24.10.2024, 15:16
(24.10.2024, 11:12)Helios schrieb: Ihr habt echt Probleme mit dem Unterschied zwischen Evakuierung (dient dem Interesse der Ziel der Aktion, ist bspw. ein Schutz von Personen vor einer drohenden Gefahr) und Vertreibung (dient dem Interesse des Urhebers der Aktion, ist bspw. ein Gebiet zu eigenen Zwecken zu nutzen)?Ich habe dann ein Problem damit, wenn von Vertreibung gesprochen wird, um Evakuierungen als Verbrechen darzustellen.
Zitat:Genau dieser Unterschied und die jeweilige Konnotation ist ja auch der Grund, warum sich die Begriffe überhaupt zur politischen Sprachnutzung eignen. Umso wichtiger ist es in der sachlichen Betrachtung, zwischen beiden zu differenzieren.Genau darum geht es!
(24.10.2024, 11:04)Kongo Erich schrieb:Nein, die Frage ist die nach der Intention. Ist es das erklärte Ziel des Evakuierenden, dass eine Volksgruppe ihre Heimat dauerhaft verlässt oder wird eine Rückkehr nicht kategorisch ausgeschlossen?Zitat:Als Evakuierung wird das Räumen von Gebieten bezeichnet. ...Die Frage ist dann, wie lange eine "Evakuierung" andauern muss, um zu einer "Vertreibung" zu werden.
Zitat:...„Vertreibung ist eine erzwungene Form von Migration ... Die von ihr Betroffenen werden unter mittelbarem oder unmittelbarem Zwang dazu genötigt, ihre Heimat zu verlassen. Vertreibung ist unumkehrbar und endgültig.“... Die Historiker Stefan Troebst und K. Erik Franzen definieren Vertreibung „als mit der Anwendung oder zumindest mit der Androhung von Gewalt verbundene erzwungene Bevölkerungsbewegung von Menschen ... auch Flucht, sofern sie dauerhaft erfolge und durch Gewalt oder deren Androhung erzwungen werde...
Zitat:Muss an der Stelle ja auch nicht. Da wird ja nur beschrieben, wann eine Vertreibung zum Völkermord wird und dass sie auch ansonsten als Verbrechen zu bewerten ist. Und genau das ist ja mein Punkt: Durch den Begriff Vertreibung wird ein Verbrechen suggeriert, für das es keine Belege gibt.Zitat:...Vertreibungen sind völkerrechtswidrig. Sie wurden bereits im Naturrecht des 18. Jahrhunderts geächtet. Sie verstoßen unter anderem gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907, gegen das Verbot von Kollektivausweisungen, gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker und gegen das Eigentumsrecht. Vertreibungen sind oft mit Enteignungen verbunden. Doch selbst eine Vertreibung ohne Enteignung würde das Eigentumsrecht der Vertriebenen verletzen, weil dieses Recht das Recht der Nutzung einschließt. Ein Vertriebener kann aber seine Immobilien nicht mehr nutzen.da ist jetzt von der Möglichkeit zur Rückkehr nicht mehr die Rede.
Soweit Vertreibungen eine hinreichend klar definierte Gruppe betreffen und mit der Absicht durchgeführt werden, diese Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, erfüllen sie außerdem den Tatbestand des Völkermordes im Sinne der UN-Konvention von 1948.
Das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes definiert Vertreibung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. ...
Zitat:Greifbar ist etwas anderes - einmal die Anwendung von Gewalt und zum Anderen die "faktische Enteignung" durch die nicht mehr vorhandene Möglichkeit, die eigenen Immobilie weiter zu nutzen.Dass Siedler im Westjordanland Vertreibungen vornehmen, ist sicher richtig und natürlich verachtenswert. Aber an dieser Stelle wieder einmal irrelevant, da es hier ausschließlich um den Libanon geht.
Nach dieser Definition sind dann auch die Aktivitäten zionistischer Siedler im Westjordanland als "Vertreibung" der ansässigen Palästinenser zu bezeichnen.
Zitat:Ich trete daher für eine etwas andere Definition ein:Das ist schon zu sehr detailliert.
Eine Evakuierung wird überwiegend von den Zivilbehörden des eigenen Landes gegenüber den eigenen Bürgern vorgenommen und ist mehr oder wenige geordnet und die Teilnahme zumeist freiwillig.
Eine Vertreibung erfolgt dagegen überwiegend von bewaffneten (auch paramilitärischen) Kräften eines fremden Landes gegenüber fremden Bürgern, ist meist überstürzt und ungeordnet und erfolgt nicht freiwillig.
Evakuierung dient dem Zweck, ein Gebiet allgemein zu räumen und Vertreibung dient dem Zweck, eine bestimmte Gruppe aus einem Gebiet gewaltsam und dauerhaft zu entfernen.
Man kann im Libanon also von eine Vertreibung der Hisbollah sprechen, der die Evakuierung der Zivilbevölkerung dient.
Zitat:so gesehen war der Exodus von bis zu 650.000 Palästinensern in Folge des Palästinakrieges (1958/49) eine Vertreibung, denn diese Personen konnten nie zurück kehren.Das ist sicher unstrittig, hat aber nicht direkt mit den aktuellen Vorgängen im Libanon zu tun. Dort findet eben keine systematische Vertreibung statt, wie es im Zuge der Nakba der Fall war.