Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN)
Anbei:

auch die US Soldaten wussten genau, dass da ein langwieriger und schwieriger Partisanenkrieg auf sie zukommt.

Der Oberbefehlshaber des ganzen Einsatz forderte deshalb sowohl in der Vorbereitung wie auch noch während der Krieg lief immer eindringlicher viel mehr Truppen, vor allem viel mehr Infanterie. Alle hochrangigen US Generäle der US Army waren entsetzt als sie erfuhren mit welchem Truppenansatz sie hier kämpfen sollten. In mehreren Meetings wurde immer wieder und wieder offen erklärt, dass man mit so wenigen Truppen die erklärten Kriegsziele nicht erreichen kann, weil unmittelbar auf den Zusammenbruch des Regimes folgend eine Situation entstehen würde die man den zur Verfügung gestellten Truppen nicht lösen kann.

Selbst externe bekamen diese Situation mit. Beispielsweise durfte McGregor bei einem Vortrag ein von ihm ausgearbeitetes Konzept für einen Krieg gegen den Irak vorlegen, wobei hier die Forderung von Rumsfeld war, dass er für das Konzept auch nur die genannte viel zu geringe Truppenzahl andenken dürfe.

McGregor schlug beispielsweise daher vor, nur Saddam selbst zu stürzen, keine Ent-Baathisierung zu betreiben und insbesondere den Südirak und die dort stehenden irakischen Streitkräfte völlig in Ruhe zu lassen und direkt durch die Wüste nur zur Hauptstadt und nach Tikrit durchzubrechen. Dies seit vor allem deshalb zwingend notwendig, weil man die irakischen Soldaten und Polizisten und die Baath Partei dringend für die Befriedung des Landes nach dem Sturz Saddams benötigen würde. Tommy Franks der bei dem Treffen dabei war erklärte daraufhin resginiert, man müsse aber die irakische Armee zerschlagen und ebenso die Baath-Partei, so sei der Wille der Führung und die erklärte Absicht Rumsfelds.

Zitat:Den Soldaten wurde augenzwinkernd von baldigen Paraden in Bagdad erzählt. Das war eine bewusste, also vorsätzliche, Irreführung der eigenen Leute.

Zumindest in der Führungsebene war jedem US Soldaten klar, dass dies so nicht laufen wird. Jeder höhere Offziere erklärte im Endeffekt unisono, die genannte Truppenanzahl würde nicht ausreichend und man brauche dringend sehr viel mehr Truppen um auch nur das Nötigste abzudecken.

Witzigerweise gelang vor allem auch wegen der relativ geringen Truppenzahl die Täuschung der irakischen Streitkräfte über den Angriffszeitpunkt und die Angriffsrichtung da sich die Iraker nicht vorstellen konnten, dass die US Armee mit so wenigen Truppen bereits angreifen könnte.

Und ich erinnere mich sogar noch persönlich an Fernsehberichte und Dokus und Zeitungsartikel noch im Jahr 2003 welche Angesichts der geringen Zahl von US Bodentruppen unisono erklärten, dass seien viel zu wenige Soldaten für eine Besatzung und die Folgen dieser numerischen Schwäche würden katastrophal werden. Ich erinnere mich beispielsweise noch an Szenen wo Museen, Banken, Märkte usw geplündert wurden und es keinen Strom und kein Wasser gab und keine US Bodentruppen oder anderen Sicherheitskräfte zur Verfügung standen. Auch Kasernen und Waffendepots der irakischen Armee wurden über Wochen geplündert ohne dass auch nur irgendeine Sicherung dies verhindert hätte.

Von daher war von Anfang an jedem der sich dafür interessiert hat absolut klar was dort geschehen würde ! Und insbesondere war dies auch der Führung der US Army klar.

phantom:

Zitat:Aus meiner Sicht sind hier genau wie im Irak so viele verschiedene Parteien beteiligt, dass das zwangsläufig wieder zur Situation wie im Irak führen muss. Und der Fanatismus und die Bereitschaft eigenes Volk in die Luft zu sprengen, ist genau so da.

Tatsächlich ist es ein wesentlicher Punkt, dass wir hier von verschiedenen Parteien sprechen. Und dieser Umstand lässt sich sehr gut nützen! Den das heißt, dass wir eine oder mehrere der Parteien als unseren Verbündeten gewinnen können. Wenn diese Parteien nun sinnvoll sind, dann kann daraus ein Sieg erfolgen. Teile und Herrsche war schon immer eine erfolgversprechende Strategie in jedem Krieg. Divide et impera war eine der Grundlagen des europäischen Imperialismus, einem Zeitalter in dem in den Kolonien sehr viele Partisanenkriege von europäischen Streitkräften erfolgreich gewonnen wurden.

Zitat:Im Irak war auch nicht klar, dass das am Schluss so ausarten würde. Das weiss man doch nicht vor dem Eintritt in einen Konflikt.

In fast jedem Konflikt wissen sehr viele vorher sehr exakt was geschehen wird und es geschieht trotzdem. Das ist eigentlich einer der interessantesten Punkte und ist oft in der Kriegsgeschichte so geschehen: dass Kriege begonnen wurden und/oder auf falsche Weise geführt wurden, obwohl man vorher eigentlich wusste was falsch war.

Ganz allgemein aber erfordert die Besetzung eines Landes immer eine bestimmte große Truppenmenge. Und sie braucht eine detaillierte Planung. Die Kausalkette muss daher zwingend wie folgt aussehen:

1 Ich will gegen ein Land einen Krieg führen der mit der Besetzung des Landes endet. Deshalb muss ich zwingend:

2 die sich aus dem Krieg zwingend ergebende Besatzung detailliert planen und dann dafür

3 die notwendige Truppenanzahl einsetzen und die ist bei einer Besatzung immer sehr hoch und kann auch gar nicht anders als hoch sein.

Wenn ich dies nicht tun will oder tun kann, dann ist eine Besatzung nicht möglich, nicht erfolgversprechend und daher sollte dann unter allen Umständen schon der Krieg selbst vermieden werden. Für den Irak im konkreten Fall heißt dies, dass man den ganzen Irak-Krieg hätte sein lassen sollen. Nachdem man ihn aber geführt hat heißt das zwingend, dass man dann die notwendige Anzahl von Soldaten dafür hätte bereit stellen müssen und zwar ausreichend lange. Dies nicht zu tun und nach einiger Mühe dann beleidigt abzuziehen ist dann der größtmögliche Fehler, noch größer als der Kriegsbeginn welcher ihn begründete.

Für Syrien hier und heute heißt dies konkret, dass jedes Kriegsziel dass wir dort haben klar begrenzt werden muss und dass für den Fall einer Besetzung von bestimmten Gebieten die dafür notwendige detaillierte Planung und die notwendige sehr große Truppenanzahl bereit gestellt werden muss.

Was hier und heute aber allenorten das grundsätzliche Problem ist: man macht nichts halbes und nichts ganzes.
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[Kein Betreff] - von Holger - 23.01.2004, 11:13

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