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Wirtschaftswachstum in Russland laut IWF bei +0,7 %, während es in dieser Bundesrepublik bei - 0,1% liegt, und wir damit uns in einer Rezession befinden.
https://www.businessinsider.de/wirtschaf...utschland/
Rein persönlich kann ich anmerken, dass da gerade in Russland sich vieles erheblich ändert. Die Warenströme, die Frage was produziert wird und für wen etwas produziert wird und interessantererweise gibt
es auch jede Menge Neugründungen von Unternehmen die vorher nicht profitabel gewesen wären, jetzt aber wirtschaftlich geworden sind. Beispielsweise stellt eine kleine Fabrik jetzt Nägel und Schrauben in großer Menge her,
was vorher nicht wirtschaftlich machbar war und vieles weitere in diese Richtung. Und die einfache Bevölkerung darbt halt weiter vor sich hin - was ihr erstaunlich weitgehend egal ist, es war ja nie anders und Hauptsache man kann
saufen und es gibt keine Schwulen, denn dann steht ja alles bestens .........
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Zitat:Rein persönlich kann ich anmerken, dass da gerade in Russland sich vieles erheblich ändert. Die Warenströme, die Frage was produziert wird und für wen etwas produziert wird und interessantererweise gibt
es auch jede Menge Neugründungen von Unternehmen die vorher nicht profitabel gewesen wären, jetzt aber wirtschaftlich geworden sind. Beispielsweise stellt eine kleine Fabrik jetzt Nägel und Schrauben in großer Menge her, was vorher nicht wirtschaftlich machbar war und vieles weitere in diese Richtung.Und die einfache Bevölkerung darbt halt weiter vor sich hin - was ihr erstaunlich weitgehend egal ist, es war ja nie anders und Hauptsache man kann
saufen und es gibt keine Schwulen, denn dann steht ja alles bestens .........
Das Bittere in diesem Zusammenhang dürfte vermutlich wohl sein, dass du hiermit völlig richtig liegst. Ist es aber eine Lösung bzw. ein Lösungsansatz des gegenwärtigen - d. h. also des unsrigen Problems?
Nein. Leider eben nicht. Es mag zwar manches besser erklärbar sein, die Lösung rückt aber immer mehr in die Ferne, wenn man mal von rein "biblischen" Lösungsansätzen nach dem Charakterzug eines Arnaud d'Amaury (" Caedite eos. Novit enim Dominus qui sunt eius") absieht. Wobei ich mir mittlerweile nicht einmal mehr sicher bin, ob dieser degenerierte Hurenhaufen im Kreml hierüber überhaupt nachdenkt.
Schneemann
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In der Oberschicht Russlands gibt es zu viele, die sich gerade aufgrund des Krieges noch viel mehr als je zuvor berreichern können. Entsprechend profitieren die russischen Eliten von diesem Krieg, und wenn er nicht aus dem Ruder läuft und krachend verloren wird stabilisiert er in Wahrheit sogar noch ihre Herrschaft im Inneren statt sie zu destabilisieren usw. Entsprechend unterstützt eine Mehrheit der Eliten den Krieg, weil er für sie äußerst vorteilhaft ist.
Man kann so endgültig mit dem Westen brechen, somit dringen destabilisierende westliche Elemente nicht weiter in die russische Gesellschaft vor. Man kann sich global komplett neu aufstellen und sich völlig neue, völlig andere Partner suchen und natürlich hat man insgesamt etliche Verluste, aber langfristig gesehen ist die Sache nur vorteilhaft für die aktuellen russischen Eliten. Finanziell wie auch persönlich.
Deshalb gehe ich inzwischen auch recht sicher davon aus, dass die Russen selbst ihre Pipelines sprengten. Das passt einfach insgesamt zu sehr in das Bild: die brechen ganz bewusst alle Brücken in den Westen ab, dauerhaft. Die wollten mit uns brechen und wollen das weiterhin. Weil sie uns mehr als Problem und Gefährdung ihrer Pfründe sehen denn als sonst etwas.
