29.12.2023, 12:36
Allgemein:
Es ist immer wieder hochinteressant alte Schriften zur Infanterie zu lesen, wie beispielsweise die von Pogu vernetzte Doktrin der Franzosen aus der Zwischenkriegszeit - in welcher Infiltration von Infanterie das bestimmende Thema in fast alle westlichen Streitkräften war und zwar teilweise auf einem Niveau deutlich über dem was wir heute können - die Vorstellungen der Kaiserlich Japanischen Armee aus der gleichen Zeit oder beispielsweise die Auswertungen deutscher Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg.
Denn man findet in diesen Schriften nicht nur oft ein sehr hohes handwerkliches Können (heutige Infanterie hat teilweise nicht mal mehr die Befähigung welche Infanterie früher hatte) - sondern man findet in diesen Schriften auch oft konkrete Forderungen in Bezug auf die Konzeption von Schützenwaffen und wie sich die Autoren Schützenwaffen der Zukunft vorstellten, und in etlichen Punkten sind wir da weit hinter deren Vorstellungen geblieben.
Mal als Beispiel aus den Erfahrungen des Russland-Feldzuges von Eike Middeldorf, verfasst 1956:
1956. Und wie wenig weit sind wir seitdem gekommen, obwohl sich gerade in der Ukraine so viel von dem hier genannten wiederfinden lässt.
Es ist immer wieder hochinteressant alte Schriften zur Infanterie zu lesen, wie beispielsweise die von Pogu vernetzte Doktrin der Franzosen aus der Zwischenkriegszeit - in welcher Infiltration von Infanterie das bestimmende Thema in fast alle westlichen Streitkräften war und zwar teilweise auf einem Niveau deutlich über dem was wir heute können - die Vorstellungen der Kaiserlich Japanischen Armee aus der gleichen Zeit oder beispielsweise die Auswertungen deutscher Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg.
Denn man findet in diesen Schriften nicht nur oft ein sehr hohes handwerkliches Können (heutige Infanterie hat teilweise nicht mal mehr die Befähigung welche Infanterie früher hatte) - sondern man findet in diesen Schriften auch oft konkrete Forderungen in Bezug auf die Konzeption von Schützenwaffen und wie sich die Autoren Schützenwaffen der Zukunft vorstellten, und in etlichen Punkten sind wir da weit hinter deren Vorstellungen geblieben.
Mal als Beispiel aus den Erfahrungen des Russland-Feldzuges von Eike Middeldorf, verfasst 1956:
Zitat:„In Deutschland gab es in den 20er Jahren weit fortschrittliche Infanterie-Offiziere, die die Lehren des Ersten Weltkrieges nicht vergessen hatten, sondern sie weiterentwickelten. …. Jede Neuerung braucht jedoch eine erhebliche Zeitspanne, um in die Truppe eingeführt zu werden. …… Sie (die Infanterie) hat in der zukünftigen Kampfweise ausschließlich die eine Aufgabe, im Angriff den letzten Widerstand und in der Verteidigung den letzten Ansturm des Feindes zu brechen. Demnach kommt der frühere Feuerkampf der Infanterie auf weite, mittlere und nahe Entfernung für die Schützen-Kompanie in Fortfall. Er wird ersetzt durch eine möglichst laut- und feuerlose Annäherung nach Jägerart. …..
Für diese Aufgaben im Angriff und in der Verteidigung muß der Kompanie das gegeben werden, was sie braucht, und das genommen werden, was sie nicht braucht. Die zukünftige Kompanie besteht aus einer Summe von Einzelkämpfern, das heißt denjenigen die mit einer Waffe, einem Kampfmittel allein, kämpfen können. Sie ist damit im wahrsten Sinne des Wortes eine „Einheit“, im Gegensatz zum Bataillon, d.h. einem Verband, der den Kampf verbundener Waffen führt. Im Sinne der neuen Aufgaben der Kompanie wäre es daher abwegig, sie mit schweren Waffen, Granatwerfen (großen Kalibers, Mörser), schweren Maschinengewehren usw. anzureichern, um auf diese Art ihre Kampfkraft zu erhöhen. …… Der Kompanie müssen also zu ihrem Vorteil alle schweren Waffen genommen werden. Was muß ihr nun gegeben werden? …….
