05.12.2024, 10:29
Zitat:Die, die vorgeben, Amerika wieder groß machen zu wollen im Sinne eines Roosevelt oder Truman ...
Das wollen die doch überhaupt nicht. Weder die Akteure noch ihre Wähler. Wir sollten nicht den Fehler machen und durch ein verzerrtes außenpolitisches Brennglas auf Geschichte der USA und die Absichten bzw. Motivationen der MAGA-Bewegung zu blicken.
Außenpolitik spielt überhaupt nur eine untergeordnete Rolle und die Vorstellung/Hoffnung das die USA doch bitte weiterhin als 'ordnende Weltmacht' auftreten sollen ist vieles, aber sicherlich nicht Bestandteil der MAGA-Bewegung. Eher mittlerweile außen- bzw. sicherheitspolitischer Fixpunkt der Demokratischen Partei und in der breiten Bevölkerung gerade eher weniger en vogue.
Es geht bei MAGA im Kern auch weniger um ein zurück und die Wiederherstellung des Paradieses irgendeines Jahrzehnts des letzten Jahrhunderts sondern um eine grundlegende Erneuerung der USA. Tatsächlich ist MAGA getrieben von den Umstand, dass das jetzige institutionelle und sozioökonomische System der USA an ihr Ende kommen. Die alte Ordnung funktioniert für zu viele Menschen spätestens seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr.
Der (schier unermessliche) Reichtum des Landes kommt nicht mal mehr bei der Mittelschicht an. Vom wirtschaftlichen Wachstum profitieren zunehmen nur noch die (wahrgenommenen) Eliten, Arbeiter und Kleinbürgertum bleiben auf der Strecke und können auch mit zwei Einkommen und vier Jobs den eigenen American Dream nicht mehr finanzieren. Laufende technologischen Megatrends und Disruptionen im Rahmen der Automatisierung und Digitalisierung verstärken und beschleunigen diese Entwicklung noch.
Der Staat und seine Institutionen sind überschuldet und gehen stehen spätestens in der nächsten Dekade vor dem Bankrott. Staatliche Sozial-, Gesundheits- und Rentensysteme werden ohne massive Kurskorrektur kollabieren und keine Capital Gains Tax der Welt wird daran noch etwas ändern.
Gleichzeitig ist der administrative Staat nicht nur völlig verkrustet und reformunfähig, die Regelungswut der Federal Agencies hat ein gesundes Maß schon lange überschritten und hat sich eine demokratischen bzw. legislativen Kontrolle längst entzogen. Es ist dabei auch noch völlig ineffizient und unfähig den eigenen Ansprüchen und Versprechungen gerecht zu werden und mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten.
Das Vertrauen in die staatlichen Institutionen ist dabei nicht nur auf einen Tiefpunkt angelangt sondern droht in offene Feindschaft umzuschlagen. Die Politische Polarisierung ist dabei nicht Ursache sondern Symptom der oben geschilderten Probleme. Andere Faktoren wie (wahrgenommenen sinnlose) außenpolitische Abenteuer und verkorkste Kriege kommen hinzu.
Springender Punkt, es wird wie schon mehrmals in der US-Geschichte ein politischer und wirtschaftlicher Wandel kommen. Das ist völlig unvermeidbar, die Frage ist nur wohin es geht.
Was die Wähler wollen ist das eine - im Prinzip sozialdemokratische Politik. Mehr Wohlstand, weniger Arbeit und vor allen Dingen mehr staatliche Umsorgung.
Was sie bekommen werden ist noch offen, wahrscheinlich aber etwas sehr anderes.
MAGA unter Trump in der Ausführung 2024 stellt für die USA eine wahrscheinlich einmalige und letzte Chance da, die bestehende Ordnung umzuwerfen und neu auszurichten bevor der Staat und seine Institutionen auf ihren jetzigen Kurs mit der schon deutlich sichtbaren Wand kollidieren werden.
Man sollte hierbei nicht den Fehler machen und vorschnell davon ausgehen, dass die neue Trump Administration 2024 so zurückhaltend und moderat den Status Quo verwaltend wird wie es unter Trumop2016 jenseits des medialen Getöses effektiv der Fall gewesen ist. Nicht weil Trump der große Revolutzer ist, sondern weil die Kräfte die er nun um sich geschart hat wirklich disruptiv wirken und einige Heilige Kühe schlachten wollen.
Es wird immens spannend sein zu beobachten wie weit sie damit kommen und inwieweit es dem Administrativen Staat gelingt Veränderungen zu verhindern.
Sind sie erfolgreich können die USA eine regelrechte Renaissance erleben und werden den Rest der westlichen Welt wirtschaftlich völlig abhängen. Das wird dann aber sehr wahrscheinlich keine USA sein, die sich im Stile von Roosevelt und Truman... und Eisehower und Reagan... in der Welt groß ordnungspolitisch auftreten wird.
Scheitert Trump 2024 dagegen, wird es ein institutionelles Scheitern und einen gewaltigen Aufprall mit Folgen geben, gegen die dieses Happening am 6. Januar ein sehr laues Lüftchen sein wird.