Und es gibt sogar Verschwörungstheorien in Russland, dass selbst die Niederlage der Armee und deren Ausbluten teilweise intentional sind bzw. von den Eliten nun genutzt werden, um die Armeeführung im Verhältnis zu ihnen zu schwächen, damit nicht die Armee gegen die aktuelle Führung putscht.
In Russland wurden schon seit Dekaden erfolgreiche Generäle nach Kriegen in welchen sie siegten (Tschetschenien etc) ermordert oder verschwanden, dass passt also auch durchaus ins Bild. Nachdem der Handstreich auf die Ukraine missglückte, befürchtete man seitens der Eliten den Militärputsch. Entsprechend macht man sicherheitshalber die eigene Armee gleich mit nieder.
Aus Sicht weiter Teile der russischen Eliten ist der aktuelle Krieg und sein Zustand daher keineswegs schlecht, ganz im Gegenteil. Der Krieg nützt genau diesen Eliten erheblich, vom eigenen Reichtum bis hin zu weiteren Möglichkeiten der Berreicherung bis hin zur Stabilisierung ihrer Vorherrschaft.
Und ob die einfachen Russen darunter leiden oder nicht, war und ist in Russland jederman egal, auch den einfachen Russen selbst. Man darf es nur nicht zu sehr übertreiben und man braucht natürlich immer ein paar schuldige Bojaren um den Zaren zu entlasten, denn der Zar ist immer gut und heilig.
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(12.04.2023, 08:02)Quintus Fabius schrieb: In der Oberschicht Russlands gibt es zu viele, die sich gerade aufgrund des Krieges noch viel mehr als je zuvor berreichern können. Entsprechend profitieren die russischen Eliten von diesem Krieg, und wenn er nicht aus dem Ruder läuft und krachend verloren wird stabilisiert er in Wahrheit sogar noch ihre Herrschaft im Inneren statt sie zu destabilisieren usw. Entsprechend unterstützt eine Mehrheit der Eliten den Krieg, weil er für sie äußerst vorteilhaft ist. Das ist aber nicht Rußlandspezifisch sondern war und ist bisher in jedem Staat sogewesen.
Zitat:Man kann so endgültig mit dem Westen brechen, somit dringen destabilisierende westliche Elemente nicht weiter in die russische Gesellschaft vor. Man kann sich global komplett neu aufstellen und sich völlig neue, völlig andere Partner suchen und natürlich hat man insgesamt etliche Verluste, aber langfristig gesehen ist die Sache nur vorteilhaft für die aktuellen russischen Eliten. Finanziell wie auch persönlich.
Spätestens mit Beginn des Ukrainekrieges hat ein gewichtiger Teil des Westens aber mit an dieser Entwicklung gearbeitet. Sozusagen kann man vermuten dass diese Trennung durchaus einvernehmlich stattfindet.
Zitat:Deshalb gehe ich inzwischen auch recht sicher davon aus, dass die Russen selbst ihre Pipelines sprengten. Das passt einfach insgesamt zu sehr in das Bild: die brechen ganz bewusst alle Brücken in den Westen ab, dauerhaft. Die wollten mit uns brechen und wollen das weiterhin. Weil sie uns mehr als Problem und Gefährdung ihrer Pfründe sehen denn als sonst etwas.
Welche Pfründe soll der Westen in Rußland denn gefährdet haben?
Zitat:Und es gibt sogar Verschwörungstheorien in Russland, dass selbst die Niederlage der Armee und deren Ausbluten teilweise intentional sind bzw. von den Eliten nun genutzt werden, um die Armeeführung im Verhältnis zu ihnen zu schwächen, damit nicht die Armee gegen die aktuelle Führung putscht.
Ich halte einen Militärputsch in Rußland für völlig abwegig. Das ist pures Wunschdenken.
Zitat:In Russland wurden schon seit Dekaden erfolgreiche Generäle nach Kriegen in welchen sie siegten (Tschetschenien etc) ermordert oder verschwanden, dass passt also auch durchaus ins Bild. Nachdem der Handstreich auf die Ukraine missglückte, befürchtete man seitens der Eliten den Militärputsch. Entsprechend macht man sicherheitshalber die eigene Armee gleich mit nieder.
