Us-interventionen immer für Demokratie ???
#24
da diese Diskussion unter <!-- l --><a class="postlink-local" href="http://forum-sicherheitspolitik.org/viewtopic.php?p=111941#111941">viewtopic.php?p=111941#111941</a><!-- l --> wieder aufgeflammt ist möchte ich hier eine These zur Diskussion stellen:
Zitat:Seit der Unabhängigkeitserklärung ist die Politik der USA von drei sich ergänzenden und sich teilweise widersprechenden Tendenzen geprägt. Dem missionarischen Eifer der ersten weißen Amerikaner, der aus religiösen Gründen vertriebenen und verstoßenen stand ein unilaterialer Imperialismus im Bereich der eigenen, selbst definierten Hegemonialsphäre und ein Isolationismus gegenüber den Gebieten außerhalb dieser Sphäre gegenüber. Bereits George Washington - der erste US-Präsident - warnte 1796 in seiner Abschiedsrede die US-Amerikaner davor, sich in die Händel anderer - Dritter - verwickeln zu lassen, ein Appell, den Thomas Jefferson erneut an seine Landsleute richtete. Dies hinderte die USA aber nicht, sind innerhalb der selbst gesteckten Grenzen der eigenen Interessenssphäre offensiv zu betätigen.

1. Phase: Go West
1803 wurde das Louisiana-Territorium von Frankreich erworben und damit das eigene Hoheitsgebiet verdoppelt, 1819 Florida von Spanien gekauft. Mit dem Monroe-Doktrin (1823) wurde Neutralität und Nichteinmischung gegenüber den europäischen Weltmächten erklärt, zugleich aber der eigene Hegemonialanspruch auf Nord- und (!) Südamerika angedeutet. Die europäischen Mächte sollten ihre Finger aus dem amerikanischen Kontinent lassen. In Umsetzung dieser Doktrien wurde zunächst das eigene Territorium arrondiert - mit dem Vorstoß zum Pazifik und der Besetzung des mexikanischen Texas (1845). Der nachfolgenden Krieg gegen Mexiko (1846) führte zum Gewinn der heutigen Staaten Arizona, Colorado, Kalifornien, Nevada, New Mexiko Utah und Wyoming. Ihren Höhepunkt - und zugleich ein erstes Ende - fand diese frühe Expansionsphase in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, als amerikanische Kriegsschiffe die Beendigung der Selbstisolation Japans erzwangen, als in den sechziger Jahren die unbewohnten Midway-Inseln besetzt und - kurz nach dem US-Bürgerkrieg - das heutige Alaska käuflich von Russland erworbene wurde.

2. Phase: Hegemonialmacht im Süden:
Mit diesen Vorstößen war zugleich die Grundlage für eine weitere Expansion verbunden - die vom Marineoffizier Alfred Thayer Mahan theoretisch aufbereitet wurde: Amerika begann, seine Interessenssphäre durch eine starke Seemacht zu schützen und damit zugleich das Potential für eine weitere Expansion aufzubauen. Diese zweite Expansionswelle richtete sich nun auch gegen europäische Mächte: 1898 (Kuba-Zwischenfall) kam es zum Krieg mit Spanien, der dazu führte, dass die USA die spanischen Philippinen erhielten. Gleichzeitig wurden Guam, die Hawaii-Inseln und Wake erworben und als Marine-Stützpunkte ausgebaut.
1903 wurde auf Betreiben der USA das Gebiet Panama um den gleichnamigen Kanal von Kolumbien abgetrennt und von den USA verwaltet. Präsident Roosevelt erweiterte die Monroe-Doktrin auch ausdrücklich um den Anspruch, in lateinamerikanischen Ländern polizeiliche Interventionen durchführen zu dürfen. Sein Nachfolger - Präsident Wilson - mischte sich dementsprechend intensiv in Mexico, Nicaragua, in Haiti und der Dominikanischen Republik ein - und übernahm endgültig die Macht in Panama.

Seither sieht sich Nordamerika als "großer Bruder" der Südamerikanischen Staaten, der sich das Recht heraus nimmt, lenkend und kontrollierend auf die politische Entwicklung in Südamerika Einfluss zu nehmen. Dabei wurden auch demokratisch gewählte Regierungen mit dem aktiven Eingreifen der USA konfrontiert. Guatemala (1953-1990), Britisch Guiana / Guyana, (1953-64), Brasilien (1961-64), Dominikanische Republik (1963-66), Chile (1964-73) und Bolivien (1964-1982), Peru (1975), Argentinien (1976), Nicaragua (1978-89) und letztendlich Venezuela (11. April 2002) markieren entsprechende Schritte in den meisten südamerikanischen Staaten - die letztendlich dazu beigetragen haben, dass die Akzeptanz der USA in diesen Staaten stark gelitten hat und die Bevölkerung dort inzwischen eher zu linken Regierungen neigt.
Die Phasen der Expansion, in denen die selbst gesteckten Interessensgebiete immer weiter ausgedehnt wurden, wurden unterbrochen von Zeiten der Konsolidierung. Der Erste Weltkrieg, der die Kräfte der USA fast überstrapaziert hatte, führte zu einer solchen Cäsur, die erst mit dem Engagement im Zweiten Weltkrieg beendet wurde. Dieser Krieg führte zu einer Umkehrung im Machtgefüge.

