Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN)
phantom:

Zitat:Und mit welchen Fakten möchtest du das belegen. Auf den ersten Blick seh ich ausser Propaganda nichts was dafür sprechen würde.

Lies erst mal das Buch das ich dir empfohlen habe. Selbiges ist übrigens von einem US Offizier und mit detaillierten kritischen Kommentaren des selbigen zu allen Bereichen.

Sogar das Regime welches die Russen hinterließen hielt sich länger und kollabierte langsamer als das was wir jetzt dort hinterlassen.

Zitat:Du bist doch der typische Vertreter der "Army" der alles mit Bodentruppen lösen möchte. Am besten gleich noch mit grossen Tanks und Haubitzen rein.

Das ist falsch. Ich bin der typische Vertreter des Gefechtes der verbundenen Waffen, einer Kampfweise welche insbesondere auch Lufteinheiten einschließt. Und eine M777 Haubitze wiegt ca 1/10 eines Schützenpanzer auf dem du alles aufbauen möchtest. Für nur einen Schützenpanzer kann ich dir 10 solcher Haubitzen transportieren (vom Gewicht her). Die Reichweite und die Wirkung sind mal weit über allem was ein Schützenpanzer leisten kann.

Und zu deiner Aussage dass 200 IS Kämpfer eine Batterie von 10 Haubitzen Kaliber 155mm überrennen könnten: nein das können sie gerade eben nicht. Die Feuerkraft von schwerer Artillerie ist so hoch, dass selbst Kampfpanzer hier vorsichtig sein müssten.

Ich habe früher auch die Artillerie gering geschätzt (weil ich keine Ahnung hatte) aber in Wahrheit ist die Artillerie heute eines der auf jedem Schlachtfeld mächtigsten Systeme, und inzwischen leistungsfähiger als Luftnahunterstützung oder LOS Feuer von Kampfpanzern.

Zitat:Ich vertrete den Einsatz der uns am wenigsten gefährdet.

Kein Sieg ohne Risiken. Eine Kampfweise welche das Risiko immer minimiert ist immer zum Scheitern verurteilt.

Zitat: Den können wir mit den Mitteln auch über längere Zeit gewährleisten

Und gerade das können wir nicht, weil die Risikominimierung zu hohe Kosten verursacht.

Zitat: Um die Extremisten zu töten, braucht man auf dem Weg zum Feind nicht das halbe Land in Schutt und Asche zu legen.

Das kommt auf die Extremisten an, also auf die Umstände. Dein Denken ist völlig gefangen vom letzten Krieg gegen die Taliban oder den abgeschlossenen Irak-Einsatz. Du willst den nächsten Feind auf die gleiche Weise bekämpfen die in diesen Konflikten zweifelsohne die optimale gewesen wäre.

Ohne Bodentruppen keine Kontrolle des Bodens. Ohne Kontrolle des Bodens keine Nachhaltigkeit. Ohne Nachhaltigkeit zerstört deine Luftkriegsführung Stück für Stück mit der Zeit alles.

Zitat:
Zitat:Kampfkraft ist im Infanteriekampf eine Frage der Quantität der Schützenwaffen.
Die kann jeder auf dem internationalen Waffenmarkt kaufen.

So ist es. Und deshalb brauchen wir eine größere Quanität als der Gegner. Der assymetrische Feind hat signifikant weniger lebendige Wehrkraft als wir. Item ist es notwendig, in seinem Metier eine numerische Überlegenheit zu erzielen welche bestimmte Verhältnisse nicht unterschreiten darf.

Tatsächlich aber führt die Übertechnisierung unserer Streitkräfte dazu, dass wir gerade eben die notwendige Quanität nicht mehr haben. Und primär daraus resultieren auch unsere Niederlagen der letzten Jahre.

Das begrenzende Element des assymetrischen Gegners ist seine geringe Quantität, er hat nur wenige hundert aktive Kämpfer. Seine lebendige Wehrkraft ist zu groß, als dass deine Drohnenkriegsführung sie abnutzen könnte denn: [u]du tötest mit Drohnen gerade mal im Rahmen der kompensatorischen Sterblichkeit. Dadurch kannst du den Krieg nie zu einem Ende führen da du den Feind nie abnutzt.

Zitat:Wenn das alles so Nullen wären, gäbe es kein Problem. Deine Behauptung kannst du eh nicht belegen, es sei denn du musst tatsächlich dort einen Kampfeinsatz leisten,

Seit Monaten sehe ich mir jeden Tag Filme von Kämpfen in Syrien und im Irak an und das was man da sieht ist bescheiden. Und das hat seinen Grund: die Eliten des IS sind sehr vorsichtig und opfern lieber die Kriegsfreiwilligen als Kanonenfutter als sich selbst zu opfern. Der harte Kern der wirklich etwas drauf hat ist aber quantiativ gar nicht so groß.

Zitat:das permanente Unterschätzen des Gegners ist doch Programm bei den Infanterievertretern. Wenn sie dann reihenweise bei Anschlägen sterben, hat dann immer die eigene Kriegsführung schuld.