Nette Verschwörungstheorie aber mehr nicht. Im Übrigen würde eine derartige Handlungsweise einen Militärputsch nur begünstigen, wenn denn einer geplant wäre.
Zitat:Aus Sicht weiter Teile der russischen Eliten ist der aktuelle Krieg und sein Zustand daher keineswegs schlecht, ganz im Gegenteil. Der Krieg nützt genau diesen Eliten erheblich, vom eigenen Reichtum bis hin zu weiteren Möglichkeiten der Berreicherung bis hin zur Stabilisierung ihrer Vorherrschaft.
Setzt man Putin und die russischen Eliten gleich dann stellt sich die Frage inwiefern deren Vorherrschaft denn gefährdet gewesen sein soll. Keine politische Kraft in Rußland wäre dazu auch nur annährend stark genug gewesen.
Zitat:Und ob die einfachen Russen darunter leiden oder nicht, war und ist in Russland jederman egal, auch den einfachen Russen selbst. Man darf es nur nicht zu sehr übertreiben und man braucht natürlich immer ein paar schuldige Bojaren um den Zaren zu entlasten, denn der Zar ist immer gut und heilig.
Ich war als junger Mann großer Anhänger der SPD und Verfechter der sozialen Gerechtigkeit. Einige aus meiner Familie sagten immer dazu: "100 Jahre wählen arme Deutsche SPD und sie sind immer noch arm." Das nur als kurze Anekdote. Fakt ist die Russen haben so einen von dir genannten Zaren schon einmal gestürzt, die Deutschen hingegen nicht. Wahr ist auch dass es den einfachen Russen schon wesentlich schlechter ging, nicht nur beim Zaren, sondern auch nach der Ära Gorbi unter Jelzin.
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Da sich deine Antwort auf Quintus' Beitrag bezog, will ich gar nicht so sehr ins Detail einsteigen bzw. einer Antwort von ihm vorgreifen. Nur dieser Abschnitt...
Zitat:Fakt ist die Russen haben so einen von dir genannten Zaren schon einmal gestürzt, die Deutschen hingegen nicht. Wahr ist auch dass es den einfachen Russen schon wesentlich schlechter ging, nicht nur beim Zaren, sondern auch nach der Ära Gorbi unter Jelzin.
...ist schon ein bitterer Sarkasmus und auch etwas unfair bzw. doch etwas "oberflächlich".
Die Deutschen haben 1918 ihren Kaiser ins Exil gezwungen, wobei die Sozialdemokraten hier mit federführend waren. Und in Russland übrigens wurde der Zar auch nicht von jenen gestürzt, deren skrupelloser "Erbe" derzeit in Moskau regiert. Es waren genau genommen die Menschewiki (quasi die russischen Sozialdemokraten), die im Rahmen der Februarrevolution 1917 das Ende der Monarchie und die Abdankung des Zaren in Russland einläuteten. (Hier sind sich Deutschland und Russland also durchaus ähnlich.) Das Problem war nur, dass in Russland die von den Menschewisten geprägte provisorische Regierung den wenig geliebten Krieg gegen die Mittelmächte fortsetzen wollte (s. Kerenski-Offensive). Das wiederum hat als Folgewirkung die Radikalen (Bolschewisten) enorm begünstigt, die sich im Oktober 1917 dann an die Macht putschten (bzw. den Putsch gegen einen schwächelnden, aber nicht mehr zaristischen Staat, als "Oktoberrevolution" verkauften).
