15.11.2021, 21:44
Ein paar Anmerkungen:
Das ist eine der wichtigsten Erkenntnise überhaupt, gerade weil sie die wesentlichste Frage aufwirft, was für Menschen geeignet sind in einem solchen ernsthaften Krieg zu bestehen. Solange wir nicht "aus dem Gleichgewicht" geraten, setzen sich in der Führung und schlußendlich bei der Karriere nach oben ganz andere Charaktere, ganz andere psychologische Profile durch als wenn der Krieg seiner wahren eigentlichen Natur entgegen strebt und je mehr er dies tut, desto andere militärische Anführer setzen sich durch und desto mehr werden komplett andere Typen benötigt. Und genau diese werden in Friedenszeiten und selbst noch während der aktuellen assymetrischen Einsätze im Prinzip verdrängt und gerade darin liegt meiner Einschätzung nach das Hauptproblem unserer westlichen Streitkräfte an sich.
Der zweite Aspekt der sich daraus ergibt ist die Unvermeidbarkeit hoher Verluste. Das wirft zwei Probleme auf zwei verschiedene Ebenen auf: zum einen sind diese Verluste aufgrund der Komplexität und der Kosten des heutigen Kriegsgerätes und der hohen Spezialisierung der Soldaten selbst weder technisch noch menschlich kompensierbar. Sehr schnell hat man hier eine Situation erreicht in welcher eine Seite aufgrund dessen militärisch zusammen bricht. Zum anderen können weder unsere Gesellschaften noch unsere Armeen sehr hohe Verluste tragen ohne aus psychologischen und sozialkulturellen Gründen kampfunfähig zu werden. Wir verlieren hier den Wettkampf des Willens. Allgemein wird oft falsch eingeschätzt wie hoch (man müsste eher schreiben wie niedrig) Verluste sein müssen, damit ganze Einheiten kampfunfähig werden, aufgeben, nicht mehr für weitere Operationen eingesetzt werden können etc. Erstaunlich geringe Verluste reichen da schon aus und meiner Einschätzung nach sind unsere aktuellen Streitkräfte sehr viel verlustanfälliger als dies früher andere Armeen waren. Sie müssen natürlich nicht der kaiserlich japanischen Armee gleichen in der die Leben der eigenen Soldaten nichts zählten und Verluste von über 80% noch keinerlei Auflösungserscheinungen hervor riefen, es ist in Wahrheit auch gar nicht relevant ob die Einheit schon bei 10% Verlusten auseinander fällt oder bei 20% oder 40%, und in welchem Zeitraum diese Verluste auftreten. Relevant ist die Zahl nur im Kontext zu den Verhältnissen beim Feind. Wenn wir schon bei 5% Verlusten scheitern, der Feind aber bei 15% Verlusten (beides sehr niedrig), dann ist der Feind immens im Vorteil. Das Verhältnis zum Feind ist also das entscheidende hier.
Ebenfalls einer der wichtigsten Aspekt und hier kommen wir zu einem schon oft von mir hier dargelegten Problem, dass Armeen sich sehr schwer damit tun mehrere Dinge zugleich zu tun. Man hat also entweder eine hohe Einsatzbereitschaft (absolut elementar), oder man modernisiert seine Waffensysteme, oder man baut seine Armee um, oder man ist in Einsätzen unterwegs, oder, oder. Mehreres davon gleichzeitig zu leisten ist kaum oder nur sehr schwer möglich. Da eine hohe Einsatzbereitschaft wie es hier richtig identifiziert wird absolut entscheidend ist, ergeben sich daraus einige Entweder - Oder Fragestellungen.
Spezifisch für das französische Militär besteht hier das immense Problem der fordernden Auslandseinsätze in Nordafrika. Diese behindern sowohl die Modernisierung wie die Einsatzbereitschaft, wobei für den richtigen Krieg diese beiden Parameter wesentlicher wären. Es stellt sich daher die Frage wie Frankreich seine Belastung durch die Auslandseinsätze deutlich reduzieren könnte ?!
