Abschreckung im Zeitalter irrationaler Akteure - am Beispiel des mittleren Ostens
#2
Willkommen im Forum. Vorab möchte ich deine Fragestellung an sich in Frage stellen und zwar in Bezug auf deine Definition von irrationalen und rationalen Gegnern:

Zitat:wenn dem Gegner nicht-materielle Ziele (z.B. Ideologie, Regime-Erhalt) wichtiger sind als materielle Verluste

Warum sollte eine Seite in jedem Fall irrational sein, weil ihr nicht-materielle Ziele wichtiger sind ? Und es wäre sogar umgekehrt denkbar, dass eine Seite zwar materielle Ziele höher gewichtet, aber trotzdem irrational agiert. Ich würde daher die Frage, ob ein Gegner als rational oder irrational einzustufen ist nicht an der Frage der Zielsetzung des Gegners festmachen. Sondern an der Frage, wie er sein Ziel erreichen will und wie er sich in diesem Kontext verhält. Und damit dreht sich deine Fragestellung praktisch gesehen in eine Definition um:

Ein Gegner ist gerade eben deshalb irrational, weil du ihn nicht abschrecken kannst. Gerade eben dadurch wird er zu einem irrationalen Akteur. Und damit wird deine Frage wie man einen irrationalen Akteur abschrecken könnte zugleich beantwortet: gar nicht. Gerade eben deshalb, weil er ein irrationaler Akteur ist und die Unmöglichkeit ihn abzuschrecken ihn überhaupt erst als solchen definiert.

Deshalb halte ich die Antworten der sogenannten KI hier auch für falsch, weil diese ideologische Ziele gerade eben als entscheidendes Definitionsmerkmal verwendet und damit aber einfach nur einer westlich anglo-amerikanischen Weltsicht folgt, und es zugleich an Logik vermissen lässt (schlussendlich hat diese sogenannte KI ja auch keinerlei Logik, sondern simuliert nur durch die Auswertung von vorgegebenen Datenbanken). Die allzu typischen Antworten der sogenannten KI welche du hier zitierst zeigen auch hier wieder einmal klar die Beschränktheit dieser Systeme auf. Deshalb gehe ich nicht einmal weiter darauf ein, weil es nur Zusammenfassungen vorgegebener Datenbanken sind, die zudem immer eine politische Intention haben, und allein durch diese den Blick auf wesentliche andere Perspektiven verstellen.

Ich finde es rein persönlich sogar extrem bedauerlich, wie sehr diese Programme zunehmend das Denken viel zu vieler Menschen prägen, indem sie ihnen eine bestimmte Sicht aufoktroyieren.

Auf deine Frage hin aber will ich folgendes antworten:

was meint ihr? Wie geht man am besten mit tendenziell irrationalen (autokratischen oder fanatischen) Akteuren um?

Im Sinne meiner Definition ist der beste Umgang mit solchen Akteuren, sie so weitgehend wie möglich zu bekämpfen und dadurch fortwährend zu schwächen, mit dem Idealziel der vollständigen Auslöschung dieser Akteure. Bekämpfen ist hier im weitesten Sinne gemeint, also sowohl kulturell wie wirtschaftlich wie politisch wie militärisch, direkt wie indirekt, auf jede nur denkbare offene wie verdeckte Weise. Das Ziel muss es immer sein, diese Akteure so weit wie möglich zu schwächen und ihrer Handlungsmöglichkeiten zu berauben. Oder um es in deinen Begrifflichkeiten auszudrücken: Man muss ununterbrochen das Eskalationspotentail des Gegners erordieren, abtragen, vernichten. Ob das theoretische Idealziel der Nicht-Existenz des Gegners erreichbar ist, spielt dafür gar keine Rolle.

Verbleibt noch der Fall, dass der Gegner zwar ideologische Ziele höher gewichtet, aber trotzdem ein rationaler Akteur ist:

Zitat:Wie stellt man Eskalationsdominanz und wirksame Abschreckung her, wenn dem Gegner nicht-materielle Ziele (z.B. Ideologie, Regime-Erhalt) wichtiger sind als materielle Verluste zu vermeiden?

In diesem Fall kann man Abschreckung dadurch herstellen, indem man entsprechend die Erreichung der nicht-materiellen Ziele bedroht / in Frage stellt. Da der Gegner hier rational agiert, wird er dadurch abgeschreckt, weil sonst seine nicht-materiellen Ziele bedroht sind.
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RE: Abschreckung im Zeitalter irrationaler Akteure - am Beispiel des mittleren Ostens - von Quintus Fabius - 05.10.2024, 07:24

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