18.02.2025, 02:48
(13.02.2025, 15:55)Kongo Erich schrieb: der zunehmenden Entfremdung zwischen Syrien und der iranisch unterstützen Hisbollah steht die Annäherung Syriens mit der Türkei - und wohl auch mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegenüber.
Da auch die Türkei und die Saudis in einer gewissen Konkurrenzsituation um die Meinungsführerschaft im sunnitischen Islam sind, kann Syriens Regierung versuchen, beide gegeneinander im Spiel zu halten.
Es wäre logisch, wenn sich die Türkei auf die militärische Unterstützung und die Araber auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes konzentrieren würden. Da kann jeder seine Stärken ausspielen.
Ja, in einer von vielen möglichen Szenarien könnte es so ringelpietzig kommen. Wenn es so einfach wäre, wäre das ein kluger Ansatz im Sinne eines gemeinsamen Zieles. Die türkische Staatsführung orientiert sich ideologisch an einem konservativeren Islamverständnis und vertritt dabei sogar noch weniger nationalistische Thesen, wie es die Mehrheit der Türken öffentlich tut. Ein nicht unerheblicher Teil, wahrscheinlich die Mehrheit, der Türken tendiert deutlich zu radikaleren ethnisch-nationalistischen Ansichten. Was die Sicht auf bzw. den Umgang mit anderen Volksgruppen (Arabern, Kurden, Armeniern, usw) im In- und Ausland betrifft, so ist dies natürlich nicht immer, aber eben sehr oft negativ behaftet. Aus eben diesem Grund können sie sich überall dort natürlich gut vernetzen, wo sie auf entsprechende Mehr- oder Minderheiten mit türkischer Assoziierung treffen. Sie bauen stark auf diese ethnischen Verbindungen und grenzen damit andere (auch Sunniten) aus, als Teil des verbindende. Daher werden sie überall dort auch entsprechenden Widerstand stoßen, wo inklusive Ansätze oder die Interessen Dritter im Vordergrund stehen.
Zu den Saudis gibt religiöse Schnittmengen, die jedoch international (bisher) oft parallel oder in Konkurrenz zueinander arbeiten. Syrien könnte eine Möglichkeit darstellen, diesen Modus zu ändern. Da ist ein gemeinsames ideologisches Fundament in Grundzügen auf religiöser Basis. Dabei sind nicht alle gleich und inklusiv, aber das muss ja nicht ihr Plan sein. Auch das wäre natürlich eine Chance. Was das Budget für einen Wiederaufbau Syriens anbelangt, ist man in Ankara selbst wahrscheinlich etwas zu mau auf der Tasche. Ein längeres militärische Engagement drückt ebenso auf den Geldbeutel, wie die Flüchtlingskrise im Land. Daher müssen sie irgendwann grenzen begradigen oder Kompromisse eingehen. Diverse Aufträge im Bereich Rüstung und Infrastruktur würden die Türken sicher sehr gern bekommen und sicher auch hinreichend zügig und gut ausführen können, wenn und wo sie wollten und sie werden dort anschließend eine türkische Fahne hissen wollen. Die Saudis dagegen haben außer Geld, was zweifelsohne sehr hilfreich wäre, selbst relativ wenig zu bieten. Ob man gut beraten ist, wenn man sich langfristig den täglichen Launen von MBS zur falschen Uhrzeit ausgeliefert sieht? Das stelle ich mir noch schwieriger vor, als der Go-For von Erdogan zu sein. Zudem: Organisation, Technik, Konsumgüter, Hoch-/Tiefbau, Infrastruktur i.A. können die Golfaraber ja selber nicht. Die können sich in Strukturen einkaufen, die jemand anderes für sie planen und errichten wird. Ob sie dafür die Türken bezahlen, Pakistanis, Inder oder Belgier ist denen egal, solange das dazugehörige Business ihnen gehört und nach saudischen Verträgen funktioniert. Sich vertragliche Rechte zusichern können die ja ganz gut, anderenfalls spielen die halt einfach nicht mit Dir. Ergo müssen die Türken etwas anbieten, wo der Saudi sagen kann ist meins und der Türke gleichzeitig seine Fahne hissen kann und gleichzeitig wird das eher nicht dort stattfinden, wo bewaffnete Kurden sind und da sind auch die USA nicht weit und die wiederum haben ja durchaus ein Mitspracherecht dabei, wem die Saudis ihre Petrodollar in die Hand drücken. Auch hier sind wir wieder wieder bei dem Punkt, dass entweder die Türken oder die Kurden ihre Position aufgeben.
Ein Win-Win, ein loose-lose, ein Win-Lose...alle Varianten wären aus meiner Sicht mit hinreichend viel Fantasie herleitbar.