27.05.2022, 09:02
@Flugbahn

Wo ich dir aber zustimme, ist dass die Lieferung schweren Gerätes etwas saumselig vonstatten geht. Es war Quintus, der Anfang März (!) bereits erste Hinweis auf PzH-2000-Lieferungen hier gab, da ist bislang in drei Monaten doch scheinbar sehr wenig passiert, zumindest wäre man sicherlich schon weiter, wenn man vor drei Monaten hier etwas mehr Elan mitgebracht hätte.
Bzgl. des Ringtausches - also so wie ich es verstanden hatte, galt das für die Tschechen. Und die haben Panzer geliefert und kriegen nun Leopard (siehe auch den Strang über die tschechischen Streitkräfte weiter unten im Forum, wo ich gestern was zu dem Thema gepostet hatte). Eine solche (feste) Absprache gibt es übrigens, was weniger bekannt ist, auch mit Slowenien hinsichtlich M-84-Tanks.
Aber: Bei Polen habe ich ein wenig gesucht - offenbar gab es da keine direkte Abmachung. Es waren die Polen, die den Deutschen den Vorschlag Anfang April machten, dass man doch einen Ringtausch vornehmen könne und man dann gegen eigene Panzer stattdessen Leopard 2 A7V sich wünschen würde. Die Idee haben die Deutschen aber nicht aufgegriffen, da man selbst von diesem modernsten Modell des Leopard nun noch nicht so viele Exemplare hat. Ich glaube also, dass da ein Missverständnis vorliegt: Während man den Tschechen und Slowenen eine feste Zusage gab (und die erstgenannten erhalten jetzt auch die ersten Leopard), gab man eine solche den Polen nicht, da man das A7V-Modell selbst kaum verfügbar hatte. Dennoch habe die Polen ihre PT-91 kurzerhand an die Ukrainer geliefert - und das ohne weitere Absprache mit den Deutschen - und tun nun so, als wenn Deutschland sich nicht an Abmachungen halten würde. Also so ganz astrein ist die Argumentation Warschaus hier nicht.
Weiterhin:
Deutschland hat beileibe nicht nur Panzerfäuste und Stinger geliefert. Da die Bundesregierung sich über den genauen Umfang von Lieferungen aber etwas bedeckt hält seit einigen Wochen, ist es schwierig, alles zusammenzusuchen.
1.) Grob sind es aktuell folgende Lieferungen:
- 1.500 Strela Manpads,
- 2.500 Panzerfäuste 3,
- 500 Stinger Manpads,
- 5.100 Matador RCLs,
- 16 Mio. Schuss Munition versch. Kalibers,
- 100.000 Handgranaten,
- 5.600 Panzerabwehrminen und Richtminen,
- 14 gepanzerte Fahrzeuge,
- 4 Systeme zur Drohnenabwehr,
- eine unbekannte Anzahl an Vector-Drohnen,
- 50 Unimog-Lastwagen,
- 23.000 Helme,
- 20.000+ Schusswesten,
- 500.000 Essensrationen,
- unbekannte Anzahl an 155 mm Munition,
- 10.000 Tonnen (!) humanitäre Güter,
- 1 Feldhospital (mobil).
2.) Finanzleistungen:
- 2 Mrd. Euro seit März 2022,
- 1,8 Mrd. Euro rein bilaterale Hilfe seit 2014,
- rund 400 Mio. Euro für Wiederaufbau-Maßnahmen.
- dazu grob nochmals 250 bis 300 Mio. Euro für diverse "zivile Zwecke".
3.) Zusagen:
- 15 bis 50 (je nach Quelle) Gepard-Flakpanzer,
- 88 Leopard 1,
- 7 PzH 2000,
- unbekannte Anzahl 155 mm Munition.
Das ist alles zusammengefasst beinahe so viel, wie der Rest Europas (Großbritannien herausgenommen) geliefert hat. Also ich verstehe deswegen das ganze Zerreden bzw. Schlechtreden der deutschen Leistungen nicht so ganz.
Im Gegenteil, ich sehe sogar gewisse Risiken, weil alleine diese Lieferung von 10.000 (!) MANPADS und Panzerabwehrwaffen alleine durch Deutschland (wer hätte gedacht, dass wir noch so viel Material irgendwo herumliegen haben?) innerhalb von drei Monaten ist schon eine Hausnummer - wenn man bedenkt dass die USA via Pakistan in den 1980ern innerhalb von zwei Jahren "nur" rund 1.500 Stinger und Blowpipe an die Afghanen lieferten. Sicherlich mag dies ein anderer Krieg gewesen sein, aber es wird ersichtlich, dass Deutschland bzgl. des Ukraine-Krieges sicherlich nicht nur eine "größere Schweiz" ist, die eben "den Ukrainern ein wenig hilft"...
