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(Zweiter Weltkrieg) Ardennen-offensive 1944 - Druckversion

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- shadowghost - 14.10.2004

Die deutsche Offensive in den Ardennen Ende 1944 war ja sozusagen das letzte Aufbäumen der Wehrmacht als das Dritte Reich umstellt war. Zwar konnten die Alliierten die Deutschen wieder zurückdrängen, doch was glaubt ihr wäre geschehen, wenn die Offensive erfolgreich gewesen wäre? Hätte Deutschland an der Westfront wieder die Initiative gewonnen?


- hunter1 - 14.10.2004

Kann mir kaum vorstellen, dass die Deutschen die Initiative zurückgewonnen hätten. Dazu wäre es nötig gewesen, die Westalliierten wieder aus Festlandeuropa hinauszuwerfen. Das Ziel der Ardennen-Offensive war es denn ja auch, zuerst Antwerpen zu erobern, um die Alliierten von ihrem wichtigsten Nachschubhafen abzuschneiden und den Nachschub über See zu blockieren. Man hätte ganz Frankreich zurückerobern müssen, doch die Kapazität der Deutschen wäre dafür viel zu gering gewesen. Die Kämpfe im Osten banden das Gros der deutschen Bodentruppen, die Alliierten standen, obwohl nur langsam voranschreitend, auch schon in Italien, welches man so ebenfalls noch verteidigen musste und die alliierte Luftwaffe war der deutschen zahlenmässig und zu dem Zeitpunkt vermutlich auch vom Erfahrungsgrad haushoch überlegen. Grad die Luftwaffe hätte einen neuen deutschen Blitzkrieg im Westen von Anfang an verhindert, hat auch den Vorstoss während der Ardennen-Offensive stark beeinträchtigt.

Meiner Meinung nach gehört die Ardennen-Offensive in etwa in dieselbe Schublade wie die Operation "Bodenplatte"; strategisch unbedeutend aber propagandistisch durchaus als heroische und erfolgreiche Aktion ausschlachtbar. Wobei Bodenplatte noch als aktiver Abwehrkampf angesehen werden kann, während die Ardennen-Offensive ganz andere Ziele verfolgte, dafür umso kläglicher scheiterte.


- Snakeshit - 14.10.2004

Zu diesem Zweck sollten 30 Angriffsdivisionen im Schwerpunktangriff einsetzt werden, um 60 alliierte Divisionen von der Schelde bis zur Schweizer Grenze zu durchbrechen und eine starke feindliche Kräftegruppe zu vernichten.

Es wurden eine Anzahl kampfkräftiger Truppen für diese Operation bereitgestellt:
Im Norden die 6. SS-Panzerarmee (Dietrich) mit 4 PzDiv und 5 InfDiv, die über Lüttich den eigentlichen Schlag gegen Antwerpen führen sollte; im Mittelabschnitt die 5. Panzerarmee (Manteuffel) mit 4 PzDiv und 4 InfDiv, die weiter südwestlich über die Maas vorstossen, Lüttich nehmen und die 6. SS-Pz-Armee gegen Angriffe von Südwesten schützen sollte; im Süden die 7. Armee (Brandenberger) mit nur 4 InfDiv, die einen schützenden Schleier an Manteuffels südlicher Flanke bilden sollte. Damit wäre dann die 21. britische Armeegruppe unter Montgomery eingekreist und könnte im zweiten Teil der Offensive vereinnahmt und vernichtet werden. Dadurch, so hoffte Hitler, würden sich nicht nur die Kanadier, sondern auch die Amerikaner aus dem Krieg zurückziehen, oder jedenfalls nur noch an einer raschen Beendigung dieses Krieges interessiert sein.

Den Oberbefehl hatte formal von Rundstedt, obwohl der GFM kaum an Planung und Durchführung beteiligt war. Die 250.000 deutschen Soldaten mit 1.900 Artilleriegeschützen aller Kaliber sowie 600 Panzern und Sturmgeschützen unterstanden der Heeresgruppe B (Model), die Luftsicherung übernahm das Luftkommando West mit 1.492 Jagdflugzeugen, 262 Bombern und Schlachtflugzeugen sowie 40 Aufklärern. Panzerdivisionen und Panzergrenadier-Divisionen waren von allen übrigen Kriegsschauplätzen abgezogen worden. Alle Ersatzlieferungen gingen nach dem Westen, anstatt - wie üblich - im Osten eingesetzt zu werden. Dieser Streitmacht gegenüber lagen 83.000 amerikanische und britische Soldaten mit 400 Artilleriegeschützen und 700 Panzern sowie 5.000 einsatzbereite Flugzeuge. Trotz des umfangreichen Aufmarsches gelang die fast völlige Überrumpelung des Gegners, der 1. (US) Armee (Hodges). Seitens des alliierten Oberkommandos erwartete man in diesem Frontabschnitt keinen deutschen Angriff; hier lagen ausgeblutete und neu angekommene amerikanische Einheiten zur Auffrischung.

