20.08.2024, 10:56
(16.08.2024, 15:37)Garten-Grenadier schrieb: Ich hatte eine offene Debatte statt einer weiteren Pauschalverurteilung gehofft.Zustimmung. Wobei es vielleicht besser gewesen wäre, die Debatte vorher zu führen, und am besten ergebnisoffen (im vernünftigen Rahmen) in der Truppe selbst. Jeder, der die Bundeswehr oder Organe des deutschen Staates allgemein kennt, konnte absehen, dass Rohrschneiders Vorstoß zurückgenommen werden würde.
(16.08.2024, 15:37)Garten-Grenadier schrieb: Ohne einer mentalen Verinnerlichung des Kampfauftrages ist die heutige Bundeswehr als Streifkraft weitesgehend wertlos.Zustimmung, aber da hat Deutschland nicht nur ein spezifisch deutsches Problem zu lösen, sondern auch das allgemeine Problem der postheroischen Gesellschaft. Es ist gut, dass wir die stupide Heroisierung von "Waffentaten" als westliche Gesellschaften weitestgehend hinter uns gelassen haben, doch haben wir im Zuge des gesellschaftlichen Wandels auch weitestgehend verlernt, aufopferungsvollen Einsatz für die Gemeinschaft zu würdigen. Dem Soldaten geht es da nicht anders als der Krankenschwester oder dem Müllmann.
Die Bundeswehr hat mit ihrer langen Tabuisierung des Kämpfens eigentlich nur darauf reagiert, dass diese Fähigkeit nicht gefordert war. Die deutsche Gesellschaft muss wieder lernen, dass sie die Fähigkeit des Kämpfens an einem Soldaten wertschätzen darf. Und zwar nicht, weil das Kämpfen im Sinne überkommener Maßstäbe eine große oder gar ehrenwerte Sache sei, sondern weil es eine ehrenwerte Sache ist, sich einer fürchterlichen Situation auszusetzen, damit andere es nicht tun müssen.
(16.08.2024, 15:37)Garten-Grenadier schrieb: Die Einsätze Afghanistan und Mali sind sowohl politische als auch militärische Niederlagen, welche nicht traditionsstiftend sein können.Das nun sehe ich allerdings anders. Nach meinem Verständnis haben militärische Traditionen überhaupt nur dann einen Zweck, wenn der einzelne Soldat daraus etwas Positives ziehen kann, das ihm oder ihr einen Anhalt gibt – ein Ziel.
Als soldatische Vorbilder werden mithin Einzelpersonen dienen, und der Wert von deren Leistungen kann sich schwerlich daran bemessen, ob sie im Zuge einer Niederlage erbracht wurden. Im Gegenteil kann sich gerade in der Niederlage die Spreu vom Weizen trennen und Nachahmenswertes offenbaren.
Man könnte sogar fragen, ob es nicht allzu riskant ist, sich in gelebten militärischen Traditionen an einer "ruhmreichen" Vergangenheit und vergangenen Siegen abzuarbeiten. Sicher, das hat etwas Identitätsstiftendes und erzeugt auch eine gewisse Erwartungshaltung, der eine Einheit, ein Verband, eine Armee im Idealfall genügen will. Aber: Wie allein die Beispiele Russland, USA und Israel in den letzten dreißig Jahren beweisen, kann eine Armee als Organisation sehr schnell dem Nimbus der eigenen Überlegenheit erliegen.
Ohnehin hat sich gerade im Zuge des Afghanistaneinsatzes einiges ereignet, das aus militärischer Sicht objektiv Wertschätzung verdient. Wenn man sich z.B. anschaut, wofür der heutige Brigadegeneral Jared Sembritzki sein Ehrenkreuz für Tapferkeit bekam …
In vielen anderen Ländern mit einer positiveren Einstellung zum Militärischen würde man diesen Mann überall als Beispiel für einen erfolgreichen und nachahmenswerten militärischen Führer präsentieren, und ihn auch bspw. in der aktuellen Situation als Experten durch die Talkshows tingeln lassen. Anstatt da Offiziere a.D. ohne Führungs(geschweige denn Gefechts)erfahrung hinzusetzen, damit sie einer Armee, die sich seit 900 Tagen erfolgreich gegen eine Übermacht verteidigt, bei jeder Gelegenheit zur Kapitulation raten können.