16.01.2013, 14:21
Zitat:Und warum hat man Saudi Arabien gleichzeitig zum "wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen den Terror" bezeichnet und mit ihnen riesige Waffengeschäfte abgewickelt. Warum hat man nicht dem Pakistanischen ISI das Handwerk gelegt, wenn man die Taliban und ihre Ideologie nicht mochte? Die Taliban waren ja nicht nur Gastgeber der saudischen Attentäter sondern waren ja selbst auch Proxies von saudischen finanziellen Gnaden und pakistanischer Kampfausbildung.Das denke ich nicht. Keiner hatte Interesse, 10 oder 12 Jahre in Zentralasien zu sitzen. Das Problem war aber auch ein psychologisches. Nach dem 11. September waren die Menschen in den USA in einem Zustand aus kollektivem Schock und patriotischer Einigkeit gefangen. Man wollte "these guys" um jeden Preis kriegen, und hat aber nicht groß nachgedacht, sondern angegriffen. Gleiches gilt auch teils für Europäer, die unbedingt mitziehen wollten, um Einigkeit aufzuzeigen. Dann aber kam die fixe Idee, dass Saddam mit Bin Laden unter einer Decke stecken würde (was absoluter Blödsinn war, und auch schon damals bekanntermaßen falsch war) und die Koalition der Willigen um die US-Neocons griff unter fadenscheinigen Vorwänden, gefälschten Beweisen und unsinnigerweise den Irak an. Dies hatte zwei verheerende Folgen: a) das westliche Bündnis wurde im Inneren stark gespalten und zerstritt sich und b) die Amerikaner konzentrierten sich aufs Zweistromland und vernachlässigten Afghanistan, wo die Europäer eher versuchten, sich auf nichts einzulassen (und deswegen auch die Drogenbarone nicht angriffen, weil die eigenen Kräfte wiederum zu gering waren, um gegen diese und die Taliban vorzugehen). Kurz: Afghanistan versumpfte, dort tat sich nicht mehr viel zwischen 2003 und 2007/08 - außer das der Drogenanbau anstieg. Und als man dann erkannte, dass dort die Taliban wieder erstarkten (wen hätte es gewundert?), war die Kriegsmüdigkeit der westlichen Gesellschaften so weit vorangeschritten, dass man sich auch nicht mehr weiter zu engagieren bereit war. Die Folge ist also, dass man nun dort hockt und sich im Kreis dreht. Aber es ist sicher nicht geplant gewesen, dass man dort eine Besatzungskampagne bis zum St. Nimmerleinstag führt...
Die USA und ihre Verbündeten wollten dieses Problem niemals zeitnah und fundamental lösen. Ein Möglichst langer Besatzungsrieg war also exlizit beabsichtigt und kein Unfall.
Nebenbei: So einfach, wie dargelegt, ist/war die Sache nicht. Die Saudis haben in den letzten Jahren tatsächlich begonnen, auch nach Anschlägen im eigenen Land (Jidda, Khobar, Riad, auch Attentate auf Offizielle, wie etwa den Geheimdienstchef), gegen die Fanatiker vorzugehen. Sicher, sie haben diese Gefahr, die sie sich zugegebenermaßen selbst herangezüchtet haben, unterschätzt oder verleugnet, aber sie reagieren seit einigen Jahren energisch, auch weil man gemerkt hat, dass dieses Konglomerat an wahhabitischen Fanatikern das Königshaus und dessen Erhalt selbst gefährdet.
Was Pakistan angeht, so hätte man ja gar nicht viel machen können. Den ISI entmachten? Gerne. Aber wie? Krieg führen? Einen Putsch anzetteln? Einen labilen, hochgerüsteten Atomwaffenstaat von 170 Millionen Menschen noch mehr destabiliseren, und riskieren, dass die A-Waffen dann wer weiß wo landen? Man hat quasi gar nichts machen können, auch wenn hinlänglich bekannt war, dass die damalige Musharraf-Regierung alles andere als hilfsbereit war. Es liest sich immer alles so nett, dass man dieses oder jenes Unterfangen hätte starten sollen, die Realität lässt aber manches nicht zu.
Übrigens wären nahe und ferne Anrainer, etwa auch Inder und Iraner, nicht gerade glücklich gewesen, wenn plötzlich neben dem zersplitterten Afghanistan und dem Bürgerkrieg im Irak noch ein auseinanderbrechendes Pakistan und ein Krieg in Arabien entstanden wären.
Schneemann.