10.11.2024, 11:00
(09.11.2024, 22:45)muck schrieb: Wie konnte er dann so viele überzeugen, dass man ihn einsperren musste?
Girkin kommt mir wie der notorische Querulant vor den es in nahezu jedem Verein gibt, der überall dabei sein will aber eigentlich will ihn keiner dabei haben.
Zitat:Girkin ist Oberst des FSB (und wahrscheinlich auch Oberstleutnant des GRU), war federführend am russischen Angriff auf die Ukraine 2014 und an der militärischen Stabilisierung der "Volksrepubliken" Luhansk und Donetsk beteiligt. Den bisherigen Kriegsverlauf der Invasion seit 2022 hat er korrekt vorhergesagt, und er ist keineswegs der einzige in Russlands Armee- und Sicherheitsapparat, der eine Mobilisierung fordert.Dieser Gedanke geht meines Erachtens völlig in die falsche Richtung.
Girkins Strategie dreht sich nur um einen möglichst schnellen Sieg in der Ukraine, egal mit welchen Mitteln. Die Strategie Putins ist wesentlich längerfristiger angelegt. Er will die komplette Abkehr vom Westen und ein Ende des westlichen Einflusses auf die russische Gesellschaft. Um dies zu erreichen kann sich der Krieg aus Sicht der russ. Regierung ruhig in die Länge ziehen.
Zitat:Der Personalmangel ist bereits erheblich.
Man nimmt Wehrpflichtige in den Schwitzkasten, damit sie sich verpflichten;
man schickt Kriminelle und den sozialen Bodensatz als Z-Sturm an die Front;
man holt sich Söldner aus Afrika und Truppen aus Nordkorea (!);
Matrosen untergegangener Schiffe und Luftwaffen-Bodenpersonal werden in die Schlacht geworfen;
und es gibt die Mobilisierten aus dem Herbst 2022, die völlig demoralisiert sind und nur noch heim wollen.
Nein, die Personaldecke reicht um den Krieg mit der aktuellen Intensität weiter zu führen.
Dein Fehler ist dass Du die westliche Sichtweise auf die russ. Gesellschaft überträgst. Kriminelle an die Front zu schicken und so auch noch die Gefängnisse zu leeren bzw. zu entlasten ist aus russ. Sicht eine doppelte Problemlösung während es aus westlicher Sicht ein NoGo ist.
Nur weil man Söldner aus Nordkorea und Afrika holt heißt dass nicht zwangsläufig dass man zwingend auf sie angewiesen ist. Man nimmt diese Möglichkeiten halt mit. Wäre ja auch dumm darauf zu verzichten.
Dass man spezialisiertes Personal an der Front verheizt mag es in einer bestimmten Phase des Krieges durchaus gegeben haben, meines Erachtens ist das aber kein Standardvorgehen.
Wo und wann wollen Soldaten von der Front nicht einfach nur heim wenn sie die Wahl hätten?
Zitat:Und da soll es kein Bedürfnis zur Mobilisierung geben?
Schon um die eigenen Kräfte aufzufrischen, müsste man zum Mittel der Zwangsverpflichtung greifen, wenn der Personalersatz auf freiwilliger Basis nicht zu bewerkstelligen ist. Die militärische Notwendigkeit scheint mir offenkundig.
Aus west. Sicht ja aber aus russ. Sicht eben nicht zwangläufig. Außerdem schafft es Rußland auf freiwilliger Basis aktuell nicht nur den Ersatz sondern den Aufwuchs zu gewährleisten, wenn auch in relativ kleinen Schritten. Es gibt immer noch genug die sich mit den angebotenen Geldern locken lassen.
Zitat:Es sprechen auch auf politischer Ebene mehrere Argumente dafür: ausbleibende militärische Erfolge, derentwegen man Tatkraft signalisieren müsste; die Rhetorik des Regimes, wonach man sich in einem Überlebenskampf gegen die ganze NATO befindet (aber trotzdem nicht alle Kräfte aufwendet?); und die Kursk-Invasion. Der KPRF-Vorsitzende Gennadi Sjuganow hat Putin schon im August vorgeworfen, er breche seinen Amtseid, wenn er nicht endlich den Krieg erklärt und mobilisiert, obwohl wieder "Nazis" vor Kursk stünden.
Die militärischen Erfolge sind da, wenn es auch eher ein Rinnsal ist als ein reißender Fluß. Gerade in den letzten Wochen sind sie stetig zu verzeichnen. Wenn Rußland 2030 am Dnipro steht hat es nebenbei noch die gesellschaftliche Umformung erreicht die die russische Regierung anpeilt. Das ist inzwischen deren Strategie und nicht ein schneller Sieg. Aber im Westen will man nicht erkennen dass der Plan derweil wesentlich weiter gefasst wurde, als noch zu Anfang des Krieges. Man nutzt jetzt den Krieg und will ihn gar nicht mehr schnell beenden.