(Allgemein) Wiedereinführung einer Wehrpflicht und Personalgewinnung
(06.01.2024, 13:12)Nightwatch schrieb: Nochmals:
Die Wiederholung der Argumentation ändert nichts daran, dass ich ihr nicht folge.
Zitat:Die verfassungsrechtliche Legitimation der Wehrpflicht entsteht allein aus der zwingenden Notwendigkeit, Bundes- bzw. Bündnisgebiet vor einer äußeren Bedrohung wirksam verteidigen zu können. Entsprechend muss eine Neugestaltung der Wehrpflicht zentral auf die Verteidigung im engeren Sinne der Art. 115a GG ausgerichtet sein.
Ich sehe das als gegeben an. Wir reden über eine Wehrpflichtigen-Streitkraft zur Landesverteidigung. Ihr Zweck ist der gleiche, den Wehrpflichtige auch innerhalb der BW hätten. Sie sind nur aus praktischen Gründen separat organisiert. Es gibt aber mWn keinerlei gesetzliche Grundlage, die es verbietet, Streitkräfte in verschiedenen Organisationen vorzuhalten. Wenn überhaupt, dann könnte es evtl. sein, dass so ein BGS auch im Frieden dem BMVg unterstehen müsste, das wäre denkbar, aber kein Hinderungsgrund.
Zitat:Eine Beschränkung des Wehrdienstes auf einen Bundesgrenzschutz in alter Form, als halbwegs militärisch ausgestattete Polizeitruppe (ja Polizei, siehe altes BSGS) mit Kombattantenstatus erfüllt diesen Anforderungsrahmen nicht
... und hat hier auch niemand vorgeschlagen. Keiner will eine Polizeitruppe mit Wehrpflichtigen. Gerade ich lege z.B. sehr viel Wert darauf, dass Polizisten gut ausgebildet sind, und eine dienstverpflichtete Polizeitruppe würde diesem Ansatz absolut widersprechen.
Zitat:Wehrpflicht ist nur dann verfassungsrechtlich legitim, wenn sie zur Erfüllung des grundgesetzlichen Verteidigungsauftrages in den Streitkräften notwendig ist und eingesetzt wird.
Und wo ist nun das Problem, wenn der BGS 2.0 per Definition und auch defacto eine Streitkraft ist? Also eine der Streitkräfte, die der Bund gemäß GG aufstellt? In diesem Fall konkret deswegen, weil die anderen vorhandenen Streitkräfte für eine vollumfänglich Landesverteidigung alleine nicht geeignet wären?
Zitat:Dann weiterhin, Wehrpflicht darf primär nur der Verteidigung dienen. Der Einsatz von Wehrpflichtigen allein in einer polizeilichen Hilfstruppe, die bestenfalls eine sekundäre oder tertiäre Befähigung für nachrangige Hilfsaufgaben im Verteidigungsfall hat und sich primär mit polizeilichen Aufgaben, Amtshilfe, Katastrophenhilfe, Aufrechterhaltung der inneren Ordnung, Terrorabwehr, Grenzschutz oder was weiß beschäftigt widerspricht der grundgesetzimmanenten Beschränkung der Wehrpflicht auf die Verteidigung vor äußeren Bedrohungen.
Es wäre ja auch genau umgekehrt. Der BGS wäre primär zur LV aufgestellt, befähigt und eingesetzt. Jede Sekundärfunktion käme nicht über das hinaus, was die BW auch bisher schon in dieser Richtung zu leisten hat. Der BGS wäre nicht explizit dafür vorgesehen, er wäre nur aus bestimmten Gründen einfach besser dafür geeignet als es die BW von heute ist. Er entspräche nämlich ganz grob dem, was das Territorialheer mal gewesen ist. Ein Teil der Streitkräfte, der weniger professionalisiert, sondern stattdessen tief in der Gesellschaft verwurzelt und mit ihr verbunden ist. Dabei schwächer bewaffnet als das Feldheer, bzw. eben die moderne Berufsarmee, die den Notwendigkeiten der globalen Sicherheitslage folgend zunehmend für eine Verteidigung außerhalb der Landesgrenzen befähigt sein muss.
