(Allgemein) Wiedereinführung einer Wehrpflicht und Personalgewinnung
(05.01.2024, 23:38)Nightwatch schrieb: Und nein, man kann auch nicht den BGS als Polizeitruppe neu aufstellen, mit schwerem Gerät zur Landesverteidigung befähigen und für Einsätze im Inneren als Polizei auftreten lassen.
Ich glaube, du überinterpretierst das. Es war nicht die Rede davon, den BGS mit schwerem Gerät auszustatten. Das bleibt bei der BW. Die Aufgabe des BGS in der LV wäre die einer leichten Infanterie. Inwieweit diese über gewisse Unterstützungswaffen verfügen darf oder muss, darüber kann man sicher diskutieren, aber ich sehe da bei sMG/GMW/PzFst schon einen Grenzbereich erreicht.

Und nein: Das steht nicht einer Befähigung zur LV im Wege, da hierzu immer auch die BW hinzu gezogen wird. BW und BGS ergänzen sich im V-Fall gegenseitig und sind nur gemeinsam vollumfänglich zur Landesverteidigung befähigt.
Zitat:Eine Wehrpflichtigen-Teilstreitkraft für den Heimatschutz ist immer noch eine Streitkraft im Sinne des Grundgesetzes Art. 35 und 87a Abs. 4 GG, mithin unterläge ein Einsatz im Inneren den gleichen Spielregeln wie der regulären Bundeswehr, auch wenn man das Konstrukt BGS nennt.
Ja, klar. Deswegen müssen auch Verweigerer davon getrennt gehalten werden. Allerdings unterscheiden sich die gesetzlichen Regeln für BW und BGS, was den Einsatz im Inneren (Art 35 Abs.2 GG) angeht.

"Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern."

Der BGS kann auch zur Sicherstellung der öff. Sicherheit und Ordnung angefordert werden, die Streitkräfte nur im Katastrophenfall. Ich räume allerdings ein, dass es möglich sein könnte, dass dieser Passus in seiner Gültigkeit ggf. anfechtbar wird, wenn man einen BGS neu aufstellt, der die Kriterien einer Streitkraft stärker erfüllt, als das früher der Fall war. Da müsste evtl. juristisch nachgebessert werden, wobei man dann auch gleich klarstellen könnte, dass diese Amtshilfe dann unter dem Befehl der regulären Polizei stattfinden müsste und nicht auf politisches Geheiß.
Zitat:Das Grundgesetz weist dem Bund in Art. 87a Abs. 1 S.1 GG die Kompetenz zu, Streitkräfte aufzustellen. Gemäß Art. 87a Abs. 1 S. 2 GG muss der Bundesgesetzgeber zwingend über die zahlenmäßige Stärke und Grundzüge der Organisation der Streitkräfte entscheiden. Dies stellt sicher, dass der Bundestag die zivile Kontrolle über die militärischen Fähigkeiten der Bundesrepublik behält.
Zudem stehen Einsätze der Bundeswehr im Innern, und damit ein Einsatz militärischer Fähigkeiten im Innern, unter dem Vorbehalt einer ausdrückliche n verfassungsrechtlichen Ermächtigung 14, Art. 87a Abs. 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht fordert daher „die Möglichkeiten für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern durch das Gebot strikter Texttreue zu begrenzen“.
Da die Aufstellung von Streitkräften somit Sache des Bundes ist und die Streitkräfte (und damit die militärischen Fähigkeiten der Bundesrepublik) im Innern zudem nur in eng begrenzten Ausnahmefällen eingesetzt werden können, wird aus Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ein Verbot abgeleitet, dass einzelne Bundesländer eigene Streitkräfte aufstellen oder ihre Polizei durchgehend militärisch auszustatten.
Ist gegeben. Der BGS untersteht dem Bund und wird von diesem im V-Fall der BW unterstellt oder im Rahmen einer anderweitigen, durch das Parlament festgestellten, Notlage zur Amtshilfe eingesetzt, alles im Rahmen festgelegter bzw. noch näher festzulegenden Regeln.
Zitat:Die Grenze zur unzulässigen Aufrüstung (Miliz) dürfte jedenfalls erreicht sein, wenn eine durchgehende Ausrüstung der Polizei mit militärischen Waffen erfolgt. Die vereinzelte Ausstattung mit militärischen Waffen könnte jedoch aus Gefahrenabwehrgründen auch der Polizei und einzelnen polizeiliche n Spezialeinheiten erlaubt sein.
Das bezieht sich zwar offenbar auf eine Bewaffnung der Landespolizeien und trifft somit hier eben nicht zu, aber davon ab ist der BGS auch gar keine Polizei. Sein Auftrag ist der Schutz gegen Angriffe von Außen. Die ehemaligen polizeilichen Aufgaben des BGS wurden von der Bundespolizei übernommen, es verbleibt nur der "Grenzschutz" in einer Schengen-kompatiblen-Interpretation.
Zitat:Im Übrigen dürfte so eine Wehrpflichtigen-Heimwehr-BGS Truppe verfassungsrechtlich dahingehend auf tönernen Füßen stehen, dass sie sich eben von der regulären Bundeswehr abgrenzt
Nein, wieso? Sie hat den bloßen Auftrag der Landesverteidigung, während der Auftrag der BW dann Bündnisverteidigung und IKM wären. Paramilitärische Gendarmerien/Küstenwachen funktionieren doch auch in unterschiedlichen Konstrukten in mehreren europäischen Staaten.
Zitat:und die Wehrpflichtigen dorthin für andere/erweiterte Aufgaben auslagert.
Das verstehe ich nicht ganz. Die WDL bleiben beim BGS, dessen Verbände im V-Fall der BW unterstellt werden. Wo ist das Problem?
Zitat:Die verfassungsrechtliche Legitimierung der Wehrpflicht leitet sich aber eben davon ab, dass die Einziehung von Wehrpflichtigen in der allgemeinen Lage zur Verteidigung des Bundesgebietes zwingend notwendig ist. Die Begrifflichkeit Verteidigung ist dabei durchaus eng im Sinne des Art115a GG auszulegen: Angriff des Bundesgebietes /Bündnisgebiets mit Waffengewalt von außen;
Joa, und dafür wird der BGS aufgestellt. Weil die Feststellung getroffen werden muss, dass für den V-Fall eine Armee wie die BW es heute ist, nicht allein in der Lage sein kann, den ungeheuren Bedarf an einfacher Infanterie für Graben-, Orts- und Häuserkampf aufzubringen. Das ist die Legitimierung der Wehrpflicht und der Zweck der Aufstellung. Die Organisationsform ist davon unabhängig.
Zitat:nicht: Terrorabwehr, Bürgerkrieg, Polizeidienst, Amtshilfe, out of Area oder sonstwas.
out-of-area fällt raus, das ist nicht vorgesehen, dafür gibt es die BW und dort dann auch immer noch FWDL.
Polizeidienst ist auch nicht vorgesehen, sondern lediglich Amtshilfe (für die es ja entsprechende Regeln gibt) für die Polizei in entsprechend gerechtfertigten Notlagen, was aber auch aus aktueller Perspektive eine absolute Seltenheit und besondere Ausnahme darstellen dürfte.

