(Allgemein) Personalgewinnung, Wehrpflicht und der Aufbau von Reserven
Meine Aussagen in Bezug auf Entscheidungsschwäche und mangelnder Zeit sind von meiner rein persönlichen Meinung und Haltung zur Wehrpflicht völlig unabhängig. Rein persönlich bin ich gegen die Wehrpflicht in Deutschland (hier und heute, aufgrund der aktuellen Umstände).

Aber das spielt für den Umstand dass alles hier zunehmend extrem zeitkritisch wird überhaupt keine Rolle und ebenso wenig für die Frage ob hier eine Salamischeibentaktik besser wäre oder ob man nicht einfach harte direkte Entscheidungen treffen muss.

Wenn Wehrpflicht - dann sofort, hier und jetzt, vollumfänglich, für alle, ohne Ausnahmen.

Wir haben einfach gar keine Zeit mehr für irgendwelches sanftes stückweises hinübergleiten.

Harte Entscheidungen - Sofort - ohne Kompromisse - sind immer besser, und dies selbst dann, wenn sie zu nachteiligeren Wehrformen oder sonstigen Problemen führen. Dann hat die Wehrform (Wehrpflicht) halt Probleme, Hauptsache alles geht sehr sehr viel schneller voran.

Geschwindigkeit muss der neue Imperativ sein, und wir werden nicht schnell genug sein, wenn die Regierung sich keinen Vorwürfen aussetzen will sie hätte nicht alle Alternativen ausgeschöpft. Die Regierung müsste sich stattdessen absolut jedem Vorwurf aussetzen und jedes beliebige Opfer bringen, einschließlich ihrer eigenen Macht und ihrer Pfründe. Wir haben es längst 55 Minuten nach 12. Soll die Regierung sich selbst opfern, die Verantwortung übernehmen, Hauptsache sie handelt so schnell wie nur irgendwie machbar - dann wäre das Opfer welches sie umgekehrt damit verlangt zumindest legitimiert.

Wir haben keine Zeit mehr !
Zitieren
(Vor 7 Stunden)muck schrieb: Trotzdem ist dieser erste Schritt der richtige, um die Rückkehr zur Wehrpflicht politisch vorzubereiten. So wird sich argumentieren lassen, dass man weniger einschneidende Wege ausprobiert hat, sie aber nichts genützt haben.

Aus einem heute erschienenen ZEIT-Artikel, der sich auf einen SPIEGEL-Artikel hinter Paywall stützt:

Zitat: "Wir gehen davon aus, dass wir mit einem attraktiven Wehrdienst genügend Freiwillige gewinnen werden", sagte Pistorius. "Sollte das eines Tages nicht der Fall sein, wird zu entscheiden sein, junge Männer verpflichtend einzuberufen."
https://www.zeit.de/politik/deutschland/...z-schweden


Also exakt so wie du sagst.

Als ich mir eben eine altes Papier vom wissenschaftlichen Dienst des BT durchlas (https://www.bundestag.de/resource/blob/5...f-data.pdf) habe ich festgestellt, dass in Schweden KDVler bei Verpflichtung zu Zivildienst genau dieselben Vorzüge erhalten wie Rekruten. Solange der Zivildienst dort nicht aktiviert wird haben sie keine Pflichten.

Das wundert mich sehr. Bei uns ist es aber auch so oder zumindest ist eine Gleichbehandlung vom Zivildienstgesetz beabsichtigt soweit ich das nach viel zu kurzer Recherche sagen kann. Das ist im Friedenbetrieb auch in Ordnung, bloß:

Im Krieg haben die Streitkräfte doch einen viel größeren Hunger nach einfachen Soldaten als das Zivilwesen ungelernte Helfer gebrauchen kann. Die Abnutzung dürfte bei den SK auch und inbesondere unter den Wehrpflichtigen höher sein als es bei den zivilen Verwendungen der Fall sein kann (ohne jede Geringschätzung).

Mal ganz losgelöst von ehrenwerten Motiven betrachtet: Warum zu den SK gehen? Übersehe ich was oder fußt das schwedische System einfach darauf, dass dort der Verteidigungswille sehr stark ausgeprägt ist, also rein auf dem Vertrauen auf eine gefestigte ideologische Basis?

Gibt es in der Geschichte Beispiele für eine Wehrpflichtarmee bei der Verweigerung und Ableistung des Kriegsdienstes gleichgestellt wurden?