der Angirff began um 16.12.1944 5:30Uhr


- Shahab3 - 14.10.2004

Ich muss mich hinter1 da anschliessen. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und die ganze Operation eher als Verzweiflungsaktion im Zuge des letzen Aufbäumens ansehen. Neben der militärischen Seite, war sicherlich auch die "psychologie" ein wichtiger Punkt. Man wollte die Alliierten auch überraschen bzw beeindrucken.

Für die Ardennenoffensive wurden bitter benötigte Panzerverbände von der Ostfront abgezogen, die Luftwaffe war auch nur noch ein Schatten ihrer selbst. Deutsche Offensive war Angriffen aus der Luft mehr oder weniger schutzlos ausgelifert. Viele Panzer mussten aus Spritmangel aufgegeben werden.
Oftmals hat man versucht sich von alliiertem Benzindepot zu Benzindepot zu hangeln und zu erobern damit die Fahrt auch weiter gehen kann.


- bastian - 14.10.2004

Die Offensive war auch nicht gerade toll geplant; im Winter mit Panzern durch die Ardennen und das nicht mit leichten Pz III oder IV, sondern Ungetümen wie Panther, Tiger I und v.a. Tiger II, Treibstoffversorgung aus erbeuteten Lagern, keine Reserven, kaum Nachschub, die infanteristische Komponente bestand vorwiegend aus Volksgrenadierdivs...
Strategisch unbedeutend mit völlig unrealistischer Zielsetzung. Kann mir nicht vorstellen wie "Wacht am Rhein" hätte Erfolg haben können.
Die Wehrmacht war einfach nicht mehr in der Lage die strategische Initiative im Westen wiederzugewinnen.
Die in der Ardennenoffensive verschwendeten Verbände wären besser im Osten geblieben, dadurch hätte man vielleicht verhindern können, daß die Sowjets einen so großen Teil D´s erobern könnte. Wäre perspektivisch besser gewesen.


- shadowghost - 14.10.2004

Vielleicht hat man sich ja erhofft die Amis und Briten zurück nach Frankreich treiben zu können um so mehr Kräfte an die Ostfront zu verlegen. Die Russen waren eh der Erzfeind Hitlers, von daher würde es mich wundern, wenn er die Ardennen-Offensive geplant hätte ohne die Sowejts im Hinterkopf gehabt zu haben...


- Shahab3 - 14.10.2004

Ja so den wirklichen Sinn erkenne ich daran ( wie bereits erwähnt ) auch nicht wirklich. Zumal die Russen im Sommer 44 (russische Sommeroffensive) ihre zuvor verlorenen Gebiete wieder komplett zurückerobert hatten. Vermutlich hat Hitler die Widerstandskraft der Ostfront trotzdem überschätzt und hat versucht die Chance wahrzunehmen um im Westen eine Entscheidung herbeizuführen, die Deutschland aus der 2-Fronten Zange nimmt. Das war von vornherein vermessen und völlig an den Realität vorbeigeplant. Wie der ganze Krieg überhaupt...


- Wolf - 15.10.2004

Zitat:hunter1 postete
Kann mir kaum vorstellen, dass die Deutschen die Initiative zurückgewonnen hätten. Dazu wäre es nötig gewesen, die Westalliierten wieder aus Festlandeuropa hinauszuwerfen. müssen, doch die Kapazität der Deutschen wäre dafür viel zu gerDas Ziel der Ardennen-Offensive war es denn ja auch, zuerst Antwerpen zu erobern, um die Alliierten von ihrem wichtigsten Nachschubhafen abzuschneiden und den Nachschub über See zu blockieren. Man hätte ganz Frankreich zurückerobern ing gewesen.
Das ist so nicht richtig. Folgt man dem geplanten Weg der Offensive, hätte sie das Gross der erprobten allierten Kampfverbände tatsächlich eingekesselt. Wäre es gelungen diese Verbände zur Aufgabe zu zwingen, hätten die Allierten bei maximaler Anstrengung mindestens ein Jahr gebraucht um diese Verbände zu ersetzen (ausheben, ausbilden, ausrüsten, transportieren). Da Frankreich keine aktive Bedrohung darstellte, hätte das den Feinddruck im Westen zum Erliegen bringen können.

