Us-interventionen immer für Demokratie ???
#25
Ich mache mir mal die Mühe, es zu zerpflücken...
Zitat: 1803 wurde das Louisiana-Territorium von Frankreich erworben und damit das eigene Hoheitsgebiet verdoppelt, 1819 Florida von Spanien gekauft. Mit dem Monroe-Doktrin (1823) wurde Neutralität und Nichteinmischung gegenüber den europäischen Weltmächten erklärt, zugleich aber der eigene Hegemonialanspruch auf Nord- und (!) Südamerika angedeutet. [...] Der nachfolgenden Krieg gegen Mexiko (1846) führte zum Gewinn der heutigen Staaten Arizona, Colorado, Kalifornien, Nevada, New Mexiko Utah und Wyoming. Ihren Höhepunkt - und zugleich ein erstes Ende - fand diese frühe Expansionsphase in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, als amerikanische Kriegsschiffe die Beendigung der Selbstisolation Japans erzwangen, als in den sechziger Jahren die unbewohnten Midway-Inseln besetzt und - kurz nach dem US-Bürgerkrieg - das heutige Alaska käuflich von Russland erworbene wurde.
Man achte zunächst auf die markierten Worte: Es wurde insofern viel Territorium gekauft von anderen Ländern (und das waren keine Pachtverträge mit einem eindeutigen Kolonialhintergrund, wie in China etwa, z. B. Hongkong oder Kiautschou), die jene Gebiete nicht mehr wollten oder als überflüssig ansahen und sie deshalb verkauften. Zur Öffnung Japans kann man sagen, dass die Öffnung zwar durch Druck geschah, korrekt, aber dass das Land danach nicht besetzt oder kolonialisiert wurde. Im Gegenteil, die Öffnung war ein Segen für das weiterhin unabhängige Land, es entwickelte sich innerhalb von zwei, drei Jahrzehnten zum modernsten Land in Asien, wurde zur ersten Industrienation Asiens. Vielleicht haben die USA Japan davor bewahrt, ein ähnliches Schicksal wie China zu finden, das von den Europäern teils aufgeteilt wurde. Insofern ist dies als positiv zu bewerten. Und wegen Mexiko: Zwar wurde der Krieg von US-Präsident Polk unterstützt, aber erst nachdem Texas seine Unabhängigkeit proklamiert und einen grausamen Krieg gegen den damaligen mexikanischen Diktator Don Antonio López de Santa Anna (1794 – 1876) geführt hatte. Erst dann griffen die USA ein und zwangen die Mexikaner zur Aufgabe ihrer Pläne. Zwar beanspruchten die USA danach viele Staaten, wie oben geschrieben, aber Mexiko erhielt im Gegenzug, obwohl es als Kriegsverursacher angesehen werden kann, eine Entschädigung von 15 Millionen Dollar (das wäre so, als wenn Russland heute Georgien eine Entschädigung für Süd-Ossetien und Abchasien zahlen würde), eine Summe, die nach damaligem Wert enorm war und welche die Verluste Mexikos mehr als wett machte. Keine europäische Macht hätte (zu dieser Zeit) sich so milde, ja großmütig verhalten.
Zitat: Mit diesen Vorstößen war zugleich die Grundlage für eine weitere Expansion verbunden - die vom Marineoffizier Alfred Thayer Mahan theoretisch aufbereitet wurde: Amerika begann, seine Interessenssphäre durch eine starke Seemacht zu schützen und damit zugleich das Potential für eine weitere Expansion aufzubauen. Diese zweite Expansionswelle richtete sich nun auch gegen europäische Mächte: 1898 (Kuba-Zwischenfall) kam es zum Krieg mit Spanien, der dazu führte, dass die USA die spanischen Philippinen erhielten. Gleichzeitig wurden Guam, die Hawaii-Inseln und Wake erworben und als Marine-Stützpunkte ausgebaut.
Man weiß, dass der Zwischenfall im Hafen von Havanna (Explosion des US-Linienschiffes Maine) keine spanische Sabotage war; vermutlich war es nicht lagerbeständiges Pulver, das die Explosion und den Untergang verursacht hat. Nur: Damals war die Technik nicht so weit, um dies detailliert herausfinden zu können, und ferner waren die politischen Verhältnisse zwischen den USA und Spanien als äußerst angespannt anzusehen, und dies besonders wegen der brutalen spanischen Kuba-Politik. Sicherlich war die Kriegserklärung der USA, die eine Sabotage des Schiffes durch die Spanier annahmen, eine überzogene Reaktion aus heutiger Sicht, aber aus damaliger Sicht war es so gut wie nachvollziehbar, ja es war eine normale Reaktion. Deutschland annektierte in China Gebiete nach dem Tode von nur ein paar Missionaren. UND: Man kann natürlich darüber streiten, inwieweit eine Inanspruchnahme der Philippinen im Rahmen des Waffenstillstandes vom 12. August 1898 gerechtfertigt ist, aber immerhin wurde Kuba danach unabhängig. Außerdem: Es ist falsch, was über die Inseln drinsteht. Die USA erhielten die Philippinen und Puerto Rico. Wake und Guam kamen erst nach langen Verhandlungen zu den USA (auch wenn im Falle Guams schon ab 1899 die Würfel gefallen waren) und wurden auch erst im 20. Jahrhundert zu Stützpunkten ausgebaut. Hawaii hatte teils schon vor dem Krieg um eine Aufnahme in die USA ersucht, wurde nach dem Krieg nur noch pro forma annektiert.
Zitat:1903 wurde auf Betreiben der USA das Gebiet Panama um den gleichnamigen Kanal von Kolumbien abgetrennt und von den USA verwaltet. Präsident Roosevelt erweiterte die Monroe-Doktrin auch ausdrücklich um den Anspruch, in lateinamerikanischen Ländern polizeiliche Interventionen durchführen zu dürfen. Sein Nachfolger - Präsident Wilson - mischte sich dementsprechend intensiv in Mexico, Nicaragua, in Haiti und der Dominikanischen Republik ein - und übernahm endgültig die Macht in Panama.
Seither sieht sich Nordamerika als "großer Bruder" der Südamerikanischen Staaten, der sich das Recht heraus nimmt, lenkend und kontrollierend auf die politische Entwicklung in Südamerika Einfluss zu nehmen. Dabei wurden auch demokratisch gewählte Regierungen mit dem aktiven Eingreifen der USA konfrontiert. Guatemala (1953-1990), Britisch Guiana / Guyana, (1953-64), Brasilien (1961-64), Dominikanische Republik (1963-66), Chile (1964-73) und Bolivien (1964-1982), Peru (1975), Argentinien (1976), Nicaragua (1978-89) und letztendlich Venezuela (11. April 2002) markieren entsprechende Schritte in den meisten südamerikanischen Staaten - die letztendlich dazu beigetragen haben, dass die Akzeptanz der USA in diesen Staaten stark gelitten hat und die Bevölkerung dort inzwischen eher zu linken Regierungen neigt.
Jetzt vermischt der Autor aber die Sachverhalte etwas. Zunächst: Im Falle des Panama-Kanals denke ich auch, dass es eine strategisch-koloniale Vorgehensweise ist und war. Und ja, hier stimme ich zu, wenn man den USA koloniale Ambitionen unterstellt. Nur: Zu jener Zeit war dies normal. Jede europäische Großmacht (Deutschland, Frankreich, Russland, Großbritannien) oder auch Japan hätten genauso reagiert, wenn sie eine derartige strategische Option wie den Panama-Kanal vor der Nase gehabt hätten. Das macht die Sache nicht besser, gewiss, aber es ist nur ein recht kleiner Baustein im Anklagegebäude gegenüber den USA.

Aber danach wird es etwas widersprüchlich. Nicht, dass ich abstreiten würde, dass es US-Einmischungen in den genannten Ländern gegeben hat. Nein, man muss die Zeit berücksichtigen. Wir haben zwischen der Panama-Entscheidung 1903 und der Guatemala-Geschichte 1954 mehr als 50 Jahre! Und in dieser Zeit geschah recht wenig (was die amerikanische Hegemonie in dieser Region angeht), wohl aber weltpolitisch umso mehr, nebenbei auch zwei Weltkriege. Erst mit dem Beginn des Kalten Krieges und der Bedrohung durch kommunistische Umstürze (vielleicht auch teilweise Paranoia) wurden die USA in größerem Maße wieder in Süd- und Mittelamerika aktiv. Insofern kann man nicht alles nur auf irgendwelche imperialistischen Ambitionen der USA abwälzen, sondern man muss hier die Systemgegensätze der damaligen Zeit miteinbeziehen.
Zitat:Die Phasen der Expansion, in denen die selbst gesteckten Interessensgebiete immer weiter ausgedehnt wurden, wurden unterbrochen von Zeiten der Konsolidierung. Der Erste Weltkrieg, der die Kräfte der USA fast überstrapaziert hatte, führte zu einer solchen Cäsur, die erst mit dem Engagement im Zweiten Weltkrieg beendet wurde. Dieser Krieg führte zu einer Umkehrung im Machtgefüge.
Mag richtig sein. Ich erkenne aber auch nicht wirklich etwas negatives daran. Übrigens: Ein Land, das so riesig ist wie die USA und so viele Rohstoffe besitzt, muss schon sehr, sehr unvorbereitet sein, wenn es durch 1,5 Jahre effektives Mitkämpfen im Ersten Weltkrieg (1917/1918) schon fast erschöpft ist. D. h.: Dieses Land, das teils Flugzeuge und Kanonen von Verbündeten im Ersten Weltkrieg kaufen musste, war nicht hochgerüstet oder militaristisch. Es war eher unzureichend bewaffnet und ausgerüstet. Eine aggressive und auf koloniale Ambitionen ausgerichtete Großmacht, wie manche hier gerne unterstellen, sieht meiner Meinung nach anders aus. Insofern ist dies eigentlich ein Pluspunkt für die USA, die hier eher friedlich erscheinen.
Zitat:Waren vor dem Zweiten Weltkrieg die europäischen Staaten immer noch die maßgeblichen weltweit agierenden Kolonialmächte, so waren die USA mit dem Kriegsende 1945 militärisch, politisch und wirtschaftlich an der Weltspitze. Die USA waren die einzige Atommacht, und die Wirtschaft der europäischen Staaten von England und Spanien bis weit nach Russland, bis zur Wolga und vor die Tore Moskaus war kriegszerstört. Der Marshall-PLAN (1947) und der Nordatlantik-Pakt (1949) sowie eine imperialistische Sowjetunion gaben den USA die Möglichkeit, ihr internationales Engagement bis in das Herz Europas auszudehnen. Die USA haben Westeuropa vor der Expansion eines kommunistischen Sowjetreiches bis zu den Küsten des Atlantiks bewahrt - was nicht nur zu einer nachhaltigen Dankbarkeit der Europäer - der einstigen Verbündeten und erst recht der ehemaligen Feinde aus dem Krieg - gegenüber der transatlantischen Supermacht geführt hat, sondern letztendlich die Konsolidierung der kriegszerstörten Wirtschaft Europas ermöglichte - und damit den Grundstock für die Stärke der Europäischen Union gelegt hat.
Eindeutig richtig. Und meiner Ansicht nach kein Negativbild der USA. Wann hat sich ein Kriegsgewinner schon mal so großmütig gezeigt (auch wenn natürlich die Angst vor der Sowjetunion eine gewichtige Rolle gespielt hat)?

Den letzten Teil kommentiere ich später. Ich habe leider nicht mehr Pause...

Schneemann.
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