11.07.2015, 15:11
Ich stelle das mal hierher, weil ich den Glaubenskrieg im Euro- und Griechenlandforum nicht noch mehr anheizen will. Und ich denke, die unterschiedlichen Ansätze zwischen den USA und (Teilen) der EU kann man hier auch gut einstellen <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oekonomen-spart-gebt-geld-aus-1.2558246">http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/o ... -1.2558246</a><!-- m -->
Und was den Sinn betrifft - dessen endzeitartige Warnungen vor dem "Mindestlohn" halte ich ohnehin für inzwischen mehr als widerlegt.
Zitat:11. Juli 2015, 15:02 Uhrich gebe gerne zu: bei aller Kritik, die ich an der US-Ökonomie und dem anglo-amerikanischen "Primat des "freien Marktes" (d.h. der möglichst ungehinderten Gewinnerwirtschaftung) vor dem Menschen" habe, in dieser Sache gebe ich der amerikanischen Zunft recht - ich bin halt auch irgendwie "Keynes-verseucht" (mein alter VWL-Prof. würde mir jetzt wahrscheinlich einen Punktabzug geben).
Spart! - Nein! Gebt Geld aus!
Warum sich die Ratschläge der amerikanischen und deutschen Ökonomen so diametral widersprechen.
Die vielleicht beste Nachricht dieser erneut grässlichen Griechenland-Woche kam für Angela Merkel aus dem fernen New York. Paul Krugman, Star-Ökonom und notorischer Quälgeist, kündigte an, er brauche Urlaub und werde eine mehrtägige Fahrradtour unternehmen. Er komme deshalb nicht dazu, seinen Blog und seine Kolumne für die New York Times zu schreiben - jene viel gelesenen Werke, in denen der Nobelpreisträger zuletzt beinahe täglich Gift und Galle gegen Merkels vermeintlichen Sparwahn spuckte. Es sei "ein Akt monströser Torheit", dass es die Gläubigerstaaten mit Griechenland und dem Euro so weit hätten kommen lassen, schleuderte er der Kanzlerin noch hinterher, bevor er sich aufs Rad schwang und verschwand.
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Erstens sind es in Amerika nicht nur politisch links stehende Wirtschaftswissenschaftler wie Krugman, die das Krisenmanagement der Europäer für falsch halten, es ist vielmehr - quer durch alle Denkschulen - praktisch die gesamte Zunft. Und zweitens haben die vielfach prämierten US-Ökonomen nicht nur immensen Einfluss auf die Meinungsbildung daheim, sondern auch in Europa. Sie sind mitverantwortlich dafür, dass das Verständnis für Merkels harte Haltung in der Griechenland-Frage weltweit immer weiter sinkt.
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(Der Kanzlerin stehen) gleichzeitig deutsche Zahlendeuter wie Ifo-Chef Hans-Werner Sinn auf den Füßen, von Euro-Skeptikern wie Bernd Lucke oder Joachim Starbatty ganz zu schweigen. Sie empfinden Merkels Vorgehen in der Euro-Krise nicht als zu hart, sondern im Gegenteil als zu weich und sehen Milliarden an deutschen Steuergeldern im griechischen Sumpf verschwinden. Obwohl sie dieselben Fächer studiert haben wie ihre amerikanischen Kollegen, könnten die Differenzen größer nicht sein. Politikern wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble macht es diese Vielstimmigkeit leicht, selbst über Nobelpreisträger die Nase zu rümpfen.
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Während Merkel und Schäuble der Meinung sind, dass gesunde Staatsfinanzen die Voraussetzung für dauerhaftes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind, sehen es die Volkswirte genau anders herum: Für sie muss zunächst Wachstum da sein, notfalls auch solches, das vom Staat auf Pump finanziert ist. Erst dann - und nur dann - kann die Sanierung des Haushalts gelingen, ohne dass es zunächst zu einem massiven Konjunktureinbruch und Massenarbeitslosigkeit kommt. Wer recht hat in dem Streit, ist eine Glaubensfrage, die Diskussion dreht sich seit Jahren im Kreis.
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Zwar bewundert etwa Robert Shiller von der Universität Yale Merkel dafür, dass sie ganz Europa auf ihren Kurs gebracht hat. "Aber ihre Sparpolitik", so der keineswegs zu Krawall neigende Shiller schon vor zweieinhalb Jahren in einem Interview, "hat Europa geschadet".
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"Ein paar Quartale Wachstum in einigen der Schuldnerländern können die massiven Kosten von fünf Jahren Massenarbeitslosigkeit nicht überdecken", so Krugman.
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Ins gleiche Horn stößt Joseph Stiglitz, früher Chefökonom der Weltbank und heute ebenfalls Professor an der Columbia-Universität. "Mehrere europäische Staaten stecken immer noch in einer Depression - und ich verwende diesen Begriff mit voller Absicht", schimpfte er jüngst bei derselben Podiumsdiskussion mit Schäuble, an der auch Phelps teilnahm. "Die Arbeitslosenrate in der Euro-Zone liegt im Schnitt bei zwölf Prozent, die Jugendarbeitslosenrate bei 25 Prozent, in Spanien gar bei 50 Prozent. Hier wird eine ganze Generation zerstört." Die Art, wie vor allem Merkel und Schäuble die Krise managten, werde "Europas Wachstumspotenzial nachhaltig beschädigen".
Dabei plädieren Stiglitz und seine Kollegen nicht etwa dafür, dass der Staat mit geliehenem Geld konjunkturelle Strohfeuer entfacht. Es müsse aber endlich mehr investiert werden - in Bildung, Infrastruktur und Technologie. Schließlich nutze es niemanden, wenn eines Tages in ganz Europa die Haushalte saniert seien, gleichzeitig aber Schulen, Straßen und Brücken verfielen.
Das sieht Kenneth Rogoff, Professor in Harvard, Ex-Chefökonom des Internationalen Währungsfonds und gewiss kein Linksradikaler, nicht anders.
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Und was den Sinn betrifft - dessen endzeitartige Warnungen vor dem "Mindestlohn" halte ich ohnehin für inzwischen mehr als widerlegt.