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Quintus, die meisten deiner Aussagen sind zwar im Kern richtig, dein Fazit kann ich aber nicht teilen.
Es gibt einen Unterschied zwischen einer tatsächlichen Notsituation und einer Übung für solch eine Situation. In einer Übung dürfen nicht die gleichen Risiken eingegangen werden wie im Krieg. Kannst du anders sehen, stehst damit dann aber recht alleine da.
(13.11.2022, 19:00)Quintus Fabius schrieb: Dann fahren sie halt da nicht über die Brücke sondern woanders lang. So etwas sollte über die jeweils zuständigen Autobahnmeistereien in wenigen Stunden abklärbar sein, und ebenso die daraus resultierend notwendigen Umfahrungen.
...
Und exakt dass sollte das einzige reale Argument sein: geht nicht auf dieser Route A-Z weil: ganz konkret die Brücke XYZ das Fahrzeug nicht trägt, die Unterführung ZY zu niedrig ist und der Unterbau der Landstraße YX nicht ausreichend tragfähig. Sachargumente ! Reale Umstände !
Es wurde ja offenbar konkret mit einzelnen Brücken auf der gewählten Strecke argumentiert und somit wäre eine alternative Routenplanung wohl durchaus genehmigungsfähig gewesen, war aber offensichtlich seitens Frankreich nicht gewünscht oder wurde zumindest nicht mehr weiter verfolgt. Somit könnte man höchstens noch sagen, es sei eine moralische Verpflichtung der deutschen Behörden gewesen, Frankreich eine Alternativroute vorzuschlagen. Wobei wir ja auch nicht wissen, ob das nicht sogar passiert ist.
Davon ab:
Wir haben einen Standard, den alle Straßen einer bestimmten Kategorie erfüllen müssen, um nicht eine einschränkende Kennzeichnung zu erhalten. Wäre es also nun so, dass nur einzelne Brücken o.ä. diesem Standard nicht entsprechen würden, könnte man natürlich so handeln. Nur geht es hier nicht um diesen einfachen Fall, sondern darum, dass der hierzulande angesetzte Standard nicht dem angefragten Transport genügt. Das hat zur Konsequenz, dass theoretisch jeder einzelne Streckenabschnitt für sich überprüft werden müsste, einfach weil niemand wissen kann, ob alle Teile der Belastung standhalten würden. Es fehlt also schlicht die Grundlage für diese Sachargumente. Keiner weiß, ob die Brücke xy, die für die Achslast von 12 to ausgelegt ist, unter bestimmten Umständen (z.B. Vollsperrung zzgl. stark verringerte Geschwindigkeit) auch eine höhere Achslast tragen könnte. Sicher wird das so sein und man könnte das untersuchen. Muss man nur auch erstmal machen und dafür muss das jemand in Auftrag geben.
Nun wissen wir hier natürlich alle, dass du jedes Risiko für die Kriegsfähigkeit eingehen würdest und ginge es nur um darum, ob eine Fahrbahn nach dem Transport erneuert werden muss, dann wäre das auch kein Thema. Aber was nützt deine persönliche Übernahme der Verantwortung, wenn bspw. aufgrund einer nicht ausreichenden Tragfähigkeit dann im Rahmen einer Verlegeübung eine Talbrücke einstürzt und bei den beteiligten Soldaten sowie in der darunter liegenden Ortschaft zahlreiche Todesopfer und Hunderte Millionen Sachschäden verursacht? Für dich mögen das dann erforderliche Opfer sein, die absolute Mehrzahl der Menschen hierzulande wird das aber nicht so sehen. Und du kannst dir sicher sein, dass danach sobald kein Panzer mehr über irgendeine Brücke in Deutschland rollen würde.
Also ist es absolut erforderlich, dass man bei einer Überschreitung von Grenzwerten eine Unbedenklichkeits-Überprüfung vornimmt. Und da eine halbwegs unkomplizierte Überprüfung nur vom Betreiber des Straßennetzes vorgenommen werden könnte, müsste ein außenstehender Nutzer - in diesem Fall Frankreich - eben in eigener Initiative Gutachten in Auftrag geben oder auf politischer Ebene eine Überprüfung erbitten.
Nun kann man sicherlich sagen, dass die abgelehnte Anfrage des Nachbarn für uns Anlass genug sein sollte, eine solche Überprüfung - zumindest für bestimmte Transferstrecken - eigeninitiativ anzugehen, aber eine sofortige Genehmigung allein mit der Begründung, nichts sei wichtiger als die Kriegsfähigkeit, wäre nicht verantwortbar.
