18.11.2021, 16:17
reflecthofgeismar:
Auch wenn man nicht das von dir angerissene Muster fährt, ist es für den Feind sinnvoll, das ganze nur heimlich zu machen.
Das ist der wichtigste, der entscheidende Punkt, den du hier ansprichst. Es ist eben ein erhebliches Missverständnis zu glauben, die Menschen würden sich mehrheitlich für etwas entscheiden, sie hätten einen freien Willen in dieser Sache, es seit ihre Entscheidung, wenn die Mehrheit es so wolle, könne mal halt nichts dagegen machen. Genau das ist nicht der Fall.
Der Feind breitet sich verdeckt in der Zivilbevölkerung aus, mit deren Willen oder auch (und das ist in Wahrheit das vorherrschende) gegen deren Willen. Selbst wenn eine absolute Mehrheit gegen den Feind ist, breitet sich der Feind aus und übernimmt Stück für Stück die Gesellschaft. Das ist für viele schwer verständlich. Deshalb die vielen Morde an spezifischen Personen, deshalb der Terror, deshalb Selbstmordanschläge in Moscheen, auf Märkten, bei Festen, bei Hochzeiten. Das dient konkret und spezifisch dem Zweck sich Stück für Stück in der Zivilgesellschaft auszubreiten, diese unter Kontrolle zu bringen und dann über diese zu herrschen und schließlich aus dieser Beherrschung heraus die Zivilisten im eigenen Sinne zu beeinflussen.
Dieses Nichtverständnis dieser Mechanismen ist zugleich auch die größte Schwäche der aktuellen westlichen COIN Doktrin, insbesondere der von Patreus beeinflussten Ideen des Population-Centric COIN bei denen die Bevölkerung durch unser Wohlverhalten und materielle Zuwendungen für uns eingenommen werden soll. Man sieht da die Zivilbevölkerung als eine Gruppe, welche sich für den größeren eigenen Vorteil entscheiden wird, und die sich für uns entscheiden wird, weil wir ihnen materielle Güter geben/beschaffen und weil wir viel menschenfreundlicher und moralisch besser sind als der Gegner. Die Realität sieht anders aus.
Die Bevölkerung entscheidet durchaus logisch und rational, aber sie entscheidet sich anhand ganz anderer Kriterien als derjenigen welche wir als die einflussreichsten betrachten. Im Laufe der Zeit hat man zwar verstanden, dass man die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten muss, weil die Zivilisten sich ansonsten von uns abwenden, aber zugleich hat man keine Ahnung wie man die Sicherheit gewährleisten soll. Da man zugleich keine eigene Herrschaft über die Bevölkerung ausübt und sich daher nicht analog zum Feind in dieser ausbreitet, ist es auch gar nicht möglich die Sicherheit sicherzustellen.
Entsprechend kann der Feind auch mit einem rein negativen Herrschaftsansatz (Druck, Gewalt, Terror) sich uns gegenüber durchsetzen und erlangt so die tatsächliche reale Kontrolle über die Gesellschaft. Unsere Versuche durch äußere Maßnahmen dann Sicherheit zu generieren scheitern oder sind kontraproduktiv. Primär solche äußeren Maßnahmen hast du hier genannt. Egal wieviel Kontrolle du auf diese Weise ausübst, es reicht nicht weil diese Maßnahmen extern bleiben und nicht intern innerhalb der Bevölkerung stattfinden.
Der Feind benötigt in vielen Fällen ja nicht einmal Waffen um sich auszubreiten. Es genügt da die bloße Präsenz von Unbewaffneten. Dafür gibt es in Afghanistan viele praktische Beispiele. Das ist vergleichbar dem Einfluss welchen beispielsweise die Mafia nimmt / herstellt. Überhaupt sind ganz allgemein die Methoden und Strukturen der organisierten Kriminalität und die des assymetrisch kämpfenden Feindes extrem ähnlich und gehen auch praktisch real nicht zuletzt deswegen fließend ineinander über. Eine Bekämpfung des Feindes muss daher mehr der Bekämpfung organisierter Kriminalität ähneln, ansonsten wird diese als Quasi-Staat Stück für Stück den Staat real praktisch ersetzen.