3. Phase: Weltweites Engagement
Waren vor dem Zweiten Weltkrieg die europischen Staaten immer noch die maßgeblichen weltweit agierenden Kolonialmächte, so waren die USA mit dem Kriegsende 1945 militärisch, politisch und wirtschaftlich an der Weltspitze. Die USA waren die einzige Atommacht, und die Wirtschaft der europäischen Staaten von England und Spanien bis weit nach Russland, bis zur Wolga und vor die Tore Moskaus war kriegszerstört. Der Marshall-PLAN (1947) und der Nordatlantik-Pakt (1949) sowie eine imperialistische Sowjetunion gaben den USA die Möglichkeit, ihr internationales Engagement bis in das Herz Europas auszudehnen. Die USA haben Westeuropa vor der Expansion eines kommunistischen Sowjetreiches bis zu den Küsten des Atlantiks bewahrt - was nicht nur zu einer nachhaltigen Dankbarkeit der Europäer - der einstigen Verbündeten und erst recht der ehemaligen Feinde aus dem Krieg - gegenüber der transatlantischen Supermacht geführt hat, sondern letztendlich die Konsolidierung der kriegszerstörten Wirtschaft Europas ermöglichte - und damit den Grundstock für die Stärke der Europäischen Union gelegt hat.

In der Abwehr gegen echte oder scheinbare kommunistische Bedrohungen engagierten sich die USA auch in Asien (Korea 1945-53, Vietnam 1950-73 mit Kambodscha 1955-73 und Laos) sowie - erneut - die Philippinen (1945-53) markieren diese Eppoche amerikanischer Aussenpolitik, und der zunehmende Durst der amerikanischen Industrien nach Energie führte zur starken Präsenz der USA in den ölreichen Staaten am Golf (Iran, Saudi-Arabien). Auch hier scheuten die USA vor aktiven Eingriffen nicht zurück. Griechendland (1947-49) und der Iran (1953) markieren zwei Beispiele, die zeigen, dass sich der amerikanische Herrschaftsanspruch nach dem zweiten Weltkrieg auch auf Europa und den Mittleren und Nahen Osten ausdehnte - und zwar im Zweifel auch gegen die Intentionen der örtlichen Bevölkerung.

Die USA traten dabei aber überwiegend nicht als Hegemonialmacht auf, sondern als Verbündete - die den von Kommunisten oder einer feindlichen Umwelt (Israel) bedrohten Staaten kooperativ und multilateral beistanden. Mit dem IWF und der Weltbank wurden politisch-wirtschaftliche Instrumentarioen geschaffen, die das Engagement der USA flankierend unterstützten sollten. Mit dem Ende der Sowjetunion waren die USA weltweit als Supermacht präsent. Das Ende der sowjetischen Bedrohung führte aber zugleich zu einer zunehmenden Konzentration der US-Verbündeten auf die eigenen Interessen - die bisweilen auch den Interessen der Supermacht USA widersprachen. Auch bei scheinabr sicheren Verbündeten und einer über Jahrzehnte hin treuen Gefolgschaft wie in Deutschland wird plötzlich die Führungsqualität der USA hinterfragt. Diese befinden sich politisch scheinbar in der Defensive - der unumschränkte Führungsanspruch ist verloren, der Einfluss der USA auf die Politik der Gefolgsstaaten wird zunehmend hinterfragt und zurück gedrängt. Die US-Präsidenten Reagan, Clinton und zuletzt auch Bush jr. versuchten, dem entgegen zu wirken. So wurde schrittweise begonnen, die NATO zu "Entpolitisieren" und ihr einen "neuen Sinn" zu geben - nicht als Verteidigungsbündnis gegen die (nicht mehr vorhandene) sowjetische Bedrohung sondern als Instrument der amerikanischen Außenpolitik.

Die Spitze dieses Hegemonialstrebens wurde im September 2002 durch die Erklärung der "nationalen Sicherheitsstrategie der USA" der Regierung Bush jr. deutlich. Darin wurde der Anspruch der USA formuliert, unter Übergehung des Gewaltverbotes der UN-Charta weltweit präventive Kriege zu führen - und gleichzeitig der Anspruch erhoben, für alle Zukunft an der militärischen Vorherrschaft der USA fest zu halten. Die Voraussetzungen für einen solchen Präventivkrieg sind dabei sehr unklar gehalten. Die dem Irak mittels gefälschter "Beweise" zugeschriebenen "Massenvernichtungswaffen" haben - wider besserem Wissen - ausgereicht, um Washington (und in Nibelungentreue auch London) in das irakische Kriegsabenteuer zu verwickeln. Im Endeffekt erweist sich damit das von den USA in Anspruch genommene Recht zum Präventivkrieg als Rechtfertigung, die eigene Vormachtstellung zu stabilisieren und - wenn Öl oder andere Schätze locken - auszuweiten. Die Kosten des Irak-Abenteuers führen aber zugleich zu einer massiven Schwächung der amerikanischen Wirtschaft, die seit Jahrzehnten "auf Pump" lebt.
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