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(13.11.2022, 20:59)Broensen schrieb: Nun wissen wir hier natürlich alle, dass du jedes Risiko für die Kriegsfähigkeit eingehen würdest und ginge es nur um darum, ob eine Fahrbahn nach dem Transport erneuert werden muss, dann wäre das auch kein Thema. Naja doch, denn es ginge weder um 100m Fahrbahn, noch um einen einmaligen Transport. Nachfolgende Transporte würde wahrscheinlich beeinträchtigt oder im schlimmsten Fall ganz unmöglich (Brücke gesperrt).
Deshalb wie erwähnt: Entweder andere Tieflader nach Frankreich schicken, und in der nächsten Runde dort eine Achse mehr beschaffen. Auch die französischen Strassen - oftmals viel besser als die deutschen - werden es danken.
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Zitat:as nützt deine persönliche Übernahme der Verantwortung, wenn bspw. aufgrund einer nicht ausreichenden Tragfähigkeit dann im Rahmen einer Verlegeübung eine Talbrücke einstürzt und bei den beteiligten Soldaten sowie in der darunter liegenden Ortschaft zahlreiche Todesopfer und Hunderte Millionen Sachschäden verursacht? Für dich mögen das dann erforderliche Opfer sein, die absolute Mehrzahl der Menschen hierzulande wird das aber nicht so sehen.
Unfug. Es ist bei jeder Brücke vermerkt was sie tragen kann und was nicht und sollte es wieder erwarten in einem Einzelfall zweifelhaft sein gilt dies ganz genau so als nicht tragfähig. Und bei fast allen Brücken gäbe es Umfahrungsmöglichkeiten.
Ansonsten kluge und durchaus richtige Argumente.
Zitat:Es wurde ja offenbar konkret mit einzelnen Brücken auf der gewählten Strecke argumentiert und somit wäre eine alternative Routenplanung wohl durchaus genehmigungsfähig gewesen, war aber offensichtlich seitens Frankreich nicht gewünscht oder wurde zumindest nicht mehr weiter verfolgt. Somit könnte man höchstens noch sagen, es sei eine moralische Verpflichtung der deutschen Behörden gewesen, Frankreich eine Alternativroute vorzuschlagen. Wobei wir ja auch nicht wissen, ob das nicht sogar passiert ist.
Das ist mir so nicht bekannt, dass hier mit konkreten Brücken argumentiert worden sei. Darüber hinaus kann man diese wie schon erwähnt auch höchst einfach umfahren.
Aber die Sache ist höchst einfach, wenn man sie rein von der Kriegsfähigkeit her betrachtet: die Infrastruktur muss natürlich für weitere militärisch erforderliche Belange (dazu gehört auch ziviler Verkehr) erhalten bleiben. Die Infrastruktur zu beschädigen senkt also die Kriegsfähigkeit. Item würde ich keine Maßnahme ergreifen welche die Infrastruktur schädigt.
ABER: ich bin der Ansicht, dass ein solcher Transport ohne Schädigung der Infrastruktur möglich wäre. Das ist nur eine Frage der Route.
Ich weiß es natürlich genau so nicht, ob man Frankreich eine andere Route vorgeschlagen hat oder was es sonst für nicht bekannte Details hier gibt, aber so wie ich den Laden hier kenne halte ich es eben für wahrscheinlicher, dass bloße bürokratische Vorgaben und das blinde befolgen von Vorschriften hier ausschlaggebender waren als reale rein technischen Fakten. Solche erkenne ich natürlich immer an.
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(13.11.2022, 23:35)Ottone schrieb: Naja doch, denn es ginge weder um 100m Fahrbahn, noch um einen einmaligen Transport.
Es ging um eine Verlegeübung, für die Quintus die persönliche Verantwortung übernehmen wollte. Wäre es schief gegangen, hätte er dann die Umleitung des nachfolgenden Verkehrs regeln müssen.
(13.11.2022, 23:44)Quintus Fabius schrieb: Unfug. Es ist bei jeder Brücke vermerkt was sie tragen kann und was nicht und sollte es wieder erwarten in einem Einzelfall zweifelhaft sein gilt dies ganz genau so als nicht tragfähig. Und bei fast allen Brücken gäbe es Umfahrungsmöglichkeiten.