Der Plan war zumindest diskussionswürdig, die Informations- und Stärkelage der Allierten in den betrefffenden Sektoren wurde weitgehend richtig eingeschätzt. Die eigenen Kräfte und Reserven waren jedoch zu schwach kalkuliert um bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten (z.B. dem Scheitern einiger der Kommandoaktionen) reagieren zu können, die Einsatzführung war halbherzig und der Ausbildungsstand der Volksgrenadierbat. war auch nicht mustergültig.


- Cyprinide - 16.10.2004

Zitat:Shahab3 postete
Ja so den wirklichen Sinn erkenne ich daran ( wie bereits erwähnt ) auch nicht wirklich. Zumal die Russen im Sommer 44 (russische Sommeroffensive) ihre zuvor verlorenen Gebiete wieder komplett zurückerobert hatten. Vermutlich hat Hitler die Widerstandskraft der Ostfront trotzdem überschätzt und hat versucht die Chance wahrzunehmen um im Westen eine Entscheidung herbeizuführen, die Deutschland aus der 2-Fronten Zange nimmt. Das war von vornherein vermessen und völlig an den Realität vorbeigeplant. Wie der ganze Krieg überhaupt...
Naja, spätestes da wird sein völliger Wahnsinn was die Taktik angeht sichtlich. Immerhin hat er auch noch kampfstarke Divisionen von Berlin nach Süden verlegen lassen um in Ungar gegen die Russen zu kämpfen, während diese bereits sich an der Elbe organisierten um Berlin zu erobern...

Meines erachtens hatte die Offensive keinen Sinn mehr!
DIe Divisionen hätten im Osten eingesetzt werden müssen um einen geordneten Rückzug von Zivilisten und Militärs ins Kernreich zu gewähren, statt den Feind, der einem noch viel lieber war zu schwächen...


- Quintus Fabius - 16.10.2004

Das Hauptproblem der Deutschen war der eklatante Treibstoffmangel. Die Panzer begannen die Offensive ja in vielen Fällen gerade mal mit Sprit für 60 km.

Bis auf diesen Punkt, den Treibstoffmangel war die Offensive sonst recht klug geplant. Hätte genügend Treibstoff zur Verfügung gestanden, hätte sie enorme Auswirkungen haben können. Man unterschätzt da die Folgen für die Westalliierten und die Westfront, schon so hat die Ardennenoffensive die Alliierten im Westen so lange aufgehalten, daß Ostdeutschland an die Russen gefallen ist, wäre der Treibstoffmangel gewesen, hätte sich ein Sieg der Westalliierten noch ein Jahr verzögert, es wäre dann zu zwei möglichen Szenarien gekommen:

1 die Russen hätten ganz Deutschland erobert, in der Folge hätten sich Amerikaner und Russen nicht an der Elbe sondern am Rhein getroffen,

2 die Russen wären auch langsamer vorgegangen, in der Folge wäre dann 45 die Atombombe auf Deutschland gefallen

Man sollte in der Offensive nicht unbedingt einen reinen Verzweiflungsakt sehen, es war (mal wieder) ein höchst risikoreicher Versuch der Deutschen, der bei Erfolg dann ganz massive Auswirkungen gehabt hätte.

Man setzte auf das Glück, darauf daß einem der gegnerische Treibstoff in die Hände fallen würde und das dieser dann ausreichen würde. Da es nicht gelang, diesen Treibstoff für sich zu erobern verbrauchten die Deutschen zu viel Zeit und die wertvollen, unersetzbaren Panzer blieben einfach ohne Sprit liegen und mußten aufgegeben werden. Dann klarte das Wetter auf und die Air Force schlug die bewegungsunfähigen deutschen Panzerverbände aus der Luft zusammen.

Aber von der Theorie her: ein herausragender und glänzender Plan, man setzte alles auf eine Karte und würfelte, auch wenn die Chancen gegen einen standen. Umgekehrt hätte ein Aufsparen der Kräfte den Krieg auch nicht geändert, in dem Fall wären die Deutschen nur langsam ausgeblutet, aber es hätte eben nie die Chance bestanden, zumindest im Westen einen temporären Sieg zu erringen. Es ist sogar durchaus denkbar, daß ganz Frankreich in der Folge wieder an die Deutschen gefallen wäre, Aber:

dann wäre eben 45 die Atombombe gefolgt oder die Russen hätten auch noch Frankreich kassiert......


