Vor 7 Stunden
(Vor 8 Stunden)Pmichael schrieb: Bemerkenswert wie man in Trumps Verhalten irgendwas rationales reininterpretieren kann. Man braucht nichts interpretieren oder irgendein 4D Schach vermuten, sondern nur mal zuhören was Trump und seine Narren sagen. Es ist nichts anderes als Faschismus und man offen sich Russland näher fühlt als Europa.
Glorifizierung russischer militärischer Macht und nun nicht nur russisches Verhalten sondern auch amerikanisches Verhalten als Ergebnis europäisches Handels verklären, die Sirenengesänge des Faschismus sind auch hier beliebt. Wir sind auch schon wieder beim kulturell unterlegenem Europa angelangt
Man muss nichts reininterpretieren, nur zuhören was sein Umfeld, aus dem er seine Ideen bezieht, sagt.
Hier geht es um Außenpolitik (Russland vs. Ukraine) und die Rolle der USA darin. Deshalb reicht eine Analyse der Außenpolitik aus.
Eine der wichtigsten Ideengeber ist die amerikanische paläokonservative Bewegung. Aus der speist sich die Trump'sche Realpolitik, eine neo-isolationistische, ideologiefreie und letztendlich amoralische Abwandlung des Mearsheimerischen offensiven Realismus.
Schlüsselkonzepte sind zunächst diverse traditionnelle christliche Werte (Familie in den tradierten Geschlechterrollen, Ablehnung von Abtreibung) sowie eine isolationistische Grundhaltung in der Aussenpolitik.
Letzteres ist hier interessant: man möchte keine Bündnisse eingehen, welche die USA zur Verteidung von Nationen verpflichten, die irgendwo jenseits des Atlantik ein erhöhtes Kriegsrisiko aufweisen und ohne Interesse für die isolationistische Vision der USA sind. D.h. die letzten NATO-Erweiterungen nach Osten werden für einen Fehler gehalten, und was die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO angeht, unterscheiden sich die Positionen nicht von jenen Putins: klare, nicht verhandelbare Ablehnung. Mit ideologiefrei ist gemeint, dass sich die "Great power politics" der neoisolationistischen Realpolitik nur nach transaktionnalen Interessen und nach wirtschaftlichen und militärischen Machtverhältnissen richtet, und keinesfalls irgendeinen missionarischen Anspruch enthält. D.h. es wird Handel im Interesse der USA getrieben, ohne damit einen demokratisch-missionarischen Auftrag zu verbinden. Auch werden die internationalen Beziehungen nicht schon deswegen in Frage gestellt, nur weil die ausländische Regierung einen Wandel hin zur Autokratie vollzogen hat.
Warum?
Weil es nicht im Interesse der Isolationisten ist, einen grossen Militärapparat zu unterhalten, der Macht in alle Ecken und Winkel des Globus projizieren kann. Entsprechend wird dieser Apparat reduziert und bilaterale bzw. insbesondere multilaterale Bündnisse nicht um weitere Mitglieder erweitert, vielmehr möchte man sich aus diesen Verpflichtungen zurückziehen. D.h. die Rolle der USA in der Außenpolitik ist eher das Gegenteil von "make America great again". Weiterhin werden interventionistische Militäraktionen à la "Regimewechsel" und "let's spread democracy" abgelehnt.
Das ist die Grundhaltung, die man verstehen muss, um die scheinbar "verrückten" Positionen, die sicherlich im Vergleich zur Vorgängeradministration extrem disruptiv sind, verstehen zu können.
Diese Positionen haben noch nichts mit Faschismus zu tun (wie gesagt, hier geht es um Aussenpolitik).
Allerdings hält sich Trump nicht zu 100 % an diese Positionen. Es kann spontan interventionistisch agieren (z.B. die Sache im Iran), auch kann er aufgrund seines übertrieben narzisstischen Egos erratisch und rachsüchtig erscheinen. Er scheint aber auch mit seinem Ruf als Mad Donald zu spielen und diesen bewusst zu seinem Vorteil einzusetzen (z.B. als unberechenbarer, mächtiger Verhandlungspartner), allerdings immer mit dem Risiko, das dabei Allianzen auch mal zerbrechen oder zumindest fragilisiert werden. Als POTUS kann er sich aufgrund der noch immer bestehenden wirtschaftlichen und militärischen Vormachtstellung der USA dies jedoch leisten.
So, und nun zurück zur Ukraine: für ihn scheint sie nur ein korrupter ost-europäischer Bettelstaat zu sein. Die Agrarprodukte der Ukraine sind für die USA ohne Bedeutung, ja machen der heimischen Produktion international tendenziell Konkurrenz (z.B. in Afrika). Jemand hat ihm von Bodenschätzen erzählt. Schon leuchten die Dollarzeichen in den Augen. Mit dem versuchten Deal wurde Zelenskij die Pistole auf die Brust gesetzt, nicht sehr ehrenhaft. Wie gesagt: ein amoralischer Transaktionismus.
Steht er Russland näher als Europa? Das ist keine ideologische Frage. Als Realist richtet er sich nach dem grössten Machtpol aus, und Putin herrscht über die grösste Landmasse mit den meisten Bodenschätzen, auch befehligt er die zweitgrösste Atommacht. Mit Europa bestehen via NATO bereits mehr als genug Allianzen, er "erschließt" daher dort, wo das Land noch "unbebaut" ist. Abgesehen davon trötet Mearsheimer auf allen konservativen Youtubekanälen seinen offensiven Realismus und empfiehlt sinngemäß, die Europäer hängen zu lassen, Mittel in den Ukrainekrieg zu investieren sei genauso wie die NATO-Erweiterungen nach Osten ein Fehler gewesen, vielmehr soll die USA sich nach China orientieren (pivot to Asia). Die Chinapolitik gehört hier aber nicht hin, das ist ein eigenes (und extrem komplexes) Thema.
Trump hat ein Interesse daran, den Ukrainekrieg rasch zu beenden, weil er in diesen Konfliktherd a) seitens USA nichts mehr investieren will b) in Europa gebundene Truppen frei machen möchte c) die unter Biden extrem schlechten Beziehungen mit Russland verbessern möchte und sehr wahrscheinlich auch die Sanktionen zumindest teilweise zurückfahren möchte.
Und er wird den Ukrainekrieg ohne "übermäßige" Rücksicht auf die Europäer und die Ukrainer beenden. Konkret wird er versuchen, deren Rolle am Verhandlungstisch so klein wie möglich zu gestalten. In der Vision der Realisten verhandelt man mit der Großmacht, und die Regionalmächte folgen.
So, das kann man nun für gut oder schlecht befinden. Aus Sicht der Europäer natürlich ganz klar ein Verlust. Andererseits macht ein "boiling the frog" irgendwann auch keinen Sinn mehr, wenn der Kochtopf in kleiner Flamme auf 30°C gehalten wird.
Man kann noch ergänzen, dass alles, was sich dieser Vision, den Ukrainekrieg relativ rasch zu beenden, in den Weg stellt, von den "US-Elefanten" voraussichtlich niedergetrampelt werden wird.
[Bild: https://ourwhitehouse.org/wp-content/upl...asNast.jpg]
Quelle