Euro, die EU-Währung
Nightwatch schrieb:Du kriegst auch mit einem Schuldenschnitt dein Geld nicht wieder. Das würde dass Eingeständnis das alles weg ist nur ein wenig hinauszögern. Sprich die momentane Politikergeneration müsste ihr Versagen vor dem Volk nicht eingestehen.
ich weiß jetzt nicht, wen Du mit "momentaner Politikergeneration" meinst - aber Deine Ausführungen haben mich auf den Gedanken gebracht, bei Ludwig Erhard (Wohlstand für alle, 8. Auflage von 1964 - die letzte von Ludwig Erhard autorisierte Fassung, neu aufgelegt als Handelsblatt-Edition 2014) nachzulesen. Denn in Erhards Zeiten
war Deutschland nach dem verlorenen Krieg in einer ähnlichen Lage wie Griechenland heute. Erhard schrieb nun zu seinem Rezept gegen die seinerzeitige Rezession (neben dem bekannten Schuldenschnitt, den die Alliierten Siegermächte ermöglichten) folgendes:
Zitat:.... Ende März 1949 löste die BdL die harte Kreditschraube mit der seinerzeitigen Festlegung der Kredite auf den Sand von Ende Oktober 1948. Ab 1. Juni 1949 wurden die Mindestreserveresätze von 15 ... auf 9 % ermäßigt. Am 27. Mai 1949 und am 14. Juli 1949 folgte die Senkung des Diskontsatzes ... Im Spätsommer 1949 wurden den Geldinstituten eine außergewöhnliche Refinanzierungsbeihilfe für langfristige Produktions- und Investitionskredite ... gewährt. Am 1. September wurde dann noch einmal eine Senkung der Mindestreservehaltung sowie der Sätze für Termin- und Sichteinlagen vorgenommen.

Der Druck der Massenarbeitslosigkeit erzwang dann im Winter eine Verstärkung der expansiven Wirtschaftspolitik. Es wurden Finanzierungshilfen zugunsten eines Arbeitsbeschaffungsprogramms sowie Unterstützungen für den Wohnungsbau zugesagt. (Anm.: in höhe von mehreren Milliarden) Die kurzfristigen Kredite ... (erhöhten sich von Ende 1948 bis zum 1. Halbjahr 1950 um fast 160 %) . Das mittel- und langfristige Kreditvolumen der Geldinstitute einschließlich der Kreditanstalt für Wiederaufbau (stieg von Ende 1949 bis zum 1. Halbjahr 1950 um fast das Doppelte.

Im April 1950 beschließt die Bundesregierung Steuersenkungen und Steuerrückerstattungen, um auch auf diesem Weg den Verbrauch zu beleben und die Wirtschaft zu entlasten. ....
(Kursiv habe ich die Ausführungen von Erhard mit meinen Worten zusammen gefasst)
Ludwig Erhard, der "Vater des deutschen Wirtschaftswunders" hat 1949/1950 bei einer vergleichbaren Wirtschaftslage - Rezession und völlig zerstörte Wirtschaftskraft - also genau das Gegenteil von dem getan, was die europäischen Staaten heute den Griechen zumuten.

Wer ein bisschen was im Kopf hat, wird sich seine Schlüsse nicht im Sinne von Schäuble & Co. ziehen.

Btw. Erhard hat damals schon einige Gedanken zur europäischen Integration gehabt, die auch heute noch aktuell sind. Auf Seite 324 ist festgehalten:
Zitat:... Wir müssen zur Integration im Totalen hinfinden. Wir müssen vor allem die Grundlagen für eine echte Integration schaffen. Diese liegen aber nach meiner Auffassung in erster Linie auf einem anderen Sektor: in einer währungspolitischen Ordnung. Hierbei muß von der wissenschaftlichen Erkenntnis ausgegangen werden, daß die volkswirtschaftliche Ordnung nicht auf einer Addition von Teilordnungen beruht, so wenig, wie die Volkswirtschaft als ein aus "Kästchen" errichtetes Gebäude zu begreifen ist. Bei ihr handelt es sich um eine Funktion, um ein Ganzes und Untrennbares. Es handelt sich um Beziehungen menschlicher und materieller Art, die nicht voneinander gelöst und zerschnitten werden können, um dann nach Belieben wieder willkürlich zusammen gefügt zu werden.
....
und im Hinblick auf die Anwendung unrealistischer Wechselkurse unterschiedlicher Währungen zueinander schreibt er (S. 364):
Zitat:Wer betrügt wen? Hier gibt es praktisch nur einen Weg, jene Praxis, die zur Verfälschung der Wechselkurse geführt hat, endlich aufzugeben. ...

Wir stehen heute vor der großen Gefahr, dass sich die Anstrengungen zur Befreiung des Welthandels festlaufen, wenn wir nicht ernsthaft daran gehen, eine funktionsfähige internationale Geldordnung zu setzen und uns auf gemeinsame Spielregeln der Wirtschafts- und Handelspolitik zu einigen.

Nicht um Lösungen herumdrücken!

... Man erwartet von uns vielmehr eine Handhabung unserer handelspolitischen Methoden dergestallt, daß insbesondere den Schuldnerländern ... bessere und zusätzliche Ausfuhrchancen nach Deutschland eröffnet werden oder daß auch auf andere Weise der Abfluß ihrer Gold- und Devisenbestände nach Westdeutschland zurückgedämmt wird. ....
Wie sehr sich doch die Zeiten gleichen - und wie konträr, und angesichts der Erfolge von Ludwig Erhard wohl auch, wie kontraproduktiv heutige Politiker mit der Situation umgehen.
Man hat den Eindruck, die Akteure seien populistisch und nicht wissenschaftlich analytisch gesteuert.
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