BRIC(S) - Staaten
(13.12.2024, 01:20)PKr schrieb: Das ist jetzt wieder eine sehr westliche Denke. In anderen Regionen und Kulturen sieht man das wohl anders
Das heißt nicht, dass die "westliche Denke" falsch ist.
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(13.12.2024, 05:42)muck schrieb: Das heißt nicht, dass die "westliche Denke" falsch ist.

Was genau soll an losen Wirtschaftsbündnissen "toxisch" sein? Dieser Begriff passt wohl besser auf Wirtschaftsverträge die gleichzeitig den betroffenen Staaten eine woke Politik vorschreiben wollen. Und genau deshalb befinden sich Organisationen wie BRICS überhaupt erst im Aufwind. Die erzählen ihren Mitgliedsstaaten nicht in welche Richtung sie sich gefälligst umzuformen haben.
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@lime
Zitat:Was genau soll an losen Wirtschaftsbündnissen "toxisch" sein? Dieser Begriff passt wohl besser auf Wirtschaftsverträge die gleichzeitig den betroffenen Staaten eine woke Politik vorschreiben wollen. Und genau deshalb befinden sich Organisationen wie BRICS überhaupt erst im Aufwind. Die erzählen ihren Mitgliedsstaaten nicht in welche Richtung sie sich gefälligst umzuformen haben.
Bist du eigentlich in der Lage, deine eigenen Behauptungen zu spiegeln? Wirtschaftsverträge schreiben keine "woke" Politik vor, sie tragen im Kern die Intention, für die eigene Wirtschaft Vorteile zu generieren oder zumindest beiden Parteien einen gewissen Vorteil zu verschaffen gegenüber Dritten.

Die deinerseits (und auch von anderen) gerne verteufelte und als "linke" oder "woke Nannyveranstaltung" gescholtene EU betreibt genau genommen - zu unserem Vorteil, wenn wir einkaufen gehen, da wir in der EU wohnen - eine sehr rigide, ja teils brutale Wirtschaftspolitik, die mit Subventionen, Zöllen, Preisdumping und Schutzbarrieren sich die Konkurrenz vom Leibe hält, was wiederum z. B. Staaten, die der dritten Welt zuzuordnen sind, enorme Hürden auferlegt und sie zwingt, sich wirtschaftlich so zu verhalten, wie wir das wollen, ansonsten hätten sie gar keine Chance ihre Produkte unterzubringen.

D. h. BRICS und andere Konglomerate entstehen nicht deswegen, weil sie nicht "woke" sein wollen - das anzunehmen ist völliger Humbug und wirkt weltfremd -, sondern weil sie sich irgendwie freischwimmen wollen von der harten Dominanz einerseits des Dollar und der US-Wirtschaft und andererseits der EU-Wirtschaft. Ob ihnen dies gelingt und ob es dann besser läuft, steht auf einem anderen Blatt; zumal es sich oftmals um wirtschaftlich und kulturell sehr unterschiedliche Staaten handelt, deren Systeme eigentlich nur sehr rudimentär zusammenpassen (und hieraus erklärt sich dann auch, weswegen deren Zusammenarbeit nur "lose" erscheint und nicht so eng verzahnt ist wie in Europa und den USA).

Schneemann
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(13.12.2024, 09:23)lime schrieb: Was genau soll an losen Wirtschaftsbündnissen "toxisch" sein? Dieser Begriff passt wohl besser auf Wirtschaftsverträge die gleichzeitig den betroffenen Staaten eine woke Politik vorschreiben wollen. Und genau deshalb befinden sich Organisationen wie BRICS überhaupt erst im Aufwind. Die erzählen ihren Mitgliedsstaaten nicht in welche Richtung sie sich gefälligst umzuformen haben.
Da muss ich Dir widersprechen. Ich war vor einigen Wochen in Südafrika.
[Bild: https://scontent-muc2-1.xx.fbcdn.net/v/t...e=67627EA4]
Sowas von "woke" oder Tolerant findest Du nicht mal im "woken Westen". In Südafrika regt sich niemand auf, wenn Menschen "in unziemender Kleidung" auf der Straße sind.
Im Gegenteil: schon aufgrund der unterschiedlichen Ethnien - auch die stark pigmentierten Staatsangehörigen gehören unterschiedlichsten Kulturen und Stämmen (Ethnien) an - besteht in Südafrika eine extrem hohe Toleranzschwelle.
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(20.10.2024, 18:16)Schneemann schrieb: ....

