31.10.2014, 23:50
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/2014/44/financial-warfare-sanktionen-russland">http://www.zeit.de/2014/44/financial-wa ... n-russland</a><!-- m -->
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Zitat:Daniel Glaser ist ein Krieger. Er hat gegen den Iran, gegen Nordkorea, Kuba, Somalia, den Sudan, den Jemen und Simbabwe gekämpft. Seit jenem Tag im Februar kämpft er gegen Russland.
In den meisten dieser Länder ist Glaser nie gewesen. Er hat während seiner Einsätze keine einzige Patrone verschossen. Glasers Waffe ist das Geld.
Seit einigen Monaten trägt Glaser Dreitagebart, er hat viel zu tun. Seit Neuestem kämpft er auch gegen die Islamisten in Syrien und im Irak. Durch die Fenster seines weitläufigen Büros blickt Glaser auf den marmornen Obelisken des Washington Monument; wenn Barack Obama ihn ruft, hat er nur wenige Meter zu gehen. In siebzehn Jahren Dienst hat Glaser sich vom ersten Stock in die oberste Etage des amerikanischen Finanzministeriums hinaufgearbeitet. In eine Abteilung, in der die weltweiten Konflikte des 21. Jahrhunderts entschieden werden: die Abteilung für Financial Warfare, für den Krieg mit den Mitteln des Finanzmarktes.
Zitat:Seine Waffe zielt direkt auf den Wohlstand des Gegners. Ihre Wirkung beruht auf dem Umstand, dass sich dieser Wohlstand in einer globalisierten Weltwirtschaft nur vermehrt, wenn das Geld ungestört um den Erdball zirkulieren kann, durch ein verzweigtes Netz von Datenkanälen, das die Welt umspannt. Ohne einen Anschluss an dieses Netz können Unternehmen keinen Handel treiben, müssen Banken den Betrieb einstellen, werden Kreditkarten wertlos. Wer den Zugang zu diesem Netz kontrolliert, der verfügt über sehr viel Macht.
Zitat:Als Glaser im Finanzministerium anfing, war er Anfang zwanzig. Er hatte Jura studiert und war danach in den Staatsdienst eingetreten, in die Abteilung für Finanzkriminalität. Glaser ist ein Patriot, sein Blick auf die Welt ist der eines Polizisten.
Dann wurde das World Trade Center angegriffen. Nun galt es, Terroristen zu jagen. Glasers Abteilung drohte an Bedeutung zu verlieren. Bis Glaser und seinem damaligen Chef Juan Zarate an einem Abend im Büro die Idee mit dem Finanzkrieg kam. Heute verfügt ihre Einheit über 730 Mitarbeiter und einen eigenen Geheimdienst. "Wir haben die Waffe der Zukunft entwickelt", sagt Zarate stolz.
Zitat:Wenige Tage nach dem 11. September 2001 trifft in La Hulpe ein offizielles Schreiben der amerikanischen Regierung ein. Es ist an Lenny Schrank adressiert, den damaligen Chef von SWIFT. Die Amerikaner bitten ihn um ein Treffen. "Ich will ihre Daten", mit diesen Worten eröffnet ein Unterhändler des US-Finanzministeriums das Gespräch. Ende Oktober 2001 bekommt er sie.
Zitat:Glasers größter Erfolg: Im März 2012 wurde iranischen Banken die Verbindung zu SWIFT gekappt. Seitdem ist der internationale Handel mit dem Land weitgehend zum Erliegen gekommen, weil ausländische Unternehmen nicht mehr an ihr Geld gelangen. Die Sanktion hat der iranischen Wirtschaft schwer geschadet.
Zitat:Glasers Kontaktmann in Deutschland ist Michael Findeisen, ein nachdenklicher Mann mit grauen Locken, der sich seit vielen Jahren mit Terrorfinanzierung, Geldwäsche und anderen Schattenseiten des internationalen Finanzsystems beschäftigt. Seine Abteilung heißt schlicht Referat VII A 3, sein Chef ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Zitat:Als die USA die Sanktionen gegen den Iran verschärften, wurden in dem Land die Medikamente knapp. Es gab lange Schlangen vor Apotheken sowie Berichte über Krebspatienten, die nicht mehr behandelt werden konnten. Und es gab Experten, die davor warnten, dass das Regime durch die Sanktionen nicht geschwächt, sondern gestärkt werde. So wie in Nordkorea. Nachdem Glaser die Bank in Macao ausgeschaltet hatte, führte das Land seinen ersten Atomtest durch. Bush sah sich gezwungen, die Sanktionen wieder aufzuheben.