Kein Unfug, es sei denn, ich habe deine vorherigen Aussagen falsch interpretiert:
(12.11.2022, 00:31)Quintus Fabius schrieb: Man könnte aber auch genau so gut einfach über seinen Schatten springen und die entsprechenden Vorschriften dazu mal einfach ignorieren.
Es gibt eine Tragfähigkeit, die vom französischen Transport überschritten worden wäre. Hätte man sich darüber hinweggesetzt, wie du es gefordert hast, wäre genau dieses Risiko eingetreten.
Zitat:Das ist mir so nicht bekannt, dass hier mit konkreten Brücken argumentiert worden sei.
Das habe ich diesem Abschnitt entnommen:
(09.11.2022, 11:01)voyageur schrieb: Diese Erklärung gab Jean-Dominique Merchet von der Zeitung l'Opinion auf Twitter ab, nachdem er sich bei der deutschen Botschaft in Frankreich Klarheit verschafft hatte. "Die nicht erteilte Genehmigung hängt mit den Gewichten der Panzer zusammen, aber auch mit der Route über bestimmte Brücken. Die zulässige Achslast darf 12 Tonnen nicht überschreiten.
Insofern hätte ein Ignorieren der Vorschriften ein Überschreiten der konkret bekannten Maximallasten bedeutet. Gut möglich, dass dies gefahrlos machbar wäre, aber man sollte da schon vorher mal genauer drauf schauen.
Also Route umplanen, aufs Gleis verlegen oder was Ottone zurecht sagt.
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(13.11.2022, 19:00)Quintus Fabius schrieb: Und das ist der zweite entscheidende Faktor hier neben dem Mangel an Geschwindigkeit: Die Risikoaversion, und noch spezifischer die Risikophobie wenn es um das eigene Geschick geht.
Ich kenne ein von mir sehr geschätztes Forenmitglied, dass meinte vor gar nicht allzu langer Zeit in Zusammenhang mit meiner Risikobereitschaft: "Risikoaffinität und Hasardeurtum sind verschiedene Dinge." Tatsächlich geht es doch in deiner Argumentation gar nicht um eine Verlegung selbst, oder um die Frage welche Risiken bestanden und welche Alternativen es gab, sondern rein um deine (inzwischen ja hinlänglich bekannte) Gesellschaftskritik bezüglich eben jener "Risikoaversion", die in der Regel noch mit dem unmoralischen Motiv der "persönlichen Pfründe" verbunden wird. Das ist ja durchaus legitim, hilft aber der Diskussion nicht wirklich weiter. Ob nun ein Transport nicht genehmigt wurde, weil ein hochrangiger Beamter lieber an die Sicherung seiner Pension als an die weitreichenden gesellschaftlichen Folgen seiner Regeltreue gedacht hat, oder ein engagierter Verantwortlicher aufgrund bekannter Belastungsgrenzen keinen Spielraum sah, ist völlig unklar und daher argumentativ belanglos.
Ja, wir sind ein Verwaltungsstaat und sehr viele Prozesse werden zu Tode bearbeitet, ja, es werden nicht selten gerade in Bezug auf unsere (kollektive) Wehrfähigkeit die falschen Prioritäten gesetzt, ja, es muss da ein Umdenken stattfinden und das System grundlegend verändert werden. Das lässt sich so als Argument immer und überall anbringen, was aber nicht heißt, dass das einen Sinn ergibt.
Denn abseits von diesen, sofern sie in kurzer Zeit erfolgen revolutionären, Änderungen kann man auch eine Stufe darunter anfangen über realistisch schnell umsetzbare Lösungen zu diskutieren. Und die einfachsten sind dabei, wie hier im Strang schon erwähnt, die Verwendung von zivil üblichen Gerätschaften und die bestmögliche Nutzung der Eisenbahn (was die französische Armee im übrigen bei der Verlegung leichterer Kräfte gern macht, wie ich aus eigener Erfahrung weiß).
Und bei aller Kritik an der europäischen Zusammenarbeit, die natürlich verbessert werden kann und muss, sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass in den letzten Monaten deutlich mehr Transport deutlich kurzfristiger genehmigt wurden-
(13.11.2022, 23:44)Quintus Fabius schrieb: ABER: ich bin der Ansicht, dass ein solcher Transport ohne Schädigung der Infrastruktur möglich wäre. Das ist nur eine Frage der Route.
Definitiv. Und definitiv ergibt es trotzdem Sinn, die Infrastrukturbelastung durch alle möglichen Maßnahmen zu reduzieren. Denn dadurch ergeben sich noch mal deutlich mehr Optionen, und was das im Kriegsfall bedeutet brauche ich wohl nicht zu erklären.
