30.05.2014, 09:01
Die Folgen des Krieges
Die Eroberung Taiwans
Obwohl im Friedenvertrag mit China die Insel Taiwan Japan zugesprochen wurde, standen nach Friedensschluß immer noch Truppen der Qing Dynstie auf der Insel. Am 25 Mai 1895 erklärten die Einwohner von Taiwan zudem ihre Unabhängigkeit und es brach auf der gesamten Insel ein Aufstand sowohl gegen die verbliebenen Truppen der Qing als auch gegen erste japanische Vorauskommandos aus. Der Aufstand war von langer Hand vorbereitet worden und die Aufständischen verfügten über mehr als 50 000 Mann unter Waffen.
Aufgrund der schwierigen militärischen Lage wurde in einer ad hoc Operation die Kaiserliche Garde Division bereits am 26 Mai 1895 nach Taiwan entsandt, wobei die Landung der ersten Regimenter dieses Eliteverbandes bereits am 29 Mai in Nord-Taiwan anlandeten. Ein erster Vorstoß gegen verbliebene Truppen der Qing in dieser Gegend endete mit der kampflosen Kapitulation der in Nord-Taiwan verbliebenen 9000 chinesischen Soldaten. Am 02 Juni war bereit Taipei unter japanischer Kontrolle und die 2 Division der IJA wurde nach Taiwan verlegt. Die beiden Divisionen verfügten zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich über Kampftruppen, so dass für die Versorgung um die 26 000 zivile Arbeitnehmer angeheuert wurden.
Die beiden japanischen Divisionen gingen mit extremer Härte und Geschwindigkeit gegen die Aufständischen vor. Zehntausende Zivilisten wurden schon im ersten Ansturm auf die Stellungen der Aufständischen getötet, unterschiedslos bewaffnete Kämpfer, Frauen und Kinder nieder gemacht. Der Versuch der Aufständischen zu einem Guerilla-Krieg umzuschwenken scheiterte an der sehr hohen Operationsgeschwindigkeit der beiden japanischen Divisionen und den ununterbrochenen Angriffen der Japaner welche keine Reorganisation zuließen. Die Japaner verloren bei den Kämpfen selbst nur wenige Soldaten. Nur um die 700 Japaner fielen im Kampf. Umgekehrt starben während der außerordentlich brutalen Niederkämpfung des Aufstandes mehr als 150 000 Einheimische.
Die völlige Erschöpfung und körperliche Überforderung der japanischen Soldaten, die schlechte medizinische Versorgung und das tropische Klima forderten jedoch mehr als 20 000 japanische Soldaten die an Krankheiten zugrunde gingen, darunter auch die gesamte Führung einschließlich des Oberbefehslhaber Generalmajor Kitashirakawa. In den tropischen und subtropischen Gebirgswäldern Taiwans starb der Gros der Kaiserlichen Garde und damit die Blüte des japanischen Kriegertums dieser Zeit.
Bereits im Oktober brach der Aufstand dann völlig zusammen und Taiwan wurde von der japanischen Regierung als befriedet erklärt. Nur noch in abgelegenen Gebirgsregionen im Landesinneren konnten sich kleine und unbedeutende Gruppen von Stammeskriegern halten, weshalb noch einige Jahre in unregelmäßigen Abständen Strafexpeditionen ins Landesinnere erfolgten. Der Gros der japanischen Truppen wurde jedoch abgezogen und es verblieb lediglich die sogenannte Taiwan Garnison, die aus nur noch 2 Infanterie-Regimentern und einer Gebirgs-Artillerie-Kompanie bestand und trotz ihrer geringen Größe ausreichte, den Gros der Insel unter Kontrolle zu halten.
Korea
Nach dem Sieg über China versuchten die Japaner und mit ihnen verbündete koreanische Adelige, den Einfluss der Russen in Korea entschieden zu bekämpfen. Neben diversen Modernisierungsbemühungen und Entwicklungshilfen welche Japan den Koreanern gewährte, wurde die IJA beauftragt, eine neue koreanische Armee auszubilden. Diese Armee, die Kunrentai genannt wurde, sollte zudem ein Gegengewicht gegen die von den Russen ausgebildete und bewaffnete Palastgarde bilden, welche bis dahin die Eliteeinheit in Korea dargestellt hatte. Die Russen versuchten darauf hin entgegen dem chinesisch-japanischen Friedensvertrag, die Japaner aus Korea zu verdrängen. Bereits Anfang Oktober 1895 brachten sie die koreanische Regierung durch massiven Druck und große Bestechungen dazu, die gerade erst in der Aufstellung begriffenen Kurentai aufzulösen. Der ranghöchste japanische Gesandte in Korea ließ darauf hin am 8 Oktober die Koreanische Königin durch Attentäter ermorden und ihre Leiche beseitigen. Japan leugnete gegenüber den aufgebrachten Westmächten zunächst jede Beteiligung an dem Attentat, und räumte dann aufgrund von den Russen vorgelegten Beweisen ein, dass Miura das Attentat durchgeführt hatte. Die Japaner stellten es jedoch dann so dar, dass Miura gänzlich ohne ihr Wissen gehandelt habe.
