06.06.2021, 09:12
(05.06.2021, 20:30)Quintus Fabius schrieb: Dem kann ich zustimmen, möchte aber an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass man diese Diskussion nicht auf Linke versus Konservative beschränken sollte.
Völlig richtig.
Zitat:Das ist aber nur ein Beispiel und was bedeutet hier schon deutlich konserativere Werte? Die heutigen Werte auch in der Führung des Springer Verlag sind alles andere als konservativ. Man könnte sogar diskutieren ob es überhaupt noch irgendeine echte konservative Partei in Deutschland gibt, und insbesondere die CDU ist heute definitiv keine konserative Partei mehr.
Die SPD ist in weiten teilen auch keine linke Partei mehr, würde man sie als Beispiel verwenden, könnte man einen grundsätzlichen Linksruck in Frage stellen. Aber es geht ja nicht in erster Linie um den heutigen Stand, sondern die Entwicklung dahin und von wem diese geprägt wurde. Und gerade wenn es um Medienkritik geht und dem angeblich von der Politik auferlegten Kurs, dann ist das im Kontext der Gesamtentwicklung meines Erachtens nicht haltbar. Heute übrigens auch nicht, denn die Medienlandschaft (auch im klassischen Print-Bereich) ist insgesamt immer noch diversifizierter und heterogener, als das gerne dargestellt wird - nur halt nicht zu jeder Fragestellung.
Zitat:Wo sind denn die Konservativen? Und warum sollte nur Konservative das einzige Gegenstück zu den Linken sein?
Habe ich nicht behauptet, sind sie ja auch nicht, sie waren nur das, was übrig blieb, nachdem sich die von dir erwähnte Futuristische Rechte letztlich ja selbst zerlegt hat, die gemäßigten aufgrund ihrer inneren Zerstrittenheit, und die extremen, nunja. Was übrig blieb hat sich dann in die CDU und FDP integriert, wobei die CDU ja auch keine rein konservative Partei war (weder am Anfang, noch am Ende). Das Fehlen und den Grund dafür habe ich aber auch genannt, und der wird sich nicht ändern, obwohl der Bedarf einer entsprechenden Gegenposition ja durchaus da ist.
Zitat:Meiner Ansicht nach gibt es keine wirkliche Kontinuität zwischen den 68ern und dem Pazifismus eines Teiles der Bevölkerung in den 50ern. Zudem waren die 68er nicht Pazifistisch, sie waren sozialistisch und der Pazifismus wie bei allen Sozialisten nur eine Phrase um sich damit vom Klassenfeind etc abzuheben.
Es gab schlicht nicht "die 68er", es sei denn du willst das wirklich auf den kleinen vornehmlich studentischen Kreis beschränken, auf den deine Charakterisierung zutrifft. Die waren aber nur insofern gesellschaftsprägend, wie sie eine staatliche Gegenreaktion hervorriefen, die dann von einer deutlich größeren Gruppe kritisiert wurde. Warum? Weil die noch immer den pazifistischen Werten der 50er Jahre verbunden waren.
Zitat:Die Diskrepanz zwischen der Bundeswehr und dem Rest der Gesellschaft wäre eben in Wahrheit gar nicht so groß wie du es hier lediglich annimmst und dann hätte die Mehrheit auch endlich eine Gegenwirklichkeit die aufzeigen würde, dass eben nicht alle diese von oben aufoktroyierten Veränderungen mitmachen, und zwar eine Gegenwirklichkeit von ausreichender Größe, Minderheit zwar, aber groß genug. Gerade indem die Armee die von dir genannte grundsätzliche Abhängigkeit verweigert, könnte sie der Kristallisationspunkt für einen tatsächlichen gesellschaftlichen Umschwung sein.
Also doch Revolution (ohne Wertung), denn wie anders soll man das nennen, wenn die Armee nicht mehr der politischen Führung folgt?

Bleiben wir mal als Beispiel bei der Homosexualität, das sollte, wie du bereits erwähnt hast, weder in einer Gesellschaft noch in der Armee eine Rolle spielen. Hat es aber jahrzehntelang in negativer Ausprägung, und die Nachwirkungen sind auch heute noch spürbar. Das es nun falsch ist, diese Nachwirkungen durch eine übertriebene Berücksichtigung zu bekämpfen, lässt sich nicht von der Hand weisen, der eigentliche Kern des Problems liegt aber nicht darin, dass dies überhaupt thematisiert wird.
Die Vorstellung, dass Hyperindividualität oder, auf gesellschaftlicher Ebene, Diversität zwingend die gemeinschaftliche Kohäsion gefährden, im Fall der Bundeswehr mit einem entsprechenden Niedergang der militärischen Fähigkeiten, ist insoweit aus der Luft gegriffen, dass das keine zwingende Kausalität gibt, sich aber sehr wohl eine Korrelation ergeben kann, wenn man keinen gezielten Einfluss nimmt.
Die nahezu jedem Menschen innewohnende Individualität steht ständig im inneren Widerspruch zur ebenso nahezu jedem Menschen innewohnende Sehnsucht nach Gesellschaftlicher Integration, egal ob im Kleinen oder im Großen. Es gibt aber keine Anzeichen dafür, dass erstere letztere (oder umgekehrt) verdrängen, sofern die Fähigkeit zur Anpassung gewahrt bleibt. Und genau da liegt meines Erachtens der grundsätzliche Fehler in deiner Betrachtung.
Wir erleben gesellschaftlich keinen Niedergang der Bereitschaft, klassisch-gemeinschaftliche Anforderungen hinter persönliche Ansichten zu stellen, sondern lediglich eine Verschiebung der Schwerpunktbildung hin zu einer Fokussierung auf diesen Aspekt der Diversität, nicht weil er eine besondere Stellung einnimmt, sondern weil er vielfach das primär verbindende Element darstellt.
Natürlich sind deine Ausführungen, dass alle Individualisierungsmerkmale für die Kampfkraft und damit auch für die Streitkräfte völlig irrelevant sind oder sein sollte vollkommen richtig, aber dieses Ziel kann nicht dadurch erreicht werden, dass eine möglichst homogene Gruppe hinsichtlich der nun mal vorhandenen individuellen Eigenschaften entsteht, sondern dass eine möglichst vollständige Integration geschieht. Dafür spiel Diversity-Management, nicht unbedingt in der aktuell betriebenen Ausprägung, eine elementare Rolle. Denn, und da komme ich wieder zum Anfang dieses Punktes zurück, wurde in der Geschichte der Bundeswehr mehrere Jahrzehntelang auch offensiv und nach außen ausgedrückt, dass bestimmte Persönlichkeitsaspekte nicht gewünscht sind. Und noch einmal: dieses Bild muss revidiert werden, ich stimme allerdings zu, dass dies nicht zu einer übertriebenen Fokussierung führen darf.
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Wie bereits angekündigt findet hier keine Diskussion über Religionsinhalte statt, die entsprechenden Beiträge habe ich entfernt (die Imame aus meinem Beitrag ebenfalls, weil die für die Argumentation völlig irrelevant sind). Wer mir persönlich dazu eine Frage stellen will, kann das gern per PN machen.