06.08.2021, 23:42
Zitat:Es ist meines Erachtens nicht korrekt, dass es vor 2001 eine strikte Anti-Opium-Politik der Taliban gab, oder dass man die Produktion aus eigener Überzeugung verhindern wollte
Mohammed Omar verbot den Anbau und die Verarbeitung von Opium Anfang September 2000. Und dieses Verbot wurde umgehend und drastisch umgesetzt.
Zitat: alle großen, bekannten Maßnahmen wurden als Reaktion auf die Resolutionen ausgeführt, und als man erkannte, dass das nicht ausreichend ist auch relativ schnell wieder eingestellt.
Welche Resolution im August 2000 oder davor soll das gewesen sein? Und eingestellt wurde diese Politik erst mit der amerikanischen Invasion des Emirats.
Zitat:Es ergibt für mich auch rein logisch wenig Sinn, dass man eine solche Kernüberzeugung einfach über Bord wirft und statt dessen aufgrund externer Einflüsse plötzlich an den Gewinnen partizipieren will (und man hat ja tatsächlich nach 2001 in den kontrollierten Gebieten die Produktion wieder ausgebaut, insbesondere die Weiterverarbeitung). Deshalb meine Annahme, der Einmarsch selbst hat an der Gesamtsituation eigentlich nichts verändert.
Der durchaus echten Kernüberzeugung stand vor allem die volkswirtschaftliche Problematik entgegen. Die Taliban zögerten sehr lange den Drogenanbau nieder zu machen, weil dies katastrophale wirtschaftliche Konsequenzen hatte (sind dann auch so eingetreten) und weil dass die Bevölkerung gegen sie aufbrachte (auch so eingetreten und einer der Schlüsselfaktoren für raschen konventionellen Sieg beim Einmarsch). Erst nachdem man sich halbwegs sicher fühlte versuchte man diesen Weg zu gehen - vor allem auch in der Hoffnung damit vom Westen anerkannt zu werden und westliche Hilfen zu erlangen. Der primäre Plan war für die Bekämpfung der Opiumproduktion westliche Gelder und technische Hilfen zu kriegen. Diese erhielt man dann aber nicht und schließlich wurde man durch das Verbot erheblich geschwächt.
Die drastischen wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen welche das Verbot durch die Taliban mit sich brachte sind hier im Westen so gut wie unbekannt. Das führte zu teilweise katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Problemen und schwächte die Talibanherrschaft signifikant.
Es gab eine Fatwa dazu, dass der Anbau doch gottgefällig ist, wenn er sich als Mittel der Kriegsführung gegen die Ungläubigen wendet. Nachdem man das Verbot ja theologisch begründet hat, hätte man sonst auch anders gar nicht wieder so leicht damit anfangen können ohne sich selbst völlig zu delegitimieren. Trotzdem haben die Taliban gerade in den ersten Jahren sich in diesem Bereich sehr stark zurück gehalten. Das kam dann erst im Laufe der Besatzung so wieder auf. Die Taliban haben jahrelang von den Drogengewinnen in Afghanistan recht wenig profitiert.
Aus diesem Grund ist der Einmarsch der wesentliche Faktor für die Veränderung der Gesamtsituation gewesen.