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Das mit den Zitat: bestimmten Brücken hatte ich übersehen. So dem so ist, habt ihr natürlich Recht und ich muss mich daher hiermit vor allem bei Broensen entschuldigen, was ich hiermit tue. Dann muss man umgekehrt fragen warum die Franzosen nicht ad hoc eine Alternativroute vorgeschlagen haben, den es gibt jede Menge Wege wo man auch mit höherer Achslast unterwegs sein könnte.
Es ist halt ganz allgemein diese Steifheit im Denken und diese Langsamkeit in allem die mich rasend machen.
Warum sind alle in Westeuropa TM nur so unflexibel ?!
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Zitat:Es ist halt ganz allgemein diese Steifheit im Denken und diese Langsamkeit in allem die mich rasend machen.
Warum sind alle in Westeuropa TM nur so unflexibel ?!
Positives denken, vielleicht wird's diesmal besser
Militärische Mobilität: Die EU will "überdimensionale" Lufttransportkapazitäten haben.
OPEX 360 (französisch)
von Laurent Lagneau - 14. November 2022
[Bild: http://www.opex360.com/wp-content/upload...220923.jpg]
Im Jahr 2018, als NATO-Übungen gerade deutlich gemacht hatten, wie schwierig es für Truppen ist, von einem europäischen Land in ein anderes zu gelangen, enthüllte die Europäische Kommission über ihren Auswärtigen Dienst [EAD] einen Plan, um die "militärische Mobilität" innerhalb der EU-Mitgliedstaaten zu verbessern.
"Ziel ist es, auf europäischer Ebene zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Straßen- und Schienennetze für militärische Transporte geeignet sind, und um die nationalen Vorschriften für die schnelle und reibungslose Verlegung von Truppen und Militärfahrzeugen auf dem Kontinent im Krisenfall zu vereinfachen und zu straffen", hieß es in dem Plan.
Der Plan sah zunächst vor, die zivil-militärischen Synergien durch finanzielle Unterstützung für Infrastrukturprojekte mit doppeltem Verwendungszweck [zivil und militärisch] zu stärken und den Verwaltungsaufwand durch Vereinfachung der "Zollvorschriften" und der "Vorschriften für den Transport gefährlicher Güter" zu verringern, wobei die Entwicklung von "Vereinbarungen" zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere für "Genehmigungen für den grenzüberschreitenden Verkehr", gefördert werden sollte. Im Klartext: Die Idee war, ein "militärisches Schengen" zu errichten.
Um dies zu erreichen, wurde eine Zeit lang erwogen, die Maßnahmen dieses Plans mit einem Budget von 6,5 Milliarden Euro aus dem mehrjährigen Finanzrahmen [MFR] der EU für den Zeitraum 2021-27 zu finanzieren. Trotz wiederholter Zwischenfälle zwischen der Ukraine und Russland, insbesondere in Bezug auf den Donbass, wurde schließlich beschlossen, diesen Betrag im Juli 2020 auf nur 1,5 Milliarden Euro zu reduzieren.
Die Europäische Kommission versichert jedoch, dass dieser Plan "vollständig umgesetzt" wurde, insbesondere durch die Harmonisierung der Vorschriften für den Transport gefährlicher Güter, eine neue Richtlinie, die eine Befreiung von der Mehrwert- und Verbrauchsteuer für militärische Aktivitäten im Rahmen der EU vorsieht, oder die Vereinfachung der Zollformalitäten "durch die Einführung einer Anleitung zur Verwendung des EU-Formulars 302".
Auf jeden Fall gibt es noch ungelöste Probleme, wie die Tatsache zeigt, dass das französische Heer seine Leclerc-Panzer nicht über deutsche Straßen nach Rumänien schicken kann, da keine Ausnahmeregelung zu den auf der anderen Seite des Rheins geltenden Vorschriften erwirkt werden konnte.
Daher die 30 neuen Maßnahmen, die die Europäische Kommission im Rahmen des " Aktionsplans zur militärischen Mobilität 2.0", den sie am 10. November vorstellte, vorgeschlagen hat. Und offensichtlich gibt es noch viel zu tun, um die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und die Vorschriften für Militärtransporte zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Das Gleiche gilt für die Anpassung der Infrastruktur [Häfen, Straßen, Schienen und Flughäfen] an die Standards.
