09.11.2022, 10:06
Midterms. wow
Noch wird ausgezählt und die genaue Machtverteilung ist noch offen – prognostizieren lässt sich schon jetzt:
Für die Republikaner ist dieses Ergebnis schlicht katastrophal.
Das Ergebnis liegt so weit jenseits der im rechten Lager und darüber hinaus geschürten (und in Teilen berechtigten) Erwartungen, dass man ungeachtet der eigenen politischen Ausrichtung eigentlich nur noch darüber lachen kann.
Das hat was die Prognostik angeht sehr deutliche Ähnlichkeiten zu 2016 und auch wenn die politischen Auswirkungen eher mittelbarer Natur sein werden haben die Demokraten hier eine Performance hingelegt (bzw. die Republikaner eine Nicht-Performance) die man mit Fug und Recht als historisch bezeichnen kann.
Amerika ging in diese Wahl mit einem alternden, überdurchschnittlich unbeliebten Präsidenten. Sicher nicht ganz so unbeliebt wie sein Amtsvorgänger während des größten Teils seiner Amtszeit aber viel fehlt nicht. Die Beliebtheitswerte des Kongresses sind (wie gewohnt) verheerend und eine überwältigende Mehrheit der Wähler ist der Meinung das sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Die Wirtschaft entwickelt sich (nach einem verschlafenen Post-Covid Start) bestenfalls lauwarm und die rekordverdächtig hohe Inflation schlägt (von der Biden-Regierung ignoriert) bei der breiten Masse der Gesellschaft voll ins Kontor.
Man könnte das noch weiter akzentuieren (Migration, Afghanistan, Ukraine), aber der Punkt ist – die Fundamentals haben vor den Wahlen sehr eindeutig auf einen sehr ordentlichen republikanischen Sieg verwiesen. Auch historisch betrachtet wäre es nur zu erwarten gewesen, dass die Partei eines relativ unbeliebten Amtsinhabers relativ deutlich bei den Midterms verliert. Das Internet-Meme des Roten Tsunamis war da so weit hergeholt nicht.
Geschehen ist effektiv das Gegenteil. Eine Handvoll Verluste im Repräsentantenhaus ergeben maximal eine minimale republikanische Mehrheit und im Senat haben sich die Demokraten mit plus minus einem Sitz effektiv behauptet. Senat ist nochmal ein speziellerer Fall weil hier die jeweiligen Kandidaten noch ein ganzes Stück weit entscheidender sind als das National Environment, im House liegen die Republikaner sehr deutlich unter den Erwartungen. Von einem Soliden Ergebnis mit 230+ sitzen oder einen überzeugenden Sieg mit 240 und mehr ist man meilenweit entfernt.
Verglichen mit der historischen Metrik ist das ein sehr eindeutiger Sieg Demokraten, es hätte für sie eigentlich weit, weit schlimmer kommen müssen. Auch jenseits von House und Senat. Ein random factoid, dass dieses ungewöhnliche Ergebnis unterstreicht: Im Senat von Michigan haben die Demokraten zum ersten Mal seit 1983 die Mehrheit.
Woran hat es nun gelegen?
Die Ursachen dieses Versagens sind vielschichtig, wird jeder unterschiedlich gewichten und viel zu oft steckt der Teufel im Detail.
An der analytischen Oberfläche zeigt das Ergebnis heute Nacht (erneut), dass Trump insbesondere mit seinen Verhalten nach der verlorenen Wahl 2020 zum Stein am Hals der GOP geworden ist. Mag sein das er die Basis elektrisiert und auch Gesellschaftsschichten animieren mag, die den politischen Prozess ansonsten aufgegeben haben. Das hilft aber keinen Meter weiter wenn er als Politiker und Kandidat von breiten Wählerschichten als absolut toxisch angesehen wird (ob berechtigt oder nicht, es ist halt so).
