07.11.2024, 06:37
Zitat:Apropos Leistungsbilanz: Die von Biden war gar nicht mal schlecht. Aber das Phänomen der "Vibecession", der gefühlten Rezession vor dem Hintergrund einer boomenden Wirtschaft, weil z.B. das Benzin teurer wird, ist in den USA gut bekannt. Biden hätte offensiv gegen die Miesmacherei Trumps angehen müssen, dazu hatte er nicht die Kraft, sondern verließ sich offenbar darauf, dass die Leute z.B. die Arbeitslosenzahlen selbst nachgucken. Dumme Idee.Das mag sicher auch ein Punkt gewesen sein. Als anfangs die Inflation hoch war und die Spritpreise angestiegen sind, haben die Republikaner dies gerne angeprangert (bis hin zu dieser nicht zu unterschätzenden Stickergeschichte, die ich hier im Strang schon mal erwähnt hatte, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/I_Did_That!). Als dann die Preise wieder sanken und der Sprit billiger wurde - und diese Sticker dann prompt wieder verschwanden, denn man hätte es ja dann Biden positiv zurechnen können -, hat man das seitens der Demokraten allenfalls mal höflich in Interviews erwähnt. Das war es dann aber auch. Es gab keinen Elan dahingehend, die eigenen Erfolge notfalls auch etwas rabiater verkaufen zu wollen. Und dass Trumps Strafzollpolitik übrigens keineswegs so erfolgreich war, wie gerne verkauft wird, hat man stillschweigend auch auf sich beruhen lassen - womit man dieses Politikum nicht mal im Ansatz ausgenutzt hat.
Es blieb also dieses unscharf-wohlige Gefühl beim Wähler zurück, dass König Donald I. zwar nicht so der nette Typ ist und seine gehässigen Twitterorgien waren auch wenig beliebt, aber dass es bei ihm wirtschaftlich doch irgendwie besser lief (anscheinend zumindest), als nun beim "ollen Joe", der zunehmend körperlich und geistig abzubauen schien. Und dann kam seine Vize, die eigentlich blass geblieben war (obgleich sie durchaus idealistisch und schlagfertig-frisch war) und die in Interviews dann prompt sagte, sie habe nicht die Intention etwas anders zu machen als Joe Biden. Da haben dann selbst Personen, die keine eingefleischten Trumpisten oder white supremacists waren, aber die eben diesem unscharf-wohlige Gefühl anhingen, die Augen verdreht.
Zitat:Die Auswahl der Person Kamala Harris' als Kandidatin. Man genügte sich mit der Feststellung, dass sie aufgrund ihres Amtes sozusagen die natürliche Nachfolgerin war, anstatt den Kandidaten zu suchen, der Trump schlagen konnte.Möglich, bin aber nicht sicher. Ich habe mir viele US-Medien, von links bis rechts, immer wieder angeschaut. Überall war Trump, oben und unten, und hier und dort, und was er alles gesagt hatte, über wen er gelästert hatte und wo er mal wieder mit einem Prozess rechnen musste. Trump, Trump, Trump. Aber eine richtige, auf Sieg getrimmte Harris-Kampagne sah ich so gut wie nirgends, so als wenn sie zwar "irgendwie da ist" und halt ihn "mal so" herausfordert, aber ansonsten eher eine mediale Staffage bleibt. Oder so ähnlich. Und gegen jemanden wie Trump kann man so nicht wirklich punkten - es waren also auch die liberalen Medien, die durch ihre Fixierung auf Trump und seine Irrlichtereien bis zu einem gewissen Grad Harris (ungewollt und unbemerkt) den Boden wegzogen. Ihren eigenen quasi.
Schneemann