Weiterhin: Genau genommen waren Gorbi und Jelzin nur noch die Insolvenzverwalter eines Regimes, das spätestens seit den 1970ern sich nicht mehr rechnete, massiv misswirtschaftete und einen beständigen Abstieg des Lebensstandards der Menschen in der UdSSR bewirkte. Sie haben dann aber von der "alten KPdSU-Garde", die Erben quasi von denen, die die zaghaften demokratischen Bewegungen nach dem Sturz des Zaren abwürgten, die Scherben vor die Füße geworfen bekommen nach dem Motto Nun macht mal schön! - und Gorbi war sicher vieles, aber eben kein Wirtschaftsfachmann. Er versuchte noch zu retten, was er irgendwie retten wollte und konnte - was aber hoffnungslos war. Das Bittere dabei ist, dass man in Russland heute noch Gorbi den Vorwurf macht, er habe die UdSSR gegen die Wand gefahren, während in Wirklichkeit nun seit über 20 Jahren ein "Kind" von genau jenem sich selbst strangulierenden System (bzw. ein "Kind", das von diesem System herangezogen wurde) im Kreml sitzt und das Land erneut gegen die Wand fährt.
Gleichwohl allerdings sehe ich derzeit keinen Gorbi, dem man im letzten Moment den Ball zuspielen könnte, um so die Verantwortung für das gegenwärtige Desaster auf diesen abwälzen zu können. Ergo - die jetzige russische Führung müsste gezwungenermaßen die Verantwortung übernehmen für ihren Krieg. Dass diese Mafiosis im Kreml dies allerdings gedenken zu tun, wage ich zu bezweifeln...
Schneemann
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Es gibt wieder Orden...
Zitat:Die Auszeichnung hatte der Kreml-Chef im August vergangenen Jahres eingeführt. Sie soll dazu beitragen, den rapiden Fall der Geburtenrate in Russland abzubremsen. Neben einer Medaille erhalten die Frauen, die mindestens zehn Kinder geboren haben, eine Million Rubel. Nach aktuellem Kurs sind das etwa 11.600 Euro.
https://www.stern.de/politik/ausland/wla...94130.html
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Ich stelle es mal hier ein...
In gewisser Weise, allerdings nicht uneingeschränkt, neige auch ich zum Gaullismus. Besonders bezogen auf Europa. (Das muss ich wohl auch, als alter Fan von Peter Scholl-Latour.)
Nun, voyageur möge meine Seitenhiebe bitte verzeihen: Es war de Gaulle, der einst die unsinnigen, nicht mehr zeitgemäßen und auch blutigen Reminiszenzen an das Empire Colonial Français in den 1960ern endgültig beerdigte, gezwungenermaßen, quasi frei nach Massu - als man in Algerien in du sang et de la merde "ausrutschte". Viele Optionen gab es auch keine mehr.
Die Größe und den Verstand, die/den de Gaulle einst hatte, als das Empire Français zerfiel, als die Völker Afrikas und Asiens nach Unabhängigkeit strebten und als er die Unausweichlichkeit einer geopolitischen Neuorientierung des Mutterlandes als zwingende Notwendigkeit sah, nun, dies lässt Hr. Putin aktuell leider vermissen, weswegen er auch seinen erbärmlichen, postsowjetisch-imperialistischen Krieg in der Ukraine führt.
Und wenn man nun Putins aufgesetzte, eingeübte, stoisch wirkende Kontrollmiene sieht, aber zugleich diese mit seiner Unbeherrschtheit und seinen vulgären Ausbrüchen in der Vergangenheit in Pressekonferenzen vergleicht, so wird man erkennen, dass er keinesfalls die Weitsicht, den Anstand oder die Einsicht eines de Gaulle hat.
Es wird Russland zum Nachteil gereichen...
Anbei:
Zitat:Geopolitics
Putin, de Gaulle and national greatness
Just as France in the 1960s quit Algeria, so Russia should end its disastrous colonial war in Ukraine [...]
“France cannot be France without greatness,” wrote Charles de Gaulle in the opening of his memoirs. His nation, he insisted, must always be in “the first rank”.
Vladimir Putin feels the same way about Russia. Back when I was still able to visit that country, Fyodor Lukyanov — a foreign policy thinker close to Putin — told me that the Russian president was driven by the fear that his nation might permanently lose its status as a great power. That fear and paranoia reached its tragic apogee with the full-scale invasion of Ukraine in 2022. But instead of restoring Russian national grandeur, Putin’s war has disgraced and isolated his nation. [...]