Man kann da seitens der Republikaner noch so sehr mit stichhaltiger Kritik an der anderen Seite aufwarten und sich im Culture War der zugänglicheren Argumente rühmen (Stickwort Youngkin) – bei viel zu vielen Wählen jenseits der eigenen Parteibasis können sich die Republikaner nicht von Trump emanzipieren und damit ist wahltechnisch der Ofen viel zu oft aus, anscheinend ganz egal was die andere Seite so verzapft. Oder anders ausgedrückt: Zu Trump hat halt jeder eine Meinung, meistens eine negative.
Man muss hier auch noch weiter ins Detail gehen wenn sich der Pulverdampf verzogen hat, aber schon jetzt ist festzuhalten, dass insbesondere die von Trump gepushten Senatskandidaten in New Hampshire, Pennsylvania, Georgia und Arizona höflich ausgedrückt nicht das gelbe vom Ei gewesen sind und definitiv den ein oder anderen Sitz gekostet haben.
Was für mich die nächste Lehre ist, die die Republikaner ziehen müssen. Wie Ben Shapiro (der sich mit seinen Prognosen vor der Wahl wie viele andere deutlich blamiert hat) getwittert hat: Candidate Quality Matters.
Völlig egal wie positiv die Fundamentals sein mögen, es zahlt sich in aller Regel halt nicht aus, in umkämpften Staaten irgendwelche Gestalten ins Rennen zu schicken, die vielleicht die Basis toll findet aber vom politischen Gegner (ob berechtigt oder unberechtigt) als Trumpnahe Extremisten gebrandmarkt werden können. Das ist eigentlich keine neue Erkenntnis, scheint den Republikanern nach Trumps Sieg in 2016 aber abhanden gekommen zu sein: Wer einen Amtsinhaber in einem umkämpften Staat entthronen möchte sollte sich besser als verdammt seriöser Kandidat der Mitte präsentieren und in der politischen Debatte überzeugen. Es hilft als Herausvorderer in aller Regel nicht der eigenen Basis hinterherzuhecheln und mit Red Meat umsichzuwerfen.
Bei Amtsinhabern ist das wiederrum anders aus wie die hervorragenden Ergebnisse bei den Gouverneurswahlen in Texas, Florida und Georgia (Trumps Senatskandidat scheitert gleichzeitig) zeigen. Solide Politik ist hier die Grundvoraussetzung die auch Wähler der Mitte überzeugt republikanisch zu wählen, rechtspopulistische Schlenker vergraulen keine Wähler weil man weiß was am Ende rauskommt.
Aber auch dieser Aspekt ist wieder nur ein Teil der Wahrheit, sicherlich nicht universell gültig und erklärt bestenfalls das Abschneiden im Senat.
Man könnte etwa auch anführen, dass im Zuge der Covid-Pandemie sehr viele Republikaner aus Blauen Staaten mit drakonischer Covid-Politik in den ‚freien‘ Süden migriert sind. Das ist auch eine Erklärung für das gute Abschneiden der Gouverneure
In jedem Fall aber zeigt das Abschneiden im House, dass die Probleme der Republikaner deutlich tiefer gehen und es wird spannend sein zu beobachten, ob man diese im innerparteilichen Prozess benennen und Mittel dagegen finden kann.
Was ich dabei einfach sehe ist, dass es einen Gesellschaftlichen Konsens gegen mindestens den von Trump gebotenen Populismus gibt. Und Gesellschaftlich meine ich nicht im Sinne der (wählenden) Bevölkerung sondern im Sinne die Organe die in der Gesellschaft in weitesten Sinne den Ton angeben und mitbestimmen. Die Medien, der Unterhaltungssektor, Social Media, die großen Unternehmen, Akademia sowieso, NGOs, selbst Kirchen und Militärführung usw. - alles stellt sich gegen die politische Strömung für die Trump steht / die Trump anbietet. Natürlich hatte die GOP hier auch schon vor Trump so manchen Hügel zu erklimmen, aber in der jetzigen Situation und der erbitterten Spaltung des Landes in (verkürzt) gesellschaftliche Eliten auf der einen und frustrierte Hanserl auf der andere Seite ist es verdammt schwer bis unmöglich dagegen anzukommen und noch irgendjemanden zu überzeugen.