Ach so, ja, diesen hoch korrupten und tribalistisch zerrissenen Hort Südafrika gibt es ja auch noch - wen...
Schneemann

(22.10.2024, 22:43)Kongo Erich schrieb: ....

Nur zu Südafrika - um das etwas im Hintergrund gelandete Land anzusprechen:
Mit einem Realwachstum von knapp 5 Prozent 2021 hat sich das Land von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona Pandemie wieder erholt (Quellenzitat).
Und bei Südafrika wird auch deutlich, was einer der Hemmschuhe für weiteren Wohlstand ist. Das bedeutet extrem mehr Energieverbrauch. Auch Südafrika befindet sich in einer "Energiekrise". Und diese Energiekrise brennt generell "dem globalen Süden" deutlich mehr auf den Nägeln als unserer Wohlstandsgesellschaft, die sich für nachhaltige Energiegewinnung einsetzen und fossile Energien - Kohle, Öl, Gas - "abschalten" kann.
Damit ist das "ultimative Wirtschaftsproblem" angesprochen - Energieerzeugung maximieren, ohne damit andere Krisen zu befeuern.
...
noch mal zu Südafrika: ich bin von dem Potential des Landes begeistert - und die neue (Allparteien-) Regierung wird von fast allen Einheimischen, mit denen ich gesprochen habe, als "die Beste seit Mandela" bezeichnet
[Bild: https://scontent-muc2-1.xx.fbcdn.net/v/t...e=67627534]
[Bild: https://scontent-muc2-1.xx.fbcdn.net/v/t...e=67628244]
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(13.12.2024, 23:56)Kongo Erich schrieb: noch mal zu Südafrika: ich bin von dem Potential des Landes begeistert - und die neue (Allparteien-) Regierung wird von fast allen Einheimischen, mit denen ich gesprochen habe, als "die Beste seit Mandela" bezeichnet

Allparteienregierung ist wohl eindeutig übertrieben. Ca. 25% werden von dieser Regierung nicht repräsentiert.
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(12.12.2024, 20:06)Broensen schrieb: Also noch "toxischer" als SCO und BRICS geht ja wohl kaum. Big Grin

So war es nicht gemeint. Sondern, dass der Iran in seiner Situation als Gewinn für sich verbuchen kann, einen offiziellen Anschluss an betreffende Wirtschaftsräume erlangt zu haben. Das ist auf dem Papier mehr internationale Anerkennung als vorher. Wieviel der Status wert ist hängt an dieser Stelle ganz maßgeblich von der Gunst und den Geschicken Chinas ab.
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Es wird tatsächlich - da hat @lime ein brisantes Thema angesprochen - spannend zu beobachten, wie sich die unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwürfe innerhalb der BRICS-Gruppe auf den Iran auswirken.

Dem relativ oder sogar recht locker toleranten Entwurf von Brasilien oder Südafrika stehen die zuletzt wieder strenger werdenden Vorstellungen im Iran mit "Sittenwächtern" gegenüber,
Bei sowas würde sich am Strand von Rio oder in Südafrika niemand umdrehen.
Wobei der Iran noch "tolerant" gegenüber Saudi Arabien ist.
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(14.12.2024, 13:20)Kongo Erich schrieb: Es wird tatsächlich - da hat @lime ein brisantes Thema angesprochen - spannend zu beobachten, wie sich die unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwürfe innerhalb der BRICS-Gruppe auf den Iran auswirken.

Dem relativ oder sogar recht locker toleranten Entwurf von Brasilien oder Südafrika stehen die zuletzt wieder strenger werdenden Vorstellungen im Iran mit "Sittenwächtern" gegenüber,
Bei sowas würde sich am Strand von Rio oder in Südafrika niemand umdrehen.
Wobei der Iran noch "tolerant" gegenüber Saudi Arabien ist.

Es ging mir doch darum aufzuzeigen dass die BRICS Staaten nicht das Bedürfnis haben sich in die gesellschaftlichen Angelegenheiten der einzelnen Mitgliedsländer einzumischen, wie es zum Beispiel in der EU der Fall ist. Da können Saudi-Arabien und Iran eben neben Brasilien und Südafrika koexistieren.