Die Ermordung der Königin führte in ganz Korea zu anti-japanischen Unruhen und der Ermordung etlicher in Korea lebender Japaner. Der neue koreanische König entließ alle japanischen Berater, kündigte alle Zusammenarbeit bei der Entwicklung Koreas auf und bat Russland um Schutz und Unterstützung. Im Februar 1896 marschierten daher russische Truppen aus der Mandschurai kommend in Korea ein und bestzten Seoul. Infanterie der IJN besetzte darauf hin wichtige nach Seoul führende Straßen. Die IJA begann bereits Mobilmachungspläne vorzulegen, als beide Seiten im Mai noch zu einer diplomatischen Lösung kamen. Die Russen zogen ihre Truppen größtenteils zurück, und beide Seiten schlossen ein abkommen, gemäß dem Russland eine kleine Garnison in Seoul stationieren durfte.
Dieses Abkommen wurde am 25 April 1898 durch den Nishi-Rosen-Vertrag noch ausgebaut, gemäß dem weder Japan noch Russland ohne beidseitige Zustimmung Militärberater nach Korea entsenden durften. Desweiteren sollte Japan keine regulären Truppen der IJA in Korea stationieren, im Gegenzug sollte Russland die wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit Japans mit Korea nicht behindern. Im Jahr darauf zog Russland seine Truppen und Militärberater aus Korea ab, baute jedoch seine Stellungen in der Mandschurei noch deutlich aus. Zudem begann Russland mittels gewährten Krediten indirekt immer mehr Einfluss in Korea zu gewinnen. Zudem begann Russland mit großem Druck den zweispurigen Ausbau der transsibirischen Eisenbahn, der bis 1903 abgeschlossen sein sollte. Zudem wurden neue Eisenbahnstrecken quer durch die Mandschurei gebaut, welche die Verbindung in die Meeresprovinz und nach Vladivostok deutlich verkürzten.
China und der Pazifische Raum
Der Sieg der Japaner über China führte dazu, dass sich die Westmächte nun wie von Yamagata vorher gesagt gegen das Qing Reich wandten. 1897 besetzten die USA als ersten Schritt auf dem Weg nach Osten die Inseln von Hawaii und die Deutschen das Gebiet von Tsingtao. 1898 besetzten die USA dann bereits die Phillipinen und britische Truppen die Seefestung und das Gebiet von Weihaiwei, welches die Japaner aufgrund der Tripartie Intervention hatten räumen müssen. Im selben Jahr erhielt das Deutsche Reich einen 99 Jahre währenden Pachtvertrag für die ganze Shandong Halbinsel als Ausgleich für die Ermordung zweier deutscher Missionare. 1899 besetzten die Briten und Deutschen die Inseln von Samoa und das Deutsche Reich die Bismarck-Inseln, Neu-Guinea und die Karolinen, während zugleich in Südchina und Indochina Frankreich massiv Raum gewinnen konnte. Wohin die IJA auch zu dieser Zeit sah, überall begannen sich die Westmächte um Japan herum breit zu machen.
Die Konsequenzen
Die IJA wurde durch diese Entwicklungen vor grundlegende strategische Fragen gestellt. Sollte man sich nach Norden gegen Russland und die Mandschurei ausrichten, oder über das neugewonnene Taiwan in Richtung Südostasien und des pazifischen Raumes hin agieren? Sollte man Korea wie bisher nur indirekt verteidigen, oder das Land doch direkt besetzen, um des dem russischen Einfluss zu entziehen? Mehrere Studiengruppen die Yamagata zu diesem Zweck ins Leben rief, kamen zu einer für die weitere Geschichte der IJA entscheidenden Schlussfolgerung: Russland stellte nach Auffassung der Führung der japanischen Armee die größte und unmittelbarste Gefahr dar und daher sollte sich alle militärische Anstrengung gegen Russland konzentrieren. Die Gefährdung durch die anderen Westmächte in Asien müsste man demgegenüber hinnehmen. Diese Ausrichtung der IJA auf den Nordwesten und den Krieg gegen Russland hatte weitreichende Folgen für die weitere Aufrüstung der Armee, ihre Struktur, Doktrin und Geschichte.