Zitat:..., der Großteil der Wehrpflichtigen und mithin der Schwerpunkt der Wehrpflicht muss jedoch bei den primär zu Verteidigung gegen äußere Bedrohung vorgesehen regulären Streitkräften liegen.
Abgesehen davon, dass der BGS 2.0 mMn als Teil der regulären Streitkräfte einzuordnen wäre: wo steht das? Und was ist damit überhaupt gemeint? War das Territorialheer Teil der regulären Streitkräfte? Wo ist die Unterscheidung zwischen regulär und irregulär? Muss eine reguläre Streitkraft nur dem BMVg unterstehen oder gibt es irgendwelche Regeln dazu, wie stark die einzelnen Streitkräfte miteinander verbunden sein müssen, um als "regulär" zu gelten?

Ich sehe deinen Punkt dabei nicht.

(06.01.2024, 15:08)Nightwatch schrieb: Der BGS wurde Jahre vor der Bundeswehr und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht gegründet. Eine Neugründung heutzutage stünde daher unter anderen verfassungsrechtlichen (und europarechtlichen und völkerrechtlichen) Vorzeichen, Fragen zur militärischen Bewaffnung, Einsatz von Wehrpflichtigen und Einstufung als Polizeitruppe mit Kombattantenstatus würden sich neu stellen und würden nicht nach damaliger Interpretation des Grundgesetzes entschieden.
Leider (?) ist das Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Zusammensetzung nicht dafür bekannt bei der Auslegung des Grundgesetzes einer stringent wortgetreuen oder gar originialistischen Auslegung zu folgen. Insofern, was damals grundgesetzkonform was ist es heute noch lange nicht.
Das ein BGS 2.0 die hohen Hürden der Legitimation einer neuen Wehrpflicht überwindet halte ich da dann eben für ausgeschlossen.
Wir reden hier über die Reaktivierung der bereits gesetzlich geregelten Wehrpflicht sowie die Wiederaufstellung des Bundesgrenzschutzes als eine Streitkraft, nicht als Polizeitruppe. Dieser Vorgang muss natürlich insgesamt GG-konform stattfinden. Dafür braucht es eine Änderung des GG, da eine Wehrpflicht ohne Einbeziehung von Frauen (und nicht-binären Tongue) aller Voraussicht nach unzulässig wäre, aber auch sonst nicht die notwendige Akzeptanz in der Gesellschaft finden würde. D.h., es wäre ohnehin nur dann möglich, wenn ein breiter Konsens über Parteigrenzen hinaus gegeben wäre. Dementsprechend besteht auch ein gewisser Spielraum, was die Änderung gesetzlicher Grundlagen angeht und es wären sicherlich weitreichende Änderungen an den Gesetzen zur Wehrpflicht und zum Zivildienst erforderlich, ebenso bräuchte es ein neues Gesetz zur Wiederaufstellung des BGS, das von vornherein GG-konform formuliert werden kann.
All das führt -richtig gemacht- in der Konsequenz dann dazu, dass ein WDL-BGS einer Überprüfung durch das BVerfG standhalten kann. Wichtigstes Kriterium wir dabei die Einschätzung der Bedrohungslage sein. Aber damit sich eine Verfassungsändernde Mehrheit findet, muss eigentlich auch die empfundene Bedrohungslage in der Gesellschaft vorhanden sein, womit auch das gegeben wäre. Denn das BVerfG richtet sich bekanntermaßen nach dem Zeitgeist der Gesellschaft, weswegen wir keine Schwulen mehr wegsperren, sondern Vergewaltiger.
Zitat:Ich glaube übrigens auch nicht, dass das Gericht heute eine paramilitärische Polizeiorganisation ohne Wehrpflichtige zum freien Einsatz im Inneren dulden würde.
Natürlich nicht, denn das sind eigentlich genau die Dinge, die unser GG von Anfang an verhindern sollte. Der frühe BGS war dahingehend schon grenzwertig, da er ja auch eigentlich eine Pseudoarmee dargestellt hat.
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