Ich mache mir derzeit zudem Sorgen, wo bzw. in wessen Händen dieses ganze Zeugs irgendwann mal landen wird, wenn dieser sinnlose Krieg endet. Denn eines dürfte sicher sein: Nach diesem Krieg ist die Ukraine, die schon davor nicht unbedingt ein norwegisches Rechts- und Staatsverständnis hatte, ein noch mehr zerrüttetes Land, in dem der kriminelle Wildwuchs, Schwarzmarkt und bandenartig-mafiöses Nachkriegsunwesen blühen werden. Und der Alptraum wäre es schon, wenn bspw. in fünf Jahren das SEK in Hannover einen Rockerclub aushebt und dabei 'ne Strela findet...
Schneemann
Zitat:Wenn dem so war, dass tatsächlich innerhalb weniger Tage Stinger und Co in der Ukriane waren, dann ziehe ich diesen Punkt gerne zurück. In meiner Erinnerung kommt es mir länger vor. Wurde denn in wenigstens gleichem Umfang auch Bestellungen bei der Industrie getätigt?Also zunächst: Ich weiß, dass wir hier in diesem Konflikt alle schon irgendwo Fehleinschätzungen gemacht haben. (Ich hatte ja den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft innerhalb weniger Monate angenommen, das trat bislang nicht ein.) Aus diesem Grund habe ich mir hier in diesem Strang einmal die Anfangsphase dieses Krieges angeschaut (grob etwa die Seiten 42 bis 45 - ja, erstaunlich wie rasch der Thread gewachsen ist). Da haben wir alle recht munter ins Blaue hinein spekuliert, bis hin zur Annahme, die Russen würden eine Luftherrschaft etablieren. Allerdings - was mir bei diesem Herumforsten auf den älteren Seiten ins Auge stach, war, dass du selbst diese Lieferungen der deutschen Panzerfäuste und Stinger auf Seite 43 mithilfe eines t-online-Artikels gemeldet hattest für den 26. Februar.
Wie du sagst sind wir inzwischen im 4. Monat (wobei die genannten 4 Monate schon großzügig gewählt waren / ich hätte 10 Wochen schreiben sollen) und das in den kommenden 4-Wochen Gepards, Marder oder Leopards in der Ukraine erscheinen werden, halte ich aktuell für sehr unwahrscheinlich.
Die ersten 15 Gepards sollen im Juli geliefert werden, wir werden sehen, ob es dabei bleibt. Bei Marder und Leopards bringt man Behauptungen vor, weshalb man diese nicht liefern will, die in keinem anderen Land bisher bestätigt wurde. Das Schauspiel hast du sicherlich mitbekommen. Wird also absehbar auch eher nichts.
Beim Thema Ringtausch harkt es ebenfalls. Hier hat man anscheinend zumindest so schlecht kommuniziert, dass Polen jetzt Vorwürfe vorbringen kann, DE würde die Zusagen nicht einhalten.
Das es auch anders geht / Im gleichen Zeitraum liefern bspw.
FR: CAESAR Haubitzen
USA: gezogene M777 + Fahrzeug, Switchblade, Mi-17 Helikopter, gepanzerte Fahrzeuge
Tschechien: Panzer vermutlich T-72
Polen: 200x T-72
Slowakei: S-300 System
...
Da sind unsere Helme, Panzerfäuse und Stinger im Vergleich, für die größte Volkswirtschaft in Europa, einfach zu wenig.

Wo ich dir aber zustimme, ist dass die Lieferung schweren Gerätes etwas saumselig vonstatten geht. Es war Quintus, der Anfang März (!) bereits erste Hinweis auf PzH-2000-Lieferungen hier gab, da ist bislang in drei Monaten doch scheinbar sehr wenig passiert, zumindest wäre man sicherlich schon weiter, wenn man vor drei Monaten hier etwas mehr Elan mitgebracht hätte.
Bzgl. des Ringtausches - also so wie ich es verstanden hatte, galt das für die Tschechen. Und die haben Panzer geliefert und kriegen nun Leopard (siehe auch den Strang über die tschechischen Streitkräfte weiter unten im Forum, wo ich gestern was zu dem Thema gepostet hatte). Eine solche (feste) Absprache gibt es übrigens, was weniger bekannt ist, auch mit Slowenien hinsichtlich M-84-Tanks.
