09.01.2025, 16:12
(08.01.2025, 15:12)KheibarShekan schrieb: Die Türken stoßen gemeinsam mit türkischen Nationalisten und arabischen Islamisten in Syrien in eine Tür, die ihnen die USA, UK, D, F und Israel ja auch nicht ganz ausdrücklich hätten öffnen müssen. Der Westen hat mit der Türkei, den USA und Israel gleich 3 Bojen in Syrien abgesetzt von denen potentiell 2 am selben Seil hängen. So einfach ist das am Ende. Die türkische Machtexpansion sowohl in Syrien als auch in Libyen ist nicht nur intrinsisch getrieben, sondern durch äußere Faktoren gewollt. Es war weniger entscheidend für die Zukunft Syriens, wen Erdogan für legitim erklärt. Für die Geschichtsbücher (und nicht das einer meint, es wäre der erste Eintrag dieser Art), es waren die USA, die EU und Golfaraber, die den heutigen Ex-Kommandeuren des IS einen Freibrief über die syrischen Regierungsgeschäfte erteilten, indem sie diese Fraktion zu den legitimen Machthabern erklärten. Man hatte genau das jahrelang als anti-westliche Unterstellungen abgetan, die man angeblich nicht beweisen könne.
Nur zum Vergleich. Die Houthis herrschen im Jemen schon eine Weile über ~70% der jemenitischen Bevölkerung, während die vom Westen anerkannte Regierung nur etwa die Hälfte des verbliebenen Teils mit Hilfe ausländischer Contractors und Al-Kaida kontrolliert. Man ist ja hierzulande schon wirklich moralisch flexibel, um ein und die selbe Al-Kaida einerseits als das Böse Schlechthin (9/11, Afghanistan, Irak) und ein paar Tage später und km weiter als offizielle und legitime Vertreter zu behandeln. Tatsächlich Böse ist in Wahrheit aus westlicher Sicht am Ende wahrscheinlich auch gar nicht der Islamist, der Diktator, der Kriegsverbrecher, sondern derjenige der nicht die richtigen Lieder anstimmt. Was genau soll man der Türkei vorwerfen?
Die Türken haben aber tatsächlich den schwarzen Peter indirekt zugeschoben bekommen, die Verantwortung für dieses vermeintliche Experiment zu tragen, während die Israelis ihnen das Wasser am Berg Hermon und die USA+Kurden das Öl im Osten wortwörtlich abgraben. Das liegt auch im türkischen Interesse, weil sich das syrisch-kurdische Thema über weite Strecken von türkischen Sicherheitsinteressen nicht trennen lässt. Das wird sich aber für Erdogan und seine HTS als eine strategische Falle erweisen. Entweder sie verraten ihren Kern, oder den Rest. Die in- und ausländischen Interessen an Syrien garantieren wohl noch für eine Weile entsprechende politischer Spannung, Intrigen und Kosten.
Die Türken nutzen hier aktuell aber eine Gelegenheit zur Einflussnahme, die man ihnen ausdrücklich eingeräumt hat. Hätten die USA und Israel die HTS weiterhin als Terroristen deklariert, am Vormarsch gehindert. die Entwaffnung gefordert, dann hätte die Türkei ja auch nichts dagegen gemacht, nichts tun können, sondern allenfalls auf eine bessere Gelegenheit gewartet. So rühmt man sich einer Spielkarte in Syrien, die man insofern ja nicht ganz alleine gelegt hat.
Ebenso ist es sehr leicht gesagt, dass die Türken der Hamas zukünftig Waffensysteme zur Verfügung stellen könnten. Warum haben sie es dann nicht längst getan? Die Hamas ist seit je her mindestens 30% ein türkisches Projekt. Der Ärger lohnt sich einfach nicht. Die Türkei nutzt den Konflikt zwischen Israel und den Arabern medial so lange es exakt nichts kostet. Währenddessen kaufen sie geklautes Öl von ihren eigenen, vermeintlichen kurdischen Feinden in Syrien und Irak ab und liefern dieses Öl an ihre vermeintlichen israelischen Feinde. Man möge meinen, dies wäre logistisch und politisch wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen.
Die Türkei hatte gemeinsam mit Katar (unter israelischer Beobachtung) die sunnitischen Muslimbrüder der Hamas politisch aufgebaut, finanziell getragen und im Gaza-Krieg große Töne gespuckt. Aber weder die Türkei, noch ihre nationalistische und radikal-sunnitische Klientel in Syrien hat diesbezüglich irgendetwas gegen Israel unternommen, um den medial so umfangreich angedeuteten Schutzmachtstatus gegenüber ihren Glaubensbrüdern, sunnitische Muslimbrüder, in Palästina auch umzusetzen. Von nix, kommt nix.
Das Assad Regime war ohnehin am schwächeln und es wurde in den Jahren 2015/16 mehr oder weniger durch russische und iranische Hilfe gerettet. Mit dem Krieg in der Ukraine und dem Libanon Krieg Israels letztes Jahr haben sich die Verhältnisse verändert, die Hisbollah war durch den Krieg im Libanon gebunden und wurde durch diesen Krieg geschwächt. Die Rebellen der HTS und SNA haben nur die Gunst der Stunde genutzt, auch Russland konnte wegen der Ukraine keine größeren Ressourcen für Syrien bereitstellen.
Syrien bietet der Türkei auf der anderen Seite die Chance neue Handelskorridore in den nahen Osten zu eröffnen von dem man nach den Ende des osmanischen Reiches Abgeschnitten war. Zugleich ist es auch eine Vorwärtsverteidigung, damit sich gegnerische Mächte die das Ziel der Teilung der Türkei beabsichtigen sich nicht im YPG Gebiet festsetzen können.
Was die Sache mit der Hamas angeht, so würde sich die Türkei durch eine Bewaffnung der Hamas dem Risiko einer internationalen Isolation aussetzen ! Militärisch hat man auch nicht die Ressourcen dazu, fast 600 km entfernt vom türkischen Staatsgebiet einzugreifen. Da möchte ich gleich fragen: Was machen den die arabischen Staaten ? Die sind viel näher dran als die Türkei !