21.12.2021, 20:44
Zitat:SORGEN UM DIE UKRAINEhttps://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...95551.html
Putin droht dem Westen
„Sie machen, was sie wollen“, sagt Russlands Präsident über die Vereinigten Staaten. Er pocht auf schriftliche „Sicherheitsgarantien“ und kündigt an, auf „unfreundliche Schritte“ hart zu reagieren. [...]
Präsident Wladimir Putin hat dem Westen „für den Fall der Fortsetzung“ einer „offen aggressiven Linie“ gegen Russland mit „angemessenen militärtechnischen Antwortmaßnahmen“ gedroht. Auf „unfreundliche Schritte“ werde man „hart reagieren“, sagte Putin am Dienstag auf einer Sitzung im Verteidigungsministerium in Moskau und forderte neuerlich „langfristige, juristisch verpflichtende Sicherheitsgarantien“. Als Beispiele für angebliche Bedrohungen nannte Putin NATO-Manöver „an den russischen Grenzen“ und Raketenabwehrsysteme in Rumänien und Polen, an denen sich Moskau seit Langem stört. [...] „Sie machen, was sie wollen“, warf Putin den Vereinigten Staaten vor; das hätten Ereignisse in Jugoslawien, im Irak und in Syrien gezeigt. [...]
Russland hat Zehntausende Truppen an der Grenze zum Nachbarland und auf der annektierten ukrainischen Krim zusammengezogen, im Westen und in Kiew wird eine offene Invasion befürchtet. Putin zeichnete dagegen nun als Bedrohungsszenario eine Stationierung amerikanischer Überschallwaffen in der Ukraine. Indes konzedierte der Präsident, dass es diese Waffen nicht gibt, im Unterschied zu Überschallwaffen, über die Russland verfüge. Doch wisse man „ungefähr“, wann auch die Amerikaner solche Waffen fertig entwickelt hätten, sagte Putin. Dann könnten „unter der Deckung“ solcher in die Ukraine gelieferter Waffen „Extremisten“ aus dem Nachbarland „nach Russland“ geschickt werden, etwa „auf die Krim“. Auf der Halbinsel und in Russland nimmt der Geheimdienst FSB schon seit Jahren regelmäßig Ukrainer als „Spione“ fest. [...]
Putin sagte nun, man hoffe auf eine „klare, erschöpfende Antwort“ und Verhandlungen „in bestimmten Fristen“, die er nicht konkretisierte. Er hob auch hervor, dass es sich nicht um ein Ultimatum handele. Es bestehe die „Gefahr“, sagte Putin, dass „alle unsere Vorschläge im Sumpf versenkt werden“. An der derzeitigen „Anspannung“ in Europa seien allein die Vereinigten Staaten schuld. [...]
Der Kreml hat angekündigt, auf jede „Provokation“ der Ukraine hart zu reagieren. Zudem hat das Außenministerium für den Fall, dass der Westen nicht auf Moskaus Verhandlungsforderungen eingeht, am Wochenende eine „militärtechnische Alternative“ in Aussicht gestellt.
Man wird filtern müssen. Dass der Westen, vor allem die USA, unilateral gehandelt haben in bspw. Jugoslawien 1999 und im Irak 2003 steht sicherlich außer Frage. Hier wurden internationale Mechanismen teils bewusst und vorsätzlich ausgehebelt oder gleich ganz ignoriert. (Und genügend Politik- und Rechtswissenschaftler haben dies seinerzeit auch gezielt benannt und vor den Folgen, d. h. das Autokratien diese Vorgehensweise umdrehen könnten, gewarnt.)
Der zweite, von Putin verschwiegene Punkt ist aber auch, dass das Russland unter seiner Ägide letztlich froh war über diese ignoranten Verhaltensmuster des Westens, weil damit jedweder Völkerrechtsverstoß im Kontext des eigenen Handelns verklärend rechtfertigt werden konnte (sozusagen die klassische "Whataboutism"-Rechtfertigungshaltung der untergegangenen UdSSR). Ohne Irak oder Jugoslawien (interessant, dass Putin hier den Kosovo und seine von EU- und US-Seite abgesegnete Sezessionspolitik nicht erwähnt?) wäre Moskau auch in der Ukraine bzw. in Abchasien und Süd-Ossetien vor einem Dilemma gestanden, da man sich international gezielt und klar völkerrechtswidrig hätte verhalten müssen, ohne eine halbgare Rechtfertigungsgrundlage zu haben.
Gleiches gilt auch für den bemühten Raketenabwehrschild: Er ist da und ärgert Moskau - aber mit grob 10-20 Abfangraketen und drei Radarstationen werde ich einen russischen Erstschlag nicht aufhalten können, er gefährdet nicht einmal das Gleichgewicht, allenfalls hat der Westen eine größere Vorwarnzeit.
Bezüglich des Ukraine-Szenarios haben wir es mit einer klaren Drohung zu tun: Wenn der Westen "nicht auf Moskaus Verhandlungsforderungen eingeht", dann drohen "militärische Konsequenzen", d. h. wohl ein Einmarsch in der Ukraine. Und da es nicht danach aussieht, als wenn Washington und die EU die Grundfesten der NATO zu erschüttern bereit sind, könnte uns ein heißes Jahr 2022 bevorstehen.
Ich wünsche mir das nicht, aber man zieht nicht einfach kostenintensiv 100.000 Mann zusammen, um dann zu sagen, dass es nur ein Manöver war.
Schneemann