02.01.2010, 20:03
ThomasWach schrieb:Ich stimme revan selten zu, aber in diesem Fall würde ich zumindest tendenziell ihm Recht geben wollen.
Im Report der seitens der EU eingesetzten Kommission wurde der "Beitrag" beider Seiten hinlänglich erörtert. Kein Krieg beginnt aus dem Nichts und nur eine prozessuale Sicht der Dinge kann illustrieren, in welchem Stadium der Eskalation welcher Konfliktteilnehmer das Feuer geschürt hat. Des weiteren muss man auch die Kontextbedingungen mit in Betracht ziehen. So ist denn der "erste Schuss" auch nur ein Teil in einer langen Kette und angesichts der durchaus militärischen Reibereien vor dem August auch durchaus nur eine "intensive Wiederaufnahme" von Feindseligkeiten.
Auch halte ich Revans Vergleich nicht für irreführend, sondern durchaus auch in Grenzen für sinnvoll. Inwiefern Zivilrecht und Internationales Recht sich nun in ihrer Gültigkeit (ja) und in ihrem Zustandekommen (abstrakt gesehen nein) unterscheiden, ist hier nicht relevant. Zum einen muss man auf der abstrakten Ebene die Typik dieses Vergleichs sehen, die die Problematik illustriert. Und dann zum anderen gelten nunmal im Internationalen Recht wie im Zivilrecht bestimmte Normen. Und die Unverletztlichkeit des Eigentums (in zumindest einigen Staaten) spiegelt sich in gewisser Weise in dem auch in der UN-Charta verankerten Recht/Rechtstitel der Souveränität. Und diese konnte Georgien durchaus als verletzt sehen, nicht zuletzt, weil zusätzliche "Friedenstruppen" nach Ossetien verlagert wurden, die Russen die Osseten parteiisch unterstützten, wiederholt russicherseits Provokationen auftraten und zudem Russland russische Pässe an nominal georgische Staatsbürger in Massen ausgaben, was völkerrechtlich ein durchaus problematisierbarer Vorgang ist. Dass sich nun Saakaschwili in völliger Verkennung der Lage in ein desaströses militärisches Abenteuer stürzte angesichts dieses starken Druckes, soll nicht wiedersprochen werden. Aber Russland hat insbesondere ab der westlichen Anerkennung des Kosovos als Retourkutsche gezielt per intensiver Provokation darauf abgezielt, dass die georgische Führung angesichts dieser problematischen Lage die Nerven verliert. Und so hat sich denn Putins Verdikt nach der Kosovounabhängigkeit, man werde dies im Westen bereuen und dafür zahlen müssen, auch schnell bewahrheitet.
Für mich geht da kein Weg rein. Zivilrecht mit internationalem Recht zu vergleichen ist ist so ähnlich, wie der Vergleich von einer Ameise mit einem Kolibri.
Recht von Einzelpersonen untereinander oder die Stellung von Bürger und Staat sind vollkommen anderen Regeln und Entstehungsprozessen unterworfen, als die bei internationalem Recht der Fall ist. Zumindest das habe ich aus meinem Rechtslehrgang mitgenommen. Für eine Diskussion in Sachen Rechtsgeschichte usw. bin ich der Falsche und werde das auch nicht weiter vertiefen.