Bereits am 15 April 1895 wurde Yamagata aufgrund seiner Verdienste zum Kriegsminister ernannt, wobei er zugleich weiter Generalinspekteur der Armee und Divisionskommandant blieb. Damit hatte Yamagata eine in der Geschichte der IJA noch nie dar gewesene Machtkonzentration erlangt. Yamagata kam bereits zu diesem Zeitpunkt zu der Schlussfolgerung, dass das japanische Kaiserreich zum Untergang verdammt sei, wenn die Armee nicht deutlich vergrößert würde. Yamagata fühlte sich aufgrund des Ausgreifens der Russen in der Mandschurei und in Korea unter erheblichem Zeitdruck. Er legte daher nur 10 Tage nach Amtsantritt einen Plan vor, gemäß dem innerhalb von nur 3 Jahren die Größe der IJA verdoppelt werden würde. Um diese immense Aufrüstung überhaupt leisten zu können, wollte Yamagata zunächst am Standort jeder Division deren Regimenter und Brigaden ständig vergrößern, bis die Divisionen die doppelte Größe erlangt hätten. Dem folgend wollte er dann die Divisionen spalten und auf diese Weise die Zahl der Divisionen verdoppeln. Aus logistischen wie Ausbildungsgründen sollten die neuen Divisionen aber an den gleichen Standorten wie ihre „Mutter“divisonen bleiben. Um die immense Erhöhung der Truppenstärke finanzieren zu können, sollte bewusst auf eine Verdoppelung der Artillerie jedoch verzichtet werden. Entsprechend hätten die neuen Divisionen weniger Artillerie beinhaltet. Auf diese Weise wollte Yamagata die Divisionen zudem beweglicher und schneller machen. Darüber hinaus forderte Yamagata die Einführung eines noch kleineren neuen Kalibers im Bereich unter 7mm, damit die Soldaten mehr Munition selbst mitführen konnten und somit weniger Abhängig von der Versorgung sein würden. Jede Division sollte zudem eine zusätzliche unabhängige Brigade bilden, welche im Kriegsfall für die Besetzung des eroberten Gebietes und die Sicherung der Nachschublinien zuständig sein sollte. Diese unabhängigen Brigaden sollten zudem veraltete Ausrüstung aufnutzen, welche noch gebrauchsfähig, aber bei der regulären Truppe außer Dienst genommen worden war - um diese Ausrüstung nicht zu verschwenden.
Der Generalstab fand diese Pläne zu extrem und zu ehrgeizig und legte konkurrierend im Oktober 1895 einen eigenen Plan vor. Die Zahl der Divisionen sollte im Laufe von 6 Jahren von 7 auf 13 stehende Divisionen erhöht werden. Dabei sollte die Artillerie pro Division gleich bleiben. Zum Aufbau sollte aus jeder regulären Division eine Brigade minus ein Regiment als Kader für die neue Division heraus gelöst werden. Darüber hinaus sollten die frei werdenden Mittel für die Aufstellung von zwei neuen Kavallerie-Brigaden und zwei zusätzlichen unabhängigen Feld-Artillerie-Brigaden verwendet werden. Obwohl der Plan des Generalstabes ausgewogener und weniger ehrgeizig als der Yamagatas ausfiel, fehlte ihm jedoch wiederum die Stärkung der Logistik, welche Yamagata sogar mit eigenen Sicherungsbrigaden versehen wollte.
Die japanische Regierung entschied sich dennoch 1896 für den Plan des Generalstabes. Als größtes Problem stellte sich der Mangel an jungen Offizieren heraus. Um diesem zu begegnen, eröffnete die IJA 1897 über ganz Japan verteilt sechs Kadettenanstalten, um die bis dahin allein stehende Kadettenschule in Tokyo zu ergänzen. Diesen Kadettenschulen konnte man nun ab dem Alter von 13 Jahren beitreten (vorher waren es 15 Jahre gewesen) und das Schulgeld für die Kadettenschulen wurde deutlich gesenkt, womit auch zunehmend die Untere Mittelschicht ihre Kinder in diese Schulen senden konnte. Innerhalb weniger Jahre vergrößerte sich so die Zahl der Offiziersanwärter auf der Akademie der IJA immens. Auch die Zahl der höheren Offiziere die eine Stabsausbildung erhalten hatten, verdoppelte sich in kurzer Zeit.
