10.12.2013, 13:28
Zitat:Es kommt ganz darauf an, welche Zahlen man zu Rate zieht. HRW schätzt, dass sogar 3 Mio. Afghanen in den Iran ausgewandert sind, von denen die Hälfte illegal und unregistriert dort lebt.Ja, natürlich. Die 1,6 Mio. Afghanen in Pakistan sind aber indessen auch nur eine greifbare, weitgehend sichere Zahl, die Dunkelziffer reicht auch dort von 2,5 bis 3,0 Mio.; wie auch immer: Ein Dilemma bzw. eine Katastrophe dürfte es in jeder Hinsicht sein.
Zitat:Ich gehe übrigens fest davon aus, das beide Länder von einer wirtschaftlichen Kooperation sehr profitieren können. [...] Die Kunst, Afghanistan zu regieren, wird eh darauf beruhen, die verschiedenen Volks- und Interessensgruppen unter einen Hut zu bekommen.Das kommt darauf an, wie sich die Lage entwickelt und wie kooperationsbereit die betreffenden Partner sind. Zudem treten zwar die Iraner als weitgehend homogener Block auf, die Afghanen aber nicht. D. h. man wird in Afghanistan kein "shake hands" mit einer festen Partei machen können, sondern mit einer Vielzahl von Gruppen, Clans und Warlords machen müssen. Und da habe ich arge Zweifel. Von der Position der einflussreichen Drogenbarone mal ganz abgesehen. Für die Iraner ist dies ein großes Problem (hast du ja selbst auch schon oft angeführt), und wie man sich hier mit diesen arrangieren könnte, ohne dass es wieder zum Krieg oder zur Verschwendung von Geldern in großem Maße kommt, ist mir schleierhaft. Allenfalls bleiben die Optionen von a) einer Art "Bestechungs-Entschädigung", quasi also ein Ruhegeld (obgleich man dann nicht weiß, wo das Geld landet), oder man wendet b) Gewalt an und unterstützt die afghanische Regierung bei einem harten, gewaltsamen Vorgehen gegen die Kartelle. Das könnte aber der Weg in den nächsten Afghanistan-Bürgerkrieg sein...
Zitat:Die Auswahl der Taliban als DAS Feindbild der Amerikaner war dogmatisch, religiös-fundamentalistisch, rassistisch und irgendwo von Sinnfreiheit geprägt. Man kann sie weder auslöschen, noch missionieren. Das ist die Hauptursache, warum die Amerikaner bis heute kein Arrangement finden konnte und dass das Land nicht zur Ruhe kommt.Es war eine wenig überlegte und kaum durchexerzierte Reaktion im Zustand von Schock, Panik und auch teils sicher Rache nach dem 11. September und sie entsprang auch dem Wunsch, Bin Laden zu fassen. Die US-Politik damals war indessen i. d. T. kurzsichtig, wenngleich auch nicht unbedingt religiös-fundamentalistisch oder gar rassistisch. Einige Pentagonkreise und auch bspw. Condi Rice waren wenig begeistert ob eines Waffenganges am Hindukusch, vor allem als auch Details der Gesellschaft und der Topographie dort ihnen bekannt wurden. Öffentlich gesagt hat es indessen kaum einer, weil man auch nicht wieder zurückrudern konnte, da bekannt war, dass Bin Laden eben in Afghanistan ist und die Taliban die Hand über ihn hielten. Man sollte aber auch nicht nur mit dem Finger über den Atlantik zeigen, selbst die Deutschen um Schröder, Fischer und Co. biederten sich geradezu bei den Amerikanern an, "um mitmachen zu dürfen", obgleich auch sie - von einigen wenigen Warnenden abgesehen - kaum genau wussten, worauf sie sich überhaupt einließen, vor allem die Herrschaften um die "grünen Bellizisten" (Scholl-Latour).
Zitat:Darin, also im Westen & Terror, liegt die Hauptgefahr für den Frieden.Naja, der Westen hat eher ein Interesse am Frieden dort, um eben keine neuen Brutzellen für Terroristen entstehen zu sehen. Was nun den Terror angeht, so mache ich mir eher um Pakistan Gedanken und nicht um die Saudis. Die haben gerade andere Sorgen. Nein, der Schlüssel wird Pakistan sein, wenn den Pakistanis und Iranern hier ein Deal gelingt, dann hat Afghanistan bzw. hat die iranisch-afghanische Annäherung eine kleine Chance. Andernfalls sehe ich schwarz.
Schneemann.