The dilemmas faced by Putin and de Gaulle were similar in some ways. The French leader was intent on rebuilding national grandeur after the humiliation of defeat and occupation in the second world war. Putin regarded the break-up of the Soviet Union after 1991 as a humiliation for Russia and a “geopolitical tragedy”. Both leaders’ writings display a preoccupation with their nation’s history — and their own destiny in shaping it.
The difference lies in the way that de Gaulle and Putin defined “national greatness”. Unlike Putin, de Gaulle was a genuine war hero who was wounded several times fighting for his country. While Putin cowered at the end of a long desk to avoid Covid-19, de Gaulle walked through Paris under fire during the city’s liberation in 1944. [...]
De Gaulle was wise enough to realise that fighting a losing colonial conflict would destroy French greatness rather than rebuild it. As the academic Frederick Starr has written: “De Gaulle succeeded because he envisioned a better future for France without Algeria than with it.”
Freed of its colonial burden in Algeria, France was able to forge a new future. Modern France is not a superpower, but it remains a leader in Europe. It is a global player in culture, diplomacy, business, sport and military affairs. France retains some of the badges of great-power status, such as nuclear weapons and a permanent seat on the UN security council. But its grandeur today rests on culture and the global respect it inspires, rather than on raw power or territory. [...]
While de Gaulle was often accused of being an instinctive authoritarian, he ran for power in genuine elections — and accepted the rules and culture of democracy. In 1968, France was shaken by street uprisings. (Some things never change.) A year later, de Gaulle lost a referendum, stepped down as president and retired.
By contrast, Putin has been unable to separate his vision of national grandeur from his personal power and wealth. He clings on in the Kremlin. Those who disagree with his policies are beaten up in the streets, imprisoned, driven into exile or die in suspicious circumstances. Russia needed its own de Gaulle. Instead, it has ended up with a pale imitation of Ivan the Terrible.
https://www.ft.com/content/1aaea5e1-87c2...PTcJ2A4XXY
Schneemann
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Interessant...
Zitat:+++ 20:15 Putin vergleicht Gaza-Blockade mit Leningrad +++
Der russische Präsident Wladimir Putin vergleicht die Blockade des Gazastreifens durch Israel mit der Belagerung von Leningrad durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg. Die Blockade des Gazastreifens sei inakzeptabel, sagt Putin. Er forderte, eine Lösung des Konflikts durch Vermittlung zu finden.
https://www.n-tv.de/politik/20-50-Israel...47017.html
Ich bin leider ein recht naiver Mensch und als Historiker bislang immer in der Annahme gegangen, dass die Blockade Leningrads durch die Deutschen, im Kontext des Überfalles Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, ein Kriegsverbrechen war (immerhin sind eine Million Menschen gestorben, größtenteils verhungert).
Offenkundig ist dem nicht so bzw. Hr. Putin hat weiterführende, bislang uns völlig unbekannte Informationen, wonach man Gaza, nach dem Überfall der Hamas auf Israel, anscheinend doch mit Leningrad gleichsetzen kann. Da die israelische Reaktion gegenüber Gaza absolut nachvollziehbar ist, teilt uns Hr. Putin also indirekt mit, dass die Blockade Leningrads auch nachvollziehbar war.
Das irritiert mich aber irgendwie doch, da z. B. Leningrad auch als sog. "Heldenstadt" in der Sowjetunion angesehen wurde. Heißt das, dass der Titel der Stadt vielleicht bald aberkannt wird?
Schneemann
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(13.10.2023, 21:12)Schneemann schrieb: Interessant...
https://www.n-tv.de/politik/20-50-Israel...47017.html
Ich bin leider ein recht naiver Mensch und als Historiker bislang immer in der Annahme gegangen, dass die Blockade Leningrads durch die Deutschen, im Kontext des Überfalles Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, ein Kriegsverbrechen war (immerhin sind eine Million Menschen gestorben, größtenteils verhungert).
