Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN)
#87
Zitat:Inwiefern? Im Moment konzentrieren sie sich auf die hohen Tiere (ob mit Drohnen oder SpecOps spielt aus meiner Sicht keine Rolle). Ich find das schon mal ne gute Lösung.

Tatsächlich ist das rein von den praktischen Auswirkungen her eine schlechte Lösung, die von mangelnder Weitsicht zeugt. Indem ich die älteren Führungsleute töte, befördere ich automatisch jüngere, radikalere Feinde an die Spitze der feindlichen Organisation und radikalisiere dadurch den Gegner und verhindere damit Verhandlungslösungen. Die gerade von Obama jetzt forcierte Drohnenkriegsführung gegen die feindliche Führung hat politisch sehr viel kaputt gemacht, was sonst möglich gewesen wäre. Man hat damit mögliche Verhandlungen und Kompromisse unmöglich gemacht, indem man die Leute die dazu bereit gewesen wären getötet hat. Man hat damit den Feind von seiner Führung her radikaler und extremer gemacht, in der praktischen Folge dessen hat die Gewalt in Afghanistan in vielen Gegenden wieder zugenommen, wo sie schon am Abflauen gewesen ist.

Natürlich kann es sinnvoll sein, bestimmte feindliche Anführer zu töten, aber so wie es zur Zeit geschieht ist es einfach nur planlos.

Zitat:Terrorismus richtet sich gegen die Zivilbevölkerung. Nicht dein Ernst, oder? Und was willst du damit erreichen? Sind es 2 Parteien die die Zivilbevölkerung drangsalieren, bravo tolle Lösung.

Ich versuche mal einen anderen Ansatz der Erklärung, da du es offenbar nicht verstehst.

Warum befolgen die Bürger in Deutschland die Gesetze, zahlen Steuern, tun was man ihnen sagt und plündern nicht die Läden?

Weil sie dazu gezwungen werden, weil der Staat mittels bewaffneter Kräfte, mit Feuerwaffen bewaffneter Polizisten ihnen ein Potential bis hin zu ihrer Tötung vor Augen führt, was sie dazu zwingt zu tun was der Staat will. Ohnen diese Repression, würde kein Staat, keine Gesellschaft funktionieren. Staaten entstanden aus Räuber-Beute Verhältnissen die sich institunalisierten. So wie Schafe, Ziegen usw von Beute zu Haustieren wurden. Der Bürger/Einwohner des Staats findet nun diese Repression nur so lange erträglich, also legitim, wie er wenigstens von anderen Räubern beschützt wird. Im gegenzu dafür ist er bereit Milch, Wolle, und Fleisch in bestimmten Mengen zu geben.

Wenn der Feind nun Terrorismus als Kampfweise einsetzt, dann delegitimiert diese Kampfweise den Staat. Je mehr der Terror um sich greift, desto weniger wirkt die bloße Drohung, das bloße Potential das der Staat vorführt um die Einwohner noch dazu zu bringen das zu tun was er will. Auf diese Wirkung zielen Terroristen vor allem anderen.

Was ist nun Terrorismus? Er ist eine Kampfweise, eine bloße Methode. Nun kann man die Drohung des Staates durch die dieser funktioniert durch staatlichen Terror erhöhen und dadurch tatsächlich dem Feind entgegen wirken, dass wäre dann tatsächlich das was du schreibst, dass die Zivilbevölkerung von beiden drangsaliert wird, man kann aber auch Terror auf andere Weise, bzw gegen den Feind einsetzen und ihn auf diese Weise schädigen. Es ist möglich, selbst Terror als Waffe einzusetzen, gegen den Feind. Beispielsweise indem man auf sehr harte Weise foltert, und diese Folterungen gezielt und begrenzt gegen identifizierte Feinde einsetzt, oder indem man Terrorismus gegen die ethnsiche Gruppe des Feindes einsetzt, oder indem man Terror einsetzt und diesem dem Feind unterschiebt, Menschen verschwinden lässt, gezielte Morde begeht usw usw

