28.09.2024, 14:01
(28.09.2024, 08:00)Quintus Fabius schrieb: Allgemein:Kurz vorweg: Ich bin in der Region nicht so tief im Thema wie einige hier, daher sind das folgende eher Spekulation meinerseits:
Zitat:Ist Nasrallah eigentlich als Kombattant einzustufen ?Jemand, der Teil der militärischen Führungsstruktur einer kriegsführenden Partei ist, kann natürlich als Kombattant gewertet werden. Und der oberste Anführer ist zwangsweise auch immer Teil sämtlicher unter ihm existierender Strukturen, auch wenn er selbst primär als politischer oder ideologischer Führer in Erscheinung treten sollte.
Zitat:Und was soll diese Aktion strategisch konkret bewirken ? Mit wem will man jetzt noch verhandeln ? Wohin soll das langfristig führen ?Da gibt es viele aus israelischer Sicht erstrebenswerte Effekte, wenn man es denn im Gesamtzusammenhang hinsichtlich der Eliminierung jeglicher höherer Führungsstrukturen der Hisbollah betrachtet. Da ist vor allem die Störung weiterer Angriffe auf Israel sowie der Verteidigung gegenüber bevorstehenden Gegenangriffen durch fehlende Führung und Koordinierung. Aber auch die Option auf ein Auseinanderbrechen der Gesamtorganisation Hisbollah oder zumindest eine solche Schwächung, dass in einigen Gebieten andere lokal agierende Kräfte die Oberhand gewinnen können. Bei der Hisbollah handelt es sich ja nun mal um eine vergleichsweise erfolgreiche und etablierte Kraft unter den Feinden Israels, die auch eine tiefe Verwurzelung im zivilen Umfeld ihrer Herrschaftsgebiete vorzuweisen hat und so auch Einfluss auf die dortigen politischen und zivilen Führungsebenen nimmt. Ohne eine obere Führungsebene ist das alles nicht mehr so effektiv möglich und die Macht der Hisbollah wird sehr viel mehr geschwächt, als es durch Bodenoffensiven oder die Bombardierung von Waffenlagern etc. der Fall wäre.
Zitat:Meiner Ansicht nach ist die langfristige israelische Zielsetzung hier, ein Ende des Krieges proaktiv zu verhindern und im Idealfall den Krieg zu eskalieren bzw. den Krieg mit dem Iran herbei zu führen.Das mag zwar möglich sein, allerdings halte ich es für wahrscheinlicher, dass sich die aktuelle Vorgehensweise als Enthauptung und Zerschlagung des Feindes erklären lässt, mit denen man beabsichtigt, die Hisbollah von ihrem vergleichsweise hohen "Entwicklungsgrad" mit quasi-staatlichen Strukturen und Ressourcen zurück zu bomben auf das Niveau einer losen Ansammlung von jeweils dezentral agierenden und geführten kleineren Terrorgruppen, die sich im Idealfall perspektivisch noch gegenseitig oder mit anderen wie dem IS oder gar syrischen und libanesischen Regierungskräften bekämpfen werden und somit für Israel eine deutlich geringere, besser zu kontrollierende Gefahr darstellen würden.
Hinzu kommt mMn noch die Möglichkeit, Erfolgsmeldungen zu produzieren, was am anderen Ende des Landes gerade nicht mehr so gut funktioniert.
(28.09.2024, 10:11)Nightwatch schrieb: Auch das oft (jetzt nicht hier vor dir) gebrachte Argument, Netanyahu bräuchte den Krieg um sich im Amt zu halten zieht einfach nicht. Netanyahu hat auch nach einem Ende der Kämpfe noch eine Regierungsmehrheit in der Knesset und keiner seiner Partner hat etwas davon, die Koalition vorzeitig zu beenden. Gleichzeitig wird in Israel 2026 so oder so wieder gewählt und es ist für Netanyahus Zukunft absolut nicht entscheidend ob er nun 2025 oder 2026 abgewählt wird. Wenn es denn dazu kommt, Gantz ist seit seinem Austritt aus der Regierungskoalition auf Talfahrt während Netanyahu seine Position schon vor den Ereignissen im Libanon deutlich gestärkt hat. Wenn es ihm jetzt gelingt, die Hezbollah weitgehend vom Spielfeld zu nehmen... die Begeisterung über Netanyhau in den letzten drei Wochen reicht in Israel weit ins Oppositionslager hinein. Unter Umständen wäre es politstatregisch für ihn gar sinnvoll schon in 2025 wählen zu lassen, wenn es so weitergeht ist mindestens ien Patt zwischen den Blöcken möglich, auch ohne Wildcard Naftali Bennett.Dieser Argumentation kann ich nicht ganz folgen. Beschreibst du da nicht gerade genau, dass die aktuelle Vorgehensweise Bibi zu helfen scheint, an der Macht zu bleiben? Das ist doch genau das, was du vorher in Frage gestellt hast. Denn was ihm aktuell anscheinend -wie du es schreibst- vermehrten Zuspruch einbringt, ist ja offenbar ein hartes militärisches Vorgehen ohne konkretes Ziel und eine erkennbare Exit-Strategie. Also eben die Eskalation und Verfestigung des Konfliktes.