Die Idee Yamagatas, eine neue Waffe in einem kleineren Kaliber einzuführen wurde ebenso aufgegriffen und ein Schüler des genialen Waffeningenieurs Murata, der junge Offizier Arisaka entwarf ein neues 6,5mm Kaliber und ein neues Gewehr für dieses Kaliber, dass an Präzision und Zuverlässigkeit alles bisher da gewesene in den Schatten stellte und zum Zeitpunkt seiner Einführung eine der modernsten Schützenwaffen der Welt darstellte. Das kleinere Kaliber erlaubte es jedem Soldaten, bei exakt gleichem Gewicht statt 120 Schuß nun 180 Schuß mitzuführen, was die Ausdauer im Gefecht erheblich erhöhte und die Nachschubprobleme reduzieren sollte. Zudem wurde auf Ideen Yamagatas hin eine Reihe neuer leichter Feldgeschütze für die zwei Feld-Artillerie-Brigaden eingeführt. Die rasende Entwicklung bei den Geschützen gerade um 1900 herum führte jedoch dazu, dass immer wieder auch Fehlkäufe bzw Fehlentwicklungen bei der Artillerie stattfanden die dann mit viel Mühe und Geld korrigiert werden mussten. Die ersten Versuche selbst eine hochleistungsfähige Feldartillerie zu schaffen, schlugen fehl und so wurden 1898 im großen Stil Geschütze aus Deutschland importiert. Nach wenigen Jahren aber waren diese im Vergleich zu den neuesten russischen Geschützen wieder veraltet und so musste Japan noch 1903 eine große Zahl der nächsten Generation deutscher Feldgeschütze nachkaufen. Um diese Zeit wurde auch das erste leistungsfähige japanische Geschütz, die Kanone Typ 31 in größerer Stückzahl eingeführt, welche jahrelange Kinderkrankheiten aufgewiesen hatte welche ihre Einführung verzögerten.
Aufgrund von Analysen der Kämpfe des chinesisch-japanischen Krieges kam der Generalstab zu dem Schluß, dass die bisher verwendete Uniform (Weiß mit schwarzer Jacke) im modernen Krieg untauglich sei. Die weißen Hosen (und ohne Überjacke die ganze Uniform) waren weithin sichtbar und aufgrund der hohen Temperaturen in Korea waren die dunklen Überjacken von den Soldaten oft nicht getragen worden. Schmutz und vor allem Blutflecken waren auf den weißen Uniformen dann weithin sichtbar gewesen und hatten die Moral beeinträchtigt, ein Thema das insbesondere Yamagata stark beschäftigte. Yamagata selbst favorisierte für die neue einzuführende Uniform einen grünen Farbton (den er für vielseitiger hielt), der Generalbstab jedoch aufgrund des zu erwartenden Geländes in Nordkorea und der Mandschurei einen Khaki Farbton. Auch hier setzte sich der Generalbstab durch und eine neue Khaki Uniform wurde mit Hochdruck eingeführt. Aufgrund der Erfahrungen des Winterkrieges in Nordkorea wurden jedoch auf Geheiß von Yamagata neue Stiefel, Wintermäntel und Wickelgamaschen eingeführt, um damit die im Krieg gegen China im Winter massenweise aufgetretenen Erfrierungen und Fällen von Grabenfuß entgegen zu wirken. Essgeschirr aus Aluminium wurde eingeführt und ebenso lange Regenmäntel, die zugleich als Unterlegeplane oder Zeltplan für einen Unterschlupf verwendet werden konnten. Noch darüber hinaus wurde die Militärmedizin drastisch ausgebaut und deutsche Ärzte und Experten nach Japan geholt.
Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich die IJA immens weiter und holte weitgehend zu den Europäischen Mächten auf, überholte diese gar in manchen bestimmten Punkten. Diese gigantische Steigerung der Kampfkraft hatte jedoch ihren Preis: der Militäretat stieg ab 1896 in immense Höhen und blieb dort für etliche Jahre. Ab 1898 wurde jedes Jahr mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen für die Aufrüstung und Modernisierung der Streitkräfte ausgegeben. Allein zwischen 1893 und 1896 verdreifachte sich der Militäretat und stieg von 1895 mit 40 Millionen Yen bis 1900 auf mehr als 100 Millionen Yen. Auch die IJN rüstete in dieser Zeit gigantisch auf: ihre Tonnage vervierfachte sich zwischen 1895 und 1900 und eine ganze Zahl neuer Schlachtschiffe modernster Bauart wurden fertig gestellt. Dieses extrem hohe Tempo und die völlig Ausrichtung der Staatsfinanzen auf die militärische Aufrüstung schädigten jedoch die Volkswirtschaft erheblich, es kam zu Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrisen und Unternehmenspleiten. 1897 bis 1898 und ebenso 1900 bis 1901 kam es zu schweren Finanzkrisen in Japan aufgrund völliger Überforderung der Volkswirtschaft für die militärische Aufrüstung. Der Militäretat musste daher herunter gefahren werden, blieb jedoch ab 1903 bei ungefähr einem Drittel des staatlichen Gesamteinkommens und blieb auf dieser Höhe für die nächsten 20 Jahre, ungeachtet aller Versuche ziviler Politiker, ihn wieder weiter herunter zu führen. Die Armee hatte damit jedes Jahr prozentual mehr Geld, als sie es je zuvor gehabt hatte.
