Euro, wird das hingegen vermutlich nicht auffangen können (einmal sehr, sehr optimistisch gedacht), selbst wenn der "grenznahe" Markt boomt. Abgesehen davon werden die Russen dort westliche Produkte versuchen zu erwerben, und seien es nur Küchengeräte, die findige Chinesen - der chinesisch-mongolische Handelsaustausch ist größer als der mongolisch-russische - nach dorthin verfrachtet haben. D. h. das Geld dieser (wahrscheinlich überteuerten) Waren landet nicht mal in der Mongolei direkt, sondern in China - und die Russen zahlen vermutlich das doppelte für solche Waren... Zitat:Für die mongolische Wirtschaft, die stark unter Corona gelitten hat, dürfte es ein unerwarteter Zugewinn sein. Mongolische Händler liefern inzwischen aber auch schon direkt nach Rußland zum großen Teil auf den Schwarzmarkt.Das gibt aber keinen Sinn. Dir ist schon klar, dass ein wachsender Schwarzmarkt der Wirtschaft eines Landes schadet? Und ja, der Schwarzmarkt boomt sicher, aber die mongolische Wirtschaft wird eben darunter eher leiden als davon profitieren. Zumal die Korruption noch mehr ausufern wird und sich vermutlich allerlei zwielichtige Banden im Grenzgebiet etablieren könnten. Schneemann RE: Russland vs. Ukraine - lime - 19.06.2022 (19.06.2022, 15:55)Schneemann schrieb: @lime Euphorisch ist man tatsächlich deswegen, allerdings in der Mongolei, weil man hofft dass die mongolische Wirtschaft dadurch ordentlich auf Trab kommt. Für Russen die es sich leisten können ist es halt eine Lösung sich so doch mit diversen westlichen Waren zu versorgen. Zitat:Abgesehen davon werden die Russen dort westliche Produkte versuchen zu erwerben, und seien es nur Küchengeräte, die findige Chinesen - der chinesisch-mongolische Handelsaustausch ist größer als der mongolisch-russische - nach dorthin verfrachtet haben. D. h. das Geld dieser (wahrscheinlich überteuerten) Waren landet nicht mal in der Mongolei direkt, sondern in China - und die Russen zahlen vermutlich das doppelte für solche Waren... Tatsächlich waren die Gewinne wohl Anfangs sogar über 100% Aufschlag. Inzwischen sollen sich die Margen so bei 30-50% Aufschlag eingependelt haben. Ich würde schätzen dass sie mittelfristig noch auf 15-30% fallen werden, weil immer mehr mongolische und chinesische Händler auf die Schiene aufspringen. Zitat:Das gibt aber keinen Sinn. Dir ist schon klar, dass ein wachsender Schwarzmarkt der Wirtschaft eines Landes schadet? Und ja, der Schwarzmarkt boomt sicher, aber die mongolische Wirtschaft wird eben darunter eher leiden als davon profitieren. Zumal die Korruption noch mehr ausufern wird und sich vermutlich allerlei zwielichtige Banden im Grenzgebiet etablieren könnten. Ich schrieb ja auch dass es der mongolischen Wirtschaft nutzt. Da wird sicher der größte Teil nicht schwarz laufen. In Rußland dagegen dürfte der größte Anteil der Waren auf dem Schwarzmarkt landen. Nützt der russischen Wirtschaft natürlich nicht insofern es sich nur um Konsumgüter handelt die so eingeführt werden. Aber die materielle Zufriedenheit einiger Millionen Russen dürfte so auch trotz Sanktionen abgesichert werden. RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 20.06.2022 Bezüglich Mongolei: In Darkhan gab und gibt es ohnehin etliche Russen welche dort dauerhaft wohnhaft sind. Ebenso gibt es in UB im Osten der Stadt ein ganzes "Russenviertel" (um das Schukow Museum und zur neuen russisch-orthodoxen Kirche dort, deren goldene Kuppeln über dem Ostteil leuchten). Diese Russen steigen aktuell vermehrt in Geschäfte ein welche Güter aller nach Russland verbringen und dienen als Vermittler / Übersetzer / Ansprechpartner für entsprechende Geschäftsleute in Russland. Darüber hinaus gibt es in UB jedes nur denkbare westliche Luxusgeschäft und man kann dort schlicht und einfach alles kaufen. In Darkhan nicht, dass ist immer noch eine Industriestadt (Stahlwerk) und nicht so aufgestellt. Und tatsächlich sind zur Zeit mehr Russen den je in UB um dort einzukaufen oder sonst dergleichen. Der Gros der Geschäfte dort läuft schwarz. Die mongolische Wirtschaft ist ohnehin ein Spezialfall und wäre vermutlich sogar wirtschaftswissenschaftlich interesssant, weil sie mehr eine Art Anarchokapitalismus ist als alles andere. Die Mongolei ertrinkt beispielsweise gerade in Geld, alles wird zur Zeit rasant extrem teurer dort, und der Geldmenge