16.08.2021, 09:52
Das ist sicherlich eine der bittersten Feststellungen. Ich frage mich indessen nur, wie lange dies vorhält. Dass die westlichen Streitkräfte als Fremdkörper angesehen wurden - das ging aber bislang jeder ausländischen Macht in Afghanistan so - und auch dass ihre jeweiligen Statthalter nicht gerade das größte Vertrauen bei der hiesigen Bevölkerung besaßen, ist die eine Sache.
Ich denke aber, dass es andererseits umgekehrt auch die reine Zeit ist, die dazu führte, dass Afghanen zu dieser Einschätzung gelangten, die hier von einem Veteranen geäußert wurde. Man darf nicht vergessen: Viele Afghanen sind sehr jung, sie kennen die Lage vor 20, 25 Jahre nur eingeschränkt (wenn überhaupt) und haben vermutlich in ihrem Leben nur fremde Soldaten von NATO, USA und ISAF - die irgendwann mal vor zwei Jahrzehnten ins Land kamen - und halbwegs verlässliche bis korrupte Beamte erlebt, die vom Westen hofiert, mit Geld überschüttet und unterstützt wurden. Und gelegentlich kamen noch Drohnenangriffe und der eine oder andere Kollateralschaden (oder gar, wenngleich auch selten, Kriegsverbrechen, die über das Internet viral gingen) hinzu.
D. h. für diese jungen Afghanen erscheinen die Taliban zumindest "interessant", sind diese vordergründig doch auch "lokaler" Herkunft und denken muslimisch-patriotisch und "irgendwie" sind sie auch gegen den Westen und seine Statthalter ausgerichtet. Das kann Sympathien bewirken. Mischt man dies noch mit dem vor allem auf dem Land durchaus vorherrschenden Fundamentalismus und der Unkenntnis der Chaostage vor 20, 25 Jahren, so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich ein junger Afghane fragt, ob er auf der "richtigen" Seite steht? Soll er für die fremden Mächte bzw. deren inländische Vertreter sterben? Oder sich den neuen Herren anschließen, die seiner Meinung nach viel eher in dieses Land gehören? Die Antwort dürfte auf der Hand liegen - und dadurch erklärt sich wohl auch der desaströse Verfall der afghanischen Armee...
Nur: Warten wir es mal ab. Wenn die Taliban wieder ein Terrorregime errichten, so wie vor über 20 Jahren, gemischt mit öffentlichen Hinrichtungen und Auspeitschungen, Scharia-Fundamentalismus, Massakern an anderen Glaubensrichtungen und Volksgruppen, Zerstörung von Kulturgütern und Schulen, Einladungen an ausländische Terrorgruppen wie seinerzeit al Qaida (vllt. sehen wir ja irgendwann einen IS-Verschnitt im Lande?), einer rapiden Verarmung der Menschen (während die Talibanführer im Reichtum schwelgen, wie es Mullah Omar und andere ja getan hatten - hatte sich also was mit religiöser Askese), Drogengeschäften (wobei hier abzuwarten sein wird, ob sich die Taliban so verhalten, wie sie es Ende der 1990er taten) etc., kann es durchaus sein, dass die Afghanen, wobei es vermutlich wieder ein paar Jahre dauern kann, irgendwann feststellen, dass es so schlecht unter dem westlichen Einfluss auch nicht gewesen ist.
Schneemann.
Ich denke aber, dass es andererseits umgekehrt auch die reine Zeit ist, die dazu führte, dass Afghanen zu dieser Einschätzung gelangten, die hier von einem Veteranen geäußert wurde. Man darf nicht vergessen: Viele Afghanen sind sehr jung, sie kennen die Lage vor 20, 25 Jahre nur eingeschränkt (wenn überhaupt) und haben vermutlich in ihrem Leben nur fremde Soldaten von NATO, USA und ISAF - die irgendwann mal vor zwei Jahrzehnten ins Land kamen - und halbwegs verlässliche bis korrupte Beamte erlebt, die vom Westen hofiert, mit Geld überschüttet und unterstützt wurden. Und gelegentlich kamen noch Drohnenangriffe und der eine oder andere Kollateralschaden (oder gar, wenngleich auch selten, Kriegsverbrechen, die über das Internet viral gingen) hinzu.
D. h. für diese jungen Afghanen erscheinen die Taliban zumindest "interessant", sind diese vordergründig doch auch "lokaler" Herkunft und denken muslimisch-patriotisch und "irgendwie" sind sie auch gegen den Westen und seine Statthalter ausgerichtet. Das kann Sympathien bewirken. Mischt man dies noch mit dem vor allem auf dem Land durchaus vorherrschenden Fundamentalismus und der Unkenntnis der Chaostage vor 20, 25 Jahren, so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich ein junger Afghane fragt, ob er auf der "richtigen" Seite steht? Soll er für die fremden Mächte bzw. deren inländische Vertreter sterben? Oder sich den neuen Herren anschließen, die seiner Meinung nach viel eher in dieses Land gehören? Die Antwort dürfte auf der Hand liegen - und dadurch erklärt sich wohl auch der desaströse Verfall der afghanischen Armee...
Nur: Warten wir es mal ab. Wenn die Taliban wieder ein Terrorregime errichten, so wie vor über 20 Jahren, gemischt mit öffentlichen Hinrichtungen und Auspeitschungen, Scharia-Fundamentalismus, Massakern an anderen Glaubensrichtungen und Volksgruppen, Zerstörung von Kulturgütern und Schulen, Einladungen an ausländische Terrorgruppen wie seinerzeit al Qaida (vllt. sehen wir ja irgendwann einen IS-Verschnitt im Lande?), einer rapiden Verarmung der Menschen (während die Talibanführer im Reichtum schwelgen, wie es Mullah Omar und andere ja getan hatten - hatte sich also was mit religiöser Askese), Drogengeschäften (wobei hier abzuwarten sein wird, ob sich die Taliban so verhalten, wie sie es Ende der 1990er taten) etc., kann es durchaus sein, dass die Afghanen, wobei es vermutlich wieder ein paar Jahre dauern kann, irgendwann feststellen, dass es so schlecht unter dem westlichen Einfluss auch nicht gewesen ist.
Schneemann.