Die Eroberung Taiwans
Obwohl im Friedenvertrag mit China die Insel Taiwan Japan zugesprochen wurde, standen nach Friedensschluß immer noch Truppen der Qing Dynstie auf der Insel. Am 25 Mai 1895 erklärten die Einwohner von Taiwan zudem ihre Unabhängigkeit und es brach auf der gesamten Insel ein Aufstand sowohl gegen die verbliebenen Truppen der Qing als auch gegen erste japanische Vorauskommandos aus. Der Aufstand war von langer Hand vorbereitet worden und die Aufständischen verfügten über mehr als 50 000 Mann unter Waffen.
Aufgrund der schwierigen militärischen Lage wurde in einer ad hoc Operation die Kaiserliche Garde Division bereits am 26 Mai 1895 nach Taiwan entsandt, wobei die Landung der ersten Regimenter dieses Eliteverbandes bereits am 29 Mai in Nord-Taiwan anlandeten. Ein erster Vorstoß gegen verbliebene Truppen der Qing in dieser Gegend endete mit der kampflosen Kapitulation der in Nord-Taiwan verbliebenen 9000 chinesischen Soldaten. Am 02 Juni war bereit Taipei unter japanischer Kontrolle und die 2 Division der IJA wurde nach Taiwan verlegt. Die beiden Divisionen verfügten zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich über Kampftruppen, so dass für die Versorgung um die 26 000 zivile Arbeitnehmer angeheuert wurden.
Die beiden japanischen Divisionen gingen mit extremer Härte und Geschwindigkeit gegen die Aufständischen vor. Zehntausende Zivilisten wurden schon im ersten Ansturm auf die Stellungen der Aufständischen getötet, unterschiedslos bewaffnete Kämpfer, Frauen und Kinder nieder gemacht. Der Versuch der Aufständischen zu einem Guerilla-Krieg umzuschwenken scheiterte an der sehr hohen Operationsgeschwindigkeit der beiden japanischen Divisionen und den ununterbrochenen Angriffen der Japaner welche keine Reorganisation zuließen. Die Japaner verloren bei den Kämpfen selbst nur wenige Soldaten. Nur um die 700 Japaner fielen im Kampf. Umgekehrt starben während der außerordentlich brutalen Niederkämpfung des Aufstandes mehr als 150 000 Einheimische.
Die völlige Erschöpfung und körperliche Überforderung der japanischen Soldaten, die schlechte medizinische Versorgung und das tropische Klima forderten jedoch mehr als 20 000 japanische Soldaten die an Krankheiten zugrunde gingen, darunter auch die gesamte Führung einschließlich des Oberbefehslhaber Generalmajor Kitashirakawa. In den tropischen und subtropischen Gebirgswäldern Taiwans starb der Gros der Kaiserlichen Garde und damit die Blüte des japanischen Kriegertums dieser Zeit.
Bereits im Oktober brach der Aufstand dann völlig zusammen und Taiwan wurde von der japanischen Regierung als befriedet erklärt. Nur noch in abgelegenen Gebirgsregionen im Landesinneren konnten sich kleine und unbedeutende Gruppen von Stammeskriegern halten, weshalb noch einige Jahre in unregelmäßigen Abständen Strafexpeditionen ins Landesinnere erfolgten. Der Gros der japanischen Truppen wurde jedoch abgezogen und es verblieb lediglich die sogenannte Taiwan Garnison, die aus nur noch 2 Infanterie-Regimentern und einer Gebirgs-Artillerie-Kompanie bestand und trotz ihrer geringen Größe ausreichte, den Gros der Insel unter Kontrolle zu halten.
Korea
Nach dem Sieg über China versuchten die Japaner und mit ihnen verbündete koreanische Adelige, den Einfluss der Russen in Korea entschieden zu bekämpfen. Neben diversen Modernisierungsbemühungen und Entwicklungshilfen welche Japan den Koreanern gewährte, wurde die IJA beauftragt, eine neue koreanische Armee auszubilden. Diese Armee, die Kunrentai genannt wurde, sollte zudem ein Gegengewicht gegen die von den Russen ausgebildete und bewaffnete Palastgarde bilden, welche bis dahin die Eliteeinheit in Korea dargestellt hatte. Die Russen versuchten darauf hin entgegen dem chinesisch-japanischen Friedensvertrag, die Japaner aus Korea zu verdrängen. Bereits Anfang Oktober 1895 brachten sie die koreanische Regierung durch massiven Druck und große Bestechungen dazu, die gerade erst in der Aufstellung begriffenen Kurentai aufzulösen. Der ranghöchste japanische Gesandte in Korea ließ darauf hin am 8 Oktober die Koreanische Königin durch Attentäter ermorden und ihre Leiche beseitigen. Japan leugnete gegenüber den aufgebrachten Westmächten zunächst jede Beteiligung an dem Attentat, und räumte dann aufgrund von den Russen vorgelegten Beweisen ein, dass Miura das Attentat durchgeführt hatte. Die Japaner stellten es jedoch dann so dar, dass Miura gänzlich ohne ihr Wissen gehandelt habe.