Ich habe da schon vor den Wahlen 2016 die These vertreten, das für die GOP wenn überhaupt mit gemäßigten ‚All-American‘ Kandidaten etwas zu holen ist. Entsprechend wäre mein damaliger Favorit auch John Kasich gewesen. Egal. Mit Trump ist man einen anderen Weg gegangen und es sieht jetzt sehr danach aus, dass man auf diesem Weg an einer Wand steht.
Wir sich was ändern? Sieht jedenfalls alles andere als rosig aus für die Republikaner. Trump will (wollte?) nächste Woche seine Kandidatur verkünden, nach dem Ergebnis heute dürfte die Ankündigung wohl eher einen Bürgerkrieg in der GOP auslösen. Und ziemlich egal wer da dann gewinnt, für 2024 ist man damit alles andere als gut aufgestellt. Mit Trump gewinnt man jenseits der eigenen Lagergrenzen nix und nach einem Trump-Sturz wird es sehr schwer seine Anhänger zu motivieren.
Weitere Punkte die man festhalten kann:
Die riskante Strategie der Demokraten in den Republikanischen Vorwahlen Trumpnahe Kandidaten monetär zu Unterstützen ist aufgegangen. Aber darüber hinaus? Ich denke insgeheim werden sich da auch etliche Strategen fragen, wie sie das hinbekommen haben. An ihrer Message kann es zumindest nicht gelegen haben, jenseits von ‚Hilfe die Demokratie geht unter wenn ihr Republikaner wählt‘ war da ja nichts. Trotzdem – Biden & Co ist hier ein Politisches Kunststück gelungen, bzw. in den Schoß gefallen.
Dobbs: Noch nicht erwähnt aber sicherlich ein gewichtiger Punkt der den Republikanern hier auf die Füße gefallen ist. Vielleicht weniger die Entscheidung des Supreme Courts als solches als der Umgang danach damit. Es ist auch hier wieder sehr klar, völlig gleich was die Basis bzw. die evangelikale / sozial-konservative Strömung in der Partei möchte, die Bevölkerung drängt in eine andere Richtung, breite republikanische Wählschichten inklusive. Man hat als Republikanische Partei bei jüngeren Wählen und Frauen sowieso schon ein gehöriges Problem, mit den teils drakonischen Anti-Abtreibungsgesetzen im Zuge des Dobbs-Urteils macht man sich hier keine Freunde. Ein verständnisvollerer und ausgleichender Kurs sowie gesetzliche Kompromisse wären hier nötig gewesen, daran war aber angesichts der erbitterten Lagerkämpfe in diese Sache zum Schaden von Land und Partei nicht zu denken.
Polling: Ging mal wieder sowas von in die Hosen. Alle Polling-Analysten, zuvorderst RCP und 538 gingen von recht deutlichen bis überwältigenden Republikanischen Siegen aus. Die Eindrucksvolle Behauptung der demokratischen Position so wie sie sich jetzt manifestiert hatte niemand auf dem Schirm und zeichnete sich so auch bei einzelnen Umfrageinstituten nicht ab. Erschwerend/Erklärend, in diesem Zyklus wurde das Polling hauptsächlich von eher republikanisch orientierten Umfrageinstituten dominiert (prominent Trafalgar). Den Demokraten nahestehende Firmen hielten sich zurück. Ergebnis war wie jetzt zu konstatieren ist, die Chancen der Republikaner wurden viel zu rosig eingeschätzt. Trotzdem: Für mehr als „ +- 5% und es wird knapp“ sind diese Erhebungen mal wieder nicht zu gebrauchen gewesen. Eigentlich höchste Zeit diesem Wahrsagertum ein Ende zu bereiten. Wir natürlich nicht passieren.
Soweit einige recht ungeordnete Gedanken nach einer spannenden, wenn auch sehr unerwarteten Wahlnacht.