Offenkundig ist dem nicht so bzw. Hr. Putin hat weiterführende, bislang uns völlig unbekannte Informationen, wonach man Gaza, nach dem Überfall der Hamas auf Israel, anscheinend doch mit Leningrad gleichsetzen kann. Da die israelische Reaktion gegenüber Gaza absolut nachvollziehbar ist, teilt uns Hr. Putin also indirekt mit, dass die Blockade Leningrads auch nachvollziehbar war.
Das irritiert mich aber irgendwie doch, da z. B. Leningrad auch als sog. "Heldenstadt" in der Sowjetunion angesehen wurde. Heißt das, dass der Titel der Stadt vielleicht bald aberkannt wird?
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Um die Aussage einzuschätzen stellt sich für mich die Frage ab welchem Punkt die Blockade Leningrads zum Kriegsverbrechen wurde. Durch die Blockade allein? Durch die Aktenlage (Aussagen und Befehle der damaligen Regierung) usw. ? Warum floh die Zivilbevölkerung vor dem drohenden Hunger nicht über den Ladogasee? Warum hat sich die Stadt nicht ergeben um den drohenden Hungertod abzuwenden?
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Um mal zu de Gaulle und Putin zurückzukehren:
De Gaulle hatte die Intelligenz, die Situation richtig zu analysieren und die nötigen Schlüsse zu ziehen. Vor Allem hatte er die Größe, diese Schlüsse auch konsequent umzusetzen, um Frankreichs Grandeur in Zukunft zu erhalten. Seine Konstruktion der französisch-deutschen Achse war einfach genial.
Putin dagegen will nur die gute alte Zeit zurück, egal ob es die je gegeben hat.
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Zitat:De Gaulle hatte die Intelligenz, die Situation richtig zu analysieren und die nötigen Schlüsse zu ziehen.
Und die "Force de Frappe"(Atomstreitkräfte) aufbauen lassen, und ein Europa von Gibraltar bis Vladivostok angestrebt.
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Russland will seine Militärausgaben nochmals deutlich anheben:
Zitat:Russischer Haushalt
Ein Drittel des Etats für das Militär
Umgerechnet etwa 109 Milliarden Euro - so viel will Russland im kommenden Jahr in sein Militär stecken. Das macht fast ein Drittel des Gesamthaushaltes aus, dem das russische Unterhaus in erster Lesung zugestimmt hat. [...] Der Haushalt des Verteidigungsressorts soll im gleichen Zeitraum demnach umgerechnet bei etwa 109 Milliarden Euro liegen.
Damit würden die Ausgaben für das Militär im nächsten Jahr mehr als sechs Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Dies ist der höchste Anteil seit dem Zusammenbruch der früheren Sowjetunion. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr war nur etwa die Hälfte für den Verteidigungshaushalt geplant. Medienangaben zufolge wurde diese Summe allerdings schon zur Jahresmitte überschritten und das Militärbudget deutlich aufgestockt. [...] Der russische Finanzminister Anton Siluanow rechtfertigte den Schritt. Er sagte, der Sieg sei das Hauptziel, worauf das Staatsbudget und die Staatsressourcen fokussiert werden müssten.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa...r-100.html
Könnte man nun etwas spitzbübisch fragen, ob Peking, Teheran und Pjöngjang hier ihren Segen gegeben haben? Die Großmächte mögen es bekanntlich nicht sonderlich, wenn ihre Satelliten eigenmächtige militärische Aktionen unternehmen...
Schneemann
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Noch viel mehr Möglichkeiten zum Stehlen, Betrügen, Unterschlagen, Beseite schaffen, für Misswirtschaft und maximals mögliche Ineffizienz. Von der ganzen Erhöhung wird meiner Einschätzung nach nur wenig wirklich reale Effekte erzielen.
Aber selbst trotz aller Korruption, Berreicherung aller Art und höchster Ineffizienz muss man schon feststellen, dass Russland überall seine Produktion moderner Waffensysteme erhöhen konnte. Nicht der modernsten, aber doch moderner und einsatzfähiger Systeme. Man sieht das beispielsweise sehr gut bei Systemen wie dem T-90. Trotzdem sind die aktuellen Produktionsraten natürlich völlig unzureichend und decken nicht einmal die Verluste ab.