Im Krieg funktioniert nur das einfachste (um mal Clausewitz etc al zu mißbrauchen), aber selbst das einfachste ist im Krieg extrem schwierig. Wir bilden uns aktuell viel darauf ein, dass wir die Auslandseinsätze relativ gut meistern. Tatsächlich aber ist das Ausmaß des CHAOS in einem richtigen Krieg derart viel größer, dass es von zu vielen Offizieren, selbst solchen mit Kampferfahrung nicht mehr ausreichend verstanden wird. Chaos bedeutet aber auch Chancen, wenn man denn den Charakter und die Befähigung hat diese zu ergreifen. Je mehr Chaos, desto mehr Chancen. Die ganze Sache dreht sich also nicht allein im Fähigkeiten, sie verlangt auch ganz grundsätzlich eine bestimmte Einstellung zur Sache. Wenn man das nur auf die Fähigkeiten reduziert, die innere militärische Kultur und die Verfasstheit der Soldaten dabei aber zu wenig berücksichtig, werden die Fähigkeiten nicht ausreichend sein um die kurzen Zeitfenster für auftretende Möglichkeiten nutzen zu können. Und ganz allgemein sind wir heute viel zu langsam geworden in allem. Stichwort:
Beschließend und in Bezug auf die angesprochenen militärischen Großübungen ist daher die zwingendste Schlußfolgerung, diese so weitgehend wie möglich den realen Kriegsbedingungen anzupassen. Das heißt insbesondere, in der Übung intentional ein wesentlich größeres Ausmaß von Chaos zu erzeugen und zuzulassen, dass die Teilnehmer selbst auch entsprechend wirken können. In Bezug auf rein französische Übungen weiß ich nicht genug um diesbezüglich eine Wertung vorzunehmen, aber die Übungen der Bundeswehr sind leider zu oft peinlich bis geskriptet und geben eben nicht wieder, wie es dann im realen Krieg wäre. Sie werden halt auch von Charakteren ausgearbeitet und durchgeführt die gerade eben aufgrund ihrer der Natur des Krieges gegenteiligen Charaktereigenschaften hochgekommen sind.
Zitat:Der erste Parameter ist die regelmäßige oder sogar sehr regelmäßige Unausgewogenheit unseres Systems, etwas, an das wir nicht gewöhnt sind. Wenn wir heute in der Sahelzone intervenieren oder gestern in Afghanistan, sind wir nie wirklich aus dem Gleichgewicht geraten: Unsere Operationen wurden vorbereitet und durchgeführt, ohne dass sie gestört wurden. Bei hoher Intensität würden wir aus dem Gleichgewicht geraten. Wir wären nicht mehr Herr des Geschehens, weil uns dieser paritätisch besetzte Gegner den nötigen Spielraum nehmen würde, um das Tempo zu kontrollieren.
Das ist eine der wichtigsten Erkenntnise überhaupt, gerade weil sie die wesentlichste Frage aufwirft, was für Menschen geeignet sind in einem solchen ernsthaften Krieg zu bestehen. Solange wir nicht "aus dem Gleichgewicht" geraten, setzen sich in der Führung und schlußendlich bei der Karriere nach oben ganz andere Charaktere, ganz andere psychologische Profile durch als wenn der Krieg seiner wahren eigentlichen Natur entgegen strebt und je mehr er dies tut, desto andere militärische Anführer setzen sich durch und desto mehr werden komplett andere Typen benötigt. Und genau diese werden in Friedenszeiten und selbst noch während der aktuellen assymetrischen Einsätze im Prinzip verdrängt und gerade darin liegt meiner Einschätzung nach das Hauptproblem unserer westlichen Streitkräfte an sich.
Der zweite Aspekt der sich daraus ergibt ist die Unvermeidbarkeit hoher Verluste. Das wirft zwei Probleme auf zwei verschiedene Ebenen auf: zum einen sind diese Verluste aufgrund der Komplexität und der Kosten des heutigen Kriegsgerätes und der hohen Spezialisierung der Soldaten selbst weder technisch noch menschlich kompensierbar. Sehr schnell hat man hier eine Situation erreicht in welcher eine Seite aufgrund dessen militärisch zusammen bricht. Zum anderen können weder unsere Gesellschaften noch unsere Armeen sehr hohe Verluste tragen ohne aus psychologischen und sozialkulturellen Gründen kampfunfähig zu werden. Wir verlieren hier den Wettkampf des Willens. Allgemein wird oft falsch eingeschätzt wie hoch (man müsste eher schreiben wie niedrig) Verluste sein müssen, damit ganze Einheiten kampfunfähig werden, aufgeben, nicht mehr für weitere Operationen eingesetzt werden können etc. Erstaunlich geringe Verluste reichen da schon aus und meiner Einschätzung nach sind unsere aktuellen Streitkräfte sehr viel verlustanfälliger als dies früher andere Armeen waren. Sie müssen natürlich nicht der kaiserlich japanischen Armee gleichen in der die Leben der eigenen Soldaten nichts zählten und Verluste von über 80% noch keinerlei Auflösungserscheinungen hervor riefen, es ist in Wahrheit auch gar nicht relevant ob die Einheit schon bei 10% Verlusten auseinander fällt oder bei 20% oder 40%, und in welchem Zeitraum diese Verluste auftreten. Relevant ist die Zahl nur im Kontext zu den Verhältnissen beim Feind. Wenn wir schon bei 5% Verlusten scheitern, der Feind aber bei 15% Verlusten (beides sehr niedrig), dann ist der Feind immens im Vorteil. Das Verhältnis zum Feind ist also das entscheidende hier.