Noch wird ausgezählt und die genaue Machtverteilung ist noch offen – prognostizieren lässt sich schon jetzt:
Für die Republikaner ist dieses Ergebnis schlicht katastrophal.
Das Ergebnis liegt so weit jenseits der im rechten Lager und darüber hinaus geschürten (und in Teilen berechtigten) Erwartungen, dass man ungeachtet der eigenen politischen Ausrichtung eigentlich nur noch darüber lachen kann.
Das hat was die Prognostik angeht sehr deutliche Ähnlichkeiten zu 2016 und auch wenn die politischen Auswirkungen eher mittelbarer Natur sein werden haben die Demokraten hier eine Performance hingelegt (bzw. die Republikaner eine Nicht-Performance) die man mit Fug und Recht als historisch bezeichnen kann.
Amerika ging in diese Wahl mit einem alternden, überdurchschnittlich unbeliebten Präsidenten. Sicher nicht ganz so unbeliebt wie sein Amtsvorgänger während des größten Teils seiner Amtszeit aber viel fehlt nicht. Die Beliebtheitswerte des Kongresses sind (wie gewohnt) verheerend und eine überwältigende Mehrheit der Wähler ist der Meinung das sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Die Wirtschaft entwickelt sich (nach einem verschlafenen Post-Covid Start) bestenfalls lauwarm und die rekordverdächtig hohe Inflation schlägt (von der Biden-Regierung ignoriert) bei der breiten Masse der Gesellschaft voll ins Kontor.
Man könnte das noch weiter akzentuieren (Migration, Afghanistan, Ukraine), aber der Punkt ist – die Fundamentals haben vor den Wahlen sehr eindeutig auf einen sehr ordentlichen republikanischen Sieg verwiesen. Auch historisch betrachtet wäre es nur zu erwarten gewesen, dass die Partei eines relativ unbeliebten Amtsinhabers relativ deutlich bei den Midterms verliert. Das Internet-Meme des Roten Tsunamis war da so weit hergeholt nicht.
Geschehen ist effektiv das Gegenteil. Eine Handvoll Verluste im Repräsentantenhaus ergeben maximal eine minimale republikanische Mehrheit und im Senat haben sich die Demokraten mit plus minus einem Sitz effektiv behauptet. Senat ist nochmal ein speziellerer Fall weil hier die jeweiligen Kandidaten noch ein ganzes Stück weit entscheidender sind als das National Environment, im House liegen die Republikaner sehr deutlich unter den Erwartungen. Von einem Soliden Ergebnis mit 230+ sitzen oder einen überzeugenden Sieg mit 240 und mehr ist man meilenweit entfernt.
Verglichen mit der historischen Metrik ist das ein sehr eindeutiger Sieg Demokraten, es hätte für sie eigentlich weit, weit schlimmer kommen müssen. Auch jenseits von House und Senat. Ein random factoid, dass dieses ungewöhnliche Ergebnis unterstreicht: Im Senat von Michigan haben die Demokraten zum ersten Mal seit 1983 die Mehrheit.
Woran hat es nun gelegen?
Die Ursachen dieses Versagens sind vielschichtig, wird jeder unterschiedlich gewichten und viel zu oft steckt der Teufel im Detail.
An der analytischen Oberfläche zeigt das Ergebnis heute Nacht (erneut), dass Trump insbesondere mit seinen Verhalten nach der verlorenen Wahl 2020 zum Stein am Hals der GOP geworden ist. Mag sein das er die Basis elektrisiert und auch Gesellschaftsschichten animieren mag, die den politischen Prozess ansonsten aufgegeben haben. Das hilft aber keinen Meter weiter wenn er als Politiker und Kandidat von breiten Wählerschichten als absolut toxisch angesehen wird (ob berechtigt oder nicht, es ist halt so).