Wenn Krieg ein zweier Willen ist, so ist diese Art von Kampf eine Auseinandersetzung zweier Willen um einen anderen dritten Willen, den der Zivilbevölkerung. Das heißt unser Ziel ist nicht pimär der Wille des Feindes, sondern der Wille der Zivilbevölkerung. Dieser muss unterworfen werden, den genau das tut der Feind auch. Und deshalb verwende ich hier bewusst das Wort unterworfen. Dazu ist es notwendig sowohl den Feind innerhalb der Bevölkerung tatsächlich ausfindig zu machen und zu eliminieren, und zwar ungeachtet dessen ob er bewaffnet ist oder nicht, ungeachtet dessen ob er Kombattant ist oder nicht, man muss darüber hinaus diese Bekämpfung so gestalten, dass die Bevölkerung durch diese zugleich unterworfen wird, weil ihre Furcht vor uns größer ist als die Furcht vor dem Gegner. Damit ist die Zivilbevölkerung, die Gesellschaft selbs das eigentliche Ziel dieser Art von Kriegsführung. Parallel kann der Versuch gemacht werden, den Hass auf den Gegner durch eigene Aktionen zu schüren, den hassen wird die Bevölkerung sowohl uns wie den Feind, also muss der Hass auf den Gegner größer sein als der Hass auf uns. Und genau das wird aber nicht durch positives Verhalten von uns erreicht, sondern durch ganz andere Maßnahmen.
Oder um es so kurz wie möglich zusammen zu fassen: die Bevölkerung hat eben keine Wahl, sie entscheidet sich gerade eben nicht frei und sie darf auch keine freie Wahl unsererseits haben, den ansonsten gewinnt der Feind, weil er der Bevölkerung diese freie Wahl nicht lässt.
Ich kann es sehr empfehlen. Leider wird es meist nur in bestimmten Passagen und diese außerhalb des Gesamtkontextes betrachtet.
Zitat:Solange man da ist und eben das von mir angeführte Muster fährt, MÜSSEN sie es "heimlich" machen
Auch wenn man nicht das von dir angerissene Muster fährt, ist es für den Feind sinnvoll, das ganze nur heimlich zu machen.
Zitat:wenn die afghanische Bevölkerung das so will, kann man es mit den vorhandenen Mitteln sowieso nicht aufhalten.
... ist ja IHRE Entscheidung - sollen halt mit den Konsequenzen leben...
...Dann müssen sie mit den Konsequenzen leben, mir tut der %tuale kleine Anteil an "Aufgeklärten" leid aber der muss unter der Mehrheit eben leiden,
Das ist der wichtigste, der entscheidende Punkt, den du hier ansprichst. Es ist eben ein erhebliches Missverständnis zu glauben, die Menschen würden sich mehrheitlich für etwas entscheiden, sie hätten einen freien Willen in dieser Sache, es seit ihre Entscheidung, wenn die Mehrheit es so wolle, könne mal halt nichts dagegen machen. Genau das ist nicht der Fall.
Der Feind breitet sich verdeckt in der Zivilbevölkerung aus, mit deren Willen oder auch (und das ist in Wahrheit das vorherrschende) gegen deren Willen. Selbst wenn eine absolute Mehrheit gegen den Feind ist, breitet sich der Feind aus und übernimmt Stück für Stück die Gesellschaft. Das ist für viele schwer verständlich. Deshalb die vielen Morde an spezifischen Personen, deshalb der Terror, deshalb Selbstmordanschläge in Moscheen, auf Märkten, bei Festen, bei Hochzeiten. Das dient konkret und spezifisch dem Zweck sich Stück für Stück in der Zivilgesellschaft auszubreiten, diese unter Kontrolle zu bringen und dann über diese zu herrschen und schließlich aus dieser Beherrschung heraus die Zivilisten im eigenen Sinne zu beeinflussen.
Dieses Nichtverständnis dieser Mechanismen ist zugleich auch die größte Schwäche der aktuellen westlichen COIN Doktrin, insbesondere der von Patreus beeinflussten Ideen des Population-Centric COIN bei denen die Bevölkerung durch unser Wohlverhalten und materielle Zuwendungen für uns eingenommen werden soll. Man sieht da die Zivilbevölkerung als eine Gruppe, welche sich für den größeren eigenen Vorteil entscheiden wird, und die sich für uns entscheiden wird, weil wir ihnen materielle Güter geben/beschaffen und weil wir viel menschenfreundlicher und moralisch besser sind als der Gegner. Die Realität sieht anders aus.
