08.03.2024, 10:15
Ich denke, dass das Problem sogar noch vielschichtiger ist und in Teilen wohl den Regierungen bzw. deren Kommunikationskultur angelastet werden muss (dieses Schweigen und Zögern gerade auch in Berlin, das Fehlen einer geraden Linie, hat ja auch die Entstehung von Spielraum für Auslegungen mitbewirkt). Und dass ein Teil der Menschen in Europa gegen Waffenlieferungen ist, ist auch dem Umstand geschuldet, dass man selbst erstaunt ist, wie sich der Konflikt entwickelt hat.
Nach dem anfänglichen Zusammenrücken nach dem russischen Angriff 2022, nach dem Schockmoment quasi (man erinnere sich, dass im Bundestag sogar die AfD sich hinter Scholz stellte, als er die Zeitenwende verkündete), merkte man, dass die Russen doch nicht so stark oder fähig sind wie befürchtet - nach den Abwehrerfolgen der Ukraine -, aber spätestens dann, als es um die Artillerie- und dann etwas später die Panzerlieferungen ging, erkannte man, dass man sich mit konträren Haltungen oder Forderungen nach Friedensverhandlungen innenpolitisch wieder etwas Zustimmung verschaffen kann. Im Ergebnis hat dieses "Umfallen" bzw. ggf. auch Verkennen und Unterschätzen der Lage und der Ambitionen des Kreml, dann auch mit zu ellenlangen Diskussionen geführt, die die Waffenlieferungen zusätzlich verzögerten...
Und nach dem anfänglichen, ängstlichen Zusammenrücken und der vermeintlichen Erkenntnis, dass "der Russe" doch nicht so stark ist, folgte wieder der innenpolitische Zwist - bei den Regierungsparteien wechselten sich schrille Töne mit zauderndem Schweigen und Herumlavieren ab, während gerade die rechte Opposition sich aus innenpolitischem Kalkül zu Helfershelfern der russischen Propaganda machte, um ein paar Stimmen herauszuschinden. Das spielt bei den Neurechten in den USA eine Rolle, teils auch bei den Rechten in Frankreich oder in Ungarn und bei uns bzgl. der AfD auch. Interessant ist hierbei, dass bislang die italienischen Rechten sich zumindest mehrheitlich klar und offen gegen Russland positionieren.
Das Ergebnis ist, dass sich eine Art "pseudopazifistische Querfront" aufgebaut hat, mutmaßlich unterstützt durch russische Trolle, die gerade z. B. in den (a)sozialen Netzwerken Seifenblasen generiert, die in erster Linie die Grünen oder die FDP als Kriegsgefahr darstellen - teils werden sogar Nazivergleiche bemüht -, während der eigentliche Kriegsherr im Kreml allenfalls lapidar am Rande erwähnt wird (oder gar als Opfer der "bösen" USA dargestellt wird, der sich ja nur "verteidigt") und die massiven Drohungen Moskaus gen Westen, inklusive Atomwaffen, sowie die neoimperialistischen Aussagen im Kreml etc. so gut wie nie eine Rolle spielen.
Dieses Konglomerat ist eine obskure Mischung aus Isolationismus, falsch verstandenem Pazifismus, geopolitischer Unwissenheit, Nationalismus, Kriegsangst, Verschwörungsglauben, blinder Moskauhörigkeit, teils "Führerglaube" und Rechtsextremismus (der "starke Mann" im Kreml), Überlegenheitsgefühl (diejenigen, die vor Russland warnen, sind ja entweder CIA-Lobbyisten, Kriegstreiber oder "Schafe") sowie einem blanken Frustablassen über die aktuelle Regierung. Vermutlich macht - wenn wir die 30% von lime heranziehen, die Waffenlieferungen ablehnen, und als Maßstab nehmen - dieser verirrte Haufen zehn bis 15% der Personen mit einer ablehnenden Haltung aus.
Die restlichen 15 bis 20% dürften sich tatsächlich aus recht unideologischen Menschen zusammensetzen, die schlichtweg Angst vor einer Kriegsausweitung haben, die Frieden wollen (ohne genau zu definieren bzw. definieren zu können, wie der Frieden aussehen soll), Humanisten, Pazifisten - und ich möchte den Begriff Pazifist bitte nicht negativ oder pejorativ verstanden wissen - und Idealisten der Völkerverständigung.
Das Problem ist, so befürchte ich, auch wenn ich diesen 15 bis 20% die hehren Absichten sicher nicht absprechen will, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit an einem Punkt sind, wo man mit diesen noblen Ansichten bei der aktuellen Moskauer Führung nicht wirklich etwas bewirken wird können. Zumindest werden wir, überspitzt gesagt, mit Sozialarbeit und Therapiersitzungen diese notorischen Lügner und paranoiden Berufsverbrecher im Kreml nicht kurieren können. Im Gegenteil dürfte vermutlich jedes gute Zureden und auch ernst gemeinte Beschwichtigen eher als Schwäche gedeutet werden und das Narrativ des "degenerierten und verkommenen Westens" weiter befeuern. Leider...