Die Ermordung der Königin führte in ganz Korea zu anti-japanischen Unruhen und der Ermordung etlicher in Korea lebender Japaner. Der neue koreanische König entließ alle japanischen Berater, kündigte alle Zusammenarbeit bei der Entwicklung Koreas auf und bat Russland um Schutz und Unterstützung. Im Februar 1896 marschierten daher russische Truppen aus der Mandschurai kommend in Korea ein und bestzten Seoul. Infanterie der IJN besetzte darauf hin wichtige nach Seoul führende Straßen. Die IJA begann bereits Mobilmachungspläne vorzulegen, als beide Seiten im Mai noch zu einer diplomatischen Lösung kamen. Die Russen zogen ihre Truppen größtenteils zurück, und beide Seiten schlossen ein abkommen, gemäß dem Russland eine kleine Garnison in Seoul stationieren durfte.
Dieses Abkommen wurde am 25 April 1898 durch den Nishi-Rosen-Vertrag noch ausgebaut, gemäß dem weder Japan noch Russland ohne beidseitige Zustimmung Militärberater nach Korea entsenden durften. Desweiteren sollte Japan keine regulären Truppen der IJA in Korea stationieren, im Gegenzug sollte Russland die wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit Japans mit Korea nicht behindern. Im Jahr darauf zog Russland seine Truppen und Militärberater aus Korea ab, baute jedoch seine Stellungen in der Mandschurei noch deutlich aus. Zudem begann Russland mittels gewährten Krediten indirekt immer mehr Einfluss in Korea zu gewinnen. Zudem begann Russland mit großem Druck den zweispurigen Ausbau der transsibirischen Eisenbahn, der bis 1903 abgeschlossen sein sollte. Zudem wurden neue Eisenbahnstrecken quer durch die Mandschurei gebaut, welche die Verbindung in die Meeresprovinz und nach Vladivostok deutlich verkürzten.
China und der Pazifische Raum
Der Sieg der Japaner über China führte dazu, dass sich die Westmächte nun wie von Yamagata vorher gesagt gegen das Qing Reich wandten. 1897 besetzten die USA als ersten Schritt auf dem Weg nach Osten die Inseln von Hawaii und die Deutschen das Gebiet von Tsingtao. 1898 besetzten die USA dann bereits die Phillipinen und britische Truppen die Seefestung und das Gebiet von Weihaiwei, welches die Japaner aufgrund der Tripartie Intervention hatten räumen müssen. Im selben Jahr erhielt das Deutsche Reich einen 99 Jahre währenden Pachtvertrag für die ganze Shandong Halbinsel als Ausgleich für die Ermordung zweier deutscher Missionare. 1899 besetzten die Briten und Deutschen die Inseln von Samoa und das Deutsche Reich die Bismarck-Inseln, Neu-Guinea und die Karolinen, während zugleich in Südchina und Indochina Frankreich massiv Raum gewinnen konnte. Wohin die IJA auch zu dieser Zeit sah, überall begannen sich die Westmächte um Japan herum breit zu machen.
Die Konsequenzen
Die IJA wurde durch diese Entwicklungen vor grundlegende strategische Fragen gestellt. Sollte man sich nach Norden gegen Russland und die Mandschurei ausrichten, oder über das neugewonnene Taiwan in Richtung Südostasien und des pazifischen Raumes hin agieren? Sollte man Korea wie bisher nur indirekt verteidigen, oder das Land doch direkt besetzen, um des dem russischen Einfluss zu entziehen? Mehrere Studiengruppen die Yamagata zu diesem Zweck ins Leben rief, kamen zu einer für die weitere Geschichte der IJA entscheidenden Schlussfolgerung: Russland stellte nach Auffassung der Führung der japanischen Armee die größte und unmittelbarste Gefahr dar und daher sollte sich alle militärische Anstrengung gegen Russland konzentrieren. Die Gefährdung durch die anderen Westmächte in Asien müsste man demgegenüber hinnehmen. Diese Ausrichtung der IJA auf den Nordwesten und den Krieg gegen Russland hatte weitreichende Folgen für die weitere Aufrüstung der Armee, ihre Struktur, Doktrin und Geschichte.