Der Feind setzt Terror ja auch nicht einfach nur so ein. Beispielsweise streut der Feind bei Bombenanschlägen genau so Gerüchte, dass gar nicht der Feind, sondern die Besatzungsmacht dahinter stecke, dass andere ethnische oder religiöse Gruppen dahinter stecken würden usw

Welche Ziele verfolgt das, was will ich also damit erreichen? 1 ist es ein Ziel, den Feind zu delegitimieren und den Staat wieder zu legitimieren 2 ist es ein Ziel den Feind dazu zu zwingen sich zu unterwerfen bzw ihn zu bestimmten Handlungen und Reaktionen zu zwingen. Insbesondere 2 ist entscheidend. Im Assymetrischen Krieg muß man den Feind zum reagieren bringen, aus der Rolle des Agierenden verdrängen und zum Reagierenden machen.

Zitat:Du kannst nicht in der Zivilbevölkerung abtauchen, die anderen aber schon. Und Zeit hast du auch nicht unbegrenzt, Ortskenntnis hast du auch nicht, die anderen hingegen schon

Da du ja immer auf der Ortskenntnis rumreitest. Diese bloße Behauptung, dass der Feind grundsätzlich immer mehr Ortskenntnis hat, wird durch noch so viel Wiederholung auch nicht wahrer. Tatsächlich ist die Ortskenntnis des Feindes sehr beschränkt, und nur in einem ganz bestimmten, engen Bereich überlegen. Nutzt der Feind nur diesen engen Bereich aber, dann sind seine Rückzugswege nach Angriffen zu kurz, ist sein Operationsgebiet zu klein, dann ist er zu immobil und wird deswegen geschlagen.

Auch das sonore: der kann sich zwischen den Zivilisten verstecken unterliegt dem gleichen Mechanismus. Das kann der Feind keineswegs so leicht und überall.

Deine Aussage würde nur zutreffen, wenn der Feind bereits die Unterstützung fast aller Menschen im Kampfgebiet hätte, wenn dem aber so wäre, dann haben wir so oder so verloren und brauchen gar nicht zu kämpfen.

Zitat:Das funktioniert doch nicht, im Irak sprengen sich die Terroristen beim Markt selbst in die Luft, willst du die Taktik nachahmen

Indem ich beispielsweise eine schiitische Pilgeransammlung in die Luft sprenge und die Schuld daran sunnitischen Extremisten in die Schuhe schiebe und dann zusehe, wie sich beide gegenseitig umbringen.

Aber noch über solche einfachen Methoden hinaus, ist Terror ja etwas, was man auf vielfache Weise erreichen kann. Wenn ich schreibe, dass man die Kampfweise des Feindes, also den Terror selbst nutzen muss, dann meine ich damit nicht direkt das gleiche zu tun wie der Feind (obwohl selbst dies möglich wäre), sondern die gleiche Wirkung und Wirkweise zu erzeugen.

Zitat:Um das beurteilen zu können, müsstest du wissen was ein Menschenleben und dessen Verlust im Westen kostet. Das kann dir auch den Wehrhaushalt um 30% reduzieren, wenn du mit deiner Taktik floppst, weil viele Menschleben opfern verzeiht dir niemand

Das ist das bekannte Trilema. Es gibt im Partisanenkrieg drei Ziele, die sich gegenseitig ausschließen und von denen man mit viel Mühe gerade mal zwei erreichen kann, was aber dann zugleich das dritte dann sicher ausschließt.

1 ich kann die eigenen Soldaten und eigenen Menschenleben schonen

2 ich kann mich darauf konzentrieren den Feind zu finden und insbesondere klar zwischen Feind und Zivilbevölkerung
zu unterscheiden, und damit also zivile Verluste vermeiden

3 ich kann den Feind im militärischen Kampf vernichten

Indem du dich auf 2 konzentrierst, die Aufklärung, aber zugleich auch 1 erreichen willst, verhinderst du eben automatisch 3. Und kannst deshalb unmöglich siegen, weshalb du jeden Assymetrischen Krieg mit deinem Ansatz verlieren wirst. Da du niemals siegen kannst, dauert der Krieg dann ewig an, und verursacht damit für dich in jedem Fall Kosten die du auf Dauer nicht tragen kannst, der Feind aber schon.