Zitat:die Einsatzbereitschaft zu erhöhen, eine zwingende Voraussetzung, um "den Krieg vor dem Krieg zu gewinnen".
Ebenfalls einer der wichtigsten Aspekt und hier kommen wir zu einem schon oft von mir hier dargelegten Problem, dass Armeen sich sehr schwer damit tun mehrere Dinge zugleich zu tun. Man hat also entweder eine hohe Einsatzbereitschaft (absolut elementar), oder man modernisiert seine Waffensysteme, oder man baut seine Armee um, oder man ist in Einsätzen unterwegs, oder, oder. Mehreres davon gleichzeitig zu leisten ist kaum oder nur sehr schwer möglich. Da eine hohe Einsatzbereitschaft wie es hier richtig identifiziert wird absolut entscheidend ist, ergeben sich daraus einige Entweder - Oder Fragestellungen.
Spezifisch für das französische Militär besteht hier das immense Problem der fordernden Auslandseinsätze in Nordafrika. Diese behindern sowohl die Modernisierung wie die Einsatzbereitschaft, wobei für den richtigen Krieg diese beiden Parameter wesentlicher wären. Es stellt sich daher die Frage wie Frankreich seine Belastung durch die Auslandseinsätze deutlich reduzieren könnte ?!
Zitat:Je komplexer und gewalttätiger das Engagement ist, desto mehr müssen wir die Fähigkeiten am oberen Ende des Spektrums beherrschen. Eine Operation wie Sentinel zum Beispiel erfordert einfache militärische Fähigkeiten. Wir können also sowohl Infanteristen als auch Kanoniere und Logistiker einsetzen. Sie alle verfügen über die notwendigen Kampffähigkeiten, um diesen Auftrag auszuführen. Aber wenn ich eine Kompanie gegen eine gegnerische Panzerstaffel antreten lasse, werde ich von einer Einheit wie dem Tschad-Marsch-Regiment und seinen VBCI verlangen, dass sie alle ihre Fähigkeiten, sowohl taktische als auch logistische, beherrscht, um dieser gewaltigen Bedrohung zu begegnen.
Im Krieg funktioniert nur das einfachste (um mal Clausewitz etc al zu mißbrauchen), aber selbst das einfachste ist im Krieg extrem schwierig. Wir bilden uns aktuell viel darauf ein, dass wir die Auslandseinsätze relativ gut meistern. Tatsächlich aber ist das Ausmaß des CHAOS in einem richtigen Krieg derart viel größer, dass es von zu vielen Offizieren, selbst solchen mit Kampferfahrung nicht mehr ausreichend verstanden wird. Chaos bedeutet aber auch Chancen, wenn man denn den Charakter und die Befähigung hat diese zu ergreifen. Je mehr Chaos, desto mehr Chancen. Die ganze Sache dreht sich also nicht allein im Fähigkeiten, sie verlangt auch ganz grundsätzlich eine bestimmte Einstellung zur Sache. Wenn man das nur auf die Fähigkeiten reduziert, die innere militärische Kultur und die Verfasstheit der Soldaten dabei aber zu wenig berücksichtig, werden die Fähigkeiten nicht ausreichend sein um die kurzen Zeitfenster für auftretende Möglichkeiten nutzen zu können. Und ganz allgemein sind wir heute viel zu langsam geworden in allem. Stichwort:
Zitat:das Tempo zu kontrollierenWo keine Kontrolle möglich ist, sollte unabhängig davon das größtmögliche Tempo angestrebt werden. Das ist einfach ein Wert für sich. Ohne das Tempo zu kontrollieren erzeugt man durch ein höheres Tempo einfach grundsätzlich immer einen Kontrollverlust beim Gegner und wenn beide Seiten einem Kontrollverlust unterliegen ist dies in Wahrheit vorteilhaft. Nur dann lässt sich tatsächlich ein entscheidender Sieg erringen. Die Zeit des methodischen, systematischen, geordneten, logischen, rationalen und langsamen Abarbeitens ist vorbei.
Beschließend und in Bezug auf die angesprochenen militärischen Großübungen ist daher die zwingendste Schlußfolgerung, diese so weitgehend wie möglich den realen Kriegsbedingungen anzupassen. Das heißt insbesondere, in der Übung intentional ein wesentlich größeres Ausmaß von Chaos zu erzeugen und zuzulassen, dass die Teilnehmer selbst auch entsprechend wirken können. In Bezug auf rein französische Übungen weiß ich nicht genug um diesbezüglich eine Wertung vorzunehmen, aber die Übungen der Bundeswehr sind leider zu oft peinlich bis geskriptet und geben eben nicht wieder, wie es dann im realen Krieg wäre. Sie werden halt auch von Charakteren ausgearbeitet und durchgeführt die gerade eben aufgrund ihrer der Natur des Krieges gegenteiligen Charaktereigenschaften hochgekommen sind.