Bereits am 15 April 1895 wurde Yamagata aufgrund seiner Verdienste zum Kriegsminister ernannt, wobei er zugleich weiter Generalinspekteur der Armee und Divisionskommandant blieb. Damit hatte Yamagata eine in der Geschichte der IJA noch nie dar gewesene Machtkonzentration erlangt. Yamagata kam bereits zu diesem Zeitpunkt zu der Schlussfolgerung, dass das japanische Kaiserreich zum Untergang verdammt sei, wenn die Armee nicht deutlich vergrößert würde. Yamagata fühlte sich aufgrund des Ausgreifens der Russen in der Mandschurei und in Korea unter erheblichem Zeitdruck. Er legte daher nur 10 Tage nach Amtsantritt einen Plan vor, gemäß dem innerhalb von nur 3 Jahren die Größe der IJA verdoppelt werden würde. Um diese immense Aufrüstung überhaupt leisten zu können, wollte Yamagata zunächst am Standort jeder Division deren Regimenter und Brigaden ständig vergrößern, bis die Divisionen die doppelte Größe erlangt hätten. Dem folgend wollte er dann die Divisionen spalten und auf diese Weise die Zahl der Divisionen verdoppeln. Aus logistischen wie Ausbildungsgründen sollten die neuen Divisionen aber an den gleichen Standorten wie ihre „Mutter“divisonen bleiben. Um die immense Erhöhung der Truppenstärke finanzieren zu können, sollte bewusst auf eine Verdoppelung der Artillerie jedoch verzichtet werden. Entsprechend hätten die neuen Divisionen weniger Artillerie beinhaltet. Auf diese Weise wollte Yamagata die Divisionen zudem beweglicher und schneller machen. Darüber hinaus forderte Yamagata die Einführung eines noch kleineren neuen Kalibers im Bereich unter 7mm, damit die Soldaten mehr Munition selbst mitführen konnten und somit weniger Abhängig von der Versorgung sein würden. Jede Division sollte zudem eine zusätzliche unabhängige Brigade bilden, welche im Kriegsfall für die Besetzung des eroberten Gebietes und die Sicherung der Nachschublinien zuständig sein sollte. Diese unabhängigen Brigaden sollten zudem veraltete Ausrüstung aufnutzen, welche noch gebrauchsfähig, aber bei der regulären Truppe außer Dienst genommen worden war - um diese Ausrüstung nicht zu verschwenden.
Der Generalstab fand diese Pläne zu extrem und zu ehrgeizig und legte konkurrierend im Oktober 1895 einen eigenen Plan vor. Die Zahl der Divisionen sollte im Laufe von 6 Jahren von 7 auf 13 stehende Divisionen erhöht werden. Dabei sollte die Artillerie pro Division gleich bleiben. Zum Aufbau sollte aus jeder regulären Division eine Brigade minus ein Regiment als Kader für die neue Division heraus gelöst werden. Darüber hinaus sollten die frei werdenden Mittel für die Aufstellung von zwei neuen Kavallerie-Brigaden und zwei zusätzlichen unabhängigen Feld-Artillerie-Brigaden verwendet werden. Obwohl der Plan des Generalstabes ausgewogener und weniger ehrgeizig als der Yamagatas ausfiel, fehlte ihm jedoch wiederum die Stärkung der Logistik, welche Yamagata sogar mit eigenen Sicherungsbrigaden versehen wollte.
Die japanische Regierung entschied sich dennoch 1896 für den Plan des Generalstabes. Als größtes Problem stellte sich der Mangel an jungen Offizieren heraus. Um diesem zu begegnen, eröffnete die IJA 1897 über ganz Japan verteilt sechs Kadettenanstalten, um die bis dahin allein stehende Kadettenschule in Tokyo zu ergänzen. Diesen Kadettenschulen konnte man nun ab dem Alter von 13 Jahren beitreten (vorher waren es 15 Jahre gewesen) und das Schulgeld für die Kadettenschulen wurde deutlich gesenkt, womit auch zunehmend die Untere Mittelschicht ihre Kinder in diese Schulen senden konnte. Innerhalb weniger Jahre vergrößerte sich so die Zahl der Offiziersanwärter auf der Akademie der IJA immens. Auch die Zahl der höheren Offiziere die eine Stabsausbildung erhalten hatten, verdoppelte sich in kurzer Zeit.
