(Waffe) Kaliber 105 mm
#16
Es gibt auch Haubitzen in 105mm welche die Reichweite einer 155mm erreichen. Beispielsweise von Denel.

https://en.wikipedia.org/wiki/G7_howitzer

Interessant wird es vor allem, wenn man nicht die Wirkung pro einzelnem Schuss vergleicht, sondern die Wirkung pro Gewichtseinheit. Eine 105mm Granate hat weniger Flächen-Wirkung pro Einzelschuss, sie hat aber auch weniger Gewicht. Man hat also zum einen mehr Schuss dabei bei gleichem Gewicht, zum anderen entlastet dies die gesamte Logistikkette bis ganz weit nach hinten und zum dritten ist das Verhältnis von Wirkung zu Gesamtgewicht bei der 105mm gar nicht so viel schlechter als bei einer 155mm. Wenn eine höhere Präzision es nun ermöglicht die Ziele exakter zu treffen, und die Wirkung von oben her ausreichend ist (beispielsweise gegen gepanzerte Ziele, gegen Feldbefestigungen usw), dann ist die 105mm insgesamt betrachtet sogar "besser" als eine 155mm - aber:

Warum gab es dann überhaupt je die 155mm ?! Die Antwort ist meiner Meinung nach vor allem der Einsatz von Streumunition - darin ist sie naturgemäß deutlich überlegen. Und heute ist die Antwort die Verwendung von gelenkten / reichweitengesteigerten Granaten wie der Vulcano et al - welche in einer 105mm keine derartig extrem hohe Reichweite erbringen können. Solche Munition ist aber quantitativ nicht so relevant und sie ist teuer. Für das normale reguläre Artilleriefeuer ohne Streumunition wäre daher die 105mm interessant.

Aber: Streumunition ist absolut wesentlich, ein herausragend gutes Wirkmittel und es ist einfach grundfalsch auf sie zu verzichten. Der immense Wert dieser Art von Munition wure gerade eben erst wieder in der Ukraine mehrfach praktisch bewiesen. Entsprechend halte ich daher die 155mm für insgesamt betrachtet unersetzbar, weil man sie für das Konterartillerieduell benötigt (mehr Reichweite / Präzision auf extreme Reichweiten) und weil sie mit Streumunition deutlich besser ist.

Darüber hinaus - von unten her - kann heute auch Mörsermunition eine immens viel höhere Reichweite haben, wenn man die Granaten der 120mm Mörser als eine Art Gleit"bombe" mit ausklappbaren Flügeln versieht. Und die reine Wirkung im Ziel ist bei einer 120mm Mörser und einer 105mm Ari praktisch gesehen fast gleich - also sehr ähnlich. Darüber hinaus können Mörser auch eher zielsuchende Munition abfeuern. Deshalb halte ich es für zielführender in Bezug auf den Krieg der Zukunft, die Fähigkeiten von Mörsern auszubauen statt die 105mm wieder einzuführen. Entsprechende Mörsermunition wäre daher viel besser als eine 105mm Artillerie.

Das schreibe ich, obwohl ich insgesamt durchaus ein Freund der 105mm war und bin. Um das von Kheibar Shekan so benannte Grundrauschen zu erzeugen, wären aber dennoch viele Mörser mit entsprechender Munition deutlich besser. Und auch günstiger.
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#17
(04.05.2024, 11:59)Quintus Fabius schrieb: Warum gab es dann überhaupt je die 155mm ?!
Ich sehe dabei auch die höhere mögliche Wirkungsdichte bei begrenzter Zahl von Rohren als Argument. Davon ausgehend, dass Geschütze, Fahrzeuge und Personal in ihrer Anzahl begrenzt sind, kann man mit 155mm-Granaten mehr Wirkung in einem Feuerschlag erzielen. Das ist also für heutige Armeen -vor allem die BW- durchaus ein relevanter Punkt.
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#18
(04.05.2024, 11:59)Quintus Fabius schrieb: Interessant wird es vor allem, wenn man nicht die Wirkung pro einzelnem Schuss vergleicht, sondern die Wirkung pro Gewichtseinheit.
Das ist nur relevant im "Einzeltreffer" auf ein Punktziel. So funktioniert Artillerie aber nicht. Weder werden Einzel-Punktziele als solche durch Artillerie bekämpft, noch wird hierauf mit lediglich einem Einzelschuss gefeuert. Entsprechende Feueraufträge kommen - ohne Lenkmunition - allenfalls vereinzelt mal vor und zielen nicht auf die tatsächliche Wirkung im Ziel ab. Selbst mit Lenkmunition ist das im Gesamtvolumen nur ein "ferner liefen".

