14.09.2021, 08:35
@Quintus
Mohnanbau: Den Mohnanbau aus der Luft zu bekämpfen gestaltet sich auch schwierig, es sei denn ich greife auf flächenwirkende Waffen zurück (z. B. Napalm oder dessen Derivate) oder auf chemische Keulen. Beides ist geächtet und wäre international und politisch nicht durchzuhalten. Von moralischen Aspekten sprechen ich dabei noch nicht.
Ich sehe also eher das Problem, dass wir mit einer Bombenkampagne a) mehr Flüchtlinge produzieren, wobei b) die etwas wohlhabenderen Menschen tatsächlich bis in den Westen zu gelangen suchen, während c) die Ärmsten gerade noch bis in den Nachbarstaaten es schaffen. Und dort wiederum gibt es das Risiko, vor allem bzgl. Pakistan, dass sie ein unzufriedenes und gehasstes bis fundamentalistisches Prekariat ausbilden, was dann zusätzlich die Destabilisierung Pakistans bewirken würde. Kurzum: Wir würden also mit einer Luftoffensive auch eher das bewirken, was wir wiederum nicht haben wollen, nämlich Pakistan destabilisieren.
Schneemann.
Zitat:Deshalb schrieb ich explizit, dass man diese Angriffe entlang der Bruchlinien der afghanischen Gesellschaft ansetzen muss. Dass man also diese (welche ohnehin mehr eine Nicht-Gesellschaft ist als eine Gesellschaft) durch gezielte Eingriffe auseinander sprengt. Primär muss man jede Form von Wirtschaft dort zerstören und insbesondere den Mohnanbau. Jede falsche Rücksichtnahme wäre hier falsch.Das wird aber praktisch nicht durchsetzbar sein. Technisch umsetzen könnte man es vllt., obwohl ich es immer für ein sehr gewagtes Konstrukt halte, darauf zu bauen, durch eine reine Bombenkampagne eine Bevölkerung dazu zu bringen, sich gegen ein Regime XYZ zu wenden. Zudem dürfte es äußerst schwierig sein, entlang der Bruchlinien einer Gesellschaft mit einer reinen Luftoffensive einzuwirken, so dass diese weiter zerfällt. Ich befürchte eher, dass wir zwar ein paar Brücken oder Tankstellen oder meinetwegen auch den einen oder anderen Taliban-Compound mit GBUs plattwalzen, aber dass es eben zugleich horrende zivile Verluste geben wird, die sich quer durch alle Volksgruppen dort zusammensetzen. Und dies wiederum dürfte die Menschen enger an das Regime heranrücken lassen.
Und natürlich wird das Leute dazu bringen sich für die Taliban zu entscheiden, aber das ist irrelevant. Ob nun die Mehrheit in den nächsten Jahren den Taliban folgen will oder folgen muss spielt gar keine Rolle. Wenn wir solche Angriffe immer weiter fortsetzen würden, dann wird die Unzufriedenheit mit dem Taliban Regime mit der Zeit immer größer werden und schließlich würde die Stimmung kippen. Wenn die Taliban die Wirtschaft nicht in den Griff kriegen, werden sie sich nicht halten können, deshalb ja meine Forderung jedwede Wirtschaft dort zu vernichten.
Mohnanbau: Den Mohnanbau aus der Luft zu bekämpfen gestaltet sich auch schwierig, es sei denn ich greife auf flächenwirkende Waffen zurück (z. B. Napalm oder dessen Derivate) oder auf chemische Keulen. Beides ist geächtet und wäre international und politisch nicht durchzuhalten. Von moralischen Aspekten sprechen ich dabei noch nicht.
Zitat:Flüchtlinge kann es nur geben wenn diese die Flucht bezahlen können, was schon bald nicht mehr der Fall sein würde wenn wir die afghansiche Wirtschaft vollständig vernichten, und wenn wir diese in die EU hinein lassen, wofür keinerlei Anlass besteht.Flüchtlinge von dort gab es schon immer, wobei der einzige Unterschied ist, dass manche tatsächlich mehr Geld haben dürften als andere und deswegen es bis nach Europa schaffen. Das ist aber unabhängig von der afghanischen Wirtschaft - da das, was wir treffen könnten, nicht die finanzielle Grundlage generiert von dem, was die Menschen dann zur Flucht nutzen könnten. Die meisten, die fliehen, sind nicht die Ärmsten, sondern haben halbwegs eine kleine Existenz (kleinere Betriebe, Handwerker, Bauern, Taxifahrer, vllt. auch der eine oder andere Schmuggler etc.). Und die treffe ich nicht mit einer Luftoffensive. Eher befördere ich deren Leid, so dass sie sich mit ihren Ersparnissen (auch mit dem, was sie in den letzten 20 Jahren ersparten) dann aufraffen zur Flucht.
Natürlich werden wir in jedem einzelnen Punkt das genaue Gegenteil machen, und schlußendlich wird dadurch Pakistan auseinandergeblasen werden.
Ich sehe also eher das Problem, dass wir mit einer Bombenkampagne a) mehr Flüchtlinge produzieren, wobei b) die etwas wohlhabenderen Menschen tatsächlich bis in den Westen zu gelangen suchen, während c) die Ärmsten gerade noch bis in den Nachbarstaaten es schaffen. Und dort wiederum gibt es das Risiko, vor allem bzgl. Pakistan, dass sie ein unzufriedenes und gehasstes bis fundamentalistisches Prekariat ausbilden, was dann zusätzlich die Destabilisierung Pakistans bewirken würde. Kurzum: Wir würden also mit einer Luftoffensive auch eher das bewirken, was wir wiederum nicht haben wollen, nämlich Pakistan destabilisieren.
Zitat:Und wie sollte man so die Taliban besiegen können?Eine Universallösung, die politisch tragbar wäre, kann ich dir nicht nennen. Wenn es politisch akzeptiert und durchsetzbar wäre, dann würde ich sagen: a) Truppenstärke und Luftunterstützung wie im Golfkrieg II anno 1991 + b) "clear and hold" + c) Aufbau der zivilen Infrastruktur.
Zitat:Die Sowjets haben übrigens in diesem Bereich wahrscheinlich sogar mehr geleistet als wir. Sinnvoller wäre es gewesen im ganzen Land Internet zur Verfügung zu stellen und jedem Afghanen ein Smartphone in die Hand zu drücken. Hätte mehr Effekt gehabt als ein Brunnen der dann dazu führte dass der Viehbestand in der Gegend zu groß wurde (bisherige Limitierung war der Mangel an Wasser) weshalb dann das Vieh eine Überweidung verursachte was dann einen Konflikt zwischen dem Nomadenstamm und den ansässigen Bauern verursachte worauf diese sich den Taliban anschlossen...Naja, während der Sowjetzeit sank die afghanische Bevölkerung um min. 1,5 Mio. Menschen ab (von grob 13,5 Mio. 1980 auf 11,8 Mio. 1989) und stagnierte das BIP, sank sogar leicht ab. Während der NATO-Intervention vervierfachte sich des BIP (von rund 4 Mrd. 2000 auf fast 19 Mrd. 2020) und die Bevölkerung verdoppelte sich fast. Interessanterweise sank auch die (hohe) Geburtenrate unter der NATO-Ära ab, was darauf hinweisen kann, dass es den Menschen insgesamt besser ging. Insofern sehe ich nicht wirklich, wo die Sowjets mehr geleistet hätten als wir.
Schneemann.