Die sterben reihenweise primär wenn sie in gepanzerten Fahrzeugen sinnlos herum fahren und dabei angesprengt werden, ein Problem welches deine Doktrin des Schützenpanzers noch verschärfen würde. Und natürlich ist die eigene Kriegsführung daran schuld, aufgrund verfehlter Doktrin, falscher Taktik und falscher Strategie.

Zitat:Wer meint, einen anderen wegen der Religion töten zu müssen, hat sie nicht mehr alle. Wenn man dem nicht abschwört und endlich diese Interpretation verbietet, seh ich keine vernünftige Zusammenarbeit.

Dann stell dich mal darauf ein mit fast niemanden mehr zusammen arbeiten zu können, insbesondere wenn du Religion mal im weiteren Sinne sehen würdest. Mein Glaube (sic) an die Nation ist auch nur eine Religion und ebenso wäre ich bereit dafür grenzenlos zu töten.

Zitat:Aber so, in dem Fall in dem Pulverfass seh ich keine Sinn in Bodentruppen, du wirst wieder A-Karte ziehen.

Das Problem im Irak ist, dass man dort eine Situation geschaffen hat welche langfristig immense Konsequenzen nach sich zieht wenn man sie ignoriert. Und eine Ausrüstung der Kurden, der FSA usw ist unzureichend, damit fängt man das ganze nicht mehr ein.

Der Fehler schlechthin war schon, dass man aus dem Irak zuerst abgezogen ist. Man hätte schon vor Jahren (spätestens 2004) aus Afghanistan abziehen müssen um allle Mittel auf den Irak zu konzentrieren. Und dein stetes Mantra: die Einheimischen sollen das selber lösen und wenn sie nicht können, selber schuld etc löst das rein praktische Problem nicht. Die Einheimischen können es nicht, werden es nicht und werden es nie können. Die Realität ignorieren führt nicht zum Sieg und langfristig zu höheren Kosten in Geld und Blut als du sie jetzt aufbringen müsstest.

Du denkst zu kurzfristig, willst kurzfristig die Kosten minimieren und maximierst sie damit langfristig.

Zitat:Was redest du immer von keiner Infanterie. Die Kurden nehmen im Nordirak diesen Part ein, dazu braucht es dich nicht. Wir können ihnen die Unterstützung gegen Fahrzeuge oder schwierig zu knackende Stellungen geben. Die Streitigkeiten die sie untereinander haben, endet mit eigenen Bodentruppen nur wieder im Desaster.

Die Kurden können diesen Part aber mehr sehr schlecht als schlecht erledigen, von der sogenannten irakischen Regierungsarmee noch ganz zu schweigen. Dein Kriegsbild ist hier das der Taliban oder des Irakischen Aufstands, aber die IS ist ein anderer Gegner und damit ist auch das Kriegsbild ein anderes.

Zitat:Die wollen dich gar nicht, begreif doch das mal. Die Hälfte dieser Leute begrüsst dich nicht im Land. Du wirst dort pausenlos verraten,

Bei einem begrenzten Kriegsziel ist das so was von egal. Aber noch darüber hinaus würde uns die Mehrheit dort begrüßen, wenn wir ihnen ein gutes politisches Ziel bieten würden. Ob die uns verraten oder nicht hängt von den Umständen ab und die können wir selbst gestalten durch unsere Strategie.

Beispielsweise gingen selbst die sunnitischen Stämme in der letzten Phase der US Besatzung zu den USA über, weil die Al Quaida im Irak zu sehr ihre Angriffe auf die irakische Zivilbevölkerung richtete. Der Sieg war gar nicht mehr fern und man zog ab.....

Zitat:Ich hab die höhere Chance auf den Sieg, weil die Vernünftigen sich aufrappeln und selber was tun müssen.

Werden sie nicht, weil sie es nicht können. Nehmen wir mal an, ich stelle dich vor die Wahl: du baust mir jetzt mit deinen eigenen Händen auf der Stelle ein Auto von Grund auf und dafür hast du 1 Tag Zeit dann schieße ich dir in den Kopf wenn du kein Auto vorzuweisen hast. Dann nützt es dir nichts, dass du immens motiviert bist weil dein Leben daran hängt: weder von den Fertigkeiten her noch von der Zeit ist die Aufgabe für dich machbar.

Ergebnis: du wirst dich dem Feind zuwenden, weil dieser dir eine bessere Perspektive gibt. Du zwingst mit deiner Doktrin die Neutralen gerade zu, sich dem Feind zuzuwenden.

Deine Idee verkennt völlig, dass die Neutralen eine Alternative haben zum selber tun: sie können sich nämlich dem Feind zuwenden und diesen alles für sich tun lassen und genau das ist es, was im Irak mit der IS geschehen ist.

