So, entschuldigt, ich bin in letzter Zeit nicht wirklich groß zum Schreiben gekommen, nun aber der Fortsetzung dritter Teil...
Situation in Kanaan:
Um 1200 v. Chr.: Unser noch kleines Völkchen der Hebräer hatte sich also im Bergland Kanaans niedergelassen. Großartige Städte gab es keine, man muss sich die Siedlungen, die man archäologisch bestätigen konnte, als kleinere, unbefestigte Runddörfer vorstellen, d. h. die Gebäude waren kreisförmig um eine Art mittig liegendem Markt-/Versammlungsplatz angeordnet. Die Gebäude selbst besaßen steinerne Rundfundamente und beherbergten allenfalls fünf bis zehn Personen, vermutlich weniger, und es gab zumeist etwa 20 bis 30 Gebäude je Dorf, wobei die Archäologen bislang rund 30 Siedlungsorte lokalisieren konnten. Insgesamt sprechen wir also von grob 4.500 bis 5.500 Menschen.
Das muss eine Momentaufnahme sein. Und: Das Leben selbst muss äußerst hart gewesen sein. Im Osten, hin zur wasserreichen, aber schwer zugänglichen Jordansenke und dem Toten Meer, breitete sich eine stocktrockene Wüstenei aus, und wenn der - normal aus Westen blasende - Wind mal auf Ost drehte, wurden Sandstürme und Temperaturen von schnell über 40 Grad nach Kanaan getragen. Im Westen, am Mittelmeer, lag fruchtbares Land auf Meeresniveau, das zudem den Vorteil hatte, dass der Westwind Wolken gen Osten bließ, die dann an den Bergriegeln abregneten, was die Küstenareale mit Wasser versorgte. Die Niederungen des Jordangrabens einerseits und die Küstengebiete andererseits waren insofern zwar fruchtbarer (solange die Versalzung nicht überhand nahm) und wasserreicher, aber dort, in den sumpfigen, brackigen Gewässern schlummerten andere Gefahren - darunter einer der größten Feinde der Menschheit, die Malaria. (Und die westlichen Küstengebiete wurden zudem, wie bereits in vorangegangenen Beiträgen beschrieben, [noch] von kanaanitischen Staathaltern der Ägypter kontrolliert.)
Im Bergland selbst kam also wenig Niederschlag an. Viele denken bei Israel eher an Tel Aviv und Palmen bzw. den flachen Negev, aber man muss bedenken, dass das Land durchaus bergig ist; alleine der Ölberg bei Jerusalem steigt schon auf über 800 m an, bei Hebron liegt das Niveau bereits bei über 1.000 m - also fast deutsches Mittelgebirgsniveau. Die Winter waren durchaus kalt, die Sommer heiß und trocken.
Die Israeliten hatten es also mit schwierigen Bedingungen zu tun. Zumal es auch keine nennenswerten Bodenschätze gab, auch kein Zinn und kein Kupfer (für Bronze), und selbst Bauholz war knapp. Aber dennoch konnten sie sich mit einfachem Ackerbau, vor allem Viehzucht und - der große Schatz der Region - mit Oliven und Olivenöl über Wasser halten. Vor allem letzteres war in Ägypten und bei den Hethitern sehr gefragt.
Rückblende und ein historischer Ausflug zur Einordnung der weiteren Entwicklungen:
1259 v. Chr.: In einem aufsehenerregenden Vertrag beschließen die beiden Großreiche der Region, Ägypten und die Hethiter, einen Friedensvertrag, der ihre jahrhundertelange Fehde beendet (siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84gypt...ensvertrag). In der Folge entwickelten sich beinahe freundschaftliche Verhältnisse zwischen den Reichen, Ägypten unterstützte die Hethiter sogar mit Nahrungsmitteln. Ramses (II.) sandte mehrfach seine besten Ärzte nach Hattuscha, um zu unterstützen, wenn Krankheiten (oder Geburten) anstanden; und höhere Söhne und Töchter aus beiden Reichen wurden gerne verheiratet. Im Windschatten dieses Vertrages kommt nun Kanaan, das ja eine Schnittstelle zwischen den Reichen war, zeitweise zur Ruhe. Dieser Umstand dürfte die Besiedlung sicherlich erleichtert haben.