Aber: Bei Polen habe ich ein wenig gesucht - offenbar gab es da keine direkte Abmachung. Es waren die Polen, die den Deutschen den Vorschlag Anfang April machten, dass man doch einen Ringtausch vornehmen könne und man dann gegen eigene Panzer stattdessen Leopard 2 A7V sich wünschen würde. Die Idee haben die Deutschen aber nicht aufgegriffen, da man selbst von diesem modernsten Modell des Leopard nun noch nicht so viele Exemplare hat. Ich glaube also, dass da ein Missverständnis vorliegt: Während man den Tschechen und Slowenen eine feste Zusage gab (und die erstgenannten erhalten jetzt auch die ersten Leopard), gab man eine solche den Polen nicht, da man das A7V-Modell selbst kaum verfügbar hatte. Dennoch habe die Polen ihre PT-91 kurzerhand an die Ukrainer geliefert - und das ohne weitere Absprache mit den Deutschen - und tun nun so, als wenn Deutschland sich nicht an Abmachungen halten würde. Also so ganz astrein ist die Argumentation Warschaus hier nicht.
Weiterhin:
Deutschland hat beileibe nicht nur Panzerfäuste und Stinger geliefert. Da die Bundesregierung sich über den genauen Umfang von Lieferungen aber etwas bedeckt hält seit einigen Wochen, ist es schwierig, alles zusammenzusuchen.
1.) Grob sind es aktuell folgende Lieferungen:
- 1.500 Strela Manpads,
- 2.500 Panzerfäuste 3,
- 500 Stinger Manpads,
- 5.100 Matador RCLs,
- 16 Mio. Schuss Munition versch. Kalibers,
- 100.000 Handgranaten,
- 5.600 Panzerabwehrminen und Richtminen,
- 14 gepanzerte Fahrzeuge,
- 4 Systeme zur Drohnenabwehr,
- eine unbekannte Anzahl an Vector-Drohnen,
- 50 Unimog-Lastwagen,
- 23.000 Helme,
- 20.000+ Schusswesten,
- 500.000 Essensrationen,
- unbekannte Anzahl an 155 mm Munition,
- 10.000 Tonnen (!) humanitäre Güter,
- 1 Feldhospital (mobil).
2.) Finanzleistungen:
- 2 Mrd. Euro seit März 2022,
- 1,8 Mrd. Euro rein bilaterale Hilfe seit 2014,
- rund 400 Mio. Euro für Wiederaufbau-Maßnahmen.
- dazu grob nochmals 250 bis 300 Mio. Euro für diverse "zivile Zwecke".
3.) Zusagen:
- 15 bis 50 (je nach Quelle) Gepard-Flakpanzer,
- 88 Leopard 1,
- 7 PzH 2000,
- unbekannte Anzahl 155 mm Munition.
Das ist alles zusammengefasst beinahe so viel, wie der Rest Europas (Großbritannien herausgenommen) geliefert hat. Also ich verstehe deswegen das ganze Zerreden bzw. Schlechtreden der deutschen Leistungen nicht so ganz.
Im Gegenteil, ich sehe sogar gewisse Risiken, weil alleine diese Lieferung von 10.000 (!) MANPADS und Panzerabwehrwaffen alleine durch Deutschland (wer hätte gedacht, dass wir noch so viel Material irgendwo herumliegen haben?) innerhalb von drei Monaten ist schon eine Hausnummer - wenn man bedenkt dass die USA via Pakistan in den 1980ern innerhalb von zwei Jahren "nur" rund 1.500 Stinger und Blowpipe an die Afghanen lieferten. Sicherlich mag dies ein anderer Krieg gewesen sein, aber es wird ersichtlich, dass Deutschland bzgl. des Ukraine-Krieges sicherlich nicht nur eine "größere Schweiz" ist, die eben "den Ukrainern ein wenig hilft"...
Ich mache mir derzeit zudem Sorgen, wo bzw. in wessen Händen dieses ganze Zeugs irgendwann mal landen wird, wenn dieser sinnlose Krieg endet. Denn eines dürfte sicher sein: Nach diesem Krieg ist die Ukraine, die schon davor nicht unbedingt ein norwegisches Rechts- und Staatsverständnis hatte, ein noch mehr zerrüttetes Land, in dem der kriminelle Wildwuchs, Schwarzmarkt und bandenartig-mafiöses Nachkriegsunwesen blühen werden. Und der Alptraum wäre es schon, wenn bspw. in fünf Jahren das SEK in Hannover einen Rockerclub aushebt und dabei 'ne Strela findet...
Schneemann