Leichte Infanterie
#97
@Nelson:
Zitat:Ich glaube, du unterschätzt das, was bei den Buren und Apachen an kriegerischer Kultur geherrscht hat. Ich will nicht bestreiten, dass die Ausbildung verbessert und damit auch bessere Ergebnisse eingeholt werden können - aber bestimmte Sachen lernt man dennoch nicht eben so. Nehmen wir einen durchschnittlichen burischen Farmersjungen, etwa achtzehn Jahre alt. Vermutlich konnte er reiten, bevor er sechs Jahre alt war und hat sein erstes Kleinwild erlegt, bevor er zwölf wurde. Mit Vierzehn hat er dann sehr wahrscheinlich schon zusammen mit seinem Vater und seinen Brüdern Vieh gehütet und ist auf Jagd gegangen. Als ihn die Gesellschaft (also in diesem Falle eher die calvinistische Kirche als der Freistaat) zu den Waffen ruft, hat er also bereits mehrere Jahre Erfahrung darin, sich im Gelände zu bewegen, aus dem Lande zu leben, zu schießen, zu reiten und sich mit anderen dabei zu koordinieren. Passenderweise zieht er jetz auch noch genau an der Seite dieser Leute in den Kampf. Kann ich diese Fähigkeiten auch im Nachhinein noch erlernen? Natürlich. Werde ich darin die gleiche Meisterschaft erreichen wie jemand, der schon in frühester Kindheit begonnen hat? Die Sportwissenschaft sagt für die Masse der Fälle etwas anderes. Hinzu kommt noch der eigentliche kulturelle Aspekt des unbedingten Wehr - und Unabhängigkeitswillens.

Wirklich interessant das zu lesen. Du beleuchtest das sehr gut, wie ich finde. Eingedenk des Mißverhältnisses zwischen Anforderungen an eine (eventuell) zukünftige Infanterie und den dafür zur Verfügung stehendem Personal, sollte der Erfolg nicht darin gesucht werden, von vornherein personell begünstigt zu sein. Die Überlegenheit liegt heute (beispielsweise und unter anderem) in der Informationsgeschwindigkeit (Aufklärung, Kommunikation, Datenverarbeitung), im hohen Organisationsgrad während jeder Phase oder schlichtweg überlegener Waffenwirkung.

Unter Napoleon gab es mehr als einmal die Besonderheit, daß Dragoner (berittene Infanterie) schwere Kavallerie-Attacken ritten - und zwar mit glänzendem Erfolg.
Die schwere Kavallerie (sie war auch die teuerste) war exklusiv dem Adel oder jedenfalls Abkömmlingen von Stand vorbehalten. Die sehr viel "billigeren" Dragoner waren geringeren Standes. Sie waren aber auch kampftüchtiger - eine Situation wie Du sie hier beschreibst. Und sie haben ohne entsprechende Ausbildung, ohne entsprechende Ausrüstung und ohne entsprechende Pferde erfolgreich Kavallerieattacken nach Art der schweren Kavallerie unternommen - erfolgreich. Warum? Man könnte salopp sagen: Weil sie es können. Sie wollten den Ruhm des triumphalen Durchbruchs nicht den "Schnöseln" überlassen. Waren diese doch nur materiell überlegen. Personell wäre die schwere Reiterei, so könnte man nun sagen, womöglich besser mit den hartgesottenen und naturverbundenen "einfacheren" Leuten besetzt.

Aber: Die Wirkweise der schweren Kavallerie ist eben nicht abhängig von dieser Art Menschentypus. Die so gefährliche schwere Kavallerie ist und bleibt gefährlich wegen vielem, aber bestimmt nicht maßgeblich von dem urigen Typ an Reiter.

Die Kampfweise, mit der man kämpfen möchte (oder muß), ist im Voraus festzulegen und mit einer hochwertigen Doktrin zu versehen. Ein hilfreiches Kriterium wäre dabei, die Erfolgsbedingungen nicht von überlegenen Basisfähigkeiten der Auszubildenden abhängig zu machen.

Zitat:Für diese Kampfweise würde ich im übrigen eine Verstärkung der Minenkampffähigkeit vorschlagen, und zwar sowohl offensiv als auch defensiv. Schützenminen sind eine Geißel der Menschheit, aber solange der Gegner sie einsetzt, bringt es uns überhaupt nichts, wenn nur unsere eigenen Kräfte von ihnen zerfetzt werden - zumal Schützenminen die billigste und effektivste Methode sein dürften, den Bewegungsradius derartiger leichter Infanteristen radikal einzuschränken.

Famos!

Zitat:Mir schwebt daher eine Kaderarmee vor (am ehesten vergleichbar mit der Reichswehr), die auf eine rasche Aufblähung vorbereitet ist und in der die Dienstgerade bereits für wesentlich höhere Aufgaben geschult und vorbereitet werden.

In Kombination mit einer durchmilizierten Bevölkerung wäre das gewaltig.

Zitat:Eine rein zu Fuß agierende Truppe hat doch niemals den nötigen Bewegungsradius, um sich in einem Flächenland wie Mali oder Afgahnistan auch nur ansatzweise die Herrschaft über das Terrain sichern zu können - erst recht nicht, wenn der Gegner selbst motorisiert ist.

Scharfschützen und Fernaufklärer haben ebenfalls niemals den nötigen Bewegungsradius ... erst recht nicht, wenn der Gegner motorisiert ist. Nun könnte man einwenden, daß leichte Infanterie ja nicht einfach aus Scharfschützen und Fernaufklärern besteht. Aber an diesen beiden Gefechtsfeldrollen kann man eingängig zeigen, daß es um Einsatzweisen geht. Oder vielleicht noch eingängiger: Samurai gegen Ninja. Ein Samurai exponiert sich bewusst (deshalb auch die Rüstung), ein Ninja will grundsätzlich nicht wahrgenommen werden. Dies gilt für Gefechtsfeldaufgaben. Sollte leichte Infanterie aus irgendeinem Grund als Patrouilleure über weitläufiges Terrain fungieren müssen, sind diese für diese Aufgabe und während der gesamten Dauer mit entsprechenden Fahrzeugen inkl. Bordpersonal auszustatten. Es ist eine Zweckentfremdung, die aber sehr, sehr leicht erreichbar ist. Dann hat man etwa im Beispielland Mali so etwas wie die frühere südafrikanische Koevoet.

Zitat:... aber warum können Jäger das besser als, sagen wir, Panzergrenadiere?

Nur Saddam Hussein hat seine Panzer eingegraben.
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