Von der Technik muß numehr gefordert werden, für MG und Sturmgewehr mit einer Munition auszukommen. Das Gewicht dieser Einheits-Patrone ist nicht so entscheidend. …… Es ergibt sich zudem die Frage, ob und warum überhaupt Maschinengewehre? Tatsächlich sahen viele sehr erfahrene Frontsoldaten 1945 das Maschinengewehr als überholte Waffe an. Zweifellos ist es künftig nicht mehr die Hauptwaffe der Schützen-Kompanie. ……. Die entscheidende schwere Waffe ist der Granatwerfer. Das schwere Maschinengewehr rechtfertigt seiner Wirkung nach nicht mehr den hohen Aufwand an Personal und Material. …. Das Problem liegt nun darin, beim Maschinengewehr mit 5 kg Gewicht eine Schußfolge von 40 Schuß in der Sekunde sowie hemmungsfreie Handhabung technisch zu gewährleisten. …..
…. beantwortet sich aus der Forderung, dass eine Kompanie drei Züge mit je drei Gruppen zu sieben Mann benötigt. Zu ihnen treten je Zug eine Gruppe mit zwei MG. ……. Besondere Aufmerksamkeit verdient das Scharfschützenproblem. …… zwei in jeder Gruppe erhalten ein Zielfernrohr mit stärkerer Vergrößerung für ihre Sturmgewehre. Im übrigen sind sie normale Schützen, aber mit zusätzlicher Ausbildung als Scharfschützen. Ist kein Scharfschützeneinsatz möglich, so tragen sie das Zielfernrohr im Futteral und kämpfen als Schützen. ……. sechs beim Kompanietrupp, erhalten ein Spezialgewehr mit über 1000 m/sek Vo und einem Zielfernrohr mit hoher Lichtstärke. ........ Er hat i.a. „freie Jagd“ im Kampfbereich der Kompanie. Erfordern Lage und Gelände den Einsatz eines Scharfschützenzuges, so steht auch dieser Einsatzart nichts im Wege, da schon die Kompanie allein damit über 24 Scharfschützen verfügt. …..
Was die Infanterie braucht, ist eine schlagkräftige, aktive Panzerabwehr, die ihr die Masse der feindlichen Panzer auf bis zu tausend Meter vom Leibe hält. Diese Frage ist bisher technisch nicht gelöst worden. Aber auch heute hat hier die Technik das letzte Wort noch nicht gesprochen. …….
….. auch die Forderung auf dem weitgehend aufgelockerten modernen Gefechtsfeld wie auch gelegentlich gegen leichte Feldbefestigungen durchschlagende Wirkung zu haben, sind hierfür (Kaliber der Mörser) bestimmend. Nur eine 10 bis 12 kg Granate mit Aufschlag-, Verzögerungs- oder Bodenabstandszünder entspricht den Anforderungen. Die frühere Forderung, dass die Waffe dreilastig noch kilometerweit getragen werden kann, bleibt bestehen. Gesamtgewicht also nicht über 60 kg. Eine weitere Verrringerung des Gewichtes ist anzustreben. Die Schußweite sollte mindestens 6000 m betragen. …….. Eine weitere Verbesserung wird mit dem Rundumfeuer, ohne die Bodenplatte zu bewegen und den Werfer erneut festzuschießen erforderlich sein. Es ist einleuchtend, dass diese neue Waffe anders munitioniert und mit neuen anderen Fernmeldemitteln versehen werden muss als bisher. …………
Leichtgepanzerte, voll geländegängige Kettenfahrzeuge versorgen bis zur vorderen, nicht voll feindeingesehenen Angriffslinie mit Infanterie-Munition und nehmen auf der Rückfahrt Verwundete mit. Beide Momente sind von großem praktischen Wert. Sie ermöglichen es vollautomatische Handfeuerwaffen für jeden Schützen zu verwenden.
Das moderne Gefechtsfeld verlangt den leichtbewaffneten, jägermäßig kämpfenden Infanteristen. Der Infanterist darf nicht mehr der mit Ausrüstung überladene Lastesel sein, der körperlich bald erschöpft nicht mehr gefechtsmäßig handeln kann. Kein Mann in der Schützenkompanie darf mehr als 10 kg Bewaffnung und Ausrüstung tragen, trotz gewaltiger Steigerung der Feuerkraft. …… Diese Steigerung der Infanterie-Feuerkraft begünstigt zukünftig in erster Linie den Verteidiger.“
1956. Und wie wenig weit sind wir seitdem gekommen, obwohl sich gerade in der Ukraine so viel von dem hier genannten wiederfinden lässt.