22.11.2021, 11:26
@Quintus
Oder andersherum gesagt: Wenn ich versuchen würde, derartige Banden mit fliegenden Standgerichten zu bekämpfen, mit Verschwindenlassen oder gar mit summary executions, so würde dies sicherlich zu einer temporären Schwächung dieser Kräfte führen. Aber die Flurschäden wären mit großer Wahrscheinlichkeit, dass das Vertrauen auf den Rechtstaat zusammenbricht und dass sich bewaffnete Gruppen oder gar private Todesschwadrone bilden, egal ob nun gegen oder für den betreffenden Staat. Die Kontrolle würde also völlig entgleiten und die Situation bei einer Art Ächtung bzw. Vogelfreiheit wäre wohl eine, die beinahe an "The Purge" erinnert. Und die Kräfte, die ich brauche, um das wieder zu korrigieren, wären immens (und während ich meine Kräfte hierfür nutze, würden im Hintergrund die genannten Banden wieder erstarken).
Außerdem zeigt die Vergangenheit, damit meine ich nicht einmal primär die NS-Herrschaft, dass solche Methoden die Türen und Tore öffnen für private Fehden, Verleumdungen, Denunzierungen und anderweitige Nickeligkeiten. Kurzum: Die Demokratie würde sich selbst abschaffen, würde sie so handeln.
Schneemann
Zitat:Das Unbehagen dass die Verwendung der richtigen Begriffe immer erzeugt ist mir durchaus klar. Ich möchte dir eine Frage dazu stellen: waren die Westmächte im Zweiten Weltkrieg nicht auch Demokratien, hatten sie nicht ein humanitäres Verständnis und eine erstrebenswerte Rechtsauffassung?! Und wurden nicht dennoch im Krieg mehrere Millionen Deutsche getötet, darunter Hunderttausende Unschuldige? Weil es notwendig war [...]Naja, notwendig war es nicht, aber es wurde schlicht billigend in Kauf genommen. Aber darüber hinaus macht es keinen großen Sinn, ein verzweigtes kriminelles Netz nichtstaatlicher Akteure auf die Stufe eines Weltkrieges zwischen Großmächten anzuheben.
Zitat:Wenn Demokratien nicht bereit sind gegen Feinde welche sich selbst außerhalb jeder Rechtsauffassung gestellt haben mit militärischer Gewalt zu begegnen und dann ihre eigene Rechtsauffassung für diesen Gegner nicht gelten zu lassen, wenn sie nicht mehr in der Lage sind bestimmte Feinde außerhalb des Rechts zu stellen und entsprechend anzugehen, dann werden weder die Demokratie, noch das humanitäre Verständnis noch eben diese erstrebenswerte Rechtsauffassung überleben.Ich weiß schon, was du meinst, aber ich muss zugleich davor warnen. Ich habe Formulierungen dieser Art, die im Kern in die Richtung gingen, man müsste den Rechtstaat zumindest temporär umgehen, nur um irgendeine Bedrohung zu bekämpfen, die sich außerhalb von diesem aufstellt (welche Bedrohung eines Rechtstaats stellt sich innerhalb von diesem auf?) schon öfters gehört und fast immer, wenn man dann tatsächlich den Rechtstaat umgangen hatte, waren dann final die a) die Bekämpfung des Gegners weniger erfolgreich und b) die sozialen und gesellschaftlichen Flurschäden wesentlich höher. Und zudem haben Gesellschaften dann i. d. R. auch lange gebraucht, um dieses Abweichen von der Rechtstaatlichkeit wieder korrigieren zu können. Es ist ein wenig wie mit den Geistern, die man rief...
Oder andersherum gesagt: Wenn ich versuchen würde, derartige Banden mit fliegenden Standgerichten zu bekämpfen, mit Verschwindenlassen oder gar mit summary executions, so würde dies sicherlich zu einer temporären Schwächung dieser Kräfte führen. Aber die Flurschäden wären mit großer Wahrscheinlichkeit, dass das Vertrauen auf den Rechtstaat zusammenbricht und dass sich bewaffnete Gruppen oder gar private Todesschwadrone bilden, egal ob nun gegen oder für den betreffenden Staat. Die Kontrolle würde also völlig entgleiten und die Situation bei einer Art Ächtung bzw. Vogelfreiheit wäre wohl eine, die beinahe an "The Purge" erinnert. Und die Kräfte, die ich brauche, um das wieder zu korrigieren, wären immens (und während ich meine Kräfte hierfür nutze, würden im Hintergrund die genannten Banden wieder erstarken).
Zitat:Es muss freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratien möglich sein bestimmte Feinde außerhalb des Rechtsstaates und außerhalb der Menschenrechte zu stellen, wenn diese sich selbst durch ihr Handeln und ihre Ziele völlig außerhalb dieser Parameter gestellt haben.Das Problem ist dann aber, dass diese Demokratien damit ihren eigenen Kern aufgeben würden. Außerdem würde es - wenn ich einmal moralische oder humanitäre Ideale völlig außen vor lasse - große, unkalkulierbare Risiken bzgl. eines Missbrauches dieser Systematik mit sich bringen. Wer definiert denn dann in diesen Demokratien, wer außerhalb des Gesetzes gestellt werden darf? Der Staatschef? Die Regierung? Die Justiz? Die Bürger in einer Volksbefragung? Welche Eckpunkte gelten? Und wann darf ich jemandem überhaupt außerhalb der Menschenrechte, d. h. somit ja jeglicher Rechte, stehend stellen?
Außerdem zeigt die Vergangenheit, damit meine ich nicht einmal primär die NS-Herrschaft, dass solche Methoden die Türen und Tore öffnen für private Fehden, Verleumdungen, Denunzierungen und anderweitige Nickeligkeiten. Kurzum: Die Demokratie würde sich selbst abschaffen, würde sie so handeln.
Zitat:Wohin das führt kann man sich in Mittelamerika jeden Tag ansehen. Greueltaten die (rein) qualitativ noch alles übertreffen was selbst die Nationalsozialisten verbrochen haben. Greueltaten die so extrem sind, dass ich sie hier nicht schriftlich darlegen werde. Verbrechen von derartiger Abscheulichkeit, dass sie die Verbrecher meiner Überzeugung nach außerhalb der menschlichen Spezies stellen.Ja, ich kenne die Berichte, und ja, auch ich werde es hier nicht ansprechen. Dennoch wäre ich zurückhaltend, bzgl. NS-Vergleichen. In zeitgenössischen Berichten (z. B. wenn man den Auschwitz-Prozess heranzieht) oder auch bei Kogon oder Höhne finden sich Passagen, die an Bestialität ihresgleichen suchen.
Schneemann