Um 1200 v. Chr. zeichnete sich aber eine Katastrophe ab. Was man sagen kann, ist, dass es vermutlich eine Verkettung von Ereignissen war. Innerhalb weniger Jahrzehnte zerbrach das Hethiterreich, ebenso die mykenische Kultur. Einstmals große und blühende Städte zerfielen zu Ruinen, etwa Hattuscha, Mykene, Tyrins oder Ugarit. Um 1180 v. Chr. bestand von den einstmaligen Reichen nur noch das ägyptische. Und auch dieses musste alle Kräfte zusammenfassen, um dem Untergang zu entgehen. Die spätbronzezeitliche Kultursphäre des östlichen Mittelmeerraumes war verwüstet und zerfallen.
Was war geschehen? Stichwort Verkettung: In ägyptischen Quellen und auch in hethitischen wird vor 1200 v. Chr. mehrfach niedergeschrieben, dass das Hethiterreich die Ägypter um Nahrungsmittel gebeten hatte. Es wird von ausgegangen, dass - vermutlich infolge Klimaveränderungen - das Hethiterreich schwere agrarische Versorgungskrisen durchlitt. Die Pharaonen halfen zwar, konnten aber die Krise beim Verbündeten nur bedingt mildern. In der Folge kam es zu inneren Unruhen bei den Hethitern, was u. a. unter deren letzten König, Suppiluliuma II., sogar zur Flucht des Hofes aus Hattuscha nötigte. (Möglicherweise war Karkemisch das Ziel?)
Und in diese labile Lage hinein platze das, was die Historiker heute den sog. "Seevölkersturm" nennen.
Um 1190 v. Chr. tauchten diese mysteriösen "Völker" erstmals vor Ugarit auf. Der dortige Statthalter, Ammurapi (bitte nicht verwechseln mit Hammurapi, der stammte nämlich aus Babylon), schlug Alarm und bat flehentlich das Königreich Alaschia (Zypern) um Hilfe, denn seine Soldaten standen tief in Anatolien, um das Hethiterreich gegen innere Unruhen zu stabilisieren, und er war fast hilflos. Alaschia konnte jedoch auch nicht helfen, da es selbst im Verteidigungskampf stand. Dennoch leistete Ugarit ca. fünf Jahre lang Widerstand, unterlag dann aber und wurde um 1185 v. Chr. eingenommen.
Bis etwa 1180 v. Chr. fallen den Seevölkern alle wichtigen Städte der Hethiter im westlichen Anatolien und entlang des Mittelmeeres und die mykenischen und frühgriechischen auf Zypern und Kreta zum Opfer. Das Hethiterreich zerbricht.
1177 v. Chr. kann Ramses III. die Seevölker in einer erbitterten Seeschlacht vor dem Nildelta abwehren. Auch wenn die (ägyptischen) Quellen von einem Sieg der Ägypter sprechen, so war es allenfalls ein Pyrrhussieg, denn die ägyptischen Verluste müssen schwer gewesen sein, so schwer, dass von einer Verfolgung des Gegners Abstand genommen wurde. Der Seevölkerangriff wurden zwar abgeschlagen, aber sie wurden nicht vernichtet. Und sie ließen sich nach 1177 v. Chr. in der fruchtbaren Küstenebene des heutigen Israel nieder - so sie von den geschwächten Ägyptern auch nicht behelligt wurden.
Die Ursprünge dieser Invasoren sind unsicher und in der Wissenschaft bis heute umstritten. Ohne nun allzu sehr auf die Seevölker eingehen zu wollen, eine kurze Beschreibung von Möglichkeiten: Die nebulösen Angreifer werden in hethitischen Texten als
schiqalaya bezeichnet - was in etwa mit "Bootsbewohner" oder "die, die auf Schiffen hausen" gedeutet werden kann; zudem tragen manche Anführer der Seevölker indogermanische Namen. In ägyptischen Texten, die aber vermutlich erst deutlich nach 1200 v. Chr. entstanden, werden die Angreifer auch als
Danaer bezeichnet, wobei dieser Begriff eigentlich auf Homer zurückgeht und die frühen Griechen definierte. Darüber hinaus nennen die Ägypter für die Eindringlinge noch die Namen (oder Namen von Volksgruppen?) der
Schekelesch,
Tjeker,
Waschascha und ...
Philister.
Die letztgenannten - die wichtigsten (nachweisbaren) Philisterstädte waren Aschdod und Gaza an der Küste und Ekron (etwas weiter im Landesinneren) - werden bald von noch von sich reden machen, denn sie gehen unseren in Kanaan siedelnden Israeliten alsbald auf die Nerven.
Fortsetzung folgt (und dann wieder näher an den Israeliten und der Bibel).
Schneemann