Zu Südafrika muss ich aber einschränkend sagen dass das was du beschreibst regional sehr unterschiedlich ist. In Kapstadt kann ein schwules schwarz-weißes Pärchen ohne Weiteres in der Öffentlichkeit herumlaufen. In der Provinz Kwazulu wird das wohl eher nicht passieren.
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@lime
Zitat:Es ging mir doch darum aufzuzeigen dass die BRICS Staaten nicht das Bedürfnis haben sich in die gesellschaftlichen Angelegenheiten der einzelnen Mitgliedsländer einzumischen, wie es zum Beispiel in der EU der Fall ist.
Du musst aber dabei auch berücksichtigen, dass die EU von Anfang an deutlich strengere Reglements hat als BRICS. Es steht Staaten frei, sich entweder den BRICS anzuschließen oder um Aufnahme in die EU zu ersuchen. Auch können Staaten beide Institutionen frei nach Gutdünken wieder verlassen.

Der entscheidende Unterschied ist aber, dass ein Land, welches EU-Mitglied werden will, nicht nur Bedingungen erfüllen muss im Vorfeld, sondern auch einen mehrere tausend Seiten umfassenden Regelkatalog unterzeichnen muss, dessen einzelne Regeln nicht verhandelbar sind. Hat man den Regeln dann jedoch zugestimmt, und diese beinhalten auch "Einmischungen" seitens der Gemeinschaft in nationale wirtschaftliche Aspekte sowie juristische und gesellschaftspolitische Vorgaben, ist man verpflichtet, sich daran zu halten - und es wird von ausgegangen, dass die Länder genau wissen, welchen Regularien sie sich unterwerfen, da sie sonst keinen Aufnahmeantrag gestellt hätten. (Das nachgängige Jammern einiger populistischer Regierungen innerhalb der EU ist insofern, gelinde gesagt, scheinheilig, zumal genau diese Kreise einerseits gerne die Vorteile der Mitgliedschaft mitnehmen, aber andererseits dann sich wiederum nichts vorschreiben lassen wollen; und das funktioniert eben nicht.)

Wollen Länder sich aber nicht einordnen, brauchen sie nicht zu unterschreiben und kommen eben nicht in die Vorzüge einer EU-Mitgliedschaft. Bei BRICS ist das deutlich weniger streng und eher lose organisiert, und deswegen erscheint BRICS auch weniger rigide (zumal man von ausgehen müsste, dass die BRICS-Staaten, wenn sie denn versuchen würden sich auf ein gemeinsames Regelwerk im grob EU-ähnlichen Sinne zu einigen, sich nie einig werden würden), allerdings sind die Vorzüge der einzelnen Mitglieder halt auch weniger umfangreich.

Insgesamt gesehen kann man also BRICS und EU nicht wirklich vergleichen.

Schneemann
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(14.12.2024, 13:59)lime schrieb: Es ging mir doch darum aufzuzeigen dass die BRICS Staaten nicht das Bedürfnis haben sich in die gesellschaftlichen Angelegenheiten der einzelnen Mitgliedsländer einzumischen, wie es zum Beispiel in der EU der Fall ist.
Damit hast du zwar Recht, du bewertest das aus deiner libertären Perspektive aber positiv, andere -wie auch ich- eben nicht. Eine BRICS-Mitgliedschaft bietet eigentlich keine echten Vorteile, sie unterstreicht nur, dass man eben nicht an einer Nationen-übergreifenden, regelbasierten Ordnung interessiert ist und das auch nach Außen darstellen will. Darüber hinaus ist es nichts weiter als eine Plattform, in deren Rahmen man sich bilateral austauscht, allein um daraus eigene Vorteile zu ziehen.

BRICS ist insofern gar nicht mit der EU vergleichbar, sondern eher als gezielt Werte-befreiter Gegenentwurf zur G7 zu verstehen. Da ich aber Werte gut finde, bewerte ich den bewussten Verzicht darauf im BRICS-Bündnis entsprechend negativ.