Vielleicht habe ich ein komplett falsches Bild, doch mir erscheinen hunderttausend / millionenfache KDV-Anträge im Kriegsfall als nur plausibel, einfach weil die ideologische Basis aus Überzeugung sein Land zu verteidigen aus meiner Sicht hier überhaupt nicht gefestigt wurde und es mangels Anreizen einfach wie die schlechtere Alternative wirkt.

In der Ukraine hat sich nach anfänglicher großer Bereitschaft und vielen Freiwilligen gezeigt, dass dann wenn die Reserven wichtig werden und der Krieg schon länger dauert und viele Opfer gefordert hat, die Bereitschaft sich selbst in Lebensgefahr zu bringen enorm nachlässt.

Und die kennen kein Kriegsdienstverweigerungsrecht und haben trotzdem offenbar Probleme Manpower zu (re)generieren.

Aus meiner Sicht macht dies eine Wehrpflicht, die nicht die Anforderungen an erfolgreiche KDV geradezu lächerlich hoch hängt, ungeeignet für einen Krieg bei dem Wehrpflichtige tatsächlich benötigt werden. Es sei denn man hat diese ideologische gefestigte Basis.

Und irgendwer muss dann auch in meinem Szenario diese ganzen Hardcore-Gewissensprüfungen machen, Klagen aburteilen und die Leute letztenendes massenhaft unter Zwang einsacken und die irgendwie zu nützlichen Soldaten transformieren.

Alles sehr schwer vorstellbar für mich im Jahre 2025. Hoffe mein Szenario ist grundfalsch.
Zitieren
(Vor 5 Stunden)Jakob schrieb: Im Krieg haben die Streitkräfte doch einen viel größeren Hunger nach einfachen Soldaten als das Zivilwesen ungelernte Helfer gebrauchen kann. Die Abnutzung dürfte bei den SK auch und inbesondere unter den Wehrpflichtigen höher sein als es bei den zivilen Verwendungen der Fall sein kann (ohne jede Geringschätzung).
Weswegen eine nachhaltige Wehr-/Ersatzdienstregelung auch nicht den Zivildienst alter Prägung aufgreifen sollte, sondern für alle eine Rolle im Gesamtkomplex der Verteidigung vorsehen müsste. D.h., dass für die Kriegsdienstverweigerung ein Ersatzdienst im Zivilschutz erforderlich wäre statt in sozialen Tätigkeitsfeldern. Aber das kostet halt enorm viel Geld, weil man damit dann keine ohnehin anstehenden Arbeiten erledigen lassen kann, sondern die Dienstleistenden nur ausbildet und trainiert ohne finanziell-positiv nutzbaren Nebeneffekt.
Das bringt allerdings den Vorteil mit sich, dass es weniger falsche Anreize für die Verweigerung gibt, weil die Attraktivität des Ersatzdienstes dann nicht deutlich über der des Wehrdienst liegt, da der Unterschied primär im Dienst an der Waffe läge.
Zitieren
@Quintus
Das eine lässt sich meines Erachtens nicht vom anderen trennen. Bei aller berechtigten Kritik an der deutschen Sicherheitspolitik, bewegen sich die Politiker doch in dem Umfeld, das die Wähler geschaffen haben.

Ausgenommen CDU/CSU steht keine im Bundestag vertretene Partei mehrheitlich hinter der Wehrpflicht. Grüne und SPD haben deutliche Vorbehalte, Linke und AfD sind ebenso dagegen wie FDP und BSW als nennenswerte außerparlamentarische Oppositionsparteien. In einem solchen Umfeld war die nahtlose Rückkehr zur Wehrpflicht stets unrealistisch.

Und eigentlich wäre der jetzt eingeschlagene Weg auch kein großes Problem, denke ich, wenn man sich nur auf den von Pistorius (siehe @Jakobs Beitrag) genannten Stichtag auch anständig vorbereiten würde. Denn selbst wenn sich ein positiver Effekt einstellt, und das halte ich gar nicht mal für unwahrscheinlich, wird der von Pistorius genannte Personalbedarf von über 400.000 aktiven und Reservisten ohne Pflichtdienst nicht zu decken sein. Es braucht konkrete Pläne, die man am Stichtag hervorholen und gleich umsetzen kann.

Da liegt der Hund begraben.
Zitieren


Gehe zu: