06.10.2008, 20:35
Fortführung der Diskussion aus <!-- l --><a class="postlink-local" href="http://forum-sicherheitspolitik.org/viewtopic.php?t=1623&postdays=0&postorder=asc&start=180">viewtopic.php?t=1623&postdays=0&postorder=asc&start=180</a><!-- l -->
ich tu mir schwer, die beiden letzten Postings zu verdauen - einfach, weil Ihr Russland und die Russen von Hause aus als böse und ich möchte fast sagen teuflisch anseht.
Die Argumente sind auf den ersten Blick nachvollziehbar - die so genannte "gelenkte Demokratie" (das ist aber nicht zugleich auch Mafia, wie Thomas meint) nur als Beispiel; und zu diesem einen Beispiel möchte ich einfach mal ein paar weitergehende Überlegungen in die Diskussion werfen.
Ist es nicht nachvollziehbar, dass die Russen gerade nach dem Chaos der Jelzin-Zeit (und da kann man wirklich von mafiösen Strukturen sprechen) zuallererst einmal Ordnung und Sicherheit haben wollen? Für uns ist "Ordnung und Sicherheit" selbstverständlich, für die Russen nicht - auch nicht seit Gorbatschow, Glasnost und der Perestroika. Und dabei vergessen wir, für die diese Grundlagen selbstverständlich sind, dass "Ordnung und Sicherheit" erst die Grundvoraussetzung für das Gedeihen von Demokratie und Wohlstand sind.
Die Russen haben vielmehr mit der Zerfall der SU und dem Chaos unter Jelzin erleben müssen, dass bestimmte westliche Begriffe mit negativen Inhalten gefüllt sind. Die freie Marktwirtschaft wurde zur Herrschaft der mafiösen Oligarchen umgemodelt, um nur ein Beispiel zu nennen.
In Russland ist das Vertrauen in Institutionen - sei es Regierung oder Parteien, Medien, Jusitz oder was auch immer - minimal (wenn überhaupt vorhanden). Die Russen, die nicht über die jahrzehntelange demokratische Entwicklung wie wir im Westen verfügen (und schon in Ostdeutschland sind gegenüber Westdeutschland deutliche Verwerfungen erkennbar) vertrauen wenn dann nicht den Institutionen sondern einzelnen Personen, und da ist Putin eine Person, von der die Russen mit großer Mehrheit den Eindruck haben, vertrauen zu können. Putin - das dürfen wir nicht vergessen - hat das mafiöse Chaos der Jelzin-Zeit beendet. Und jetzt kommt mir bitte nich mit irgendwelchen sympatisch aussehenden Oligarchen, die unter Vorwänden ihr Vermögen verloren und jetzt in sibirischen Straflagern die Toiletten reinigen oder in England im Exil sitzen. Keiner - ich wiederhole: keiner der neuen russischen Reichen hat eine saubere Weste. Das dort angehäufte Vermögen kann nur mit (zumindest halb-)kriminellen Methoden erworben worden sein, und dieser Vermögenserwerb erfolgte - nicht unter Putin, sondern in der Jelzin-Zeit. Putin hat "Strahlkraft". Ihm - und nicht irgendwelchen Institutionen - vertrauen die Russen.
Auch viele unsere Politiker leben vom Charisma, der Strahlkraft einer Persönlichkeit. Niemand kann das momentan besser beobachten als die US-Bürger im Wahlkampf, und wer sich an diejüngste deutsche Vergangenheit erinnert mit FJS einerseits und Wehner andererseits, mit (nicht nur) einem ehem. Nazi-Kriegsgerichts-Richter (z.B. Hans Filbinger, von 1966 bis 1978 Ministerpräsident Baden-Württembergs, 1973/74 als solcher Bundesratspräsident, oder das ex-NSDAP-Mitglied, Bundeskanzler a.D. Kiesinger) in höchstverantwortlicher Position .... der vergisst nicht, dass auch wir unsere Übergangszeit hatten, über Jahrzehnte hin.
In Russland fehlen die institutionellen Voraussetzungen für eine stabile Demokratie - sei es eine Präsidialdemokratie wie in Frankreich und den USA oder eine Abgeordneten- und Parteiendemokratie wie in Deutschland. Diese Entwicklung braucht Zeit. Viele im Osten Deutschlands haben den Weg heute - nach 18 Jahren - immer noch nicht gefunden.
Auch Russland ist noch keine sehr stabile Gesellschaft, ein Missbrauch im Sinne einer diktatorischen Staatsführung ist möglich. Aber wir müssen Russland die Chance geben, eine solche stabile Gesellschaft zu werden.
Und dazu braucht es Politiker, die den Russen auch entsprechendes Selbstvertrauen geben.
Ich möchte nicht behaupten, Putin sei ein "lupenreiner Demokrat" ... bei Gott, das ist er sicher nicht.
Aber nach meinem Verständnis müssen die Russen, also diejenigen, die es betrifft, selbst entscheiden, wo für sie die größeren Risiken liegen und welche Risiken sie eingehen wollen.
Lassen wir doch den Russen und Ukrainern, auch den Georgiern (die ich ebenfalls nicht als "Leuchtfeuer der Demokratie" bezeichnen möchte) die Chance, ihren eigenen Weg zu sichern und zu stabilisieren. Und je instabiler die Strukturen sind, desto wichtiger sind die Personen.
Und wenn ich Putin mit seinem Vorgänger Jelzin vergleiche, dann haben die Russen definitiv an Stabilität gewonnen.
Wenn man sich nun die globalen Kräfteverhältnisse anschaut, dann ist Russland genauso wie die USA oder die EU zwangsläufig eine der Mächte, die weltweit Einfluss geltend machen können.
Da ist mir persönlich - wenn ich das so sagen darf - ein stabiles und berechenbares Russland, auch wenn es noch nicht alle Anforderungen de Puristen an demokratische Entwicklungen erfüllt, immer noch lieber als ein Russland, ein mit Atomwaffen überversorgtes Russland, das im Chaos versinkt und damit den alten Kadern (oder neuen Wahnsinnigen) die Chance zur Machtergreifung gibt.
Ich weigere mich, Russland wegen (in der Tat bestehender) Mängel in Bausch und Bogen zu verurteilen, vor allem nicht in der Form, die von manchen Forenmitgliedern hier an den Tag gelegt wird.
Ich weigere mich auch, die USA in Bausch und Bogen zu verurteilen. Aber ich setze in einen demokratischen Staat, der mir über Jahrzehnte hin ein Vorbild an Freiheit war, auch höhere Erwartungen als in einen Staat, der seine demokratischen Strukturen erst entwickelt und sich in einer Übergangsphase zwischen einer totalitären Diktatur und einer westlichen Demokratie befindet. Ja, ich sage Übergangsphase:
Schaut Euch doch nur die russischen Parlamentswahlen 2003 an:
Die national-konservativen Parteien hatten gewonnen, die so genannten "Liberalen" und die Oligarchen, die diese mafiösen Wirtschaftsstrukturen zu verantworten bzew. davon profitiert haben, haben verloren. Die vorher stärkste Opposition, die Kommunisten, wurden auf die Hälfte der Sitze reduziert.
Die Demokratie in Russland entwickelt sich - man muss ihr nur Zeit lassen, zumindest ein bisschen etwas von der Zeit, die wir z.B. in Deutschland auch benötigt haben.
Tiger schrieb:@revan
Zitat:wie Feige und bereitwillig zu Unterwerfung unter russischen Willen Mittel Europa besonders Deutschland und Italien sind.Wo siehst du denn da Feigheit?
Es ist wohl eher so, das sich die europäischen Staaten von den USA emanzipiert haben und wieder eigene Wege gehen, auch innerhalb der NATO. Allerdings war dies schon vor dem Südossetien-Krieg so.
Diese Tendenz wird sich mit zunehmendem Verfall des Ansehens der USA verstärken und könnte letztendlich dazu führen, das sie in Europa wieder Großmachtpolitik betreiben - auch auf Kosten der USA und der mit ihnen befreundeten Staaten in Osteuropa.
Larry Bond hat ein derartiges Szenario in einem Roman, Cauldron, beschrieben.
Der zunehmende Verlust des Ansehens der USA wird diese Entwicklung nur befördern. Russland wird dabei entweder die Rolle eines natürlichen Verbündeten spielen, oder - selbst zum Opfer werden.
Zitat:So ist es keine Selbstverständlichkeit das es eine uneingeschränkte Hilfe geben würdeDas darf es auch nicht sein! Wir haben ja am 1.Weltkrieg gesehen, wohin Nibelungentreue führen kann.
Zitat:Denn bei der jetzigen Formulierung ist militärische Hilfe nicht garantiert und gerade der Separate Sicherheitsvertrag zwischen Polen und denn USA zeigt klar...das die USA inzwischen jede Menge Einfluss in Europa verloren haben und nicht mehr in die NATO vertrauen.
Zitat:so wäre es klar das diese Länder ihn Fahle eines Konfliktes mit einen äußeren Feind (Russland)kneifen würden...oder mit Russland gemeinsame Sache machen.
Wieso sollte man für die osteuropäischen Staaten oder die USA den nützlichen Idioten spielen? Es wäre zudem auch denkbar, das diese den Krieg verursachen. Hat ja Georgien prima geschafft.
ThomasWach schrieb:Für russisches Öl, einen kurzfristigen Frieden und die gelenkte Demokratie, sprich die Herrschaft der Mafia also Europa und die transatlantische Wertegemeinschaft zu Grabe tragen....
...da steht Deutschland und Italien aber über kurz oder lang sehr allein da in Europa und das zu Recht....
Wenn du dich über die Emergenz von Denkmustern beschwerst, die aus dem Kalten Krieg deiner Meinung nach angeblich stammen, dann solltest du mal das virtuelle Haltbarkeitsdatum deiner Denkmuster examinieren: Die stammen nämlich aus dem 19. Jahrhundert bzw. sind in Teilen sogar noch älter...!
Wenn hier also jemand in veralteten Begriffen denkst, dann wohl eher du Tiger!
revan schrieb:Zitat:Wo siehst du denn da Feigheit?
Also, die ist so offensichtlich so eklatant das man schlicht nciht mal weiß wo man mit der Aufzählung beginen kann!
Zitat:Es ist wohl eher so, das sich die europäischen Staaten von den USA emanzipiert haben und wieder eigene Wege gehen, auch innerhalb der NATO. Allerdings war dies schon vor dem Südossetien-Krieg so.:lol:
Diese Tendenz wird sich mit zunehmendem Verfall des Ansehens der USA verstärken und könnte letztendlich dazu führen, das sie in Europa wieder Großmachtpolitik betreiben - auch auf Kosten der USA und der mit ihnen befreundeten Staaten in Osteuropa.
Europa ist nicht mal fähig die Russen wegen einer Völkerrechts widrigen Tat zu verdammen, nein es ist nicht mal fähig überhaupt Klartext zu reden oder mit einer Stimme es braucht Wochen um nichts zu sagen ! Es hat die USA weil Zivilisiert und Tolerant gegenüber seinen Verbündeten stärker für den Irak kritisiert als des den Russen für Invasion ,Erpressung, das schüren von Unruhen in EU Statten Politische Morde in Ausland und Inland usw. tat ! Europa ist nicht mal fähig sich selbst zu verteidigen und kuscht vor jeden Gegner und könnte sich nicht mal gegen die Erpressungen eines Landes wie den Iran behaupten. Europa ist schlicht erbärmlich als Stadt bzw. Politisches Bündnis eben nur ein Wirtschaftsraum das mehr zu sein versucht und es nicht kann weil Innere Zerrissenheit und Inkompetente meist von Linken verseuchte Führungen sich selbst i Wege stehen. Was passiert ist, ist keine Emanzipation sondern schlicht die Unterordnung unter verschiedene Herren (Russland, USA vorbei letzteres aufgrund der Zugehörigkeit zur Zivilisierten Welt nicht wirklich eine Hegemonialmacht ist) oder am besten unter Beiden. In Prinzip versucht jedes EU Land sein eigenes Süppchen zu kochen wehrend Deutschland geführt von einer Qualities von Moderaten und Linken Russophilen Kräften es beiden Recht zu machen versucht und an Russischen Gashahn hängt versucht Frankreich obgleich nicht mehr Antiamerikanisch, sich wieder als etwas was man Möchtegern Weltmacht nennen könnte versucht und mit Unsinnigen Ideen wie Mittelmeer Union usw. weiter aufkreuzt. Italien wird wieder von einen Mafia Boss regiert der bei der EU Konferenz in Sitzungssahl seinen Freund Putin mit Informationen über die Lage versorgte als es um Beratungen über Georgien ging. Wenn du also Schwäche, Zerrissenheit, Unfähigkeit und Eitelkeit als Emanzipation bezeichnest so muss ich schlich und einfach lachen. Mal zur Möglichkeit das die EU mal eine den USA Ebenbürtige Macht wird :lol: die Möglichkeit besteht schlicht und einfach nur auf dem Papier die EU ist ohne Hilfe der USA nicht mal fähig sich zu verteidigen geschweigenden Global aktiv zu werden. Was die Idee mit Russland Natürlicher Verbündeter angeht so ist sie schlich ein Hirngespinst, Russland ist her der Natürliche Feind der Europäer da es danach strebt Europa zu seinen Vorgarten zu machen und wäre die NATO nicht so hätte er es schon längst zu diesen gänzlich gemacht.
Zitat:Russland wird dabei entweder die Rolle eines natürlichen Verbündeten spielen, oder - selbst zum Opfer werden.
Es ist eher so das Europa zum Opfer Russlands wird und schon ist.
Zitat:Das darf es auch nicht sein! Wir haben ja am 1.Weltkrieg gesehen, wohin Nibelungentreue führen kann.
Ja und in 2 Weltkrieg hat man gesehen zu was Toleranz gegenüber Freundlichen Diktatoren mit Schnurbart und Gedemütigten Nationen die sich aufrüsten bringt nämlich das Ende Europas als Macht, 55 Millionen Tode so wie die Tatsache das die Rote Pest halb Europa überschwemmen und 50 Jahre lang quellen konnte. Da überwiegen die negativen Erfahrungen der jüngeren Geschichte deutlich ! Wenn ich dich so höre schätzte ich das du zu denen gehört hast die 1968 Menschenketten bildeten und denn Slogan riefen Leiber Rot als Tod wahrlich der Höhepunkt der 5 Kolone des Russen.
Zitat:...das die USA inzwischen jede Menge Einfluss in Europa verloren haben und nicht mehr in die NATO vertrauen.
Die USA hat Einfluss in den Länder verloren die sich den Russen beugten und die immer den Weg des geringsten Wiederstand zu gehen pflegen. Du kannst dir sicher sein das die USA nicht Einfluss verlor weil sie einen Erbärmlichen Diktator beseitigte. Wenn erst Obama die Wahl gewinnt so werden die Massen in Europa wieder die USA freundlicher sehen so wie früher obgleich es an der Politik nichts ändern wird.
Zitat:...oder mit Russland gemeinsame Sache machen.:lol:
Klar mit den Russen, der kennst leider nur Vasal und Feind das war immer der Rote Pfaden Russischer Politik. Partner ist in Russischen Verständnis nur ein anderes Wort für Vasal und Einfluss Zone wenn Europa sich den Russen ausliefern will soll sie es gerne machen.
Zitat:Wieso sollte man für die osteuropäischen Staaten oder die USA den nützlichen Idioten spielen? Es wäre zudem auch denkbar, das diese den Krieg verursachen. Hat ja Georgien prima geschafft.
Die Idioten sind leider die Jenigen in den Russophilen Statten die da sie den Russen nicht kenne und die Augen verschließen alles schlicht und einfach runter reißen.
ich tu mir schwer, die beiden letzten Postings zu verdauen - einfach, weil Ihr Russland und die Russen von Hause aus als böse und ich möchte fast sagen teuflisch anseht.
Die Argumente sind auf den ersten Blick nachvollziehbar - die so genannte "gelenkte Demokratie" (das ist aber nicht zugleich auch Mafia, wie Thomas meint) nur als Beispiel; und zu diesem einen Beispiel möchte ich einfach mal ein paar weitergehende Überlegungen in die Diskussion werfen.
Ist es nicht nachvollziehbar, dass die Russen gerade nach dem Chaos der Jelzin-Zeit (und da kann man wirklich von mafiösen Strukturen sprechen) zuallererst einmal Ordnung und Sicherheit haben wollen? Für uns ist "Ordnung und Sicherheit" selbstverständlich, für die Russen nicht - auch nicht seit Gorbatschow, Glasnost und der Perestroika. Und dabei vergessen wir, für die diese Grundlagen selbstverständlich sind, dass "Ordnung und Sicherheit" erst die Grundvoraussetzung für das Gedeihen von Demokratie und Wohlstand sind.
Die Russen haben vielmehr mit der Zerfall der SU und dem Chaos unter Jelzin erleben müssen, dass bestimmte westliche Begriffe mit negativen Inhalten gefüllt sind. Die freie Marktwirtschaft wurde zur Herrschaft der mafiösen Oligarchen umgemodelt, um nur ein Beispiel zu nennen.
In Russland ist das Vertrauen in Institutionen - sei es Regierung oder Parteien, Medien, Jusitz oder was auch immer - minimal (wenn überhaupt vorhanden). Die Russen, die nicht über die jahrzehntelange demokratische Entwicklung wie wir im Westen verfügen (und schon in Ostdeutschland sind gegenüber Westdeutschland deutliche Verwerfungen erkennbar) vertrauen wenn dann nicht den Institutionen sondern einzelnen Personen, und da ist Putin eine Person, von der die Russen mit großer Mehrheit den Eindruck haben, vertrauen zu können. Putin - das dürfen wir nicht vergessen - hat das mafiöse Chaos der Jelzin-Zeit beendet. Und jetzt kommt mir bitte nich mit irgendwelchen sympatisch aussehenden Oligarchen, die unter Vorwänden ihr Vermögen verloren und jetzt in sibirischen Straflagern die Toiletten reinigen oder in England im Exil sitzen. Keiner - ich wiederhole: keiner der neuen russischen Reichen hat eine saubere Weste. Das dort angehäufte Vermögen kann nur mit (zumindest halb-)kriminellen Methoden erworben worden sein, und dieser Vermögenserwerb erfolgte - nicht unter Putin, sondern in der Jelzin-Zeit. Putin hat "Strahlkraft". Ihm - und nicht irgendwelchen Institutionen - vertrauen die Russen.
Auch viele unsere Politiker leben vom Charisma, der Strahlkraft einer Persönlichkeit. Niemand kann das momentan besser beobachten als die US-Bürger im Wahlkampf, und wer sich an diejüngste deutsche Vergangenheit erinnert mit FJS einerseits und Wehner andererseits, mit (nicht nur) einem ehem. Nazi-Kriegsgerichts-Richter (z.B. Hans Filbinger, von 1966 bis 1978 Ministerpräsident Baden-Württembergs, 1973/74 als solcher Bundesratspräsident, oder das ex-NSDAP-Mitglied, Bundeskanzler a.D. Kiesinger) in höchstverantwortlicher Position .... der vergisst nicht, dass auch wir unsere Übergangszeit hatten, über Jahrzehnte hin.
In Russland fehlen die institutionellen Voraussetzungen für eine stabile Demokratie - sei es eine Präsidialdemokratie wie in Frankreich und den USA oder eine Abgeordneten- und Parteiendemokratie wie in Deutschland. Diese Entwicklung braucht Zeit. Viele im Osten Deutschlands haben den Weg heute - nach 18 Jahren - immer noch nicht gefunden.
Auch Russland ist noch keine sehr stabile Gesellschaft, ein Missbrauch im Sinne einer diktatorischen Staatsführung ist möglich. Aber wir müssen Russland die Chance geben, eine solche stabile Gesellschaft zu werden.
Und dazu braucht es Politiker, die den Russen auch entsprechendes Selbstvertrauen geben.
Ich möchte nicht behaupten, Putin sei ein "lupenreiner Demokrat" ... bei Gott, das ist er sicher nicht.
Aber nach meinem Verständnis müssen die Russen, also diejenigen, die es betrifft, selbst entscheiden, wo für sie die größeren Risiken liegen und welche Risiken sie eingehen wollen.
Lassen wir doch den Russen und Ukrainern, auch den Georgiern (die ich ebenfalls nicht als "Leuchtfeuer der Demokratie" bezeichnen möchte) die Chance, ihren eigenen Weg zu sichern und zu stabilisieren. Und je instabiler die Strukturen sind, desto wichtiger sind die Personen.
Und wenn ich Putin mit seinem Vorgänger Jelzin vergleiche, dann haben die Russen definitiv an Stabilität gewonnen.
Wenn man sich nun die globalen Kräfteverhältnisse anschaut, dann ist Russland genauso wie die USA oder die EU zwangsläufig eine der Mächte, die weltweit Einfluss geltend machen können.
Da ist mir persönlich - wenn ich das so sagen darf - ein stabiles und berechenbares Russland, auch wenn es noch nicht alle Anforderungen de Puristen an demokratische Entwicklungen erfüllt, immer noch lieber als ein Russland, ein mit Atomwaffen überversorgtes Russland, das im Chaos versinkt und damit den alten Kadern (oder neuen Wahnsinnigen) die Chance zur Machtergreifung gibt.
Ich weigere mich, Russland wegen (in der Tat bestehender) Mängel in Bausch und Bogen zu verurteilen, vor allem nicht in der Form, die von manchen Forenmitgliedern hier an den Tag gelegt wird.
Ich weigere mich auch, die USA in Bausch und Bogen zu verurteilen. Aber ich setze in einen demokratischen Staat, der mir über Jahrzehnte hin ein Vorbild an Freiheit war, auch höhere Erwartungen als in einen Staat, der seine demokratischen Strukturen erst entwickelt und sich in einer Übergangsphase zwischen einer totalitären Diktatur und einer westlichen Demokratie befindet. Ja, ich sage Übergangsphase:
Schaut Euch doch nur die russischen Parlamentswahlen 2003 an:
Die national-konservativen Parteien hatten gewonnen, die so genannten "Liberalen" und die Oligarchen, die diese mafiösen Wirtschaftsstrukturen zu verantworten bzew. davon profitiert haben, haben verloren. Die vorher stärkste Opposition, die Kommunisten, wurden auf die Hälfte der Sitze reduziert.
Die Demokratie in Russland entwickelt sich - man muss ihr nur Zeit lassen, zumindest ein bisschen etwas von der Zeit, die wir z.B. in Deutschland auch benötigt haben.