steht keinerlei reale Wirtschaftsleistung gegenüber, dass Land ist zudem extrem korrupt und der Staat genau so kriminell und asozial wie man sich das vorstellt. Das war schon vor Corona so und wird auch in Zukunft so sein. Da geht es primär nur darum so viel Geld wie möglich zu veruntreuen und in schwarzen Kanälen verschwinden zu lassen. Daher entsprechen alle Zahlen die man von der Mongolei hat nicht der Realität. Weder das Handelsvolumen noch sonstwas. Es dürfte überhaupt schwer sein irgendwelche realen Zahlen ermitteln zu können, da der Anarchokapitalismus dort das weitgehend verunmöglicht. Konträr dazu sollte man aber die Mongolei als Vermittler von Waren nach Russland auch nicht überschätzen. Weil Russland eine entsprechend lange gemeinsame Grenze mit der VR China hat, kann man in Ostsibirien auch alles direkt aus China beziehen. Entsprechend boomen beispielsweise die Geschäfte in Harbin, Hulun Buir und Vladivostok. RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 20.06.2022 Zur Ukraine kann ich ein paar kleine "Insider" Informationen anbieten, tatsächlich von verwundeten ukrainischen Soldaten welche mir von der Front direkt berichten konnten. Die Aussagen fand ich insgesamt sehr authentisch und nicht gestellt / präpariert um damit Informationskrieg zu betreiben. In 7 einfachen Punkten: 1. Die Lage ist querschnittlich wesentlich schlechter für die Ukraine als dies in den Medien kommuniziert wird. Vor allem geht hier und jetzt das Material aus, und die westlichen Lieferungen sind unzureichend. Man ist natürlich dankbar für alles was man kriegt, aber direkt an der Front ist es immer zu wenig und zu spät. Einhellige Meinung war, wenn der Westen nicht deutlich mehr liefert, vor allem deutlich mehr Artillerie und Munition für diese, könnte die Lage insgesamt kippen. Bezüglich vermuteter strategischer Reserven: solche sind angeblich kaum vorhanden und werden nicht ausreichend aufgebaut (diese Aussage hat mich ziemlich überrascht). Insgesamt geht der militärische Aufwuchs angeblich sehr schleppend voran. 2. Die Kampfmoral ist dem entgegen gesetzt immer noch sehr hoch. Man hegt den Zitat: "kühnen Traum" dass man Russland vollständig aus der Ukraine heraus werfen kann und sogar die Seperatistengebiete vollständig "befreien" kann. Als Voraussetzung dafür sieht man aber entsprechende westliche Militärhilfe deutlich über das hinaus was aktuell zuläuft. Bezüglich der Krim ist man geteilter Ansicht. Man hofft zwar darauf diese "befreien" zu können, fürchtet dann aber eine erhebliche Eskalation des Krieges durch die Russen. 3. Die russischen Verluste sind so weit man das sagen kann deutlich geringer geworden. Allgemein wirft man den Russen inzwischen einhellig drastische Feigheit und Übervorsichtigkeit vor, die gehen real an der Front nicht mehr so vor wie dies anfangs der Fall war, ziehen sich schnell zurück oder verhalten sich sehr defensiv / übervorsichtig. Beim geringsten Widerstand brechen die Russen anscheinend ab und wenn sie noch irgendwo höhere Verluste erleiden dann nur deshalb, weil man sie überraschen / überfallen konnte. Wo immer dies nicht gelingt, wird man ihrer nicht mehr habhaft. 4. Umgekehrt bluten die Ukrainer durch die russische Artillerie aus gegen die sie nicht ausreichend Konterartilleriefeuer abgeben können. Wo immer die Ukrainer versuchen Stellungen zu halten oder sich vorteilhafter zu positionieren schlägt endloser Hagel von Artilleriegranaten ein. Das Ausmaß der verwendeten Artilleriegeschosse sei Zitat: Unvorstellbar und die Ukrainer können es nicht fassen dass die Russen derart viel Artilleriemunition haben. Ihrer Auffassung nach liefert China Artilleriemunition an die Russen (das habe ich mehrfach gehört). 5. Als wichtigstes System welches man umgehend benötigen würde wurden nicht Kampfpanzer oder Schützenpanzer etc gesehen, sondern Raketenartillerie. Beispielsweise wurden die Marder als eigentlich überflüssig bezeichnet, die würden nichts bringen. Man bräuchte hier und jetzt Raketenartillerie um die russische Artillerie abzunutzen, alles andere müsse demgegenüber zurück stehen. Alternativ will man reichweitengesteigerte 155mm, dann aber in jedem Fall Panzerhaubitzen. 6. Panzerabwehrhandwaffen waren angeblich querschnittlich wenig erfolgreich gegen russische Panzer. Die meisten Erfolge hatten richtige PALR, Drohnen und Artillerie. Auch die Javelin sei nicht so erfolgreich und gut wie es dargestellt wird. Natürlich gäbe es immer wieder Erfolge, aber das seien eher Ausnahmen und nicht die Regel. Man habe teilweise Unmengen Panzerabwehrhandwaffen abgefeuert und damit nur wenig erreicht. 7. Es gibt angeblich ziemlich viel Beschuss durch Eigene, aber das gelte für die russische Seite ebenso. Angeblich habe man mehrfach selbst gesehen wie russische Artillerie vorne kämpfende russische Truppen zerlegt. Insgesamt sei die Lage extrem chaotisch und man könne das eigene Handeln wenig koordinieren. Umgekehrt machen die Russen einen ebenso planlosen chaotischen Eindruck. Man wisse sehr oft überhaupt nicht worauf die Russen mit ihren Aktionen überhaupt hinaus wollten und könne diese daher kaum vorher sagen. Das wäre es soweit. Das meiste davon ist uns natürlich klar bzw. schon bekannt. Es deckt also das Bild welches man im Laufe der Zeit gewinnen konnte. Die zwingende Schlussfolgerung für mich daraus ist, dass meine bisherige Auffassung, dass wir zuviel Waffen zu aggressiv und zu schnell liefern falsch war. Hier habe ich mich anscheinend geirrt. Es sieht nun für mich danach aus, dass der westliche Waffenzustrom für unsere Zielsetzung und aus unserer Perspektive heraus in Wahrheit genau richtig ist, wir diesen Krieg also genau auf der richtigen "niedrigeren Temperatur" vor sich hin köcheln. Für die Ukrainer ist das natürlich schlecht. Man müsste sogar überlegen, ob man nicht doch mehr Waffen und Munition in die Ukraine entsendet als bisher. RE: Russland vs. Ukraine - voyageur - 20.06.2022 Zitat:Man müsste sogar überlegen, ob man nicht doch mehr Waffen und Munition in die Ukraine entsendet als bisher. Vor allem für die Munition, woher nehmen, selbst auch wo kann man sie stehlen. Lagebericht zu den Operationen in der Ukraine 18. Juni 2022- Ausblick La voie de l'épée (französisch) Das tatsächliche oder geschätzte Kräfteverhältnis entscheidet darüber, ob das den Streitkräften vorgegebene strategische Ziel offensiv oder defensiv sein kann. Die ukrainische Regierung mag verkünden, dass sie die Russen auf der Linie des 24. Februar 2022 zurückdrängen will, doch dieses Ziel ist beim derzeitigen Kräfteverhältnis unerreichbar. Vielleicht wird sie langfristig mit der Bildung einer neuen ukrainischen Armee durch nationale Mobilisierung und westliche Hilfe erreichbar sein, aber im Moment haben nur die Russen die Möglichkeit, ein offensives strategisches Ziel zu verfolgen. Dieses ist in dem Maße stark geschrumpft, wie das tatsächliche Kräfteverhältnis das geschätzte, für die Russen sehr günstige Kräfteverhältnis vor Kriegsbeginn ersetzt hat. Das seit Ende März erklärte strategische Ziel Russlands ist die vollständige Eroberung der beiden Provinzen des Donbass. In operativer Hinsicht könnte dies in folgendem "Haupteffekt" - einem Effekt, der in einem bestimmten zeitlichen und räumlichen Rahmen erzielt werden muss - zum Ausdruck kommen: "Bis zum Ende des Sommers die vier wichtigsten Städte im Donbass, die noch von den Ukrainern kontrolliert werden, sowie Pokrowsk im Zentrum der Provinz Donezk einnehmen". In einer defensiven Position scheint der ukrainische Haupteffekt nur darin bestehen zu können, die Russen daran zu hindern, ihren eigenen zu erreichen. Wir erleben also ein Tauziehen um die Zielstädte, bei dem die Russen bislang etwas Boden gutmachen konnten, allerdings um den Preis dreimonatiger Kämpfe. Wenn die Kämpfe sehr heftig sind, sich aber räumlich nur wenig ändert, ist es das andere Ende der Gleichung - die Zeit -, das besonders zu beachten ist. Auf dem Weg zum Omega-Punkt Historisch gesehen ist es die hohe Letalität des direkten Anti-Panzer- und Anti-Personen-Feuers, die den Übergang vom Bewegungskrieg zum Stellungskrieg bewirkt, und es ist die Artillerie - am Boden oder in der Luft -, die den Ausweg aus dem Stellungskrieg ermöglicht. Ein Angriff im Stellungskrieg bedeutet, dass man zunächst versucht, die Artillerie und die feindliche Verteidigung durch eine Flut von Granaten oder Raketen auszuschalten, um dann auf die Verteidigung vorzurücken und sie einzunehmen. Wenn die Gegenbatterie nicht funktioniert hat, bedeutet das Vorrücken, dass man selbst unter Beschuss der gegnerischen Artillerie gerät, was die Sache erheblich erschwert. Nun dominiert die russische Artillerie - nicht so sehr nach der Anzahl der Geschütze, sondern nach der Anzahl der Granaten - die Debatte bei weitem, wobei, wenn man den jüngsten Erklärungen Glauben schenken darf, auf ein einziges ukrainisches Geschoss etwa sechs verschossene Geschosse entfallen. Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein russischer Angriff erfolgreich ist, ist größer als die eines ukrainischen, vor allem wenn dieser Angriff von einer guten Infanterie geführt wird. Die Anzahl der von den Russen eroberten Quadratkilometer ist also größer als die der Ukrainer, was in der Summe zu wichtigen taktischen Erfolgen führen kann, wie etwa dem Durchbruch bei Popasna oder der Drohung, Lyman zu umzingeln und seine Verteidiger zum Rückzug zu zwingen. Die Abfolge dieser taktischen Erfolge kann dann zu operativen Erfolgen führen, vor Ort, wie die bevorstehende Einnahme von Severodonezk, oder gegen die feindlichen Streitkräfte, z. B. durch Einkreisung. Aber all dies hat seinen Preis, natürlich menschlich, aber auch materiell, und hier kommt die Zeit ins Spiel. Als in den 1980er Jahren von einem Krieg zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt ausgegangen wurde, konnte sich niemand vorstellen, dass dieser länger als ein paar Wochen dauern könnte. Man berief sich auf den Krieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarstaaten im Oktober 1973, der nach 19 Tagen beendet wurde und bei dem beide Seiten die Hälfte ihres wichtigsten Materials - Flugzeuge, Panzer usw. - innerhalb von 19 Tagen verloren hatten. Man sprach damals von der "neuen Letalität" des modernen Schlachtfelds. Die ehemaligen Soldaten des Kalten Krieges, die jetzt die Armeen anführen, sind daher überrascht, dass ein Krieg der gleichen Art nun schon seit fast vier Monaten andauert. Der ukrainische Verteidigungsminister gab vor einigen Tagen zu, dass seine Streitkräfte mit 400 verlorenen Panzern, 1.300 Infanteriefahrzeugen und 700 Artilleriesystemen diese Hälfte der Verluste erreicht hätten. Es handelt sich hierbei um eine Schätzung und nicht um einen genauen Stand, und im Gegensatz zu den üblichen Reden, in denen die eigenen Verluste heruntergespielt werden, geht es vielleicht darum, bei den westlichen Ländern ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen, aber es erscheint als Größenordnung wahrscheinlich. Diese Zahlen entsprechen in etwa dem Doppelten der von der OSINT-Website Oryx dokumentierten Verluste, was bereits eine Vorstellung von der Fehlerspanne zwischen dem Sichtbaren und dem Realen vermittelt. Militärische Ausrüstung, vor allem alte ex-sowjetische, kann verloren gehen, ohne getroffen zu werden. Das gilt insbesondere für Artillerierohre, die nach einigen tausend Treffern nicht mehr einsatzfähig sind. Von der "neuen Letalität", die man sich in den 1970er und 1980er Jahren vorstellte, sind wir trotzdem noch weit entfernt. Dennoch tut die Zerstörung letztendlich ihren Dienst. Wiederholte Kämpfe erzeugen Entropie. Die Einheiten verlieren getötete, verwundete oder gefangene Männer, die in der Not oft durch unbekannte, oft weniger kompetente Personen ersetzt werden. Das soziale Gefüge zerfällt mit dem, was es an Widerstandskraft mit sich bringt, und das Kapital an Know-how schrumpft. Man verliert natürlich auch zahlreiche Ausrüstungsgegenstände auf einem Niveau, das zumindest in der ersten Zeit deutlich über dem der Produktion liegt. Die Ausrüstung wird durch feindlichen (und manchmal auch freundlichen) Beschuss zerstört und beschädigt. Sie können auch zurückgelassen werden - in der Ukraine etwa ein Drittel der Verluste auf beiden Seiten -, um sich selbst zu retten oder weil sie von einer Lieferkette abgeschnitten sind, die nicht mehr mithalten kann. Um diese Entropie ein wenig auszugleichen, wird gebastelt. Es werden "marschierende" Einheiten gebildet, Einheiten, die keinen Wert mehr haben, werden ausgesondert und kannibalisiert, und die, die noch einen Wert haben, werden überbeansprucht, indem man eine schrumpfende Logistik auf sie konzentriert. Aber auch diese Einheiten nutzen sich irgendwann ab, und es kommt der Punkt, an dem es keine Vorräte an Ersatzfahrzeugen oder Munition, in erster Linie Granaten, mehr gibt. Dann ist der Omega-Punkt erreicht, an dem man sich bestenfalls noch verteidigen kann, aber überhaupt keine Offensivfähigkeit mehr hat, bis die Streitkräfte wieder aufgefüllt werden. Die ganze Frage ist nun, wann die Omega-Punkte der russischen und ukrainischen Armeen erreicht werden. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge scheint es eher die Ukrainer zu treffen, deren Verluste an Menschenleben mittlerweile möglicherweise die der Russen übersteigen und denen vor allem die kritische Munition ernsthaft auszugehen beginnt. Um ihren Haupteffekt zu erreichen, nämlich die Russen daran zu hindern, den Donbass einzunehmen, bevor sie ihren Omega-Punkt erreicht haben, erfordert dies sowohl einen intelligenten Kampf im operativen Bereich als auch eine möglichst weitgehende Verschiebung ihres Omega-Punkts im organischen Bereich durch die Mobilisierung ihrer Ressourcen und westliche Hilfe. Intelligent zu kämpfen bedeutet im aktuellen Kontext, in eine defensive Haltung zu wechseln. Angriffe sind am teuersten, aber sie müssen sich auch "lohnen", und das ist angesichts der russischen Stärken wie in Popasna selten der Fall, noch dazu mit territorialen Brigaden, die weit weniger stark sind als die Manöverbrigaden. Wenn es zu Angriffen kommen sollte, dann sollten diese in Form von begrenzten Luft- oder Bodenangriffen erfolgen und sicher sein. Ansonsten gilt es, in die Tiefe zu verteidigen und dabei zur Sicherung der eigenen Kräfte Geländeverluste an der Front in Kauf zu nehmen, wobei jeder von den Russen gewonnene Quadratkilometer teuer an Menschen und Zeit zu bezahlen ist. Die Ukrainer befinden sich in der Position der alliierten Armeen, die bis Juli 1918 der deutschen Übermacht standhalten müssen, während sie auf amerikanische Verstärkung und vor allem auf die der französischen Industrie warten, mit dem Unterschied, dass diesmal die amerikanische Industrie als Verstärkung eintreffen wird. Granaten, Granaten und Granaten Auf der Ressourcenseite muss die westliche Hilfe zunächst durch die Bereitstellung von Mitteln erfolgen, die es ermöglichen, das bestehende ex-sowjetische ukrainische Volk in allen Bereichen am Leben zu erhalten. Dies geschieht hauptsächlich durch die ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten, die noch über Ausrüstung und Lagerbestände verfügen und diese manchmal noch produzieren können, wie z. B. Artilleriegeschosse in Bulgarien. Die zweite Möglichkeit besteht darin, auf dem Gebrauchtmarkt ex-sowjetische Ausrüstung von allen Ländern aufzukaufen, die noch darüber verfügen. Die dritte Möglichkeit besteht darin, die zahlreichen Ausrüstungsgegenstände zu verwenden, die von den Russen erbeutet wurden. Mit diesen Ressourcen und unter Rückgriff auf die Bestände können die ukrainischen Streitkräfte die ex-sowjetischen Fahrzeuge noch mehrere Monate lang ihre Manövereinheiten ersetzen. Das Problem liegt vor allem in der Logistik und insbesondere bei der Artilleriemunition. Ex-sowjetische Granaten werden außerhalb Russlands nur in geringem Umfang hergestellt. Die ukrainische oder bulgarische Jahresproduktion reicht nur für wenige Kampftage, und selbst wenn man 152-mm- und andere Granaten überall dort, wo es möglich ist, wiederbeschafft, ist es unvorstellbar, dass die derzeitige ukrainische Artillerie mit der russischen konkurrieren kann. Der zweite Weg besteht darin, das ukrainische technische Kapital vollständig umzuwandeln. Im Eifer des Gefechts geht es vor allem darum, die alte, schmelzende ex-sowjetische ukrainische Artillerie durch eine westliche Artillerie zu ersetzen, die moderner, präziser und mit größerer Reichweite ausgestattet ist und daher unter anderem viel effektiver als Gegenbattterie eingesetzt werden kann. Dies ist eine gigantische Baustelle. Die europäischen Armeen haben ihre Artillerie auf ein Minimum reduziert, aus Sparsamkeit und in dem Glauben, dass die westliche (bzw. amerikanische) Luftüberlegenheit es erlaube, ohne sie auszukommen. Die USA haben ihre Artillerie im Vergleich zum Kalten Krieg ebenfalls reduziert, wenn auch in geringerem Maße. Nebenbei sei daran erinnert, dass Frankreich seit 1990 zwischen 200 und 300 Milliarden Euro mehr in sein technisches Kapital und seine Verteidigungsindustrie investiert hätte, wenn der französische Aufwand in Prozent des BIP dem der Amerikaner entsprochen hätte. Da die Verteidigungsindustrie im Westen und insbesondere in Frankreich zum Handwerk geworden ist - Nexter bringt derzeit alle 40 Tage eine Caesar-Kanone heraus -, ist es schwer vorstellbar, dass diese Wette erfolgreich sein wird, ohne die eigenen Einheiten zu berauben. Bei den Granaten ist das Problem vielleicht noch kritischer. Die derzeitige US-Produktion (ca. 200.000 bis 250.000 Schuss pro Jahr) würde gerade ausreichen, um die ukrainische Artillerie bei der derzeitigen Feuerrate einen Monat lang zu versorgen. Frankreich wiederum hat in zehn Jahren für seine eigene Artillerie das Äquivalent einer Woche Feuer in der Ukraine erworben. Es sollte das Äquivalent von drei Tagen bleiben. Die langfristige Militärhilfe für die Ukraine und generell die neue strategische Landschaft erfordert eine Revolution in unserer Verteidigungsindustrie. 1990 gab es in Frankreich 571 Artilleriegeschütze, heute sind es nur noch etwa 140. Man hätte einen Bestand von 200 Geschützen, eventuell modernisiert, behalten können, aus dem man hätte schöpfen können. Da man von Haushaltseinsparungen besessen war, legte man keine Vorräte an Geschützen und Granaten an. Bei der Flugabwehrartillerie ist die Situation noch schlimmer. Es gibt nun keine andere Möglichkeit mehr, wenn man in der Ukraine eine operative Wirkung erzielen will, als sich von dem zu trennen, was man an Geschützen und Munition hat, in der Hoffnung, in ein paar Jahren wieder auf den neuesten Stand zu kommen. Natürlich muss all dies auch mit immensen Ausbildungsanstrengungen einhergehen, was bedeutet, dass Tausende ukrainische Artilleristen wochenlang aus dem Kampfgebiet abgezogen werden müssen, um sie auszubilden. Anschließend müssen ganze Artilleriebataillone ausgebildet und durch die Ukraine geschleust werden, in der Hoffnung, dass die logistischen Ströme folgen werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Auswirkungen der Umwandlung der ukrainischen Artillerie in eine fast vollständig amerikanische Artillerie nur allmählich eintreten können und erst bestenfalls in einigen Wochen, wenn erhebliche Anstrengungen unternommen werden, und höchstwahrscheinlich erst in mehreren Monaten zu nennenswerten Auswirkungen führen werden. Bei den Nahkampfeinheiten ist das Problem kaum weniger gravierend. Auch hier muss das Bataillon die zählende Einheit sein, wenn man eine neu geschaffene oder neu zusammengestellte Einheit haben will, die schnell verfügbar ist. Wenn man bei Null anfängt und über die vollständige Ausrüstung, eine gute Infrastruktur und das Management verfügt, kann man eventuell innerhalb von sechs Monaten ein Nahkampfbataillon ausbilden. Durch das Mischen mit ukrainischen Veteranen und Kadern aus einer bestehenden Einheit kann der Prozess verkürzt werden. Dies wirft eine Vielzahl konkreter Probleme auf, wobei auch hier langfristig die Verpflichtung besteht, die sowjetische Ausrüstung schrittweise durch westliche zu ersetzen, wobei die Schwierigkeiten etwas geringer sind als bei der Artillerie. Man sollte sich in nächster Zeit auf die Ausbildung von Bataillonen leichter Infanterie und Sturmpionieren konzentrieren, die in diesem Sommer in die städtischen Bastionen und Verteidigungslinien eingespeist werden könnten. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die ukrainische Armee, um den Krieg gewinnen zu können, quasi von Grund auf neu geschaffen werden muss, und es handelt sich dabei um eine Armee, die - zumindest was das Heer betrifft - vom Umfang her deutlich größer ist als die französische Armee. Wenn man konsequent sein wollte, müssten die westlichen Länder große Trainingslager sein, während unsere Industrie sich aufrüstet, um zur Massenproduktion zurückzukehren. Eine abnehmende Offensive Natürlich werden die Russen in dieser Zeit nicht untätig bleiben. Auch sie produzieren und innovieren. Die bevorzugte Hypothese ist, dass sie alle ihre verfügbaren Kräfte in die Waagschale werfen, um den Donbass noch vor Ende des Sommers einzunehmen und dann in eine defensive Haltung überzugehen. Der Verschleiß ihrer Streitkräfte ist bereits beträchtlich. Materiell sind die Verluste an wichtigen Ausrüstungsgegenständen weitaus höher als bei den Ukrainern, aber nicht kritisch. Am schwierigsten scheint die Situation bei den Kampfpanzern zu sein, da fast die Hälfte des aktiven Bestandes von 3 471 Panzern wahrscheinlich nicht mehr kampffähig ist, was vielleicht den Rückgriff auf den Reservebestand mit der Verwertung alter T-62-Panzer erklärt. In anderen Bereichen haben die Russen dank