Und "toxisch" ist BRICS mit Sicherheit, eben weil dort jeder nur seinen eigenen Vorteil sucht und dabei ganz bewusst Werte, Normen und Regeln außen vor lässt.
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(14.12.2024, 13:59)lime schrieb: Es ging mir doch darum aufzuzeigen dass die BRICS Staaten nicht das Bedürfnis haben sich in die gesellschaftlichen Angelegenheiten der einzelnen Mitgliedsländer einzumischen, wie es zum Beispiel in der EU der Fall ist. Da können Saudi-Arabien und Iran eben neben Brasilien und Südafrika koexistieren.
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(14.12.2024, 15:48)Broensen schrieb: Damit hast du zwar Recht, du bewertest das aus deiner libertären Perspektive aber positiv, andere -wie auch ich- eben nicht. Eine BRICS-Mitgliedschaft bietet eigentlich keine echten Vorteile, sie unterstreicht nur, dass man eben nicht an einer Nationen-übergreifenden, regelbasierten Ordnung interessiert ist und das auch nach Außen darstellen will. Darüber hinaus ist es nichts weiter als eine Plattform, in deren Rahmen man sich bilateral austauscht, allein um daraus eigene Vorteile zu ziehen.

BRICS ist insofern gar nicht mit der EU vergleichbar, sondern eher als gezielt Werte-befreiter Gegenentwurf zur G7 zu verstehen. Da ich aber Werte gut finde, bewerte ich den bewussten Verzicht darauf im BRICS-Bündnis entsprechend negativ.
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BRICS ist tatsächlich ein reines Wirtschaftsbündnis. Es geht primär darum, dass die einzelnen Staaten im Rahmen der Vereinigung gegenseitige wirtschaftliche Vorteile generieren.
Allerdings laufen auch Versuche (!), sich über die reine Handels- und Wirtschaftsbeziehung hinaus auch politisch abzustimmen. Das erachte ich schon aufgrund der unterschiedlichen nationalen Sichtweisen als extrem schwer durchführbar.
Und dass das schwierig ist, beweist auch die EU, die leider oft durch das "Einstimmigkeitsprinzip" regelrecht sediert wirkt.

Was ich allerdings für möglich halte, ist der Gedanken- und Ideenaustausch, der zwangsläufig den Handels- und Wirtschaftskontakten folgt.
Religiöse Überzeugungen sind mit den Menschen und den Handelsreisenden gewandert (man denke nur an die "Thomaschristen" in Indien, die Verbreitung des Buddhismus aus Indien über Zentralasien nach China und Japan oder die Ausbreitung des Islam bis Indonesien). Die antiken Autoren sind vielfach über arabische Vermittlung an uns im Abendland gelangt, wir verwenden arabische (!) Zahlen, usw usw. - es ist also zu erwarten, dass gesellschaftliche Konzepte ebenfalls dem Handelsaustausch folgen.
Eine Gesellschaft kann - von Ausnahmen wie Nordkorea oder einigen Stämmen auf den Andamanen, Nikobaren oder in Neu-Guinea und am Amazonas einmal abgesehen - kaum in völliger Isolation leben. Die US-Film- und TV-Serien haben doch auch unsere Medienlandschaft infiltriert und die US-Popmusik unseren Kulturmarkt beherrscht. Damit kommen aber auch gesellschaftliche Vorstellungen direkt "in's Hirn".

Und da wird es spannend, nicht nur, was die Verbreitung eines gesellschaftlichen Konsens von Kapstadt in die Provinz Kwazulu betrifft (die menschliche Migration erfolgt eher in die andere Richtung, aber die Migranten behalten ja die Kontakte in ihre Heimat bei), sondern z.B. auch von Kapstadt in die Hafenstädte des Mittleren Ostens.
Die sehr traditionelle gesellschaftliche Stellung der Frau (sie sei dem Manne untertan) ist weltweit auf dem Rückzug. "Sittenwächter" und ähnliche Akteure kämpfen da einen aussichtslosen Kampf, wie sowohl die Entwicklung in Saudi-Arabien wie verschiedene Vorfälle im Iran deutlich zeigen.
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@Kongo Erich
Zitat:BRICS ist tatsächlich ein reines Wirtschaftsbündnis.
Nicht einmal das ist es, es ist eher eine Schimäre dieser Absicht.

Schneemann
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