22.05.2011, 19:08
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Zitat:...
Am 16. Mai werden gleich drei Zwischenfälle gemeldet; bei allen dreien greifen US-Kriegsschiffe ein, aber das dabei gezeigte Verhalten gegenüber Piraten ist doch erstaunlich unterschiedlich.
Vor Socotra trifft die Fregatte STEPHEN W. GROVES (NATO) auf das im März 2010 gekaperte und seitdem als Mutterschiff genutzte taiwanesische Fischereifahrzeug JIH CHUN TSAI 68. Es kommt zu einem kurzen Feuergefecht; dann entern US-Soldaten das Fahrzeug. Der Kapitän der JIH CHUN TSAI 68 und drei Piraten werden tot gefunden; zwei weitere Besatzungsmitglieder sind verletzt; vom Rest der einst 14 Mann Besatzung findet sich keine Spur. Die überlebenden Piraten werden in Gewahrsam genommen, kurz darauf dann aber wohlbehalten an der somalischen Küste abgesetzt.
Beim zweiten Zwischenfall reagiert der Zerstörer BAINBRIDGE (NATO) auf den Notruf des Frachters MSC ALAYA, der im Ostausgang des Golfs von Aden angegriffen wird, sich durch Ausweichmanöver schließlich aber selbst retten kann. Als die BAINBRIDGE vor Ort eintrifft, sind die Piraten schon wieder zu ihrem Mutterschiff - eine vier Tage zuvor entführte Dhau - zurück gekehrt. Die vier Piraten werden „überredet“, die Dhau und die als Geiseln festgehaltene Besatzung freizugeben und mit einem Skiff zur somalischen Küste zurück zu kehren. Das kleine Boot erweist sich jedoch als seeuntüchtig. Als es zu sinken droht, nimmt die BAINBRIDGE die Piraten auf, wahrscheinlich um sie selbst zur somalischen Küste zu bringen.
Bei beiden Vorfällen bleiben die Piraten trotz nachweislicher Geiselnahme, im Fall der JIH CHUN TSAI 68 sogar nach einem Feuergefecht mit toten Geiseln, völlig unbehelligt. Beide US-Kriegsschiffe operierten unter NATO-Führung, unterliegen damit auch den für die NATO Operation „Ocean Shield“ geltenden Rules of Engagement. Diese sind unter dem kleinsten gemeinsamen (politischen) Nenner der NATO-Staaten offenbar so ausgelegt, dass Piraten grundsätzlich kaum etwas zu befürchten haben.
Völlig anders dagegen der dritte Zwischenfall des 16. Mai. Im Golf von Oman greifen Piraten den mit Rohöl beladenen, aus dem Persischen Golf kommenden deutschen (Flagge: Panama) Supertanker ARTEMIS GLORY an. In der Nähe steht der US-Zerstörer BULKELEY. Er gehört zur im Arabischen Meer im Rahmen der Operation Enduring Freedom (Afghanistan) operierenden ENTERPRISE Carrier Strike Group der US Navy. Der Bordhubschrauber wird sofort gestartet. Als er vor Ort eintrifft, sind die Piraten noch immer mit ihrem Angriff auf den Supertanker beschäftigt. Offenbar sofort (von Warnschüssen wird nicht berichtet) wird vom Hubschrauber aus das mit vier Piraten besetzte Skiff unter Feuer genommen und zerstört; keiner der Piraten überlebt. Für das unter nationaler US-Führung operierende Schiff gelten die sehr restriktiven Rules of Engagement der NATO nicht; hier kommt allein das allgemeine „Recht zur Selbstverteidigung“ zum Tragen, das (so der Kommandant) in zulässiger Erweiterung auch bei einem Angriff auf andere Schiffe gilt.
Die drei Beispiele sind symptomatisch für die völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen, unter denen Seestreitkräfte in der Region operieren. Paradoxerweise scheint das persönliche Risiko für Piraten ausgerechnet dann am größten, wenn sie auf ein Kriegsschiff treffen, das sich nicht in einem dezidierten Anti-Piraterieeinsatz befindet.
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Kurzmeldungen
* Unverblümt fordert der Oberbefehlshaber der chinesischen Streitkräfte, General Chen Bingde, eine Ausweitung des Kampfes gegen die somalische Piraterie. „Wir sollten Piraten nicht nur auf See, sondern auch an Land bekämpfen. Auf See finden wir nur die Helfer; die Bosse sitzen an Land.“
* Das Maritime Safety Committee (MSC) der International Maritime Organization (IMO) hat am 20. Mai eine einstweilige Handlungsempfehlung („interim guidance“) für die Einschiffung bewaffneter ziviler Sicherheitskräfte an Bord von piraten-gefährdete Gebiete vor Somalia und im Indischen Ozean passierenden Handelsschiffen gebilligt.
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