11.07.2007, 12:07
Zitat:Es gibt allerdings einen Unterschied und einige Einzelheiten die erwähnt werden sollten. Zunächst zum Unterschied: Kämpfte die Wehrmacht in den ersten Jahren gegen einen zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegner und gewann, so hatten die Russen die Option mit deutlicher Übermacht an Menschen, Panzern, Artillerie und Flugzeugen (wobei die sowjetischen Flugzeuge aufgrund des eher allenfalls durchschnittlichen Ausbildungsstandes der Piloten nicht überbewertet werden sollen) gegen überdehnte und schwach besetzte deutsche Linien/Verbände anzurennen, die zudem noch dadurch geschwächt waren, dass deutsche Reserven in Italien und ab Juni 1944 in Frankreich eingesetzt werden mussten. Kurz: Die Russen erfochten ihre Siege zu einer Zeit, als das deutsche Ostheer nur noch ein Schatten seiner selbst war (von einzelnen tapferen Gegenangriffen und Verteidigungsleistungen mal abgesehen), während die Deutschen gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner angerannt waren.
Bitte verschon mich mit der Welle an Verleumdungen. Es bringt überhaupt nichts hier den Kriegsverlauf der Roten Armee ins schlechte Licht zu rücken. 80% der Deutschen Soldaten wurden an der Ostfront vernichtet. Der Großteil der Militärausrüstung wie Panzer, Artillerie, Transportmittel wurden ebenfalls im Osten zerschlagen. Es ist durchaus verständlich, dass die Rote Armee ab einem gewissen Zeitpunkt mit einem unterlegenen - personell als auch Materiel - zu tun hatte, das liegt einfach daran dass die Rote Armee eben dafür verantwortlich ist - sie hat der Wehrmacht den Bauch aufgeschlitzt. Diese Tatsachen begründen sich auch dadurch, dass die hohen Verluste durch die Rote Armee von der Wehrmacht nicht kompensiert werden konnten. Die Kriegsindustrie konnte nicht mit der sowjetischen ansatzweise mithalten. Es fehlten and Resourcen und Menschen, ja fast in allen Berreichen. Das "3. Reich" war mehr oder weniger am Ende seiner Kraft. Natürlich kämpften die Deutschen Soldaten mit verblendeten Sinnen auf einen Endsieg tapfer weiter, allerdings ohne jegliche Perspektiven. Es ist erbärmlich, dass insbesondere durch fragliche Quellen suggestiert wird, dass die Zerschlagung der Wehrmacht allein durch die Landung der Westalliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie vollzogen wurde. Zu diesem Zeitpunkt stand die Rote Armee an der Weichsel! Im Januar 1945 hatte Winston Churchill in einem Telegramm Stalin ersucht, die für Anfang Februar vorgesehene Offensive der Roten Armee vorzuziehen, um die Westverbündeten in den Ardennen von der Offensive der Wehrmacht zu entlasten. Das geschah. Am 5. April 1945 stellte Churchill im Zusammenhang mit der Niederlage der deutschen Armeen an der Westfront fest: "Die Tatsache, dass die Wehrmacht im Westen an Landtruppen zahlenmäßig unterlegen waren, ist den glänzenden Angriffen und der Wucht der sowjetischen Armeen zu verdanken". An einen Sieg gegen den ständig besser und stärker werdenden Gegner war im Gegensatz zu Illusionen, die sich einige Getreue Hitlers weiterhin machten, auch ohne die spätere Eröffnung der zweiten Front im Westen, nicht mehr zu denken. Hitler hatte bereits im Dezember 1941 Gesprächsprotokollen zufolge geäußert, dass der Krieg gegen die Sowjetunion nicht mehr zu gewinnen sei und bereits vor 1943 in zunehmendem Masse Ressourcen für die Durchführung des Holocaust eingesetzt. Dort wo die Sowjets allerdings unter guter Führung kämpften, entwickelten sich für die Deutschen äusserst verlustreiche Gefechte. Defacto hat Guderian bereits im Herbst 1941 einen Sieg bezweifel, IIRC. Auch die Truppen, die nach Italien bzw. Westeuropa versetzt wurden, hätte den Kriegsablauf nicht wirklich beeinflussen können, evtl. lediglich verzögert und mehr Menschenleben gekostet. Die Rote Armee war ab diesem Zeitpunkt zu der schlagfähigsten Streitkraft in Europa und Asien geworden - mit unerschöfflichen Reserven. Der Sowjetunion- auf den ganzen Krieg bezogen- Unfähigkeit vorzuwerfen und gleichzeitig der Wehrmacht Hurah zuzujubbeln ist allehand! Übrigsens, 3,5 Millionen Wehrmachtssoldaten gerieten in sowjetische Gefangenschaft. Diese Zahl sollte - eben wegen der Anahme glorreiche Wehrmacht - auch nicht unterbewertet werden.