Und bei Terrorabwehr und anderen hybriden Lagen stellt sich dann die Frage, ob es sich bei der Bedrohung um einen "Angriff des Bundesgebietes /Bündnisgebiets mit Waffengewalt von außen" handelt, so wie du es selbst schriebst. Gleiches würde auch für einen theoretischen Bürgerkrieg gelten, denn ein solcher könnte in Deutschland absehbar nur durch Einwirkung von Außen entstehen.
Zitat:Das ergibt sich auch aus dem Umstand das die grundgesetzliche Verpflichtung zum Wehrdienst nach Art 12a sich artikelimmanent sehr eindeutig auf eben den V-Fall bezieht und beschränkt. Entsprechend fokussiert in der Zielsetzung hat der Wehrdienst auch zu sein.
Ein Konstrukt, in dem so ein verkappter Heimwehrverein vielleicht noch sekundär oder gar nur tertiär ein wenig das Feld Landesverteidigung bespielt weckt doch große Zweifel an der zwingenden verteidigungspolitischen Notwendigkeit der Wehrpflicht.
Ich sehe da keine Schwierigkeit: Die Aufgabe des Wehrdienstes wäre es, Vorsorge für den V-Fall zu betreiben durch den Aufbau einer möglichst großen Reserve. Dazu ist erforderlich, auch Kräfte für Pionier- Sanitäts- und Logistikaufgaben auszubilden, wozu sich glücklicherweise auch diejenigen eignen, die keine Waffe führen wollen. Aber das alles dient primär der Verteidigung gegen äußere Angriffe.
Zitat:Eigentlich ist dieses Konstrukt dann nicht viel anderes als eine allgemeine Dienstpflicht.
Doch, denn der eigentliche Dienst, der verpflichtend erbracht wird, liefert selbst erstmal keinen Mehrwert, da er nahezu ausschließlich aus Ausbildung besteht. Erst im Rahmen der anschließenden Reservistendienste wird tatsächlich eine Leistung erbracht, die dann entweder freiwillig erfolgt oder im jeweiligen Einsatz explizit begründet sein muss, wenn eine Dienstverpflichtung erfolgt.
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