Mit einer massiven Erhöhung des Militäretats und weiteren Produktionssteigerungen wird man zwar das Schwinden der eigenen Substanz weiter verzögern können, aber selbst dann nicht aufhalten können. Denn es mangelt der russischen Rüstungsindustrie nicht primär an Geld, sondern an wirklich befähigten Technikern, Ingenieuren usw. Es fehlen Facharbeiter ohne Ende und jene die da sind, können oft viel zu wenig. Das russische Rüstungswunder scheitert allein schon am Humankapital.
Nur mit deutlichen Effizienzsteigerungen, einer deutlichen Abnahme von Korruption und sonstigen Störfaktoren und einer deutlichen Ausweitung beim Personal könnte Russland innerhalb von ein oder zwei Jahren auf eine Produktionsrate kommen, dass die Verluste damit zumindest aufgefangen werden könnten - voraussetzt man ändert zugleich mal seine Vorgehensweise und hört auf geisteskranke Frontalangriffe ins Nirgendwo endlos mit Material und Menschen zu füttern.
Also rein theoretisch (Änderung der Kampfweise, strategische Defensive, Minderung der Korruption, höhere Effizienz) wäre es denkbar, dass Russland in ein oder zwei Jahren eine Produktionskapazität erreicht, welche ungefähr der Höhe der Verluste entspricht. Theoretisch.
Ob die überhaupt noch so lange durchhalten sei mal dahin gestellt. Hängt vermutlich davon ab, was sie in Sibirien noch alles irgendwo ausgraben oder sonstwie wieder finden (da gab es doch noch mal 1989 irgendwo ein paar Extra-Depots ..... ?! so in der Art).
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(27.10.2023, 13:45)Quintus Fabius schrieb: Mit einer massiven Erhöhung des Militäretats und weiteren Produktionssteigerungen wird man zwar das Schwinden der eigenen Substanz weiter verzögern können, aber selbst dann nicht aufhalten können. Denn es mangelt der russischen Rüstungsindustrie nicht primär an Geld, sondern an wirklich befähigten Technikern, Ingenieuren usw. Es fehlen Facharbeiter ohne Ende und jene die da sind, können oft viel zu wenig. Das russische Rüstungswunder scheitert allein schon am Humankapital.
Auch wenn russ. Abschlüsse zum Teil durchaus fragwürdig sind, werden insgesamt gesehen trotzdem relativ viele russ. Abschlüsse in der EU als gleichwertig anerkannt. So schlecht kann es um die russ. Fachkräfte also insgesamt nicht stehen, vor allem wenn man bedenkt dass die russ. Universitäten insgesamt ziemlich techniklastig sind. Dass die russ. Rüstungspläne also an den Humanressourcen scheitern halte ich für äußert zweifelhaft, da ist wohl eher der Wunsch Vater des Gedanken. Andere Problematiken haben da einen wesentlich größeren Einfluß und lassen die russ. Rüstungsindustrie auf einem Niveau stagnieren welches weit unter dem theoretischen Potential liegt ... zum Glück.
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Das Problem für Russland ist nicht per se, dass russische Fachkräfte in Russland schlecht ausgebildet werden, sondern dass es für die gut ausgebildeten Fachkräfte keine beruflichen Gründe gibt, in Russland zu bleiben. Gegenüber den neunziger Jahren, in denen das Land geradezu ausblutete (was im übrigen auch die technologische Stagnation einleitete, die sich noch heute bemerkbar macht, und die sich natürlich auch in den Inhalten der Ausbildungen niederschlägt), haben sich die Umstände im letzten Jahrzehnt zwar oberflächlich verbessert, aber nicht grundsätzlich geändert. Und damit ist in Anbetracht der aktuellen Entwicklung auch nicht zu rechnen. Die Folge ist, dass in den Betrieben gut ausgebildete Leute selten (und häufig alt) geworden sind und weitgehend auf schlecht oder gar nicht ausgebildete Kräfte zurück gegriffen werden muss.
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