"Unsere Straßen und Brücken müssen den schnellen Einsatz aller militärischen Kapazitäten von einer Seite der EU zur anderen, von West nach Ost, ermöglichen", fasste Josep Borrell, der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, zusammen. "Bisher gelten auf den Schienen, Straßen und in den Häfen der europäischen Länder jedoch teilweise unterschiedliche Standards, während die Bürokratie die Grenzübergänge verlangsamt", fügte er hinzu.
"Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung an die Ukraine, um der russischen Invasion entgegenzuwirken, ist, dass jede Sekunde zählt. Eine schnelle militärische Mobilität ist von entscheidender Bedeutung, um auf Krisen an unseren Grenzen und darüber hinaus reagieren zu können. Bisher wurde viel Arbeit geleistet, aber der strategische Kompass hat höhere Ambitionen gesetzt, und wir erfüllen unsere Verpflichtungen", sagte auch Borrell.
Der "Aktionsplan zur militärischen Mobilität 2.0" solle "bestehende Engpässe" beseitigen, damit sich die Streitkräfte "schnell und effizient" bewegen können. Und es soll sichergestellt werden, dass sie "Zugang zu strategischen Transportkapazitäten" haben und dass die "Infrastrukturen besser vor Cyberbedrohungen und anderen hybriden Bedrohungen geschützt" werden.
In Bezug auf die Zollverfahren schlägt der Plan vor, diese durch Digitalisierung zu beschleunigen. Außerdem sollen "mögliche Lücken in der Infrastruktur" identifiziert und eine Treibstoffversorgungskette [oder "logistische Knotenpunkte"] aufgebaut werden, um "groß angelegte Bewegungen von Streitkräften mit kurzer Vorwarnzeit zu unterstützen". In diesem Punkt spricht das Dokument von der "Stärkung der Energieeffizienz und der Widerstandsfähigkeit von Transportsystemen [gegenüber] dem Klimawandel". Und die Zusammenarbeit mit der NATO soll ausgebaut werden.
Neu an dem neuen Plan ist jedoch, dass er die Notwendigkeit strategischer Lufttransportkapazitäten für die EU betont, insbesondere für übergroße oder gefährliche Fracht [wie Munition]. Dies gilt umso mehr, als es derzeit kompliziert ist, sich auf Flugzeuge des Typs Antonow zu verlassen.
Die Europäische Verteidigungsagentur [EDA] "könnte den Rahmen für die Anpassung ziviler Kapazitäten für den Transport übergroßer Fracht für militärische Zwecke schaffen und dabei die zivil-militärischen Synergien maximieren". Er verweist auf das Projekt SATOC [Strategic Air Transport for Outsized Cargo], das im Rahmen der strukturierten Zusammenarbeit Pemanente [oder PESCO] ins Leben gerufen wurde. Airbus bietet in diesem Bereich eine Lösung auf der Grundlage seiner "übergroßen" Beluga ST-Flugzeuge an.
Darüber hinaus schlägt der Plan der Kommission einen identischen Ansatz für den "möglichen Bedarf an spezialisierten See- und Schienentransportmitteln" vor.
Was die Finanzierung dieser Maßnahmen betrifft, so reichen die 1,6 Milliarden Euro des MFR 2021-27 natürlich nicht aus. Daher werden die "Connecting Europe Facility" (FCEF), die zur Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturprojekten mit doppeltem Verwendungszweck dient, und der Europäische Verteidigungsfonds [EDF] in Anspruch genommen.
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Das Vereinigte Königreich darf am Projekt für Militärische Mobilität der EU teilnehmne. UK ist neben Kanada, USA und Norwegen die vierte nicht EU Nation die an dem Programm teilnimmt. Die Niederlanden haben die Projektleitung inne.
https://esut.de/2022/11/meldungen/38041/...eilnehmen/
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Für die NATO sind die Fortschritte bei der "militärischen Mobilität" in Europa noch nicht ausreichend.
OPEX 360 (französisch)
von Laurent Lagneau - 24. November 2023
[Bild: https://www.opex360.com/wp-content/uploa...180328.jpg]
In einem "vertraulichen" Bericht aus dem Jahr 2017, der in die deutsche Presse durchgesickert war, hieß es: "Die Fähigkeit der NATO, eine schnelle Verstärkung in dem sehr großen Gebiet", das dem Oberkommando der Alliierten Streitkräfte in Europa [SACEUR] untersteht, "logistisch zu unterstützen, ist seit dem Ende des Kalten Krieges verkümmert". Und das aus mindestens drei Gründen.