ihrer riesigen Bestände, deren Erhaltung sogar kostspielig und deren Verfügbarkeit zweifelhaft ist, die moderne Letalität besiegt. Mit einem aktiven Bestand von über 14 000 verschiedenen Infanterie-Kampffahrzeugen (um die 3 600 theoretischen in Frankreich) haben sie eine Verlustquote von 10 bis 20 Prozent. Bei anderem Material ist die Lage noch weniger ernst. Wenn es dazu beigetragen hat, die Schlacht um Kiew zu gewinnen, wird die Zerstörung von Kampffahrzeugen die Situation in der Schlacht um den Donbass nicht ändern. Die Logistik ist zweifellos sensibler. Es ist nicht bekannt, wie hoch die russischen Bestände an Treibstoff und vor allem an Munition sind. Es ist die Rede von einem Verbrauch von etwa zwei Dritteln. Wenn das stimmt, lässt dies die Möglichkeit offen, den Kampf im gleichen Tempo etwa zwei Monate lang fortzusetzen, vielleicht drei Monate lang, wenn die lokale Produktion hinzugezogen wird. Vielleicht kann Russland auch auf die Vorräte seiner Verbündeten zurückgreifen. Die Logistikströme sind zudem besser organisiert als in der Bewegungsphase, durch den Schutz einer durchgehenden Front, die Nähe zu Eisenbahnstützpunkten und einen besseren Schutz der Konvois und Netzwerke in der Luft und am Boden. Die eigentliche ukrainische Bedrohung würde vom Infiltrations- oder Partisanenkampf ausgehen, in Koordination mit einer Fähigkeit zu tiefen Schlägen insbesondere mit Mehrfachraketenwerfern HIMARS oder M270. Die größte russische Schwierigkeit, die die Bewegung zum Punkt Omega beschleunigt, liegt im Humankapital. Es wird viel über die Höhe der russischen und LNR/DPR-Menschenverluste spekuliert. Letztere sind in dieser Hinsicht transparenter und die Zahlen, die sie angeben, liegen in der Größenordnung von 40% Verlusten für die 35.000 Mann ihrer beiden Armeekorps. Es stimmt, dass die etwa 20 Bataillone, die sie repräsentieren, von den Russen sehr stark beansprucht werden, aber es ist verständlich, warum sie nun in den Kämpfen nur noch sehr wenig vorankommen. Die russischen Verluste sind wahrscheinlich geringer als die der LNR/DPR, sie liegen in der Größenordnung von 30 % der am 24. Februar eingesetzten Kräfte. Dies ist bereits beträchtlich und bedeutet, dass jede der eingesetzten russischen Kampfgruppen mehr oder weniger schwer getroffen wurde. Im Gegensatz zur Ausrüstung und im Gegensatz zu den Ukrainern verfügen die Russen nur über eine geringe menschliche Reserve, was auf eine rein freiwillige Rekrutierung und das Fehlen einer großen operativen Reserve zurückzuführen ist, die der aktiven Armee zumindest gleichwertig ist. Die Freiwilligkeit sorgt für eine bessere Motivation als eine allgemeine Mobilmachung in Russland, reduziert aber den Umfang der kurz- und mittelfristig verfügbaren Verstärkungen erheblich. Zwar ist es nach langen Wochen möglich, die Verluste der ersten Kriegsmonate auszugleichen, doch wird es schwierig sein, die ursprüngliche Zahl der in der Ukraine eingesetzten Kampfeinheiten wesentlich zu übertreffen. Verluste verringern die Fähigkeiten, jedoch in unterschiedlicher Weise, je nach Qualität der Einheit. Bei 10 % Verlusten verliert ein Elitebataillon beispielsweise 15 % seines Potenzials, während eine mittelmäßige Einheit 30 % ihres Potenzials verliert. Die Gesamtzahl der russischen Kampfgruppen hat sich zwar nicht wesentlich verändert, aber die Zahl derjenigen, die noch über die Fähigkeit verfügen, einen Angriff durchzuführen, ist stark zurückgegangen. Die russische Armee hat sich auch angepasst und ein wenig innoviert, während sie auf tiefgreifendere Reformen wartet. Die Ende März verabschiedete neue Operationsmethode ist den russischen Fähigkeiten deutlich besser angepasst als der Bewegungskrieg, da sie einfacher ist und auf einer geplanten Kombination aus Artillerie, Luftlandetruppen und Infanterie beruht. Die Artillerie ist da, nicht unbedingt modern, aber sehr schlagkräftig. Luftwaffe und Angriffshubschrauber sind besser in den Kampf der Streitkräfte integriert. Was bleibt, ist eine Angriffsinfanterie, die in der Lage ist, zu Fuß in städtischen oder verschanzten Umgebungen zu kämpfen. Die gemischte Nahkampf-Artillerie-Struktur der Kampfgruppen scheint weitgehend aufgegeben zu werden zugunsten klassischerer und einfacherer Strukturen mit der Bildung von großen Artilleriegruppen, praktisch Divisionen, und reinen (kleinen) Manöverbataillonen