Man kann da seitens der Republikaner noch so sehr mit stichhaltiger Kritik an der anderen Seite aufwarten und sich im Culture War der zugänglicheren Argumente rühmen (Stickwort Youngkin) – bei viel zu vielen Wählen jenseits der eigenen Parteibasis können sich die Republikaner nicht von Trump emanzipieren und damit ist wahltechnisch der Ofen viel zu oft aus, anscheinend ganz egal was die andere Seite so verzapft. Oder anders ausgedrückt: Zu Trump hat halt jeder eine Meinung, meistens eine negative.
Man muss hier auch noch weiter ins Detail gehen wenn sich der Pulverdampf verzogen hat, aber schon jetzt ist festzuhalten, dass insbesondere die von Trump gepushten Senatskandidaten in New Hampshire, Pennsylvania, Georgia und Arizona höflich ausgedrückt nicht das gelbe vom Ei gewesen sind und definitiv den ein oder anderen Sitz gekostet haben.
Was für mich die nächste Lehre ist, die die Republikaner ziehen müssen. Wie Ben Shapiro (der sich mit seinen Prognosen vor der Wahl wie viele andere deutlich blamiert hat) getwittert hat: Candidate Quality Matters.
Völlig egal wie positiv die Fundamentals sein mögen, es zahlt sich in aller Regel halt nicht aus, in umkämpften Staaten irgendwelche Gestalten ins Rennen zu schicken, die vielleicht die Basis toll findet aber vom politischen Gegner (ob berechtigt oder unberechtigt) als Trumpnahe Extremisten gebrandmarkt werden können. Das ist eigentlich keine neue Erkenntnis, scheint den Republikanern nach Trumps Sieg in 2016 aber abhanden gekommen zu sein: Wer einen Amtsinhaber in einem umkämpften Staat entthronen möchte sollte sich besser als verdammt seriöser Kandidat der Mitte präsentieren und in der politischen Debatte überzeugen. Es hilft als Herausvorderer in aller Regel nicht der eigenen Basis hinterherzuhecheln und mit Red Meat umsichzuwerfen.
Bei Amtsinhabern ist das wiederrum anders aus wie die hervorragenden Ergebnisse bei den Gouverneurswahlen in Texas, Florida und Georgia (Trumps Senatskandidat scheitert gleichzeitig) zeigen. Solide Politik ist hier die Grundvoraussetzung die auch Wähler der Mitte überzeugt republikanisch zu wählen, rechtspopulistische Schlenker vergraulen keine Wähler weil man weiß was am Ende rauskommt.
Aber auch dieser Aspekt ist wieder nur ein Teil der Wahrheit, sicherlich nicht universell gültig und erklärt bestenfalls das Abschneiden im Senat.
Man könnte etwa auch anführen, dass im Zuge der Covid-Pandemie sehr viele Republikaner aus Blauen Staaten mit drakonischer Covid-Politik in den ‚freien‘ Süden migriert sind. Das ist auch eine Erklärung für das gute Abschneiden der Gouverneure
In jedem Fall aber zeigt das Abschneiden im House, dass die Probleme der Republikaner deutlich tiefer gehen und es wird spannend sein zu beobachten, ob man diese im innerparteilichen Prozess benennen und Mittel dagegen finden kann.
Was ich dabei einfach sehe ist, dass es einen Gesellschaftlichen Konsens gegen mindestens den von Trump gebotenen Populismus gibt. Und Gesellschaftlich meine ich nicht im Sinne der (wählenden) Bevölkerung sondern im Sinne die Organe die in der Gesellschaft in weitesten Sinne den Ton angeben und mitbestimmen. Die Medien, der Unterhaltungssektor, Social Media, die großen Unternehmen, Akademia sowieso, NGOs, selbst Kirchen und Militärführung usw. - alles stellt sich gegen die politische Strömung für die Trump steht / die Trump anbietet. Natürlich hatte die GOP hier auch schon vor Trump so manchen Hügel zu erklimmen, aber in der jetzigen Situation und der erbitterten Spaltung des Landes in (verkürzt) gesellschaftliche Eliten auf der einen und frustrierte Hanserl auf der andere Seite ist es verdammt schwer bis unmöglich dagegen anzukommen und noch irgendjemanden zu überzeugen.