Der erste Grund war die Infrastruktur der ehemaligen Mitglieder des Warschauer Pakts, die der NATO beigetreten waren, da diese nach anderen Standards als in den westlichen Ländern gebaut worden war. Einen Vorgeschmack auf dieses Problem gab es bei der Stationierung einer US-Panzerbrigade in Polen im Januar 2017. Die Höhe der Tunnel und die Robustheit der Brücken reichten nicht aus, um gepanzerten Fahrzeugen mit einem Gewicht von über 62 Tonnen die Durchfahrt zu ermöglichen.
Der zweite Punkt, der in diesem Bericht angesprochen wurde, betraf den Mangel an Versorgungspunkten für Panzerkolonnen und die Defizite der Eisenbahnnetze. "Was nützen die teuersten Waffensysteme, wenn sie nicht dorthin transportiert werden können, wo sie am dringendsten benötigt werden", fragten die Autoren des Berichts.
Schließlich wurde auch die Schwerfälligkeit der Verwaltung angeprangert. Kavallerieregimentes der US-Armee, das an der bulgarischen Grenze festsaß, um die Zollformalitäten zu erledigen. Außerdem unterliegt der Transport von gefährlichen Gütern wie Munition oftmals strengen, wenn nicht gar peniblen Vorschriften...
General Ben Hodges, der damalige Kommandeur der US-Armee in Europa, plädierte daher für einen "militärischen Schengen-Raum", um die Bewegung von Truppen zu erleichtern. Kurz darauf kündigte die NATO die Schaffung des "Joint Support and Facilitation Command" [JSEC] an, das für die Logistik und die Mobilität der Truppen in Europa zuständig sein sollte.
Die Europäische Kommission stellte ihrerseits einen "Aktionsplan" vor, der die militärische Mobilität innerhalb der Union [EU] im Jahr 2018 verbessern soll. "Ziel ist es, auf europäischer Ebene zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Straßen- und Schienennetze für Militärtransporte geeignet sind, und die nationalen Vorschriften für die schnelle und reibungslose Verlegung von Truppen und Militärfahrzeugen auf dem Kontinent im Krisenfall zu vereinfachen und zu straffen", hieß es damals.
Im Entwurf des mehrjährigen Finanzrahmens der EU für 2021-27 wurde für diesen Zweck ein Betrag von 6,5 Milliarden Euro vorgeschlagen... Doch dieser Betrag wurde schließlich auf 1,5 Milliarden Euro gekürzt.
Sechs Jahre nach dieser Erkenntnis bleibt dieser "militärische Schengen-Raum" ein frommer Wunsch. Der deutsche General Alexander Sollfrank, der amtierende Befehlshaber des JSEC, gab dies in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters am 23. November zu verstehen.
Die NATO "muss in der Lage sein, ihre Truppen schnell an die Ostflanke zu verlegen", betonte General Sollfrank. "Wir müssen einen Vorsprung haben und den Schauplatz vorbereiten, lange bevor Artikel 5 [die kollektive Sicherheitsklausel der Allianz, Anm. d. Ü.] in Anspruch genommen wird", betonte er. Nun, "wir brauchen eine Art 'militärisches Schengen'", sagte er.
"Auf dem Höhepunkt des Krieges in der Ukraine hat Russland 50.000 Granaten pro Tag abgefeuert. Diese Granaten müssen zu den Artilleristen gelangen. Daher müssen Lagerhäuser für Munition, Treibstoff, Ersatzteile und Vorräte eingerichtet werden", erklärte der "Chef" des JSEC.
Der Leiter des NATO-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, sagt nichts anderes. "Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat sich als ein Abnutzungskrieg erwiesen, und ein Abnutzungskrieg ist eine Schlacht um die Logistik". Wir haben zu viele Regeln", sagte er.
"Wir haben zu wenig Zeit. Was wir in Friedenszeiten nicht tun, wird im Falle einer Krise oder eines Krieges nicht bereit sein", so Sollfrank. "Die NATO darf den Kreml nicht zu einer Fehlkalkulation verleiten, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, sie sei nicht vorbereitet", schloss er.
Die Regulierungsprobleme betreffen auch die ältesten Mitglieder der NATO. Im November 2022 konnten die Leclerc-Panzer, die nach Rumänien fahren sollten, nicht durch Deutschland fahren, weil die Achslast des gepanzerten Trägerfahrzeugs TRM 700-100 höher war als die nach der Straßenverkehrsordnung auf der anderen Seite des Rheins zulässige Höchstgrenze.
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