mit 200 bis 300 Mann wie die Ukrainer. Fast alle Angriffe werden daher mittlerweile von rund 30 Bataillonen durchgeführt, die meist aus der Luftangriffsarmee, der Marineinfanterie oder Irregulären wie Wagner oder der tschetschenischen Brigade der Nationalgarde stammen. In Wirklichkeit sind diese Einheiten von Anfang an stark beansprucht worden und haben schwere Verluste erlitten, doch sie halten sich besser als die anderen. Es ist jedoch nicht klar, ob sie noch sehr lange ununterbrochen eingesetzt werden können. Alles in allem scheint es, dass das materielle Kräfteverhältnis und insbesondere die Feuerkraft in den nächsten drei Monaten auf jeden Fall zugunsten der russischen Streitkräfte ausfallen wird. Es ist sogar wahrscheinlich, dass dieser Vorteil von Mitte Juli bis Mitte August noch größer sein wird. Es bleibt abzuwarten, ob dieser materielle Vorteil des Sommers mit einer Angriffsinfanterie kombiniert werden kann, die immer noch groß genug ist, um entscheidende Ergebnisse zu erzielen. Alles hängt tatsächlich von der Intelligenz der ukrainischen Verteidigung im Donbass und unmittelbar in der Tasche von Sewerodonezk-Lysychansk ab. Wenn die ukrainische Armee in dieser Tasche eingekesselt wird, werden die Russen zweifellos ihren Haupteffekt erreichen. Wenn es der ukrainischen Armee gelingt, dort zwei Monate lang auszuharren oder sich geordnet und ohne große materielle Verluste auf eine starke Linie Sloviansk - Kramatorsk - Druschkiwka - Kostiantyniwka zurückzuziehen, kann es ihr gelingen, die Russen daran zu hindern, ihr strategisches Ziel bis zu ihrem Omega-Punkt zu erreichen. Dies würde zu einem Stillstand an der Front führen, hinter dem sich eine intensive Wiederaufbau- und Transformationsarbeit auf beiden Seiten verbirgt, die früher oder später zu einer neuen Phase des Krieges auf der Grundlage eines anderen Kräfteverhältnisses führen würde. RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 20.06.2022 Zitat:wenn man den jüngsten Erklärungen Glauben schenken darf, auf ein einziges ukrainisches Geschoss etwa sechs verschossene Geschosse entfallen. Laut Dmitry Kuleba sind es übrigens aktuell 15 russische auf jede ukrainische. Zitat:Die derzeitige US-Produktion (ca. 200.000 bis 250.000 Schuss pro Jahr) würde gerade ausreichen, um die ukrainische Artillerie bei der derzeitigen Feuerrate einen Monat lang zu versorgen. Frankreich wiederum hat in zehn Jahren für seine eigene Artillerie das Äquivalent einer Woche Feuer in der Ukraine erworben. Es sollte das Äquivalent von drei Tagen bleiben. Man geht ja immer davon aus, dass bei einem ernsthaften Krieg unsere Luftstreitkräfte diese Rolle voll übernehmen werden, die feindliche Artillerie von unserer Luftwaffe rasch zerlegt wird und diese daher gar nicht so relevant sein wird. Was wenn nicht? Was wenn es nicht gelingt den Luftraum so schnell und so weitgehend frei zu kämpfen wie das seitens der NATO Staaten angenommen wird? Was ist dann der Alternativplan? Eine zwingende Schlußfolgerung daraus ist meiner Meinung nach, dass wir zwingend so schnell wie möglich weitreichende Raketenartillerie in erheblicher Menge aufrüsten müssen, und ebenso mehr Marschflugkörper. Nicht nur gegen feindliche Artillerie, bei weitem nicht allein deswegen, sondern vor allem auch wegen der Vielseitigkeit dieser Systeme gegen alle möglichen Ziele, insbesondere auch gegen die feindliche Luftraumverteidigung, gerade eben damit unsere Luftwaffen dann so wirken können wie es angedacht wird. RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 20.06.2022 JOMINI https://twitter.com/JominiW/status/1535446538687856640 Zitat:Gesamtkarte: Und selbst wenn sie siegen, was dann? Die ganzen Fernwirkungen kommen erst noch, und auch ein Verhandlungsfrieden wird hier jetzt auf Dauer keinen Frieden mehr bringen. Wenn Russland verliert wird es zwingend einen Folgekrieg geben. Gewinnt Russland, wird es einen Folgekrieg geben. Bleibt es "unentschieden", wird es einen Folgekrieg geben. In keinster Weise wird das jemals wieder gut werden, für Dekaden nicht. Der ganze Krieg ist ein Desaster ohnegleichen. Was Russland damit vom Zaun verbrochen hat, vor allem zu unserem Schaden (vor allem langfristig gesehen), ist so dermaßen jenseits von allem. Zwingend muss man jetzt dafür Russland so weitgehend wie nur irgendwie möglich schädigen. |