Die Idee Yamagatas, eine neue Waffe in einem kleineren Kaliber einzuführen wurde ebenso aufgegriffen und ein Schüler des genialen Waffeningenieurs Murata, der junge Offizier Arisaka entwarf ein neues 6,5mm Kaliber und ein neues Gewehr für dieses Kaliber, dass an Präzision und Zuverlässigkeit alles bisher da gewesene in den Schatten stellte und zum Zeitpunkt seiner Einführung eine der modernsten Schützenwaffen der Welt darstellte. Das kleinere Kaliber erlaubte es jedem Soldaten, bei exakt gleichem Gewicht statt 120 Schuß nun 180 Schuß mitzuführen, was die Ausdauer im Gefecht erheblich erhöhte und die Nachschubprobleme reduzieren sollte. Zudem wurde auf Ideen Yamagatas hin eine Reihe neuer leichter Feldgeschütze für die zwei Feld-Artillerie-Brigaden eingeführt. Die rasende Entwicklung bei den Geschützen gerade um 1900 herum führte jedoch dazu, dass immer wieder auch Fehlkäufe bzw Fehlentwicklungen bei der Artillerie stattfanden die dann mit viel Mühe und Geld korrigiert werden mussten. Die ersten Versuche selbst eine hochleistungsfähige Feldartillerie zu schaffen, schlugen fehl und so wurden 1898 im großen Stil Geschütze aus Deutschland importiert. Nach wenigen Jahren aber waren diese im Vergleich zu den neuesten russischen Geschützen wieder veraltet und so musste Japan noch 1903 eine große Zahl der nächsten Generation deutscher Feldgeschütze nachkaufen. Um diese Zeit wurde auch das erste leistungsfähige japanische Geschütz, die Kanone Typ 31 in größerer Stückzahl eingeführt, welche jahrelange Kinderkrankheiten aufgewiesen hatte welche ihre Einführung verzögerten.
Aufgrund von Analysen der Kämpfe des chinesisch-japanischen Krieges kam der Generalstab zu dem Schluß, dass die bisher verwendete Uniform (Weiß mit schwarzer Jacke) im modernen Krieg untauglich sei. Die weißen Hosen (und ohne Überjacke die ganze Uniform) waren weithin sichtbar und aufgrund der hohen Temperaturen in Korea waren die dunklen Überjacken von den Soldaten oft nicht getragen worden. Schmutz und vor allem Blutflecken waren auf den weißen Uniformen dann weithin sichtbar gewesen und hatten die Moral beeinträchtigt, ein Thema das insbesondere Yamagata stark beschäftigte. Yamagata selbst favorisierte für die neue einzuführende Uniform einen grünen Farbton (den er für vielseitiger hielt), der Generalbstab jedoch aufgrund des zu erwartenden Geländes in Nordkorea und der Mandschurei einen Khaki Farbton. Auch hier setzte sich der Generalbstab durch und eine neue Khaki Uniform wurde mit Hochdruck eingeführt. Aufgrund der Erfahrungen des Winterkrieges in Nordkorea wurden jedoch auf Geheiß von Yamagata neue Stiefel, Wintermäntel und Wickelgamaschen eingeführt, um damit die im Krieg gegen China im Winter massenweise aufgetretenen Erfrierungen und Fällen von Grabenfuß entgegen zu wirken. Essgeschirr aus Aluminium wurde eingeführt und ebenso lange Regenmäntel, die zugleich als Unterlegeplane oder Zeltplan für einen Unterschlupf verwendet werden konnten. Noch darüber hinaus wurde die Militärmedizin drastisch ausgebaut und deutsche Ärzte und Experten nach Japan geholt.
Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich die IJA immens weiter und holte weitgehend zu den Europäischen Mächten auf, überholte diese gar in manchen bestimmten Punkten. Diese gigantische Steigerung der Kampfkraft hatte jedoch ihren Preis: der Militäretat stieg ab 1896 in immense Höhen und blieb dort für etliche Jahre. Ab 1898 wurde jedes Jahr mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen für die Aufrüstung und Modernisierung der Streitkräfte ausgegeben. Allein zwischen 1893 und 1896 verdreifachte sich der Militäretat und stieg von 1895 mit 40 Millionen Yen bis 1900 auf mehr als 100 Millionen Yen. Auch die IJN rüstete in dieser Zeit gigantisch auf: ihre Tonnage vervierfachte sich zwischen 1895 und 1900 und eine ganze Zahl neuer Schlachtschiffe modernster Bauart wurden fertig gestellt. Dieses extrem hohe Tempo und die völlig Ausrichtung der Staatsfinanzen auf die militärische Aufrüstung schädigten jedoch die Volkswirtschaft erheblich, es kam zu Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrisen und Unternehmenspleiten. 1897 bis 1898 und ebenso 1900 bis 1901 kam es zu schweren Finanzkrisen in Japan aufgrund völliger Überforderung der Volkswirtschaft für die militärische Aufrüstung. Der Militäretat musste daher herunter gefahren werden, blieb jedoch ab 1903 bei ungefähr einem Drittel des staatlichen Gesamteinkommens und blieb auf dieser Höhe für die nächsten 20 Jahre, ungeachtet aller Versuche ziviler Politiker, ihn wieder weiter herunter zu führen. Die Armee hatte damit jedes Jahr prozentual mehr Geld, als sie es je zuvor gehabt hatte.