Glaser war dagegen. Er glaubt daran, dass überall auf der Welt die Sehnsucht nach Wohlstand größer ist als alles andere. Seine Einsätze werden von einem eigens eingerichteten war room aus gesteuert. Der Weg dorthin führt durch einen unterirdischen Tunnel. Er verbindet das Finanzministerium mit einem Anbau. Unter der Decke läuft ein gigantischer Kabelstrang entlang. Er versorgt Glasers Finanzsoldaten mit allem, was sie für ihre Einsätze brauchen: Daten und Analysen von Geheimdiensten, Ökonomen, Banken und Börsen.
Am anderen Ende des Tunnels sitzen schmale junge Männer in Anzügen hinter ihren Computern. Sie könnten auch für eine Versicherung oder eine Bank arbeiten. Nur eine mit Wladimir Putins Konterfei bedruckte Klorolle unter einem der Schreibtische verrät, dass diese Männer nicht mit Geschäftspartnern, sondern mit Gegnern umgehen, die sie finanziell ausschalten können: Privatleute, Banken, Unternehmen oder ganze Wirtschaftssektoren. Jederzeit. An fast jedem Ort der Welt.
Zitat:Im Sommer 2007 tauchten Glasers smarte Jungs unversehens in Frankfurt auf. In ihren Unterlagen befand sich eine Liste mit Kontaktdaten der führenden Banker der Republik, darunter die Chefs der Deutschen Bank und der Commerzbank. Nach wenigen Tagen reisten sie wieder ab; kurz darauf stellten fast alle deutschen Kreditinstitute die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran weitgehend ein.
Eine rechtliche Grundlage konnten die Amerikaner nicht vorweisen, weil Europa damals noch überhaupt keine Sanktionen gegen den Iran verabschiedet hatte. Sie hatten noch nicht einmal die Bundesregierung informiert. Dafür hatten sie etwas, was alle wollten: den Dollar.
Etwa 80 Prozent des internationalen Handels und 90 Prozent aller Devisengeschäfte werden in amerikanischer Währung abgerechnet. Wenn ein deutsches Unternehmen Geld nach Mexiko überweisen will, dann wird der Betrag in der Regel zunächst vom Euro in den Dollar getauscht und dann in mexikanische Peso umgewandelt. Der Dollar ist die Leitwährung der Weltwirtschaft.
Wer die Leitwährung kontrolliert, der kontrolliert den neben SWIFT zweiten wichtigen Knotenpunkt im Netz der internationalen Finanzströme. Denn jede elektronische Dollar-Zahlung muss auf amerikanischem Boden abgewickelt werden. Wenn also irgendwo auf der Welt Dollar bewegt werden, dann überqueren diese Dollar gewissermaßen die amerikanische Staatsgrenze und halten sich für eine Millisekunde auf einem Computer einer Bank zum Beispiel in New York auf. Dort kann Glaser diese Zahlung stoppen lassen.
Es wäre für jede international tätige Bank das Todesurteil, keinen Zugriff auf den Dollar mehr zu haben. Deshalb müssen Glasers Leute ihren Gesprächspartnern auch nicht offen drohen. In Frankfurt genügte der Hinweis darauf, dass es "im Interesse des Präsidenten der Vereinigten Staaten" sei, den Iran finanziell zu isolieren. Die Banker wussten, was zu tun war.
Zitat:Wer sich weigert, wird bestraft: Die französische Großbank BNP Paribas musste neun Milliarden Dollar an die USA zahlen und darf ein Jahr lang nicht mehr am Dollarhandel teilnehmen, weil sie weiter mit dem Iran Geschäfte machte. Der Fall nährte nicht nur Furcht, sondern auch einen Verdacht: dass nämlich die Amerikaner nebenbei einen europäischen Konkurrenten ihrer eigenen Banken ausschalten wollten.
Um den Zorn der amerikanischen Finanzkrieger nicht auf sich zu ziehen, durchforsten Banken ihre Kontendaten mittlerweile automatisch mit Computerprogrammen. Wenn diese Programme auf einen Namen stoßen, der auf einer Sanktionsliste steht, schlagen sie Alarm. Und dann kann es sehr schnell gehen:
Am 21. März dieses Jahres funktionierten die Kreditkarten von Kunden der russischen Bank Rossija plötzlich nicht mehr.
Am 26. März stellte die russische Botschaft in Kasachstan fest, dass die Überweisung eines Versicherungsbeitrags nach Moskau nicht durchgegangen war. In New York hatte JP Morgan die Zahlung blockiert.
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