Die Bevölkerung entscheidet durchaus logisch und rational, aber sie entscheidet sich anhand ganz anderer Kriterien als derjenigen welche wir als die einflussreichsten betrachten. Im Laufe der Zeit hat man zwar verstanden, dass man die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten muss, weil die Zivilisten sich ansonsten von uns abwenden, aber zugleich hat man keine Ahnung wie man die Sicherheit gewährleisten soll. Da man zugleich keine eigene Herrschaft über die Bevölkerung ausübt und sich daher nicht analog zum Feind in dieser ausbreitet, ist es auch gar nicht möglich die Sicherheit sicherzustellen.
Entsprechend kann der Feind auch mit einem rein negativen Herrschaftsansatz (Druck, Gewalt, Terror) sich uns gegenüber durchsetzen und erlangt so die tatsächliche reale Kontrolle über die Gesellschaft. Unsere Versuche durch äußere Maßnahmen dann Sicherheit zu generieren scheitern oder sind kontraproduktiv. Primär solche äußeren Maßnahmen hast du hier genannt. Egal wieviel Kontrolle du auf diese Weise ausübst, es reicht nicht weil diese Maßnahmen extern bleiben und nicht intern innerhalb der Bevölkerung stattfinden.
Der Feind benötigt in vielen Fällen ja nicht einmal Waffen um sich auszubreiten. Es genügt da die bloße Präsenz von Unbewaffneten. Dafür gibt es in Afghanistan viele praktische Beispiele. Das ist vergleichbar dem Einfluss welchen beispielsweise die Mafia nimmt / herstellt. Überhaupt sind ganz allgemein die Methoden und Strukturen der organisierten Kriminalität und die des assymetrisch kämpfenden Feindes extrem ähnlich und gehen auch praktisch real nicht zuletzt deswegen fließend ineinander über. Eine Bekämpfung des Feindes muss daher mehr der Bekämpfung organisierter Kriminalität ähneln, ansonsten wird diese als Quasi-Staat Stück für Stück den Staat real praktisch ersetzen.
Wenn Krieg ein zweier Willen ist, so ist diese Art von Kampf eine Auseinandersetzung zweier Willen um einen anderen dritten Willen, den der Zivilbevölkerung. Das heißt unser Ziel ist nicht pimär der Wille des Feindes, sondern der Wille der Zivilbevölkerung. Dieser muss unterworfen werden, den genau das tut der Feind auch. Und deshalb verwende ich hier bewusst das Wort unterworfen. Dazu ist es notwendig sowohl den Feind innerhalb der Bevölkerung tatsächlich ausfindig zu machen und zu eliminieren, und zwar ungeachtet dessen ob er bewaffnet ist oder nicht, ungeachtet dessen ob er Kombattant ist oder nicht, man muss darüber hinaus diese Bekämpfung so gestalten, dass die Bevölkerung durch diese zugleich unterworfen wird, weil ihre Furcht vor uns größer ist als die Furcht vor dem Gegner. Damit ist die Zivilbevölkerung, die Gesellschaft selbs das eigentliche Ziel dieser Art von Kriegsführung. Parallel kann der Versuch gemacht werden, den Hass auf den Gegner durch eigene Aktionen zu schüren, den hassen wird die Bevölkerung sowohl uns wie den Feind, also muss der Hass auf den Gegner größer sein als der Hass auf uns. Und genau das wird aber nicht durch positives Verhalten von uns erreicht, sondern durch ganz andere Maßnahmen.
Oder um es so kurz wie möglich zusammen zu fassen: die Bevölkerung hat eben keine Wahl, sie entscheidet sich gerade eben nicht frei und sie darf auch keine freie Wahl unsererseits haben, den ansonsten gewinnt der Feind, weil er der Bevölkerung diese freie Wahl nicht lässt.
Zitat:Nein aber vielleicht werde ich es mir zu Weihnachten beschaffen, wenn du es mir empfehlen kannst.
Ich kann es sehr empfehlen. Leider wird es meist nur in bestimmten Passagen und diese außerhalb des Gesamtkontextes betrachtet.