Ich habe da schon vor den Wahlen 2016 die These vertreten, das für die GOP wenn überhaupt mit gemäßigten ‚All-American‘ Kandidaten etwas zu holen ist. Entsprechend wäre mein damaliger Favorit auch John Kasich gewesen. Egal. Mit Trump ist man einen anderen Weg gegangen und es sieht jetzt sehr danach aus, dass man auf diesem Weg an einer Wand steht.
Wir sich was ändern? Sieht jedenfalls alles andere als rosig aus für die Republikaner. Trump will (wollte?) nächste Woche seine Kandidatur verkünden, nach dem Ergebnis heute dürfte die Ankündigung wohl eher einen Bürgerkrieg in der GOP auslösen. Und ziemlich egal wer da dann gewinnt, für 2024 ist man damit alles andere als gut aufgestellt. Mit Trump gewinnt man jenseits der eigenen Lagergrenzen nix und nach einem Trump-Sturz wird es sehr schwer seine Anhänger zu motivieren.
Weitere Punkte die man festhalten kann:
Die riskante Strategie der Demokraten in den Republikanischen Vorwahlen Trumpnahe Kandidaten monetär zu Unterstützen ist aufgegangen. Aber darüber hinaus? Ich denke insgeheim werden sich da auch etliche Strategen fragen, wie sie das hinbekommen haben. An ihrer Message kann es zumindest nicht gelegen haben, jenseits von ‚Hilfe die Demokratie geht unter wenn ihr Republikaner wählt‘ war da ja nichts. Trotzdem – Biden & Co ist hier ein Politisches Kunststück gelungen, bzw. in den Schoß gefallen.
Dobbs: Noch nicht erwähnt aber sicherlich ein gewichtiger Punkt der den Republikanern hier auf die Füße gefallen ist. Vielleicht weniger die Entscheidung des Supreme Courts als solches als der Umgang danach damit. Es ist auch hier wieder sehr klar, völlig gleich was die Basis bzw. die evangelikale / sozial-konservative Strömung in der Partei möchte, die Bevölkerung drängt in eine andere Richtung, breite republikanische Wählschichten inklusive. Man hat als Republikanische Partei bei jüngeren Wählen und Frauen sowieso schon ein gehöriges Problem, mit den teils drakonischen Anti-Abtreibungsgesetzen im Zuge des Dobbs-Urteils macht man sich hier keine Freunde. Ein verständnisvollerer und ausgleichender Kurs sowie gesetzliche Kompromisse wären hier nötig gewesen, daran war aber angesichts der erbitterten Lagerkämpfe in diese Sache zum Schaden von Land und Partei nicht zu denken.
Polling: Ging mal wieder sowas von in die Hosen. Alle Polling-Analysten, zuvorderst RCP und 538 gingen von recht deutlichen bis überwältigenden Republikanischen Siegen aus. Die Eindrucksvolle Behauptung der demokratischen Position so wie sie sich jetzt manifestiert hatte niemand auf dem Schirm und zeichnete sich so auch bei einzelnen Umfrageinstituten nicht ab. Erschwerend/Erklärend, in diesem Zyklus wurde das Polling hauptsächlich von eher republikanisch orientierten Umfrageinstituten dominiert (prominent Trafalgar). Den Demokraten nahestehende Firmen hielten sich zurück. Ergebnis war wie jetzt zu konstatieren ist, die Chancen der Republikaner wurden viel zu rosig eingeschätzt. Trotzdem: Für mehr als „ +- 5% und es wird knapp“ sind diese Erhebungen mal wieder nicht zu gebrauchen gewesen. Eigentlich höchste Zeit diesem Wahrsagertum ein Ende zu bereiten. Wir natürlich nicht passieren.
Soweit einige recht ungeordnete Gedanken nach einer spannenden, wenn auch sehr unerwarteten Wahlnacht.