Zitat:Wir sind erfolgreich. Wir müssen unsere Mitmenschen nicht in die Luft sprengen. Wir haben den Rüstungswettlauf gewonnen. Ich weiss nicht was da dauernd zu kritisieren gibt. Wir leben in einem sehr langen stabilen Frieden, unsere Bündnisse haben sich bewährt.

Und wir ruhen uns auf unseren Lorbeeren aus und vergessen was wir diesen Erfolg zu verdanken haben, dem Tod von Millionen und Abermillionen von Menschen im Krieg.

Und wir sprengen unsere Mitmenschen in die Luft, von Fluzeugen aus, von Drohnen aus, die Waffe (Bombe) ist gleich, nur das Verbringungsmittel ein anderes.

Und gerade weil unser Frieden nach langer Zeit sich nun dem Ende neigt und unsere Bündnisse schwammig und untauglich werden ist es höchste Zeit sich auf den Ursprung unseres Erfolges zu besinnen. Auch hier war der Krieg der Vater aller Dinge.

Zitat:Nicht weil die per se faul sind, weil wir die besseren Maschinen, Roboter, Computer in der Produktion haben. Die entstehen aber nur weil die Konkurrenz da ist, und man als Unternehmer dauernd Neues bieten muss, damit man erfolgreich verkaufen kann.

Die entstehen weil es befohlen wird, so oder so aufgrund von Druck, welcher Art dieser Druck ist ist egal. Jedes größere Unternehmen ist eine Planwirtschaft in sich selbst, ein neuer Roboter oder Computer wird entwickelt weil das Unternehmen unter Druck steht. Ob dieser Druck durch ein Konkurrenzunternehmen oder durch den Staat erzeugt wird ist dabei völlig egal.

Innerhalb des Unternehmens erfolgt der Druck auch durch schlichte Anweisung: das Management befiehlt der Entwicklungsabteilung etwas zu schaffen und serienreif zu bringen. Und die tun das weil sie sonst gefeuert werden.

Nur das hier die Art der Produkte nicht aufgrund der tatsächlichen Notwendigkeit und Menge bestimmt wird, sondern allein aufgrund des "Marktes", also auch völlig von der tatsächlichen Notwendigkeit abweichen kann. Etwas was sich in einem ernsthaften Krieg niemand leisen kann, weshalb jeder ohne Ausnahme in einem ernsthaften Krieg auf Planwirtschaft umstellt.

Zitat:Es macht einfach keinen Sinn 1 Million Nullen zu unterhalten, die 2 Wochen Dienst im Jahr leisten.

Das macht extrem viel Sinn, weil es starke Auswirkungen auf die Kultur hat und damit auf die Kriegsfähigkeit der Gesellschaft gegenüber ernsthaften Gegnern. Der moderne Krieg wird nicht durch den Soldaten gewonnen, sondern durch die Gesellschaft, also durch die Kultur. Und unsere Kulturen sind unfassbar schwach geworden, und Schwäche überlebt auf Dauer nicht.

Zitat: Der ganze Bodenkram hat doch im Irak nichts gebracht. Die Probleme sind doch durch die Präsenz erst entstanden.

Es verhält sich exakt umgekehrt: der Mangel an "Bodenkram" hat überhaupt erst die Probleme geschaffen die man dann mit zu wenig "Bodenkram" lange Zeit nicht in den Griff bekommen hat und erst mehr "Bodenkram" hat dann später tatsächlich eine Siegchance geschaffen die man dann aus rein innenpolitischen Gründen wieder vergeudet hat.

Zitat:Du begreifst einfach nicht, dass wir deren Krieg nicht gewinnen müssen. Wir müssen nur helfen dass die aus unserer Sicht Richtigen, gewinnen

Erkennst du die Paradoxie deiner Aussage nicht selbst ?! Du willst helfen dass die Richigen den Krieg gewinnen, aber du willst denen nicht den Krieg gewinnen.....

Aber genau das ist deine Hilfe: den ohne diese würden sie ja nicht gewinnen, also gewinnst du ihnen den Krieg.

Und nun lös dich mal von Taliban und Al Quaida im Irak und stell dir mal neutral und gelöst davon vor, dass die "Richtigen" nur mit Luftunterstützung nicht gewinnen können ?! Was dann? Dann fällt dein ganzes Kartenhaus in sich zusammen.

Zitat: Je schärfer du vorgehst, desto mehr verlegen sie sich auf den reinen Terror gegen die Zivilbevölkerung und du bist wieder Loser der nichts auf die Reihe kriegt.

Das exakte Gegenteil ist der Fall: je mehr die Aufständischen ihre Angriffe auf die Zivilbevölkerung verlegen, desto größer meine Siegchance. Wenn ein schärferes Vorgehen dies zu Folge hat, erhöht dass die Chance dass die Bevölkerung auf meine Seite übergeht. Vorausgesetzt natürlich ich minimiere die Kollateralschäden in Bezug auf die einheimischen Eliten (und ich betone hier das Wort Eliten in diesem Kontext).
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[Kein Betreff] - von Holger - 23.01.2004, 11:13

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