Zitat:aber man sollte darauf hinweisen, dass ohne die enormen Materiallieferungen der Westalliierten manches auch nicht so schnell gegangen wäre.
Dito für die ausländischen Hilfstruppen und Militärtechnik im Dienste der SS bzw. Wehrmacht. Wäre sonst höchstwahrscheinlich auch anders verlaufen...
Zitat:Außerdem soll es erlaubt sein zu sagen, dass die russischen Generäle selbst ihre besser ausgerüsteten und zahlenmäßig stärkeren Kräfte oft nicht sonderlich effektiv eingesetzt haben. Besonders der hochgelobte Schukow hat sich, z. B. beim Sturm auf Berlin, einige verheerende Schnitzer erlaubt (ein gutes Buch hierzu ist von Tony Le Tissier ["Der Kampf um Berlin 1945"]), ja ging geradezu stümperhaft vor. Wenn man sich die Zahlen anschaut, so hätte die Rote Armee die Deutschen ab Anfang 1944 an innerhalb von sechs Monaten überrennen müssen. Warum sie es nicht tat, liegt sicher einerseits im Widerstand der Wehrmacht begründet, aber andererseits auch teilweise in der verwunderlich schlechten russischen Führung.
Diese kurzsichtigen und oberflächigen Argumente können einem schon auf den Keks gehen. Wenn man sich damit beschäftigt, dann bitte in einem Zusammenhang. Daher ist es witzlos, einfach Argumente aufzustellen die ohne Gründe gestützt werden. Man muss einige Punkte berücksichtigen sonst wird das zu einseitig.
Stalin hat sich selber ins eigene Fleisch geschnitten. Die furchtbaren Verluste der Roten Armee, waren nicht zu letzt eine Folge der stalinistischen Säuberungen in der Armee. Wenn man hingeht und mitten im Frieden 10.000de von Offizieren an die Wand stellt, ist es nicht verwunderlich, wenn die Armee nachher führungslos ist bzw. unter schlechter Führung leiden musste. Natürlich wurden einige Stellen wieder besetzt, aber vorzugsweise durch völlig unerfahrene, junge Linientreue. Durch die großen Säuberungen in den Jahren 1937-39 ging der Roten Armee ein Großteil ihrer erfahrenen, höheren Offiziere verloren. Besonders gravierend äußerste sich dies im Mittelbau der militärischen Hierarchie: Es mangelte an erfahrenen Korps- und Divisionskommandeuren, die nachrückenden Offiziere hatten oftmals kaum Erfahrung im für die sowjetische Kriegstaktik entscheidenden verbundenen Einsatz von Panzern, Infanterie und Luftwaffe. Die Kommandeure der Infanteriedivisionen, denen das Gros der Panzer zur eigenen Verwendung direkt unterstellt war, waren selten in der Lage, diese effizient einzusetzen.
Unter dem Vorwand einer angeblichen Verschwörung der Armeespitze ließ der Sowjetdiktator seinen Marschall Michail Tuchatschewski und sieben weitere Generalstabsoffiziere hinrichten. In kurzer Folge wurden weitere rund 30 000 Offiziere hingerichtet, fast die Hälfte des gesamten Offizierskorps! Um das ganze Ausmaß dieser "Säuberungen" deutlich zu machen: Getroffen hat dies hauptsächlich die Offiziere, die für einen "modernen" Kurs der Roten Armee standen und unabhängiger gegenüber Stalin war. Trotz eingehender Warnungen aus London und von Spionen, Hitler werde die Sowjetunion überfallen, ließ er drei von fünf Marschällen, acht von neun Admirälen, 50 von 57 Korpskommandanten, sowie 43.000 Offiziere ermorden. Keine Armee hat im Krieg je so viele Offiziere verloren wie die Rote Armee im Frieden unter Stalin. Das muss man erstmal realisieren und berücksichtigen!