Wenn es mir niemand verzeiht eigene Menschenleben zu opfern, dann ist gerade eben ein Assymetrischer Krieg nur dann möglich, wenn ich 2 nicht als Ziel verfolge, also nur 1 und 3. Nur dann kann ich siegen. Das bedeutet aber, dass ich dann auch massiv gegen die Zivilbevölkerung vorgehen muss, was diese unter Umständen dem Feind in die Arme treibt. Gerade deshalb muß Terror eine Methode sein, die auch wir anwenden.

Gerade weil wir selbst so wenig eigene Leute wie möglich opfern können, muss Terror als Methode gezielt und intelligent angewendet werden, wenn man siegen will. Gerade deine Ausführungen, deine Erkenntis das wir eigene Verluste nicht mehr ertragen können, erzwingt dies herbei. Oder man kämpft gar nicht. Entweder gar kein Krieg oder man opfert eben Ziel Nummer 2.

Zitat:Wenn das so erfolgreich und auf das Ganze übertragbar gewesen wäre, hätte es nach deiner Rechnung mit der geringen Anzahl gut ausgebildeten Infanteristen problemlos aufgehen müssen. Du stoppst doch nicht etwas was sich durchsetzt.

Doch, aber sicher stoppt man das. Aus politischen Gründen, aus Unfähigkeit und Unkenntnis der Führung usw usf

Man hat ja noch viel mehr falsch gemacht als nur diese Kampfweise zu stoppen. Man hat beispielsweise die entstehende (zumindest mittelfristig stabil gewesene) Herrschaft der Nordallianz, also der ethnischen Minderheiten zerschlagen und verhindert und überall Paschtunen mit Druck wieder nach oben gebracht. Man hat Karzai eingesetzt. Man hat Gelder ohne Ende an Paschtunische Stammesführer verteilt.

Man hat schlicht und einfach den Sieg verschenkt, der in Afghanistan möglich gewesen wäre.

In vielen Kriegen schon haben Beteiligte massive Fehler gemacht, erfolgreiche Kampfweisen eingestellt, bereits sichere Siege verschenkt, dass ist nichts neues.

Nur weil etwas funktioniert, erfolgreich ist, heißt das noch lange nicht das es sich durchsetzt oder verwendet wird. Das reicht ja in alle militärischen Bereiche hinein bis zur Ausrüstung. Man nimmt nicht was das beste wäre oder was funktioniert, sondern die Ausrüstung wird von Schreibtischtätern anhand politischer, wirtschaftlicher und persönlicher Motive (Korruption usw) bestimmt. Die Soldaten im Feld, an der Front kriegen nicht was sie brauchen, sondern was Zivilsten weit ab von der Front beschaffen. Und die beschaffen nicht was gut ist, was gebraucht wird, sondern was sie meinen, und dies aus ganz anderen Gründen. Weil eine Werft beispielsweise Arbeitskräfte in der Region erhält, weil man eine Urlaubsreise gesponsort bekommt, weil man eine technische Richtlinie befolgt, die man nicht mal versteht etc

Das etwas gut ist und funktioniert, heißt nicht das es sich durchsetzt oder weiter angewendet wird. Das ist keineswegs zwingend, insbesondere nicht wenn man so überlegen ist wie wir und deshalb eine so immense Hybris mit bringt. Man glaubte in Afghansitan ja nach dem ersten Kriegsjahr bereits gewonnen zu haben und Zeit zum herum spielen zu haben.

Zitat:Die haben auch das M4.

Nein. Die Sondereinheiten haben eben kein M4.

Zitat:Sagt ja niemand, was du alles mitnehmen musst. Das Standardgewehr ist zumindest leicht und sehr handlich.