Schneemann
Nach dem anfänglichen Zusammenrücken nach dem russischen Angriff 2022, nach dem Schockmoment quasi (man erinnere sich, dass im Bundestag sogar die AfD sich hinter Scholz stellte, als er die Zeitenwende verkündete), merkte man, dass die Russen doch nicht so stark oder fähig sind wie befürchtet - nach den Abwehrerfolgen der Ukraine -, aber spätestens dann, als es um die Artillerie- und dann etwas später die Panzerlieferungen ging, erkannte man, dass man sich mit konträren Haltungen oder Forderungen nach Friedensverhandlungen innenpolitisch wieder etwas Zustimmung verschaffen kann. Im Ergebnis hat dieses "Umfallen" bzw. ggf. auch Verkennen und Unterschätzen der Lage und der Ambitionen des Kreml, dann auch mit zu ellenlangen Diskussionen geführt, die die Waffenlieferungen zusätzlich verzögerten...
Und nach dem anfänglichen, ängstlichen Zusammenrücken und der vermeintlichen Erkenntnis, dass "der Russe" doch nicht so stark ist, folgte wieder der innenpolitische Zwist - bei den Regierungsparteien wechselten sich schrille Töne mit zauderndem Schweigen und Herumlavieren ab, während gerade die rechte Opposition sich aus innenpolitischem Kalkül zu Helfershelfern der russischen Propaganda machte, um ein paar Stimmen herauszuschinden. Das spielt bei den Neurechten in den USA eine Rolle, teils auch bei den Rechten in Frankreich oder in Ungarn und bei uns bzgl. der AfD auch. Interessant ist hierbei, dass bislang die italienischen Rechten sich zumindest mehrheitlich klar und offen gegen Russland positionieren.
Das Ergebnis ist, dass sich eine Art "pseudopazifistische Querfront" aufgebaut hat, mutmaßlich unterstützt durch russische Trolle, die gerade z. B. in den (a)sozialen Netzwerken Seifenblasen generiert, die in erster Linie die Grünen oder die FDP als Kriegsgefahr darstellen - teils werden sogar Nazivergleiche bemüht -, während der eigentliche Kriegsherr im Kreml allenfalls lapidar am Rande erwähnt wird (oder gar als Opfer der "bösen" USA dargestellt wird, der sich ja nur "verteidigt") und die massiven Drohungen Moskaus gen Westen, inklusive Atomwaffen, sowie die neoimperialistischen Aussagen im Kreml etc. so gut wie nie eine Rolle spielen.
Dieses Konglomerat ist eine obskure Mischung aus Isolationismus, falsch verstandenem Pazifismus, geopolitischer Unwissenheit, Nationalismus, Kriegsangst, Verschwörungsglauben, blinder Moskauhörigkeit, teils "Führerglaube" und Rechtsextremismus (der "starke Mann" im Kreml), Überlegenheitsgefühl (diejenigen, die vor Russland warnen, sind ja entweder CIA-Lobbyisten, Kriegstreiber oder "Schafe") sowie einem blanken Frustablassen über die aktuelle Regierung. Vermutlich macht - wenn wir die 30% von lime heranziehen, die Waffenlieferungen ablehnen, und als Maßstab nehmen - dieser verirrte Haufen zehn bis 15% der Personen mit einer ablehnenden Haltung aus.
Die restlichen 15 bis 20% dürften sich tatsächlich aus recht unideologischen Menschen zusammensetzen, die schlichtweg Angst vor einer Kriegsausweitung haben, die Frieden wollen (ohne genau zu definieren bzw. definieren zu können, wie der Frieden aussehen soll), Humanisten, Pazifisten - und ich möchte den Begriff Pazifist bitte nicht negativ oder pejorativ verstanden wissen - und Idealisten der Völkerverständigung.
Das Problem ist, so befürchte ich, auch wenn ich diesen 15 bis 20% die hehren Absichten sicher nicht absprechen will, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit an einem Punkt sind, wo man mit diesen noblen Ansichten bei der aktuellen Moskauer Führung nicht wirklich etwas bewirken wird können. Zumindest werden wir, überspitzt gesagt, mit Sozialarbeit und Therapiersitzungen diese notorischen Lügner und paranoiden Berufsverbrecher im Kreml nicht kurieren können. Im Gegenteil dürfte vermutlich jedes gute Zureden und auch ernst gemeinte Beschwichtigen eher als Schwäche gedeutet werden und das Narrativ des "degenerierten und verkommenen Westens" weiter befeuern. Leider...
Schneemann