Artillerie im modernen Kontext feuert auf mindestens Zug-Ebene im Bereich 15-30 Schuss pro Feuerauftrag für ein Einzelziel vor Verlassen der Stellung im Shoot-and-Scoot. Hierbei wird bewußt auf eine Fläche im Umfeld des Ziels gestreut, auch um dessen Bewegung seit Erteilung des Feuerauftrags zumindest ansatzweise zu kompensieren. Und dabei kommt es auf die in den Flächenkreis gebrachte Gewichtsmenge an. Nicht nur bei Streumunition, sondern gerade auch bei schlichter HE-FRAG.

Relevant ist für die ins Ziel gebrachte Gewichtsmenge (an Munition) im Bezug auf den logistischen Footprint vielmehr das Geschütz selbst. Um die Feuerleistung einer 155mm-Batterie mit 6 Haubitzen zu erzielen benötigt man ein Bataillon aus 18 105mm-Haubitzen.
Mit allem was dran hängt. Zug- oder Lafettenfahrzeuge (eine 105mm Denel G7 wiegt praktisch dasselbe wie eine 155mm BAE M777), Munitionsversorgung (nur weil die Mun ein Drittel wiegt heißt das nicht dass das dreifache aufm LKW liegt), Besatzung (da ist man dann nämlich halt beim Dreifachen).
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#19
Zitat:Zug- oder Lafettenfahrzeuge (eine 105mm Denel G7 wiegt praktisch dasselbe wie eine 155mm BAE M777)...
Wobei das für die G7 zutrifft, es gibt aber auch leichtere Modelle, etwa die L118 Light Gun, die als Nachfolger der auch bei der Bundeswehr bzw. der Gebirgsartillerie genutzten 105-mm-Gebirgshaubitze Modell 56 entwickelt wurde, die nur rund 1,9 Tonnen wiegt.

Ferner: Zwar können Mörser eine höhere Kadenz generieren und sind leichter, aber das Reichweitenfenster können sie nicht im gleichen Maße abdecken. Bei schweren Mörsern von 120 mm, wie etwa dem Tampella oder dem M120, sind wir im Maximum bei ca. 6-7 km Schussweite - deutlich unterhalb der Reichweite von 105-mm-Geschützen (ca. 12 bis 17 km, ohne speziellere Munitionsarten). Bzgl. der Bedienmannschaften ist der Unterschied auch nicht allzu groß - die L118 kann bspw. mit drei Mann bedient werden (im Aufbau sind sechs notwendig) und kann in wenigen Minuten (angebl. nur eine Minute?) feuerbereit gemacht werden, hier schenken sich Haubitze und Mörser also nichts.

Schneemann
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#20
ich habe eine Frage wer (welche Ebene der Einheiten Regiment, Brigade, Division, Armeekorps) soll die Hoheit über diese 105 Artillerie besitzen?
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#21
Das ist doch recht kompakt eigentlich: Giat LG1 in Thailand
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#22
(05.05.2024, 15:09)voyageur schrieb: ich habe eine Frage wer (welche Ebene der Einheiten Regiment, Brigade, Division, Armeekorps) soll die Hoheit über diese 105 Artillerie besitzen?
Aus meiner Sicht maximal Regiment-Level. Mit einer effektiven Reichweite von etwa 15km könnte eine Batterie effektiv 10-15 km der Hauptkampflinie abdecken (?) und so die Operationen eines Bataillons unterstützen. 3 Batterien mit je 6 Geschützen würden dem Regiment Rotationen und wechselnde Schwerpunktsetzung erlauben.
Auf Brigade- oder Divisionslevel wären m.E. die 155mm anzusiedeln.
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#23
(05.05.2024, 15:09)voyageur schrieb: ich habe eine Frage wer (welche Ebene der Einheiten Regiment, Brigade, Division, Armeekorps) soll die Hoheit über diese 105 Artillerie besitzen?
Das hängt ja von der konkreten Verwendung und technischen Ausführung ab. Die können als als spezialisierte Divisions- oder Brigadeartillerie bspw. bei der deutschen DSK eingesetzt werden, ähnlich wie Mörser in schweren Kompanien von Bataillonen/Regimentern leichter Infanterie oder sogar als Radpanzerhaubitzen mit Turm im Rahmen einer leichten Panzerkavallerie.
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#24
(06.05.2024, 20:08)Broensen schrieb: Das hängt ja von der konkreten Verwendung und technischen Ausführung ab. Die können als als spezialisierte Divisions- oder Brigadeartillerie bspw. bei der deutschen DSK eingesetzt werden, ähnlich wie Mörser in schweren Kompanien von Bataillonen/Regimentern leichter Infanterie oder sogar als Radpanzerhaubitzen mit Turm im Rahmen einer leichten Panzerkavallerie.
ich bin wie üblich in "meiner" französischen Logik.
Grundsätzlich muss die Einheit die über die Waffe verfügt in der Lage sein eigenständig eine Lagesituation zu erstellen, Dazu sind natürlich die entsprechenden Aufklärungsmittel und die entsprechenden Stabsressourcen notwendig,, zB für die deconfliction
Zitat:ich kenne den deutschen Begriff nicht
(Anglizismus) (Militär) Eine Maßnahme zur Koordinierung zwischen mehreren feindlichen oder mutmaßlich feindlichen militärischen Befehlsketten, um das Risiko von Schäden zu verringern, die durch die jeweiligen Handlungen der einzelnen Befehlsketten verursacht werden und zu Unfällen führen könnten.

des Artilleriefeuers (Flugzeuge, Hubschrauber).
Die Fronteinheiten (Infanterie, Panzerkavallerie) verfügen weder über die Mittel um in der notwendigen Tiefe aufzuklären, noch über die Stabsressourcen. Diese gibt es auf Niveau der Brigade.
Es macht keinen Sinn diese Einheiten noch "fetter" zu machen. Wenn sie Artillerie brauchen ist die Kampfgruppe (GTIA Groupement tactique interarmes) die Lösung, da wird dann halt eine Batterie "zur Verwendung" unterstellt, geführt und versorgt wird sie allerdings durch die Brigade.
Zwei Kaliber innerhalb der Brigadeartillerie bringt aus meiner Sicht nur Nachteile.
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#25
(08.05.2024, 14:34)voyageur schrieb: Grundsätzlich muss die Einheit die über die Waffe verfügt in der Lage sein eigenständig eine Lagesituation zu erstellen, Dazu sind natürlich die entsprechenden Aufklärungsmittel und die entsprechenden Stabsressourcen notwendig
Das ist ja nicht direkt von der Ebene abhängig. WENN man so eine leichte Haubitze für eine Ebene beschafft, muss man halt auch dafür sorgen, dass diese die dafür erforderlichen Mittel dann auch bekommt.
Zitat:Die Fronteinheiten (Infanterie, Panzerkavallerie) verfügen weder über die Mittel um in der notwendigen Tiefe aufzuklären, noch über die Stabsressourcen. Diese gibt es auf Niveau der Brigade.
Es macht keinen Sinn diese Einheiten noch "fetter" zu machen.
Dann dürfte die Bataillone aber auch keine Mörser haben, denn das ist ja das gleiche Leistungsspektrum, wobei Hbz noch eher auch mal LOS eingesetzt werden können, so dass sie sogar noch besser als Mörser für einen Einsatz "weiter vorne" geeignet sind.
Zitat:Wenn sie Artillerie brauchen ist die Kampfgruppe (GTIA Groupement tactique interarmes) die Lösung, da wird dann halt eine Batterie "zur Verwendung" unterstellt, geführt und versorgt wird sie allerdings durch die Brigade.
Das kommt doch drauf an, wie die Verbände insgesamt aufgebaut sind. Und wie gesagt: Man unterstellt ja auch Panzermörserkompanien (schwere Kompanien) direkt den Panzergrenadierbataillonen.
Aber grundsätzlich ist es natürlich für einige Fähigkeiten sinnvoll, diese organisatorisch bei der Division aufzuhängen und dann einzelne Einheiten den Brigaden oder Regimentern zu unterstellen. Insbesondere für Logistik-intensives wie die Artillerie.
Zitat:Zwei Kaliber innerhalb der Brigadeartillerie bringt aus meiner Sicht nur Nachteile.
Natürlich. 105mm ist eine Alternative zu Mörsern und 155mm-Haubitzen. Beides gehört nicht in die selbe Brigade. Gibt es dort 105er-Haubitzen, dann ist 155er-Artillerie -falls überhaupt- erst auf Divsionsebene vorhanden. Da die 105er aber insbesondere bei leichter und spezialisierter Infanterie Sinn ergibt, wäre sie meist sogar eher die einzige Artillerie in der Division.
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