Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN)
@Quintus Fabius
Quintus Fabius schrieb:Interessantererweise ist diese Vorstellung tatsächlich für bedeutende Machtgruppen im Wesen repräsentativ. Man glaubt tatsächlich daran, dass unsere Kulturen das Ende der Geschichte und damit die Zielsetzung für andere Kulturen darstellen, dass sich diese also lediglich auf dem Weg zu unserer Kultur befinden.

Das ist grundsätzlich nachvollziehbar. Die europäische Kultur hat sehr große Errungenschaften insbesondere in Literatur, Kunst, Musik, Medizin, Naturwissenschaft und Militär hervorgebracht. Das daraus resultierende Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Kulturen ist daher auch irgendwo berechtigt. Gleichzeitig hat der Kapitalismus den Menschen erfolgreich vorgegaukelt, dass sie ihr Schicksal selbst in der Hand hätten. Das entlastet die westlichen Eliten aktuell noch moralisch. Das missionarische Element dieser Denke ist aber nicht schlüssig. Insbesondere die Bewertung anderer Kulturen nach europäischen Ethikvorstellungen. Das ist doch in Wahrheit eine rückständige Sichtweise a la "Hurra die Neger tragen endlich T-Shirts anno 1870" vs. "Hurra, die Afghanen haben sich die Bärte gestutzt anno 2005". Das ist ein Maß der Aufklärung, welches hoffentlich nicht das Ende der Geschichte darstellt. Meine Theorie dazu ist, dass sich diese missionarische Element ergibt aus einer Verbindung von humanistischen Motiven mit politischen Rechtfertigungszwängen.

Zitat:Und man glaubt im weiteren durchaus, dass die "Informationsfreiheit" im Weltnetz des sogenannten Informationszeitalter diese Entwicklung aller anderen Kulturen befördert bzw beschleunigt. Ich erinnere mich hier noch an etliche Jubelreden westlicher Politiker zu Beginn des sogenannten arabischen Frühlings, als man davon faselte dass Twitter und Facebook nun den rückständigen Islam in Richtung der westlichen Freiheit voran bringen würden.....

Diese Vorstellung basiert auf der Annahme, dass alle Menschen die westliche Lebensweise automatisch toll finden, wenn sie sie nur sehen. Umso empfänglicher für bzw pikierter über das Sendungsbewusstsein von IS und Co. ist man dann wohl auch. Gerade die Salafisten zeigen ja ganz bewusst via Facebook und Twitter relativ plakativ nicht nur ihren eigenen Empfängern sondern auch der gesamten westlichen Welt, was sie von der Lebensweise halten. Möglicherweise ist gerade das Internet ein bedeutenderer Katalysator oder zumindest Schauplatz kultureller Konflikte, wie man sich das so im Allgemeinen vorstellt. Es wirkt also wohlmöglich deutlich kontraproduktiver als allgemein erwartet. Muss ich mal ein wenig drüber nachdenken.

Zitat:Anbei, ich hätte auch eine Frage an dich: wie stark würdest du die aktuellen Einflussmöglichkeiten von Al Sistani im Irak einschätzen?

Sistani ist als der ranghöchste schiitische Geistliche im Irak sehr einflussreich. Auch ein Sadr mit seinen zweifelsohne vielen Anhängern würde sich da sicherlich nicht erlauben, diese Autorität in Frage zu stellen. Erst recht könnte sich ein Amerikaner, Engländer oder Iraner auf den Kopf stellen. Bei einer wie auch immer gearteten politischen Lösung müsste man ihn konsultieren und einbeziehen, damit er der Sache seinen Segen gibt. Es war ja auch jüngst seine Fatwa zum Widerstand gegen den IS, die den Ausschlag gab, dass tausende Freiwillige zu den Waffen gegriffen haben, um nicht nur schiitisches Kernland, sondern auch die sunnitischen und kurdischen Teile des Landes vom IS zu befreien. Wohlgemerkt nachdem die irakische staatliche Armee zuvor vor allem durch Abwesenheit und Flucht glänzte. Sistani ist eine eltementare Schlüsselfigur im Irak und nebenbei eine eher gemäßigte und nicht-sektiererische Autorität.
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