26.07.2015, 21:46
Tiger schrieb:@Erich@Tiger,
Zitat:Denn in Erhards Zeiten war Deutschland nach dem verlorenen Krieg in einer ähnlichen Lage wie Griechenland heute.So ganz stimmt das nicht. Deutschland hatte trotz erhebliche industrielle Kapazitäten behalten und ging daher mit einem hervorragenden Grundstock in die Nachkriegszeit.
In Griechenland hat man solche industriellen Kapazitäten nie geschaffen. Man schuf sich dort stattdessen eine Dienstleistungsgesellschaft. Man produzierte also nichts, und - schlimmer noch - versuchte durch großzügige, per Kredit finanzierte Gehaltserhöhungen an die vielen staatlich Beschäftigten den Konsum anzukurbeln.
Zitat:Ludwig Erhard, der "Vater des deutschen Wirtschaftswunders" hat 1949/1950 bei einer vergleichbaren Wirtschaftslage - Rezession und völlig zerstörte Wirtschaftskraft - also genau das Gegenteil von dem getan, was die europäischen Staaten heute den Griechen zumuten.Wie erwähnt war die Wirtschaftskraft nicht völlig zerstört, und durch den Wohnungsbau - als Kriegsfolge natürlich notwendig - konnte man viele Menschen beschäftigen und dabei etwas schaffen, produzieren.
Zudem waren auch die westlichen Siegermächte auf Erhard und die BRD angewiesen: Vorher, nämlich 1918, hatte man Deutschland mit harten Repressionen und wirtschaftlicher Gängelung belegt und dafür die Rechnung in Gestalt von Hitler bekommen. ....
ich gehe mal gleich auf den letzten von Dir zitierten Satz ein und frage etwas provokant, ob wir derzeit nicht den gleichen Fehler wie die Alliierten von 1918 machen - "harte Repressionen und wirtschaftliche Gängelung" - ist das nicht exakt die gleiche Vorgehensweise, die derzeit gegenüber Griechenland zu beobachten ist?
Auch Deine Aussage "Deutschland hatte trotz erhebliche industrielle Kapazitäten behalten und ging daher mit einem hervorragenden Grundstock in die Nachkriegszeit." stimmt nicht ganz. Die großen Industriestandorte waren zerbombt - die Großstädte von Hamburg bis München waren ein einziges Ruinenmeer. Und die noch halbwegs immer wieder aufgebauten und instand gesetzten Rüstungsbetriebe wurden von den Alliierten erst recht zerstört. Noch die US-Direktive JCS 1067 sagte aus, dass die Militärgouverneure keine Schritte unternehmen durften, „die (a) zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands führen könnten oder (b) geeignet sind, die deutsche Wirtschaft zu erhalten oder zu stärken.“
Erst mit dem Marshall-Plan begann eine Kehrtwende - aus Furcht der USA, die kommunistische Idee würde sich von der damaligen sowjetischen Besatzungszone aus weiter verbreiten. Ich verweise nur auf den Wikipedia-Artikel <!-- m --><a class="postlink" href="https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland_1945_bis_1949">https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland_1945_bis_1949</a><!-- m -->, der einige Nachweise dazu bringt.
Wo bleibt der Marshall-Plan für Griechenland?
Bisher sehe ich nur, dass eine Umschuldung zugunsten der Finanzzocker und zu Lasten der Steuerzahler stattfindet, und dass Griechenland immer weiter in den Ruin getrieben wird.
edit:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/kultur/zorneines-soziologen-mexikaner-europas-1.2582666">http://www.sueddeutsche.de/kultur/zorne ... -1.2582666</a><!-- m -->
Zitat:26. Juli 2015, 18:44 Uhrdas, was ich an Europa schätze - die soziale Verantwortung, hohe soziale Mindeststandards und keine Bereicherung von Minderheiten zu Lasten der Armen, die sich dann auch in einer stabilen Volkswirtschaft niederschlägt - genau das wird im Umgang mit Griechenlands Bevölkerung eingestampft. Das ist weder christlich noch demokratisch, sondern nur noch Machtausübung.
Das "System Schäuble" amerikanisiert Europa
Wir erleben die innere Kolonialisierung Europas: Die Regierung in Athen wird entmündigt und die griechische Gesellschaft nach marktradikaler Ideologie umgestaltet.
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