- Shahab3 - 16.10.2004

@Quintus Fabius

Zitat:Man sollte in der Offensive nicht unbedingt einen reinen Verzweiflungsakt sehen, es war (mal wieder) ein höchst risikoreicher Versuch der Deutschen, der bei Erfolg dann ganz massive Auswirkungen gehabt hätte.
...
Bis auf diesen Punkt, den Treibstoffmangel war die Offensive sonst recht klug geplant. Hätte genügend Treibstoff zur Verfügung gestanden, hätte sie enorme Auswirkungen haben können.
Bis auf den Treibstoffmangel ist gut. Wink
Es war tatsächlich so, daß Hitlers Generäle sich (aus gutem Grund) gegen die Ardennenoffensive gewehrt haben. Zu der Zeit hatte man bereits enorme Verluste an der Ostfront gemacht.
Im Westen war definitiv nichts zu gewinnen ausser Zeit (Und die lief im Osten gegen Deutschland ) und die Hoffnung die Briten und Amerikaner zu demoralisieren.
Und tatsächlich befanden sich die Deutschen Truppen nach nur 8 Tagen(!) 16.-24.12 an der Westfront wieder in der Defensive und für die Ostfront benötigtes material wurde somit kopflos verheizt ! Mit Klugheit und Strategie hat das nicht viel zu tun.
Denn bei nüchterner Betrachtung hätte das klar sein müssen und ausser Hiteler haben das auch alle so gesehen. ( Zumindest die eingeweihten Genräle )
Und die Ardennenoffensive hat die Niederlage Deutschlands (wie richtig angemerkt) tatsächlich immens beschleunigt.
Die Auswirkungen sind zwar schwer absehbar, aber vielleicht hätte sich dann ohne Frage einiges anders entwickelt.


- bastian - 17.10.2004

@quintus fabius
Einen Plan, der auf sovielen "Wenns" wie die Ardennenoffensive aufbaut kann ich nicht als herausragend oder glänzend beschreiben; Wenn das Wetter schlecht bleibt und die Airforce nicht eingreift, wenn wir ausreichend Sprit erbeuten...

Das war kein sinnvolles vabanque Spiel mehr, sondern blanke Hybris zu erwarten, daß ein solcher Plan Erfolg hat.


- ThomasWach - 17.10.2004

Stimme da bastian zu!

Solch ein Husarenstück gerade im Westen zu versuchen war blanker Irrsinn.
So, wie Cyprinide es geschrieben hat, wäre es sicher sinnvoller gewesen diese Einheiten gegen die Sowjets zu werfen, da so ein Vorrücken jener umindest abgebremst worden wäre und auch eben der Vormarsch jener ins Reich eher zum Stehen gekommen wäre, da die Westallierten eben schon eher ins Reich eingerückt wären und auch weiter gen Osten vorgedrungen ären, eventuell auch Berlin (mit)eingenommen hätten.

Von daher vollkommen überambitioniert.
Gerade wenn man die Materialunterschiede bedenkt.
Und sicher war der Treibstoffmangel das entscheidende Problem für die DEutschen gepanzerten Verbände, Problem aber war auch, dass nicht genügend erprobte Infanterieeinheiten da waren und vorallem auch keine rechte LUftunterstützung gegeben worden konnte...
allein daran muss man doch auch mal denken, dass die offensive nur deshalb nur soweit gedeihen konnte, da die wetterbedingungen schelcht waren und die allierten Luftwaffen kaum effizient eingreifen konnten.. daher wäre der plamn als solcher letztlich an den fehlendne reserven und an dem verheerenden Einsatz der allierten Bomber und Jabos wohl soweiso gescheitert.
DEnnn es ist ja das eine wenn man mit den bestmöglichen bedingungen theretisch kalkuliert und dann in der praxis die letzten ordentlichen reserven an einer vollkommen unsinnigen stelle einsetzt.


- Wolf - 18.10.2004

Zitat:Thomas Wach posteteDEnnn es ist ja das eine wenn man mit den bestmöglichen bedingungen theretisch kalkuliert und dann in der praxis die letzten ordentlichen reserven an einer vollkommen unsinnigen stelle einsetzt.
Die Stelle war richtig gewählt - wenn man denn gegen die Westallierten vorgehen wollte, sehe ich keine Alternative zu den Ardennen.

Der Ordnung halber : Sprit wurde in Depots in grossen Mengen erbeutet (dieser berühmte Film liegt an dieser Stelle falsch).


- bastian - 18.10.2004

@Wolf
Ist nicht die Speerspitze, die Kampfgruppe Peiper liegengeblieben, weil die GIs ihren Sprit verbrannt haben. Bin mir nahezu sicher, daß so gelesen zu haben.