Doch, das wird gesagt. Das wird sogar vorgeschrieben. Und das das Standardgewehr dafür im Gegenzug leicht
und sehr handlich ist, nützt dafür wenig. Jedes Kilo zu viel am Mann bedeutet weniger Gewicht f[r Waffen und Munition.

Es waere problemlos moeglich, deutlich schwerere Waffen zu fuehren, wenn man ansonsten weniger schleppen wuerde. Wuerden die Stiefel beispielsweise nicht mehr als 2 kg wiegen, koennte man die Standardwaffe ganz problemlos deutlich schwerer machen und dazu noch sehr viel mehr Munition mitfuehren.

Gerade das M 4 zeigt die ganze Tragoedie auf, naemlich, dass man die Prioritaet nicht bei den Waffen setzt, sondern ueberall sonst, aber nicht bei dem was eigentlich den Feind vernichtet. Wie bei den Fahrzeugen legt man das Primat bei der Panzerung, ueberruestet die Soldaten mit Helm und Weste, statt ihnen Feuerkraft zu geben.

Zitat:jeder kanns nachlesen. Durchs Internet hat jeder Zugang zu Plänen oder kann sich das Zeug auch gleich Online bestellen.

Zwischen nachlesem im Internet und einem sowjetischen Speznaz der es mir persoenlich zeigt, liegt ein Riesenunterschied. Darueber hinaus stimmt nicht alles was im Netz so steht, und hier werden auch gezielt falsche Bauanleitungen kolportiert, die am Ende nur dazu fuehren dass man selbst in die Luft fliegt oder nichts explodiert.

Persoehnliche Ausbildung durch einen Spezialisten kann in keinem Fall durch blosse Internet Recherche ersetzt werden, dass hat einfach bei weitem nicht die Qualitaet.

Und zwischen gelieferter spezieller Ausruestung und selbst aus Online Angeboten zusammen gestueckeltem Zeug ist ebenfalls ein gewaltiger Unterschied. Beispiel Irak und wie sich dort die durch den Iran gelieferten, professionellen Sprengfallen auswirkten im Vergleich zu dem was vorher an Marke Eigenbau da war.

Und das war auch schon Militaermaterial das durch irakische Spezialisten, wie Pioniere, Elektriker usw zusammen gebaut wurde.

Einfach nur aus Internetanweisungen Bomben bauen zu wollen, ist fuer einen Partisanenkrieg sehr unzureichend und fuer uns nicht besonders gefaehrlich.

Zitat:Es reicht wenn du keine rigide Kontrolle über deine Waffenlieferungen ausübst. Dann wandert das Zeug über einen Drittanbieter in diese Staaten
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Die Kontrolle der VR China ueber ihre Waffenlieferungen ist besser als die der BRD. Es ist eher wahrscheinlich dass der Feind ueber Drittanbieter G 36 Sturmgewehre erhaelt, als dass er die neuesten chinesischen Schuetzenwaffen erhaelt.

Die Unterstuetzung durch die Dritte Macht auszuschalten ist aber so oder so ein entscheidender Faktor im Partisanenkrieg. Auf welche Weise man dies erzielt, Grenzkontrolle, Politik, Wirtschaft usw usf, spielt dabei gar keine Rolle.

Zitat:Die Drohne ist eine perfekte Ergänzung zum Infanteristen

Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Drohnen sind eine hervorragende Ergaenzung gerade der Infanterie und steigern deren kampfkraft. Ich wuerde daher sogar die Infanterie selbst zusaetzlich mit Drohnen ausruesten, mit kleinen, ultraleichten Systemen die vor Ort dezentral durch Infanteristen eingesetzt werden.

Ich bin ein grosser Freund von Drohnen, wenn man sie nicht allein fuer sich als Waffe einsetzt, sondern gerade wenn man sie als eine Waffe der Infanterie einsetzt. Zur Aufklaerung fuer die Infanterie, fuer die Luftnahunterstuetzung der Infanterie etc
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[Kein Betreff] - von Holger - 23.01.2004, 11:13

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